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Das Forum für das institutionelle deutsche Pensionswesen

aba-Jahrestagung (IV) – FV DZ, Mathe, U-Kasse:

Von Agenten, Piloten, Instrumenten …

und mehr: Weiter geht’s mit der Berichterstattung zum neulichen Spitzentreffen des Parketts mit Blick auf drei Fachvereinigungen. Heute: Die KI kommt im bAV-Alltag an, zwei Modelle = vier Augen, klüger werden in Sachen Direktzusage, die Wahl zwischen PSV und RDV, inwiefern letztere nur ein Instrument ist, Neues vom Monster und wie Zukunft kreiert wird, dokumentiert Korbinian Kolb in Teil II seines dreiteiligen Beitrags.

Berlin, 14. Mai 2025, 87. aba-Jahrestagung: Nachdem zur Pressekonferenz am Vortag, zum Eröffnungstag selbst sowie zum Auftakt der Treffen der drei Fachvereinigungen bereits auf PENSIONSINDUSTRIES berichtet worden ist, wird letzteres heute fortgesetzt (und wie auf PI üblich mit allen Aussagen im Indikativ der Referenten):

RWE: KI in der bAV – vier Augen sehen zwar mehr als zwei …

Jörg Paßmann, Head of Pensions der RWE AG, ermutigt in seinem Vortrag dazu, sich auch im eingespielten Arbeitsalltag auf moderne Technik einzulassen, und zeigt dies im Konkreten am Beispiel, wie die KI in bestehende Arbeitsabläufe eingebunden werden kann:

Bei großen Arbeitgebern mit bAV kann die Rentnerverwaltung durchaus aufwändig sein, bestehende digitale Lösungen haben ihre Limits. Bei RWE setzt man daher künftig vermehrt auf KI. Erste Erfahrungen wurden bereits im Recruiting in Form eines CV-Matchers gemacht, bei dem Interessierte nicht mehr selbst nach passenden Stellenanzeigen suchen müssen, sondern nach dem Hochladen ihres Lebenslaufs Vorschläge zu offenen Stellen erhalten.

Jörg Paßmann, RWE.

Und in der bAV-Verwaltung der RWE? Stand zuerst die Einbindung der KI in den Prozess der steuerlichen Ansässigkeitsbescheinigungen an:

Hierfür wurde inhouse ein ganzes Team aus sog. KI-Agenten entwickelt, also einzelnen KI-Programmen mit spezifischen Aufgaben wie bspw. zur Prüfung von Stempeln auf Dokumenten. Diese stehen aber nicht isoliert im Raum, sondern werden durch einen Planungs-KI-Agenten geeignet eingesetzt.

aber zwei KI-Modelle auch mehr als eines

Inhaltlich sorgt analog eines „Vier-Augen-Prinzips“ der Einsatz von zwei separaten KI-Modellen für eine höhere Sicherheit in den Ergebnissen. Eine hohe Cybersicherheit bei der automatischen Prozessabwicklung stellen z.B. sog. Guardrails sicher.

Aktuell ist der Prozess noch nicht vollständig, also noch nicht vom digitalen Posteingang bis zum finalen SAP-Eintrag, automatisiert, so Paßmann. Im Ergebnis lässt sich aber schon jetzt der Prozess der Prüfung von steuerlichen Ansässigkeitsbescheinigungen deutlich schneller bearbeiten. Bisher können ca. 90% aller solchen Vorgänge in wenigen Minuten statt mehreren Stunden mit dem KI-Tool bearbeitet werden – und davon 99,5% auch richtig.

Paßmann schließt mit einem Zitat von Software-Pionier Alan Kay: „The best way to predict the future is to invent it.“ In diesem Sinne lädt er Interessierte ein, im aba-Fachausschuss Digitalisierung mitzuwirken.

Aktuelle Stunde: Direktzusage – weiter bilden

Traditionell startet der Nachmittag mit der aktuellen Stunde. Diese eröffnet Eike Burmann, Leiter Rentenmanagement bei VW, mit der Vorstellung der neuen aba-Weiterbildung zur Direktzusage:

Bisher fehlt im aba-Portfolio eine Schulungsveranstaltung, die sich speziell dem Durchführungsweg Direktzusage widmet. Mit dem neuen Konzept sollen Antworten auf die wichtigsten Praxisfragen für MA von Unternehmen mit Direktzusage gegeben werden. Dazu zählen u. a. Grundzüge des Arbeitsrechts und der Versicherungsmathematik/Bilanzierung genauso wie Fragen der Administration, z.B. im Versorgungsausgleich und M&A-Projekten.

