… und wenn Freizeit Komplikationen schafft: Auch das diesjährige, eintägige aba-Forum Steuerrecht war wieder von enormer Inhaltsdichte. Heute erneut der Auftakt einer mehrteiligen Berichterstattung zu dem jüngsten Treffen der deutschen bAV-Steuerexperten: mit einem großen Rundumschlag, über FASTER, ViDA, DAC und BEFIT, über die Rolle von Ungewissheit, über das, was außer Kraft gesetzt werden sollte und mehr … Gregor Hellkamp und Sebastian Walthierer waren dabei.
18. März, Mannheim, diesjähriges aba-Forum Steuerrecht: auf der Agenda wie stets vielfältige komplexe Steuerfragen aus dem Umfeld des Pensionswesens. Fast schon traditionell haben drei Mercer-Experten für PENSIONS●INDUSTRIES die wichtigsten Aussagen der Referenten dokumentiert. Wegen der Kombination aus Komplexität und Inhaltsdichte erfolgt wie im Vorjahr die Berichterstattung in mehreren Teilen – und der besseren Lesbarkeit halber wie stets im Indikativ der Referenten. Heute also der erste Teil.
Landwehr: schwierige Rahmenbedingungen, wenig Wachstum, Sondervermögen…
Nach den einleitenden Worten von Claudia Veh, Partnerin bei B&W Deloitte, die als Moderatorin wie im Vorjahr durch das Forum führt, gibt als erster Referent GDV-Steuerexperte Volker Landwehr nach einer Analyse der Ausgangslage einen umfassenden Überblick über die akute nationale und europäische Steuergesetzgebung:
Die Ausgangslage ist – so Landwehr – durch schwierige Rahmenbedingungen geprägt. Der Referent spannt einen Bogen vom bekannten Ausgang der Bundestagswahl mit noch unklaren politischen und wirtschaftlichen Auswirkungen über die ausbleibende Konjunkturerholung in Deutschland bis zum sog. Draghi-Bericht auf europäischer Ebene, der insb. beim Abbau von Besteuerungshürden bei Cross-Border-Investments und der Vereinfachung des Steuerrechts nach Meinung von Landwehr wenig innovativ ist.
Die schwierige deutsche Ausgangslage macht Landwehr symptomatisch an Kennzahlen fest, ein Beispiel das erwartete BIP-Wachstum 2025: Weltwirtschaft 2,6%, Euro-Raum 1,3%, Deutschland 0,4%. Deutschland rangiert weiter mit den effektiven Arbeitsstunden von etwa 1.400 p.a. auf dem letzten Platz noch hinter Frankreich und deutlich hinter dem OECD-Standard (etwa 1.700); den Spitzenplatz belegt China (etwa 2.200).
Der Referent zeigt weiter auf, dass die expliziten Bundes-Schulden seit 2019 unaufhaltsam ansteigen (Stand 2019: 1.163 Mrd. Euro; Stand aktuell 2025: 1.719 Mrd. Euro). Dabei ist das geplante milliardenschwere sog. „Sondervermögen“ noch nicht mit eingerechnet.

Die Ausgabenseite erscheint ebenfalls problembehaftet. Der Haushalt 2024 zeigt, dass die Steuereinnahmen (insg. 477 Mrd. Euro) zu 38,5% vom BMAS vereinnahmt werden, wobei die gesetzlichen Renten hier den größten Posten bilden (117,2 Mrd. Euro, die damit deutlich über 60% des Budgets des BMAS ausmachen), gefolgt mit großem Abstand vom BMVg (11,6%).
Die aufgezeigten Aussichten für 2025 zeigen nach einem Regierungsentwurf aus Ende 2024 ein ähnliches Bild, bei einem um 10 Mrd. Euro weiter angestiegenen Gesamthaushalt (ebenfalls noch ohne „Sondervermögen“). Die Haushaltsplanung wird, so Landwehr, erschwert durch eine volatile Steuerschätzung und überlagert durch das Thema „Schuldenbremse“ und der entsprechenden Änderung der Finanzverfassung (Art. 115 GG).
