Das Forum für das institutionelle deutsche Pensionswesen

aba-Forum Steuerrecht (I):

Von Dry Income, 35 Millionen Menschen, von abgeschlossenen …

und laufenden sowie von – möglicherweise – kommenden Anpassungen des Steuerrechts: Heute der Auftakt der mehrteiligen Berichterstattung zu dem jüngsten Treffen der deutschen Steuerexperten des Pensionswesens. Gleich zu Beginn der Tagung gab es ein Update aus der Berliner Wilhelmstraße. Sebastian Walthierer war dabei.

Mannheim, 12. März, diesjähriges aba-Forum Steuerrecht: Auf der Tagesordnung stehen wie stets zahlreiche komplexe Steuerfragen aus dem Umfeld des Pensionswesens. Drei Mercer-Experten haben für PENSIONSINDUSTRIES die wichtigsten Aussagen der Referenten dokumentiert. Wegen der Kombination aus Komplexität und Inhaltsdichte erfolgt wie im Vorjahr die Berichterstattung in mehreren Teilen – und der besseren Lesbarkeit halber wie stets im Indikativ der Referenten. Heute also der erste Teil.

Nach den einleitenden Worten von Claudia Veh, Aktuarin und Director Deal Advisory Pensions der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, die als Moderatorin durch die Veranstaltung führt, betritt das BMF die Bühne:

BMF: Was ist und kommt im Steuerecht …

Matthias Hensel, Ministerialrat im BMF, gibt in zwei Teilen einen Überblick über die Steuergesetzgebung in der bAV:

Im ersten Teil, zu abgeschlossenen und laufenden Gesetzesvorhaben, die Altersvorsorge für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer „im weitesten Sinne“ betreffen, geht der Referent schwerpunktmäßig auf das Zukunftsfinanzierungsgesetz ein: Dies wurde am 20. Dezember 2023 verkündet, also vor dem BVerfG-Urteil vom 15. November 2023 – 2 BvF 1/22 – durch das das Zweite Nachtragshaushaltsgesetz 2021 als unvereinbar mit Art. 109 Abs. 3, Art. 110 Abs. 2 und Art. 115 Abs. 2 GG und damit für nichtig erklärt wurde.

Das Gesetz regelt u.a. die Erhöhung des Freibetrags gemäß § 3 Nr. 39 EStG, die Erweiterung der Steuerbegünstigung gemäß § 19a EStG und die Erweiterung des Anwendungsbereichs bei der Arbeitnehmer-Sparzulage, so Hensel.

§ 3 Nr. 39 EStG normiert die Steuerfreiheit für die verbilligte Überlassung von begünstigten Vermögensbeteiligungen an Arbeitnehmer, wobei der Freibetrag künftig 2.000 Euro betragen soll.

§ 19a EStG wiederum soll der Vermeidung der Besteuerung von „Dry Income“ der Arbeitnehmer dienen. Dazu soll eine Verschiebung der Besteuerung von geldwerten Vorteilen beim Erwerb von Mitarbeiterbeteiligungen bis zur Veräußerung der Anteile oder Beendigung des Dienstverhältnisses oder dem Ablauf von 15 Jahren bei Start-Ups (unter „Start-Ups“ sind dabei KMU zu verstehen) dienen. Auf Antrag soll keine Besteuerung bei Beendigung des Dienstverhältnisses oder Fristablauf erfolgen, wenn der Arbeitgeber in diesem Zusammenhang die Haftung übernimmt, so der Referent.

 

Es erscheint fraglich, ob das Gesetz nach der Haushalts-Entscheidung des BVerfG verabschiedet worden wäre.“

 

Hensel trägt weiter vor, dass bei der Arbeitnehmer-Sparzulage die bisherige Einkommensgrenze für Vermögensbeteiligungen und für vermögenswirksame Leistungen (u.a. Bausparen) auf 40.000 bzw. 80.000 Euro bei Zusammenveranlagung festgelegt werden soll. Dies dürfte den Kreis der Anspruchsberechtigten nach Erhöhung der Einkommensgrenzen auf bis zu 35,2 Mio. Personen erweitern.

