Das Forum für das institutionelle deutsche Pensionswesen

Aon EbAV-Konferenz 2019:

Von MaGo, ORA, SIPP und mehr…

Die Berichterstattung zu den zahlreichen Herbsttagungen auf LEITERbAV ist auch im Januar des Folgejahres noch nicht abgeschlossen. Thema heute: die Aon EbAV-Konferenz 2019. Detlef Coßmann dokumentiert für LbAV einige der Kernaussagen – und aktualisiert auf den Stand von heute.

 

20. November 2019, Frankfurt, diesjährige EbAV-Konferenz von Aon: Rund 50 Teilnehmer informieren sich über aktuelle Hintergründe, Entwicklungen und Lösungen für Einrichtungen der bAV und tauschen sich mit Vertretern anderer Einrichtungen sowie Praktikern und Experten aus. Die Konferenz steht ganz im Zeichen der Umsetzung der EbAV-II-Richtlinie, der Berücksichtigung von ESG-Kriterien bei der Kapitalanlage und der Suche nach attraktiven Kapitalanlageoptionen. Durch das Programm führt der Chefaktuar von Aon und Vorstandsvorsitzende der aba Georg Thurnes.

 

MaGo für EbAV – Was erwartet uns?

 

Tanja Diepold, Aon.

Eingangs der Vorträge referieren Tanja Diepold, Rechtsanwältin in der Rechtsabteilung von Aon, und Georg Thurnes zu den erwarteten Mindestanforderungen an die Geschäftsorganisation (MaGo) für EbAV, welche die BaFin für Ende des Jahres 2019 angekündigt hat (und die zwischenzeitlich noch nicht von der Aufsicht vorgelegt worden sind). Ein Entwurf der MaGo für EbAV liegt zwar damit auch Anfang Januar 2020 noch nicht vor; auch haben die zunächst für September 2019 angekündigten Workshops hierzu noch nicht stattgefunden.

 

Allerdings lassen sich aus dem seit August 2019 vorliegenden Entwurf der MaGo für kleine Versicherungsunternehmen und den von EIOPA herausgegebenen Opinions zur Umsetzung der EbAV-II-Richtlinie laut Diepold und Thurnes durchaus Schlüsse ziehen, welche Themen und Regelungen die MaGo für EbAV enthalten könnten.

 

Vor dem Hintergrund dieser zu erwartenden Inhalte wäre es nach Ansicht der beiden Referenten dringend geboten, dass die MaGo für EbAV die Besonderheiten der EbAV in Deutschland berücksichtigen. Diepold nennt hier beispielsweise die Subsidiärhaftung des Arbeitgebers und die Insolvenzsicherung – letztere aktuell nur für Pensionsfonds-Zusagen, künftig wohl auch für Pensionskassen-Zusagen.

 

Zu berücksichtigen sei auch, dass einerseits aufgrund der zahlreichen arbeitsrechtlichen Regelungen im bAV-Geschäft sehr lange Durationen vorliegen, andererseits durch den kollektiven Zugang zu den Systemen kaum Selektionsrisiken bestehen und das bAV-Geschäft daher insgesamt nicht mit dem „normalen“ Lebensversicherungsgeschäft vergleichbar ist.

 

Georg Thurnes, Aon.

Thurnes führt die besondere Personalsituation und die Nähe zum Trägerunternehmen als weitere in den MaGo für EbAV zu berücksichtigende Aspekte an, insbesondere bei den Regelungen zu Schlüsselfunktionen und Ausgliederung. Aus Sicht der Referenten bleibt zu hoffen, dass die BaFin der Aussage von Frank Grund folgt, wonach die Besonderheiten der EbAV in Deutschland bei den MaGo für EbAV selbstverständlich berücksichtigt würden.

 

Laut Diepold und Thurnes kommt es nun darauf an, ob und inwieweit die BaFin von ihrem Gestaltungsspielraum Gebrauch macht und dabei auch das Proportionalitätsprinzip berücksichtigt.

 

Fazit der beiden Referenten: Für eine sinnvolle Umsetzung in die MaGo für EbAV ist entscheidend, dass die zahlreichen Besonderheiten von EbAV in Deutschland ausreichend berücksichtigt werden.

 

Nachhaltigkeit – lästige Pflicht oder cleveres Risikomanagement?

 

Silke Jolowicz, MEAG.