…und die nationale Gesetzgebung im Schatten von Ampel-Aus und Neuwahlen
Landwehr fährt fort mit einem Gesetzgebungsüberblick und geht u.a. ein auf das Vierte Bürokratieentlastungsgesetz, das JStG 2024, das Existenzminimumgesetz, das Steuerfortentwicklungsgesetz, das Zweite Zukunftsfinanzierungsgesetz, das Mindeststeueranpassungsgesetz, die gescheiterte pAV-Reform sowie die Ideen der möglichen künftigen Regierungsparteien zur Altersvorsorge.
Die noch realisierten Gesetze enthalten eine Vielzahl steuerlicher Einzelregelungen. Näher geht der Referent insb. auf Bürokratieentlastungsgesetz und das Zweite Zukunftsfinanzierungsgesetz ein, das wegen des Diskontinuitätsgrundsatzes mit wesentlicher inhaltlicher Änderung zum Dringlichkeits-/Omnibusgesetz mutierte.
Während einzelne Regelungen u.a. zur Bürokratieentlastung noch umgesetzt wurden …
Das Bürokratieentlastungsgesetz regelt u.a. eine Verkürzung der Aufbewahrungspflichten im Handels- und Steuerrecht für Buchungsbelege von bisher 10 auf 8 Jahre, künftig die elektronische Bereitstellung von Steuerverwaltungsakten, eine vereinfachte Ersatzbescheinigung von Steuerbescheinigungen über Kapitalerträge und die Abgabefristverlängerung für Steuererklärungen von Spezial-Investmentfonds von vier auf acht Monate. Dabei wird zudem die Zuständigkeit für die Abgabe der Erklärungen von KVG auf Spezial-Investmentfonds geregelt.
… fielen Verbesserungen bei Kapitalanlage von Investmentfonds der Diskontinuität zum Opfer
Das Zweite Zukunftsfinanzierungsgesetz enthielt zunächst vor allem für Investmentfonds interessante gesetzliche Neuerungen, die der Referent verdeutlicht:
Fonds können in Kapitalgesellschaften investieren, die Infrastrukturobjekte betreiben: Investmentfonds aufsichtsrechtlich und steuerrechtlich unbegrenzt – Spezial-Investmentfonds steuerrechtlich begrenzt auf bis zu 10% des Kapitals der Kapitalgesellschaft. Bisher ist aber unklar, ob und ggf. inwieweit Investmentfonds in gewerbliche Personengesellschaften investieren dürfen. Grund: Dies führt steuerrechtlich zu einer Mitunternehmerschaft und damit zu gewerblichen Einkünften. Zweck eines Fonds muss aber die gemeinsame Kapitalanlage sein und nicht der Betrieb eines Unternehmens.
Aufsichtsrechtlich dagegen wird eine solche Investition dagegen vielfach als gleichermaßen zulässig angesehen wie die Investition eines Fonds in eine Kapitalgesellschaft.
Ziel des Gesetzes war es, dass (Spezial-)Investmentfonds aufsichtsrechtlich und steuerrechtlich gleichermaßen problemlos sowohl in Kapitalgesellschaften als auch in gewerbliche Personengesellschaften investieren können, wenn und soweit diese Projekte der Infrastruktur oder erneuerbaren Energien betreiben. Dabei sollten Besteuerungslücken vermieden werden und Investitionen von Investmentfonds steuerrechtlich nicht bessergestellt werden als Direktinvestitionen. Wegen des Diskontinuitätsgrundsatzes sind diese Verbesserungen, die ab 2026 gelten sollten, nicht mehr realisiert worden (das „restliche“ Dringlichkeits-/Omnibusgesetz dient im Wesentlichen nur noch dazu Dringliches und europarechtlich Zwingendes umzusetzen).