Die zu erwartenden Steuermindereinnahmen aufgrund dieser drei Maßnahmen beziffert der Ministerialrat auf ca. 750 Mio. Euro. Seiner Meinung nach lassen es diese fraglich erscheinen, ob das Gesetz nach der o.g. Haushalts-Entscheidung des BVerfG überhaupt verabschiedet worden wäre.

und was noch kommen könnte …

Den zweiten Teil des Vortrags von Hensel bildet ein Update bzw. Ausblick auf mögliche steuerliche Gesetzesvorhaben zur bAV. Ausgehend vom Koalitionsvertrag und vom Fachdialog Betriebsrente beschreibt er mögliche Gesetzgebungsinitiativen.

Diese sieht der Referent in der Überarbeitung der Geringverdienerförderung nach § 100 EStG, in der Beseitigung der Ungleichbehandlung der umlagefinanzierten im Vergleich zur kapitalgedeckten Zusatzversorgung sowie in der Steuerfreiheit der Übertragung von Kleinstanwartschaften in die gRV.

Bzgl. der Geringverdienerförderung hält Hensel eine Dynamisierung der Einkommensgrenze für denkbar (z.B. 3% der jährlichen BBG), so dass Arbeitnehmer bei Gehaltserhöhungen nicht die Förderfähigkeit einbüßen. Alternativ hält er auch eine Anhebung des jährlichen Arbeitgeberbeitrags und/oder Förderhöchstbetrags für möglich.

Zur Beseitigung der Ungleichbehandlung der umlagefinanzierten Zusatzversorgung im Vergleich zur kapitalgedeckten ist an eine Änderung der §§ 3 Nr. 56 und Nr. 63 EStG zu denken. Abschließend stellt Hensel fest, dass eine Einführung einer einvernehmlichen Abfindung von Kleinstanwartschaften im Rahmen einer etwaigen Änderung des BetrAVG nicht an steuerlichen Gesichtspunkten scheitern sollte.

und wann

Auf Nachfrage aus dem Auditorium lässt der Referent abschließend wissen, dass der im Wachstumschancengesetz geplante Wegfall der Fünftelungsregelung (§ 34 EStG) im Lohnsteuerabzugsverfahren erst zum 1. Januar 2025 zu erwarten ist. Mit der Anpassung des § 100 EStG sei vor Ende der Legislaturperiode zu rechnen, wobei er durchblicken lässt, dass er die Dynamisierung der Einkommensgrenze für das Mittel der Wahl hält.

Sebastian Walthierer, Mercer.

Teil II der Berichterstattung zum diesjährigen aba-Forum Steuerrecht findet sich zwischenzeitlich auf PENSIONSINDUSTRIES hier.

Der Autor ist Senior Associate, Legal & Tax Consulting bei Mercer Deutschland in Frankfurt am Main.

Von Mercer-Autorinnen und Autoren sind zwischenzeitlich bereits auf PENSIONSINDUSTRIES erschienen:

aba-Forum Steuerrecht (IV):
Von Nürnberg, Düsseldorf und Münster …
von Gregor Hellkamp, 29. April 2024

aba-Forum Steuerrecht (III):
Zwischen 7 und 10, zwischen …
von Stefanie Beyer und Gregor Hellkamp, 23. April 2024

aba-Forum Steuerrecht (II):
Steuern, Liebe und Pensionsfonds
von Stefanie Beyer und Sebastian Walthierer, 16. April 2024

aba-Forum Steuerrecht (I):
Von Dry Income, 35 Millionen, von abgeschlossenen ...
von Sebastian Walthierer, 8. April 2024

17. Jahrestagung der Arbeitsgemeinschaft Zeitwertkonten:
Von zweiten Währungen, Spagaten, einer Rückkehr und …
von Sebastian Walthierer und Dr. Thomas Haßlöcher, 22. Januar 2024

Zum Sommeranfang Großkampftag in Erfurt (III):
Cut bei den zehn letzten Jahren?
von Stefanie Beyer und Sebastian Walthierer, 18. Dezember 2023

Neuer Vorstoß des IDW zum HGB-Rechnungszinssatz
Jetzt aber fix!
von Thomas Hageman, 26. September 2023

