Infolge der Baseler Regulierung ziehen sich die Banken sukzessive aus dem Segment der Gewerbeimmobilien-Darlehen zurück. Olaf John erläutert die Chancen, die sich daraus für institutionelle Anleger ergeben.
Wenn die Basel-III-Vorschriften im Jahr 2018 verbindlich in Kraft treten, müssen die weltweit größten Banken eine Kernkapitalquote (Tier 1) von mindestens 9,5 Prozent aufweisen – mehr als doppelt so viel wie unter dem bisherigen Standard (4 Prozent).
In einer von Deloitte durchgeführten Studie1) unter 18 europäischen Finanzinstituten mit einem Vermögen von insgesamt 11 Billionen Euro gaben 80 Prozent der Teilnehmer an, dass höhere Eigenkapitalanforderungen eine wesentliche Determinante bei der Bilanzverkürzung darstellen. Beinahe die Hälfte der Befragten gab an, dass sie sich im Vergleich zu anderen Darlehenskategorien zunächst aus dem Markt für Gewerbeimmobilien (Commercial-Real-Estate-Darlehen, kurz: CRE-Darlehen) zurückziehen werden. Damit wird für Eigentümer von Gewerbeimmobilien der Zugang zu Bankdarlehen erheblich erschwert. Selbst wenn die Banken ihre Kapitalquoten erreicht haben, wird die Bereitschaft zur Refinanzierung bestehender Darlehen durch weitere gesetzliche Regelungen eingeschränkt. Somit entsteht eine enorme Lücke bei der Finanzierung von Gewerbeimmobilien, ein Ungleichgewicht bei Angebot und Nachfrage von CRE-Darlehen.
Investment-Grades rentieren wie europäische Hochszinsanleihen
Derzeit führt dieses Ungleichgewicht zu einem Renditeaufschlag für CRE-Darlehensgeber. Da CRE-Darlehen zusätzlich weniger aktiv an den Sekundärmärkten gehandelt werden, erhalten CRE-Darlehensgeber außerdem eine Illiquiditätsprämie. Weitere Indikatoren liegen im steigenden Refinanzierungsbedarf bestehender CRE-Darlehen sowie der verstärkten Nachfrage nach neuen Darlehen zur Finanzierung hochwertiger Bauprojekte. Erstrangige Darlehen mit Investment-Grade-Qualität rentieren aktuell ähnlich wie europäische Hochzinsanleihen. Das ist äußerst ungewöhnlich und stellt potenziell einen hervorragenden Einstiegszeitpunkt für alternative CRE-Darlehensgeber dar.
Wer sind die neuen Darlehensgeber?
Historisch waren Banken für etwa 90 Prozent der Finanzierungen im Bereich Gewerbeimmobilien in Europa verantwortlich. Dies illustriert die Dimension des Vakuums. Außerhalb des Bankensektors treten daher verstärkt neue Darlehensgeber auf, insbesondere institutionelle Investoren, die dieses Ungleichgewicht für sich nutzen. In den USA besteht seit langem ein umfangreicher institutioneller CRE-Darlehensmarkt. In Europa entwickelt sich dieser erst und macht aktuell nur einen Bruchteil des US-Marktes aus.
Individuelle Bonitätsprüfung „Bottom-up“ – variable Zinsen
Erstrangige CRE-Darlehen sind in der Regel durch Vermögenswerte des Darlehensnehmers besichert. Zudem werden diese CRE-Darlehen privat emittiert und erhalten kein öffentliches Kreditrating. Fondsmanager, die in CRE-Darlehen investieren, müssen die Bonitätsprüfung des Gläubigers auf „Bottom-up“-Ebene, also fundamental und selbständig vornehmen. Dies bedeutet jedoch auch, dass die Anleger strengere Kriterien für die Darlehensbedingungen vorgeben können. Die Dokumentation für private Darlehen ist oftmals umfangreicher als die für öffentliche Anleihen und häufig mit individuellen Bedingungen ausgestaltet. CRE-Darlehen haben in der Regel variable Zinsen und sind damit vor Verlusten durch Zinssteigerungen geschützt. Sie bieten so weiteres Diversifikationspotential zu Anleihen mit festen Zinssätzen.