Eike Burmann, VW.

Um die Hemmschwelle für eine Teilnahme und die Kosten für Übernachtungen möglichst niedrig zu halten, ist geplant, das Programm effizient auf zwei Tage zu verteilen. Bei ausreichendem Interesse von mind. 14 Personen ist die erste Durchführung für voraussichtlich März 2026 im Rhein-Main-Gebiet geplant.

Die Berechtigten, die RDV und der PSV: Zwischen Wahlrecht und Ratio

Dirk van Elst, Leiter Leistung PSV, blickt im Anschluss nicht in die Zukunft, sondern zurück auf die sieben Jahre seit Einführung des Wahlrechts nach § 8 Abs. 2 BetrAVG, wonach dieVersorgungsberechtigten im Insolvenzfall auf einen Anspruch gegenüber dem PSV zugunsten eines Anspruchs aus einer Rückdeckungsversicherung verzichten können. Die private Fortführung einer kongruenten RDV ist für die VB fast immer vorteilhaft, da insb. die Chance auf künftige Überschussbeteiligung aufrechterhalten bleibt, bei einem Anspruch gegenüber dem PSV jedoch verloren ginge.

Quelle: PSV. Grafik zur Volldarstellung anklicken.

Dass dieses Wahlrecht nur von ca. 30% der 13.500 betroffenen VB in Anspruch genommen wurde, könnte als Vertrauen gegenüber dem PSV gewertet werden, passt aber aus finanzrationaler Sicht nicht in das Bild. Auswertungen des PSV können bisher keine signifikanten Gründe für die Nichtausübung liefern. van Elst vermutet, dass das sehr spezielle Thema die VB überfordert, in den meisten Fällen daher keine aktive Entscheidung getroffen wird und somit das Wahlrecht nicht ausgeübt wird. Er möchte die Möglichkeit der privaten Fortführung der RDV künftig zu einer uneingeschränkten Erfolgsgeschichte für die VB machen. Daher schlägt er vor, das Thema in der Fachvereinigung U-Kasse aufzugreifen, um dort Vorschläge für mögliche Verbesserungen zu entwickeln.

RDV in der U-Kasse: Kein direkter Anspruch an den Versicherer

Einen Klagefall zur gewillkürten Prozess-Standschaft, ebenfalls aus der Welt der rückgedeckten U-Kassen, stellt der Kölner Rechtsanwalt Uwe Langohr-Plato vor: In dem Urteil vom 10. Juni 2024 (Az. 5 U 96/23) hatte das OLG Saarbrücken die Frage zu beurteilen, ob die im Rahmen einer bAV über eine rückgedeckte UK zugesagte BU-Leistung vom Berechtigten beim Rückdeckungsversicherer eingeklagt werden kann. Bezugsberechtigt aus der Versicherung war im vorliegenden Fall allein die U-Kasse, nicht der Berechtigte.

Uwe Langohr-Plato.

Das OLG urteilte, dass der Berechtigte weder einen direkten Anspruch gegenüber dem Versicherer hat noch ein schutzwürdiges Interesse an einer eigenen Inanspruchnahme des Versicherers auf Leistung an die UK besteht.

Langohr-Plato weist darauf hin, dass es sich bei einer RDV ohnehin nur um ein Finanzierungsinstrument für eine unmittelbare oder UK-Zusage handelt. Ob der Leistungsfall vorliegt, ist daher im arbeitsrechtlichen Grundverhältnis zu klären. In der Konsequenz kann und muss der Arbeitnehmer daher seine Ansprüche gegenüber dem Arbeitgeber und ggf. der UK als Gesamtschuldner einklagen.

PUEG: Neues vom Monster

Zur aktuellen Stunde gehört auch in diesem Jahr wieder das PUEG, zu dessen (digitaler) Umsetzung Referent Frank Wörner, Stabsstelleninhaber Recht der bAV und Prokurist der Stuttgarter VorsorgeManagement, bereits im Vorjahr einen Zwischenstand geliefert hatte:

Im aktuellen Jahr startet nun das digitale Verfahren zum Abruf der Kindeseigenschaft für die im PUEG geregelten neuen Pflegebeitragssätze, die nach Auftrag des BVerfG je nach Anzahl der Kinder zu differenzieren sind. Am digitalen Verfahren sind neben den beitragsabführenden Stellen auch DRV, ZfA und BZSt beteiligt. Bis zum offiziellen Start am 1. Juli kann seit 1. April am Pilotverfahren für den Datenaustausch teilgenommen werden.