Framework für das De-Risking:
For those about to pay!
von Olaf John und Gregor Stephan, 12. September 2023

aba-Forum Steuerrecht (V):
Trendwende beim HGB-Zins
von Stefanie Beyer, Joachim H. Kaiser und Sebastian Walthierer, 14. August 2023

aba-Forum Steuerrecht (IV):
Die Liebe und die DBO …
von Sebastian Walthierer und Stefanie Beyer, 2. August 2023

aba-Forum Steuerrecht (II):
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aba-Forum Steuerrecht (I):
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DAV/DGVFM-Jahrestagung 2023 in Dresden (V):
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von Olaf John und Dr. André Geilenkothen, 14. April 2023

Zwischen Regulierung, Admin und Asset Management:
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#womeninpensions-Kommentar – mit Wirkung auf die bAV (II):
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Pensions in their Markets:
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Jahrestagung der Arbeitsgemeinschaft Zeitwertkonten:
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Bilanzneutral, befristet, BOLZ:
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aba-Forum Steuerrecht 2021:
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von Thomas Hagemann und Christian Viebrock, 16. April 2021.

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von Nadine Wolters und Elisabeth Lapp, 22. März 2021.

Von Fiduciary Management, Outscourced Chief Investment Officer und Delegated Solutions:
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von Dr. Judith May, München, 30. März 2020

BaFin-Merkblatt:
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von Klaus Bednarz und Stephan Hebel, Frankfurt, 28. Oktober 2019

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von Thomas Hagemann, Düsseldorf; Wiesbaden, 8. Mai 2019

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von Judith May, 23. April 2019

In beiden Fassungen?
von Thomas Hagemann, 31. Oktober 2018

Zulagenförderung ist besser als ihr Ruf! 
von Klaus Bednarz, Hamburg, 12. Dezember 2017

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von Bettina Nürk, Frankfurt; Mannheim, 5. Oktober 2017

Künftig alle zwei Jahre EIOPA-Stresstest“
von Bettina Nürk, Frankfurt; Mannheim, 4. Oktober 2017

Die EIOPA wächst mit ihren Aufgaben
von Thomas Hagemann, Frankfurt am Main, 10. August 2017

Nicht genug dazu gelernt
von Frank Zagermann, Wiesbaden, 29. Mai 2017

Spannung jenseits des BRSG
von Thomas Hagemann, Mannheim, 9. Mai 2017

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von Rita Reichenbach, Frankfurt am Main, 12. März 2014

Das hat dort nichts zu suchen!
von Thomas Hagemann, Frankfurt am Main, 25. Februar 2014

Das könnt Ihr doch nicht ernst meinen!
von Stefan Oecking, Dortmund, 17. Juli 2013

 

Diskriminierungsfreie Sprache auf LEITERbAV

LEITERbAV bemüht sich um diskriminierungsfreie Sprache (bspw. durch den grundsätzlichen Verzicht auf Anreden wie „Herr“ und „Frau“ auch in Interviews). Dies muss jedoch im Einklang stehen mit der pragmatischen Anforderung der Lesbarkeit als auch der Tradition der althergerbachten Sprache. Gegenwärtig zu beobachtende, oft auf Satzzeichen („Mitarbeiter:innen“) oder Partizipkonstrukionen („Mitarbeitende“) basierende Hilfskonstruktionen, die sämtlich nicht ausgereift erscheinen und dann meist auch nur teilweise durchgehalten werden („Arbeitgeber“), finden entsprechend auf LEITERbAV nicht statt. Grundsätzlich gilt, dass sich durch LEITERbAV alle Geschlechter gleichermaßen angesprochen fühlen sollen und der generische Maskulin aus pragmatischen Gründen genutzt wird, aber als geschlechterübergreifend verstanden werden soll. Auch hier folgt LEITERbAV also seiner übergeordneten Maxime „Form follows Function“, unter der LEITERbAV sein Layout, aber bspw. auch seine Interpunktion oder seinen Schreibstil (insb. „Stakkato“) pflegt. Denn „Form follows Function“ heißt auf Deutsch: "hässlich, aber funktioniert".

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