Den zweiten Vortrag übernimmt Silke Jolowicz von MEAG, dem Asset Manager der Munich Re. Das Thema Nachhaltigkeit beinhaltet aus Sicht der MEAG alle Aspekte von Umwelt, Soziales und Good Governance. Hierbei sei die Klimakrise eines der zentralen und dringlichen Themen – dies werde auch durch die Analysen der Munich Re deutlich, die beispielsweise die künftigen Entwicklungen von Naturkatastrophen modellieren. Die MEAG integriert deshalb in all ihre Anlageentscheidungen ESG Aspekte, um Chancen und Risiken, die sich aus Nachhaltigkeitsaspekten ergeben, frühzeitig einschätzen zu können. Die MEAG ist überzeugt, dass sich das Rendite-Risiko-Profil von Investments hierdurch verbessern kann. Darüber hinaus werde durch regulatorische Entwicklungen ein solches Vorgehen immer stärker eingefordert – Treiber sei dabei natürlich der EU Aktionsplan, aber auch Impulse nationaler Regulierungsbehörden wie dem BaFin-Merkblatt zu Nachhaltigkeitsrisiken, der Bundesbankkonferenz zu „Sustainable Finance“ oder den Klimastresstests der „Prudential Regulation Authority“ in Großbritannien. Die MEAG plane deshalb das Thema Nachhaltigkeit und ESG zukünftig noch weiter auszubauen.

 

ORA et labora – Wie kann eine eigene Risikobeurteilung aussehen?

 

Weiterer Schwerpunkt der Konferenz ist die mit § 234d VAG neu eingeführte „Eigene Risikobeurteilung“ (Own Risk Assessment, ORA), die von EbAV künftig mindestens alle drei Jahre durchzuführen und der Aufsicht vorzulegen ist. Andreas Kopf und der Autor dieses Beitrags – beide Aktuare bei Aon – gehen neben den Rahmenbedingungen sowie der von EIOPA veröffentlichten Opinions auf die für Pensionskassen und -fonds anstehenden Arbeiten ein.

 

Andreas Kopf, Aon.

Zwar steht ein ORA-Rundschreiben der BaFin noch aus, zu erwarten sind hier jedoch eher generelle als konkrete Hilfestellungen für die Einrichtungen. Die „Eigene Risikobeurteilung“, die neben dem ORA-Bericht auch eine Festlegung zugehöriger Richtlinien unter anderem mit Prozessdefinitionen und Verantwortlichkeiten erfordert, lässt sich in die vier großen Bereiche Governance, Risikosituation, Finanzierungsbedarf und Schutzmechanismen gliedern.

 

Anhand dieser vier Bereiche wird von den Referenten herausgestellt, welche Anforderung bereits heute in der bestehenden Risikoberichterstattung abgedeckt sein dürften und an welchen Stellen die EbAV noch tätig werden müssen. So wird im Bereich Governance u.a. Vermeidung und Bewältigung möglicher Interessenskonflikten bei den erst neu eingeführten Schlüsselfunktionen gewissen Aufwand machen.

 

Ein zentrales Gebiet der ORA stellt die Beurteilung der Risiken der Einrichtung aus Sicht der Berechtigten dar. Die Vortragenden vertreten die Auffassung, dass hier auf dem bereits in der MaRisk (VA) und dem früheren §64a VAG verankerten Prozess von Risikoidentifikation über -analyse und -bewertung bis hin zur Risikosteuerung aufgesetzt werden kann. Für die meisten EbAV wird jedoch die Berücksichtigung von ESG-Faktoren bei der Risikobeurteilung neu sein.

 

Des Weiteren sind in der ORA der gesamte Finanzierungsbedarf der Einrichtung zu beurteilen und ggf. nötige Maßnahmen zu beschreiben. Der Bedarf dürfte nach Ansicht der Vortragenden neben der reinen Bedeckung der Verpflichtungen und Eigenmittelanforderungen auch die Risikodeckung einbeziehen. Doch auch hier können die Pensionskassen und -fonds auf bereits bestehende Risikomanagement-Tools wie dem Risikotragfähigkeitskonzept aufsetzen. Darüber hinaus stehen den Einrichtungen bereits heute viele Modelle wie Stresstest, BaFin-Prognoserechnung oder ALM-Studien zur Verfügung.

 

Zu guter Letzt hat in der ORA noch eine Beurteilung bestehender Mechanismen zum Schutz der Anwartschaften und Versorgungsleistungen zu erfolgen. Neben den Garantien und Verpflichtungen der Trägerunternehmen sind hier auch Versicherungslösungen oder der PSV einzubeziehen, so die Referenten.