Frank Wörner, Stuttgarter VorsorgeManagement. Alle Fotos: Sandra Wildemann.

Zu Umsetzungsproblemen könnte es nun kommen, wenn sich durch das neue Datenaustauschverfahren eine andere Kinderzahl ergibt als bisher in den Beiträgen berücksichtigt wurde, da mögliche Erstattungsansprüche ggf. zu verzinsen sind.

Auch wenn nach der Klarstellung des GKV-Spitzenverbands die Zinslast durch die Pflegekasse getragen wird, ist die Ermittlung der fälligen Zinsen für die Zahlstellen, die nicht am vereinfachten Nachweisverfahren teilgenommen haben, technisch sehr herausfordernd, da die Zinsberechnung im Regelfall nicht in den Bestandsführungssystemen abgebildet ist.

Abschließend weist Wörner darauf hin, dass Zahlstellen, die bisher nicht das vereinfachte Nachweisverfahren genutzt haben, zwingend bis zum 1. Juli das digitale Verfahren auch für Bestandsfälle umzusetzen haben.

Korbinian Kolb, H2B.

Teil V der Berichterstattung zur diesjährigen aba-Jahrestagung folgt in Kürze auf PENSIONSINDUSTRIES.

Alle Fotos auf der aba-Jahrestagung und von Sandra Wildemann.

Korbinian Kolb ist Aktuar bei der H²B Aktuare GmbH in München.

Von ihm bzw. anderen Autorinnen und Autoren der H2B sind zwischenzeitlich auf PENSIONSINDUSTRIES erschienen:

aba-Jahrestagung (V) – FV DZ, Mathe, U-Kasse:
In der Mitte der Kettenreaktion
von Korbinian Kolb, 30. Juni 2025

aba-Jahrestagung (IV) – FV DZ, Mathe, U-Kasse:
Von Agenten, Piloten, Instrumenten ...
von Korbinian Kolb, 16. Juni 2025

aba-Jahrestagung (III) – FV DZ, Mathe, U-Kasse:
Erstens lebt man länger …
von Korbinian Kolb, 10. Juni 2025

aba-Mathetagung (II):
... und der Ritt in den Sonnenuntergang
von Korbinian Kolb, 28. Oktober 2024

aba-Mathetagung (I):
Der Nebel, der sich nicht lichten will …
von Korbinian Kolb, 18. Oktober 2024

86. aba-Jahrestagung (V):
Von zu lichtendem Nebel …
von Korbinian Kolb und Lisa Martin, 17. Juni 2024

86. aba-Jahrestagung (IV):
Von Spagaten …
von Lisa Martin und Korbinian Kolb, 10. Juni 2024

aba-Tagung Mathematische Sachverständige (II):
Alle für eine
von Korbinian Kolb, 23. Oktober 2022

aba-Tagung Mathematische Sachverständige (I):
Zwischen Hoffnungsschimmer und ...
von Korbinian Kolb, 23. Oktober 2022

Neulich in Berlin – aba-Jahrestagung 2023 (IV):
Zurück zur Sieben?
von Lisa Martin und Sven Scholz , 28. Juni 2023

Neulich in Berlin – aba-Jahrestagung 2023 (III):
Quo vadis, lebenslang?
von Lisa Martin und Sven Scholz , 13 Juni 2023

aba-Tagung Mathematische Sachverständige:
Kostenlose Vertragsprüfung von Amts wegen
von Caroline Braun und Dr. Günter Hainz, 24. Oktober 2022

Deutschland im Herbst – aba-Mathetagung (III):
Von DRÜ und doppelten Steuern, von Wiki UND IAS 19 ...
von Caroline Braun und Dr. Günter Hainz, 21. Oktober 2021

Deutschland im Herbst – aba-Mathetagung (II):
De-Risking mit und ohne EBIT-Power
von Caroline Braun und Dr. Günter Hainz, 19. Oktober 2021

Deutschland im Herbst – aba-Mathetagung (I):
Alte Welten, neue Welten, dritte Quartale
von Caroline Braun und Dr. Günter Hainz, 15. Oktober 2021

Versorgungsausgleich:
Karlsruhe konkretisiert Karlsruhe …
von Jan Hartloff, 14. Juni 2021

Deutschland im Herbst – aba-Mathetagung (IV):
Rückwirkende Disqualifikation?
von Caroline Braun und Dr. Günter Hainz, 26. Oktober 2020

Deutschland im Herbst – aba-Mathetagung (III):
Live and let die...
von Caroline Braun und Dr. Günter Hainz, 21. Oktober 2020