Im Hinblick auf das Steuerfortentwicklungsgesetz hebt Landwehr im Übrigen positiv hervor, dass die umfangreichen Mitteilungspflichten für nationale Steuergestaltungen, die ursprünglich noch im Wachstumschancengesetz in der AO vorgesehen waren, nicht umgesetzt worden sind.
Planlos in Berlin?
Landwehr geht dann auf nicht mehr vollendete Gesetzgebungsvorhaben, aber mögliche Ideen der vermutlichen künftigen Regierung ein. So kann – wie der Referent ausführt – u.a. darüber spekuliert werden, ob und wie das pAV-Reform Gesetz der FDP „wiederkommt“ oder auch das Mindeststeueranpassungsgesetz vorgelegt werden wird.

Reformbemühungen im Rahmen der pAV werden Landwehrs Einschätzung zufolge auch davon abhängen, ob Finanzmittel entweder weiter stabilisierend in die gRV fließen (müssen), deren Niveau von mindestens 48% von der SPD weiter unbeirrt gefordert wird, oder etwa für die von der CDU vorgeschlagene „Frühstart-Rente“ und andere kostspielige systemfremde Rentensubventionen verwendet werden. Hier ist aber vieles noch nicht konkret und unscharf, wie der Referent abschließend resümiert.
Und die bAV? Kommt in den Planungen der möglichen Koalitionäre nur marginal vor. Hier finden nur der Aufbau für Geringverdiener unter Ausrichtung auf Tarifpartner (SPD) und die Unterstützung von KMU in der bAV (CDU) Erwähnung.
Die eigenen Interessen nicht im Blick?
Mit einem kurzen europäischen Ausblick (u.a. ViDA, DAC 8, FASTER, BEFIT) schließt Landwehr ab. Die europäische Gesetzgebung betrifft die bAV dabei nicht unmittelbar:
Näher kommentiert der Referent DAC 8 bzw. das entsprechende DAC 8-Umsetzungsgesetz, mit dem auch punktuelle Erweiterungen des fortentwickelten gemeinsamen Meldestandards für den automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten in Steuersachen (amended Common Reporting Standard – CRS) umgesetzt werden sollen. Kritik äußert er zu dem Umstand, dass Deutschland europäische Richtlinien häufig als „Musterschüler“ nicht nur umsetzt, sondern im Rahmen eines nationalen überschießenden „Gold-Platings“ umsetzt, was nicht immer im Interesse des Landes und der Wirtschaft ist.
Bei der Quellensteuerrichtlinie FASTER („Faster and Safer Relief of Excess Withholding Taxes”), die bis Ende 2028 durch die EU-Mitgliedstaaten umzusetzen ist (Anwendung aber erst ab 2030) geht es um zwei Schnellverfahren:
Ein Freistellungsverfahren („Relief at Source“) sowie ein schnelles Erstattungsverfahren („Quick Refund System“). Zudem soll eine gemeinsame digitalen EU-Ansässigkeitsbescheinigung (sog. eTRC) eingeführt werden. Die Richtlinie gilt ausschließlich für Dividenden und Zinszahlungen börsengehandelter Wertpapiere, die über Finanzintermediäre gehalten werden, und nicht für z.B. konzerninterne Dividenden oder Lizenzgebühren, merkt Landwehr an. Aus seiner Sicht ist es aber ein Schritt in die richtige Richtung.
Mit BEFIT („Business in Europe: Framework for Income Taxation“) wird schließlich ein neuer Anlauf der EU-Kommission zur Harmonisierung des Unternehmenssteuerrechts für multinationale Unternehmen unternommen (statt der bisherigen „Gemeinsame konsolidierte Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage” – GKKB).