 

Zum Zeitplan: Anfang 2020 werden zunächst die BaFin-Workshops mit aba-Vertretern und Marktteilnehmern erwartet. Es folgt die Konsultation, schließlich die Veröffentlichung der Rundschreiben. Das Inkrafttreten wird im Q I 2020 erwartet. Abschließend äußern Coßmann und Kopf Bedenken, ob sich angesichts einer von EIOPA angestrebten Harmonisierung der Aufsicht der Common Framework langfristig verhindern lassen wird.

 

SIPP – Bestandsaufnahme und Handlungsoptionen

 

Wolfram Roddewig, Aon.

Wolfram Roddewig, Head of Investment Consulting Germany Aon, beschäftigt sich in seinem Vortrag mit dem Statement of Investment Policy Principles (SIPP). „Mit der Übernahme der EbAV-II-Richtlinie in deutsches Recht werden sich auch die Anforderungen hinsichtlich Dokumentierung der Anlagegrundsätze erhöhen. In der EIOPA-Stellungnahme von Juni 2019 wird eine Vielzahl von Vorschlägen gemacht, wie die zuständigen nationalen Aufsichtsbehörden diese umsetzen können“, so Roddewig.

 

Ein entsprechendes Merkblatt seitens der BaFin soll im Frühjahr 2020 veröffentlicht werden – es bleibe abzuwarten, in welchem Ausmaß sich die BaFin dabei an die zum Teil sehr detaillierten Vorgaben der EIOPA orientieren wird. In jedem Fall sollten nationale Besonderheiten berücksichtigt und dem Prinzip der Proportionalität Rechnung getragen werden, mahnt der Referent. Inhaltlich liege ein besonderer Fokus auf dem Thema Nachhaltigkeit bei der Kapitalanlage. EbAV-Verantwortliche sollten sich zeitnah mit den neuen Anforderungen vertraut machen, auch wenn es bei der praktischen Umsetzung eine Übergangsfrist geben wird, so der Referent abschließend.

 

Immobilienanlagen einer Pensionskasse – Sicherheit & Volatilität der in-/direkten Anlage

 

In seinem Vortrag „Immobilienanlage einer Pensionskasse: Sicherheit und Volatilität in der in-/direkten Anlage“ gibt Manuel Neher, Vorstandsmitglied bei der Pensionskasse der Mitarbeiter der Hoechst-Gruppe VVaG und der Höchster Pensionskasse VVaG mit Verantwortung für Immobilien, einen Erfahrungsbericht aus der Praxis.

 

Manuel Neher, Hoechster Pensionskasse.

Als langjähriger Investor im Immobiliensegment streben die Höchster Vorsorgeeinrichtungen eine Immobilienquote von 25% an. Die Immobiliendirektanlage umfasst über 300 Einzelinvestitionen, welche geographisch über ganz Deutschland verteilt sind. Der Schwerpunkt liege auf großflächigem Lebensmitteleinzelhandel sowie Fachmärkten mit Lebensmittelanker. Engagements in anderen Segmenten wie z.B. Büro, innerstädtischer Einzelhandel, Baumärkten, Logistik, Pflege sowie Wohnen im Rahmen eines indirekten Vehikels umfasse der Immobilienbestand darüber hinaus.

 

Neher beleuchtet in seinem Vortrag die Unterschiede in der Renditebetrachtung im Rahmen der direkten und der indirekten Immobilienanlage. Erkennbar wird dabei, dass die Direktanlage einer regulierten Pensionskasse systematisch gegenüber der indirekten Anlage benachteiligt ist. Die bestehenden unterschiedlichen Kalkulationsvorgaben ermöglichen beim Blick auf ein und dieselbe Immobilie deutlich abweichende Risikobetrachtungen und damit bereits erhebliche Preisdifferenzen im Rahmen des Ankaufs. EbAV-Anleger seien gut beraten, sich bei der Strukturierung der Immobilienanlage frühzeitig mit den praktischen Herausforderungen in der Umsetzung auseinanderzusetzen, so Neher.

 

Going Global – Optionen für die Diversifizierung der Immobilieninvestments

 

Felix Fels, Experte der zu Aon gehörenden Townsend-Group, berichtet in seinem Vortrag, warum trotz fallender Renditen Immobilienmärkte weltweit weiterhin interessante Investitionsmöglichkeiten bieten. Dafür lohnt es sich für deutsche Investoren, sich auch im Ausland umzusehen.

 

Felix Fels, Townsen Group.