Deutschland im Herbst – aba-Mathetagung (II):
Aktuare pandemiefest
von Caroline Braun und Dr. Günter Hainz, 16. Oktober 2020

Deutschland im Herbst – aba-Mathetagung (I):
Von 79 Milliarden, Optimisten, Pessimisten …
von Caroline Braun und Dr. Günter Hainz, 15. Oktober 2020

Neulich in Erfurt:
Altersteilzeit kann Teilzeit sein
von Dr. Günter Hainz, 25. März 2020

aba-Pensionskassentagung in Bonn (II):
Auch rückwirkend Schluss mit Privilegien ...
von Caroline Braun und Günter Hainz, 10. Oktober 2019

aba-Pensionskassentagung in Bonn (I):
Ora live on Stage
von Caroline Braun und Dr. Günter Hainz, 2. Oktober 2019

81. aba-Jahrestagung in Bonn (III):
Wenn best practices Druck machen…
von Dr. Günter Hainz, 11. Juni 2019

81. aba-Jahrestagung in Bonn (II):
Kaum mehr zu bewerkstelligen“
von Sven Scholz, 28. Mai 2019

Die aba neulich in Königswinter (IV):
Von Einstandspflichten und Portfolios. Und ein Abschied.
von Caroline Braun, 22. Oktober 2018

Die aba neulich in Königswinter (III):
Von Vaus und Feldberg
von Caroline Braun, 15. Oktober 2018

Die aba neulich in Königswinter (II):
Wir brauchen ein bAV-PEPP“
von Caroline Braun, 2. Oktober 2018

Die aba in Königswinter (I):
Der Aktuar in der Funktion
von Caroline Braun, 27. September 2018

BGH zum Versorgungsausgleich:
Was wie zu teilen wäre...
von Jan Hartloff, 24. Mai 2018

BMF-Schreiben vom 30. November 2017:
Auf BFH folgt AIFM folgt BMF
von Dr. Günter Hainz, 7. Dezember 2017

aba-Tagung Fachvereinigung Pensionskassen:
Kein Strom aus der Steckdose
von Dr. Günter Hainz, 17. Oktober 2017

Neues BMF-Schreiben:
Zwischen praktikabel und kompliziert
von Dr. Günter Hainz, 28. September 2017

BGH zum Versorgungsausgleich:
Externe Teilung fondsgebundener Zusagen
von Dr. Günter Hainz, 7. September 2017

Diskriminierungsfreie Sprache auf LEITERbAV

LEITERbAV bemüht sich um diskriminierungsfreie Sprache (bspw. durch den grundsätzlichen Verzicht auf Anreden wie „Herr“ und „Frau“ auch in Interviews). Dies muss jedoch im Einklang stehen mit der pragmatischen Anforderung der Lesbarkeit als auch der Tradition der althergerbachten Sprache. Gegenwärtig zu beobachtende, oft auf Satzzeichen („Mitarbeiter:innen“) oder Partizipkonstrukionen („Mitarbeitende“) basierende Hilfskonstruktionen, die sämtlich nicht ausgereift erscheinen und dann meist auch nur teilweise durchgehalten werden („Arbeitgeber“), finden entsprechend auf LEITERbAV nicht statt. Grundsätzlich gilt, dass sich durch LEITERbAV alle Geschlechter gleichermaßen angesprochen fühlen sollen und der generische Maskulin aus pragmatischen Gründen genutzt wird, aber als geschlechterübergreifend verstanden werden soll. Auch hier folgt LEITERbAV also seiner übergeordneten Maxime „Form follows Function“, unter der LEITERbAV sein Layout, aber bspw. auch seine Interpunktion oder seinen Schreibstil (insb. „Stakkato“) pflegt. Denn „Form follows Function“ heißt auf Deutsch: "hässlich, aber funktioniert".

© Pascal Bazzazi – LEITERbAV – Die auf LEITERbAV veröffentlichten Inhalte und Werke unterliegen dem deutschen Urheberrecht. Keine Nutzung, Veränderung, Vervielfältigung oder Veröffentlichung (auch auszugsweise, auch in Pressespiegeln) außerhalb der Grenzen des Urheberrechts für eigene oder fremde Zwecke ohne vorherige schriftliche Genehmigung. Die Inhalte einschließlich der über Links gelieferten Inhalte stellen keinerlei Beratung dar, insbesondere keine Rechtsberatung, keine Steuerberatung und keine Anlageberatung. Alle Meinungsäußerungen geben ausschließlich die Meinung des verfassenden Redakteurs, freien Mitarbeiters oder externen Autors wieder.