Hagemann: Die Bilanzierung der Altersfreizeit vor Gericht
Mercers Chefaktuar Thomas Hagemann stellt in seinem Vortrag die BFH-Entscheidung IV R 22/22 vom 5. Juni 2024 vor, die sich mit der steuerlichen Berücksichtigungsfähigkeit einer Rückstellung für Altersfreizeit befasst:
Bisherige Sichtweise war, dass für Altersfreizeiten keine Rückstellungen zu bilden waren. Grund hierfür ist die Ausgeglichenheitsvermutung für Leistung und Gegenleistung. Gleiches gilt auch für höhere Krankheitszeiten oder eine höhere Vergütung älterer Beschäftigter. In Steuerbilanz, Handelsbilanz und internationalem Abschluss wird diesbezüglich gleich verfahren. Dann erging die genannte BFH-Entscheidung.
Der Fall …
Auf der Grundlage eines Manteltarifvertrags stand den Arbeitnehmern der Klägerin (Arbeitgeberin) zusätzliche bezahlte Freizeit von zwei Arbeitstagen je vollem Jahr ihrer Betriebszugehörigkeit zu, soweit sie dem Betrieb mindestens zehn Jahre ununterbrochen zugehörig waren und das 60. Lebensjahr vollendet hatten.

Vor diesem Hintergrund passivierte die Klägerin in der Steuerbilanz zum Ende 2016 eine Rückstellung für Altersfreizeit i.H.v. 337.900 Euro. Das zuständige FA vertrat bei einer steuerlichen Außenprüfung für die Jahre 2013 bis 2016 unter Hinweis auf das Urteil VI 59/85 des FG Niedersachsen vom 15. Oktober 1987 sowie auf das BMF vom 11. November 1999 (BStBl. I 1999, 959, DStR 1999, 1902 Rn. 5) die Auffassung, dass die Voraussetzungen einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten nicht erfüllt seien.
… und die Entscheidung
Die Revision der Finanzverwaltung wurde seitens des BFH als unbegründet zurückgewiesen. Zu Recht habe das FG entschieden, dass für die Verpflichtung zur Gewährung von Altersfreizeit in der Steuerbilanz auf den 31. Dezember 2016 eine – der Höhe nach unstreitige – Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten zu passivieren ist.
Was ist Altersfreizeit?
Hagemann nimmt die Definition der Altersfreizeit in den Blick und präsentiert eine mögliche Abgrenzung zwischen Altersfreizeit als Entlastungszeit (Altersfreizeit im engeren Sinne, z.B. reduzierte Wochenarbeitszeit) und Altersfreizeit zwecks Übergangs in die Rente (Altersfreizeit im weiteren Sinne). Er definiert Altersfreizeit vor der hier in Rede stehenden Entscheidung des BFH im weiteren Sinne als dienstzeitabhängige Freistellung zum Zweck des Übergangs in die Rente.

Die Zusage auf Altersfreizeit hier im Fall ist auf die Freistellung am Ende des laufenden Arbeitsverhältnisses vor Eintritt in die gesetzliche Altersrente gerichtet. Sie soll in Höhe von zwei Tagen für jedes volle Jahr der Betriebszugehörigkeit nach Alter 25 gewährt werden. Leistungsvoraussetzungen sind zehn Jahre Betriebszugehörigkeit und die Vollendung des 60. Lebensjahres. Die Altersfreizeit ist damit wesentlich an die Betriebszugehörigkeit gekoppelt.
Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten
Ausgehend von § 249 Abs. 1 S. 1 HGB (Passivierungsgebot), das nach § 5 Abs. 1 S. 1 EStG auch für die Steuerbilanz gilt, geht Hagemann auf die Voraussetzungen für die Rückstellungsbildung ein: Voraussetzung für eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten ist das Bestehen einer nur ihrer Höhe nach ungewissen Verbindlichkeit oder die hinreichende Wahrscheinlichkeit des künftigen Entstehens einer Verbindlichkeit dem Grunde nach – deren Höhe zudem ungewiss sein kann – sowie ihre wirtschaftliche Verursachung in der Zeit vor dem Bilanzstichtag. Als weitere Voraussetzung muss der Schuldner ernsthaft mit seiner Inanspruchnahme rechnen.