Besichert und mit geringer Korrelation
Für institutionelle Anleger stellen CRE-Darlehen eine Alternative zu den traditionellen Anlageklassen dar, die mehr Sicherheit in Bezug auf erwartete Renditen und Auszahlungstermine bietet. Eine Anlage in erstrangige Hypothekendarlehen, die mit Immobilien besichert sind, unterscheidet sich deutlich von einem direkten Investment in Immobilien. Die Korrelation zwischen der Wertentwicklung der CRE-Darlehen und der Immobilienpreise ist gering, insbesondere wenn die Beleihungsquoten niedrig sind. Zum anderen bieten erstrangige CRE-Darlehen einen höheren Schutz als spekulativere Anlagen wie Second Lien Loans und Mezzanine-Darlehen. Der niederländische Markt für Gewerbeimmobilien dient hier als historisch aufschlussreiches Stress-Szenario: Er leidet seit 2007 unter einem Preisverfall von rund 30 Prozent. Daten der niederländischen Zentralbank deuten jedoch darauf hin, dass CRE-Darlehen mit konservativen Beleihungsquoten von 60 bis 70 Prozent keine wesentlichen Zahlungsrückstände oder realisierten Verluste verbuchten.
150-200 Basispunkte Renditeaufschlag
Der Renditeaufschlag erstrangiger CRE-Darlehen gegenüber Investment-Grade-Unternehmensanleihen mit vergleichbarem Risikoprofil resultiert aus der oben beschriebenen geringeren Liquidität von Darlehen und dem Ungleichgewicht bei Angebot und Nachfrage von Darlehen durch den Rückzug der Banken. Die Rendite liegt derzeit circa 150-200 Basispunkte über der von Investment-Grade-Anleihen gleicher Bonität. Dies geht aus Daten von Bloomberg und einer Insight-Analyse zu den Renditeaufschlägen erstrangiger CRE-Darlehen hervor. Es ist außerdem zu erwarten, dass die CRE-Renditeaufschläge in Europa in den kommenden Jahren sich denen in den USA, welche wesentlich niedriger sind, angleichen und entsprechend weiter fallen werden.
Zugang zur Anlageklasse Darlehen
Bei der Investition in CRE-Darlehen gilt es, das richtige Investitionsvehikel zu wählen, insbesondere vor dem Hintergrund von AIFMD und EMIR, die zusätzliche Kosten verursachen können, wenn Darlehen in Fondsvehikeln gehalten werden. Außerdem ist für regulierte, institutionelle Anleger in der Regel wichtig, ein Investment-Grade-Rating für die Darlehensinvestments beziehungsweise das entsprechende Vehikel zu erhalten, um diese dem gebundenen Vermögen zuordnen zu können. Derzeit gibt es kaum noch Anleihen im Investment-Grade-Bereich, die den gewichteten Garantiezins des jeweiligen Versicherungsunternehmens erwirtschaften, deshalb wird sich die neue „Anlageklasse CRE“ schnell etablieren.
Der Autor ist Head of Business Development, Europe, der Insight Investment, London, UK.
Von ihm und anderen Autorinnen und Autoren der Insight Investment erschienen zwischenzeitlich bereits auf LEITERbAV:
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– und Navigieren in den Kreditmärkten.
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von Olaf John, London, 15. Oktober 2015
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von Wolfgang Murmann, London, 20. Mai 2015
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Advertorial mit freundlicher Unterstützung von:
Kontakt:
Olaf John
Head of Business Development, Europe
Insight Investment, 160 Queen Victoria Street, London EC4V 4LA
Tel.: +44 20 7321 1944
Email: Olaf.John@InsightInvestment.com
1) Update 15. Mai 2015: Die Studie, einst online verfügbar, scheint eben dies mittlerweile nicht mehr zu sein.
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