Anleger könnten durch globale Diversifizierung das Risiko im Portfolio reduzieren, da sie an unterschiedlichen Marktzyklen gleichzeitig teilnehmen können. Zusätzlich erhielten deutsche Investoren so Zugang zu verschiedenen Nutzungsarten und könnten länderspezifische Trends taktisch ausnutzen.

 

Investoren hätten mehrere Möglichkeiten ein globales Portfolio umzusetzen, erläutert Fels. Je nach Höhe der Kapitalallokation könnten deutsche Anleger z. B. auf globale Fonds, Dachfonds oder maßgeschneiderte indirekte Mandate zurückgreifen oder selbst ein mit mehr Arbeitsaufwand verbundenes Portfolio aus mehreren Fonds in verschiedenen Ländern zusammenstellen. Performance und ESG-Kriterien könnten durch mittlerweile etablierte globale Benchmarks bewertet und verglichen werden.

 

Für eine erfolgreiche Umsetzung gelte es andere Risikofaktoren wie Währungsrisiken, Steuern und Regulierungen sorgfältig abzuwägen und gegebenenfalls Expertenhilfe zu beanspruchen, mahnt Fels abschließend.

 

Die Veranstaltung endet mit einem Networking der Tagungsteilnehmer, verbunden mit einer Vielzahl an Diskussion und dem Wissen, dass die deutsche EbAV-Landschaft zwar vor zahlreichen Herausforderungen steht, die aber auch bei entsprechender Unterstützung gemeinsam bewältigt werden können.

 

Detlef Coßmann, Aon.

Der Autor ist Principal bei Aon in München sowie Vorstand der Pensionskasse der Schülke & Mayr GmbH VVaG.

 

Von ihm beziehungsweise anderen Autorinnen und Autoren von Aon erschienen zwischenzeitlich auf LEITERbAV:

 

 

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Deutschland im Herbst – aba-Pensionskassentagung (I):
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Digitale Rentenübersicht:
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Aon EbAV-Konferenz 2019:
Von MaGo, ORA, SIPP und mehr...
von Detlef Coßmann, München, 6. Januar 2020

Im September in Köln (III) – aba-Mathetagung 2019:
Weniger als Null wird es nicht
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Im September in Köln (II) – aba-Mathetagung 2019:
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Von klein-klein, Textform, Vernachlässigung und mehr…
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von Dr. André Geilenkothen, Mannheim, 27. Oktober 2017

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von Dr. André Geilenkothen, Mannheim, 26. Oktober 2017

aba-Forum Arbeitsrecht:
Teilentschärfung
von Carsten Hölscher, Mannheim, 5. Mai 2017

BGH zu VBL-Startgutschriften für Rentenferne:
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von Andreas Kasper, München, 8. Juni 2016

Die Steuerbilanz nach den Anpassungen im 253 HGB:
Der Staub der Jahrzehnte
von Dr. André Geilenkothen, Mülheim an der Ruhr, 14. März 2016

Vorlage der EIOPA-Stresstest-Ergebnisse (III):
Von Löchern und Lücken
von Dr. Georg Thurnes, München, 11. Februar 2016

Diskriminierungsfreie Sprache auf LEITERbAV

LEITERbAV bemüht sich um diskriminierungsfreie Sprache (bspw. durch den grundsätzlichen Verzicht auf Anreden wie „Herr“ und „Frau“ auch in Interviews). Dies muss jedoch im Einklang stehen mit der pragmatischen Anforderung der Lesbarkeit als auch der Tradition der althergerbachten Sprache. Gegenwärtig zu beobachtende, oft auf Satzzeichen („Mitarbeiter:innen“) oder Partizipkonstrukionen („Mitarbeitende“) basierende Hilfskonstruktionen, die sämtlich nicht ausgereift erscheinen und dann meist auch nur teilweise durchgehalten werden („Arbeitgeber“), finden entsprechend auf LEITERbAV nicht statt. Grundsätzlich gilt, dass sich durch LEITERbAV alle Geschlechter gleichermaßen angesprochen fühlen sollen und der generische Maskulin aus pragmatischen Gründen genutzt wird, aber als geschlechterübergreifend verstanden werden soll. Auch hier folgt LEITERbAV also seiner übergeordneten Maxime „Form follows Function“, unter der LEITERbAV sein Layout, aber bspw. auch seine Interpunktion oder seinen Schreibstil (insb. „Stakkato“) pflegt. Denn „Form follows Function“ heißt auf Deutsch: "hässlich, aber funktioniert".

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