Auch auf Arbeit gelten die Grundsätze über schwebende Geschäfte
Hagemann verweist vor diesem Hintergrund auf die Ausgeglichenheitsvermutung bei schwebenden Geschäften, die auch bei Arbeitsverhältnissen als Dauerschuldverhältnissen gilt. Es erfolgt in diesem Zusammenhang keine Bilanzierung von Ansprüchen und Verbindlichkeiten, es sei denn es wurden Vorleistungen erbracht oder es bestehen Erfüllungsrückstände. Der Erfüllungsrückstand ist hier gegeben, denn der Arbeitnehmer hat neben der Arbeitsleistung auch durch die Nichtausübung seines Kündigungsrechts eine Vorleistung erbracht, die Gegenleistung dafür steht dagegen noch aus.
Allerdings, so der Aktuar, ist die Frage nach dem Vorliegen eines Erfüllungsrückstands nicht ausschließlich nach bürgerlichem Recht zu beurteilen. Ausreichend ist vielmehr eine an den wirtschaftlichen Gegebenheiten orientierte Betrachtung. Davon ausgehend setzt das Vorliegen eines Erfüllungsrückstands jedoch voraus, dass mit der nach dem Vertrag geschuldeten künftigen Leistung nicht nur an Vergangenes angeknüpft, sondern Vergangenes abgegolten wird; es ist eine zweckgerichtete, bei zeitabhängigen Leistungen auch zeitbezogene Verknüpfung erforderlich.
Dies führt dazu, dass bei Bestehen eines Erfüllungsrückstands, dessen Höhe sicher ist, eine Verbindlichkeit auszuweisen ist. Ist die noch zu erfüllende Leistung der Höhe nach ungewiss, ist eine Rückstellung zu bilden.
Voraussetzungen liegen im Streitfall vor
Im Streitfall besteht eine – nur der Höhe nach ungewisse – Verbindlichkeit der Klägerin auf Gewährung von Altersfreizeit, soweit die betroffenen Arbeitnehmer bereits das Merkmal der mindestens zehnjährigen Betriebszugehörigkeit erfüllt und das 60. Lebensjahr vollendet haben. Die Verbindlichkeit beruht auf der bindenden Regelung des Manteltarifvertrags. Auch für eine erst in der Zukunft entstehende Verbindlichkeit muss eine Rückstellung gebildet werden, so der BFH. Soweit die beiden vorgenannten Bedingungen noch nicht erfüllt sind, ist das künftige Entstehen einer Verbindlichkeit auf Gewährung von Altersfreizeit dem Grunde nach hinreichend wahrscheinlich. Denn es sprechen mehr Gründe für als gegen das Entstehen der Verbindlichkeit. Die wirtschaftliche Verursachung der zurückgestellten (ungewissen) Verbindlichkeit in der Zeit vor dem Bilanzstichtag (hier: 31.Dezember 2016) ist gegeben. Auch ein Erfüllungsrückstand liegt nach Auffassung des BFH vor, er wird sukzessive aufgebaut, da er sich aus der Ansammlung zweier freier Tage pro Jahr der Betriebszugehörigkeit ab Alter 25 ergibt und zwar unabhängig davon, ob zehn Jahre Betriebszugehörigkeit und Alter 60 bereits erreicht sind.
Hagemann zieht noch die Parallele zu Dienstjubiläen. Auch hier kommt es maßgebend auf die Dauer der Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers an, so dass die künftige Leistung des Arbeitgebers mit den in der Vergangenheit erbrachten Diensten des Arbeitnehmers verknüpft und auf Seiten des Arbeitgebers ein Erfüllungsrückstand aufgebaut wird, der die Bildung einer Rückstellung gebietet. Jedoch besteht keine Vergleichbarkeit zum Urteil VI 59/85 des FG Niedersachsen vom 15. Oktober 1987, wo die Altersfreizeit an die Branchen- und nicht an die Betriebszugehörigkeit gekoppelt war. Das entspricht vollständig der handelsrechtlichen Sichtweise, so der Referent.
Auswirkungen auf Altersfreizeit im engeren Sinne?
Bei Altersfreizeit im engeren Sinne (Entlastungszeit) bleibt es bei der bisherigen Sichtweise. Grundsätzlich bleibt der BFH bei der Ausgeglichenheitsvermutung für das Arbeitsverhältnis. Der Erfüllungsrückstand erfordert eine Vorleistung der Arbeitnehmer. Werden ab Erreichen eines bestimmten Alters jedes Jahr mehr Urlaubstage gewährt oder wird die wöchentliche Arbeitszeit reduziert, besteht allerdings kein Erfüllungsrückstand. Folglich ist weiterhin keine Rückstellungsbildung zulässig.
Auch eine Mindestbetriebszugehörigkeit ändert nichts daran, dass die Leistung altersabhängig und nicht dienstzeitabhängig ausgestaltet ist. Ein Erfüllungsrückstand entsteht in diesen Fällen nicht. Es kann aber Grenzfälle geben, so Hagemann (z.B. Einzelzusage, noch 20 Jahre bis zur Pensionierung, nach 10 Dienstjahren gibt es für die verbleibenden 10 Dienstjahre jeweils zwei Urlaubstage pro Jahr zusätzlich).
Widersprüche?
Hagemann sieht die Entscheidung des BFH nicht im Widerspruch zum BMF-Schreiben vom 11. November 1999, dessen wichtigste Themen die Arbeitsfreistellung zum Ausgleich für vom Arbeitnehmer erbrachte Vorleistungen, die Arbeitsfreistellung ohne vom Arbeitnehmer erbrachte Vorleistungen und die Altersteilzeit sind. Er hält dieses BMF-Schreiben allerdings insgesamt für überholt.
Allerdings steht die Entscheidung des Vierten Senats im Widerspruch zum Urteil des BFH vom 27. September – I R 53/15 – zum Nachteilsausgleich nach Altersteilzeit. Danach darf keine Rückstellung gebildet werden, da die Rentenkürzung als wesentliche Tatbestandsvoraussetzung noch gar nicht eingetreten ist und die wirtschaftliche Betrachtungsweise der rechtlich formalen Betrachtungsweise zu folgen hat. Die Entscheidung des Ersten Senats wird vom Senat nicht zitiert. Der Widerspruch wurde nach Ansicht von Hagemann damit nicht aufgelöst.
Hagemanns Fazit: Die Ausgeglichenheitsvermutung bei Altersfreizeit im engeren Sinne bleibt bestehen. Für die Prüfung, ob ein Erfüllungsrückstand vorliegt, kommt es auf die wirtschaftliche Betrachtung an. Die Möglichkeit des Entfalls der Verpflichtung führt nicht zu einem Passivierungsverbot. Allerdings besteht ein Widerspruch zu einer früheren Entscheidung zum Nachteilsausgleich nach Altersteilzeit. Zudem wird deutlich, dass das BMF-Schreiben vom 11. November 1999 außer Kraft gesetzt werden sollte.
Teil II der Berichterstattung zum diesjährigen aba-Forum Steuerrecht folgt in Kürze auf PENSIONS●INDUSTRIES.
Sebastian Walthierer ist Senior Manager, Legal & Tax Consulting bei Mercer Deutschland in Frankfurt am Main.
Gregor Hellkamp ist Senior Manager, Legal & Tax Consulting bei Mercer Deutschland in Düsseldorf.

Von Mercer-Autorinnen und Autoren sind zwischenzeitlich bereits auf PENSIONS●INDUSTRIES erschienen:
aba-Forum Steuerrecht (III): aba-Forum Steuerrecht (II): aba-Forum Steuerrecht (I): Vergangenen August in Erfurt (II): Entgelttransparenz-RL vor der nationalen Umsetzung (II): Entgelttransparenz-RL vor der nationalen Umsetzung (I): Der NKR und die Schriftformerfordernisse – BRSG (XVII): GroMiKV und die EbAV: IFRS 18: Vorgaben für den Pensionsaufwand – und mehr: BRSG 2.0-E (VI): aba-Forum Steuerrecht (IV): aba-Forum Steuerrecht (III): aba-Forum Steuerrecht (II): aba-Forum Steuerrecht (I): 17. Jahrestagung der Arbeitsgemeinschaft Zeitwertkonten: Zum Sommeranfang Großkampftag in Erfurt (III): Neuer Vorstoß des IDW zum HGB-Rechnungszinssatz Framework für das De-Risking: aba-Forum Steuerrecht (V): aba-Forum Steuerrecht (IV): aba-Forum Steuerrecht (II): aba-Forum Steuerrecht (I): DAV/DGVFM-Jahrestagung 2023 in Dresden (V) – Corona, Hitze, Diabetes: DAV/DGVFM-Jahrestagung 2023 in Dresden (V): Wegfall der Hinzuverdienstgrenzen: Was nun? Ausfinanzierung von Pensionsverpflichtungen: Zwischen Regulierung, Admin und Asset Management: #womeninpensions-Kommentar – mit Wirkung auf die bAV (II): Pensions in their Markets: Was war da los in London? Pensionsrückstellungen nach HGB: Pensions in their Markets: IDW und DAV zu rückgedeckten Versorgungszusagen: De-Risking-Strategien zahlen sich aus: Die Inflation und der Pensionsinvestor: Zusätzlicher Prüfungsaufwand für externe Versorgungsträger: Jahrestagung der Arbeitsgemeinschaft Zeitwertkonten: Bilanzneutral, befristet, BOLZ: Forum „bAV“ der VVB: Erfurt, Teilzeit und die bAV: aba-Forum Steuerrecht 2021: Übersterblichkeit und Covid-19 (II): Mal wieder Handlungsbedarf bei Zusagen mit Beschränkung der Hinterbliebenenversorgung: Von Fiduciary Management, Outscourced Chief Investment Officer und Delegated Solutions: bAV in der Corona-Krise: Übersterblichkeit und Covid-19: Prioritäten in der Krise: Aufsicht: bAV in den Zeiten des Virus‘: BaFin-Merkblatt: Flexible Lösungen und digitale Tools sind gefragt Was heißt hier „lediglich“? Alles auf Reset beim Wertguthaben? In beiden Fassungen? Zulagenförderung ist besser als ihr Ruf! Zumutung und Kostenbelastung „Künftig alle zwei Jahre EIOPA-Stresstest“ Die EIOPA wächst mit ihren Aufgaben Nicht genug dazu gelernt Spannung jenseits des BRSG bAV statt Resturlaub? Das hat dort nichts zu suchen! Das könnt Ihr doch nicht ernst meinen!
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von Thomas Hagemann, 31. Oktober 2018
von Klaus Bednarz, Hamburg, 12. Dezember 2017
von Bettina Nürk, Frankfurt; Mannheim, 5. Oktober 2017
von Bettina Nürk, Frankfurt; Mannheim, 4. Oktober 2017
von Thomas Hagemann, Frankfurt am Main, 10. August 2017
von Frank Zagermann, Wiesbaden, 29. Mai 2017
von Thomas Hagemann, Mannheim, 9. Mai 2017
von Rita Reichenbach, Frankfurt am Main, 12. März 2014
von Thomas Hagemann, Frankfurt am Main, 25. Februar 2014
von Stefan Oecking, Dortmund, 17. Juli 2013