Die Bundesregierung hat gestern ihren Entwurf zur Überarbeitung des Versicherungsaufsichtsgesetzes vorgelegt. Torjubel kann ausbleiben.
Erstes Motiv der Totalüberarbeitung des Gesetzes ist es, auf 365 Seiten das Eigenkapitalregime Solvency II (genau: die „Richtlinie 2009/138/EG zur Aufnahme und Ausübung der Versicherungs- und der Rückversicherungstätigkeit“) in nationales Recht umzusetzen. Leiter bAV.de hat bereits auszugsweise die Kommentierungen von BDA, DAV und aba publiziert, die diese Verbände bei Vorlage des Referentenentwurfs abgegeben hatten.
Für eine umfassende Prüfung des Entwurfs ist es noch zu früh. Leiter-bAV.de greift an dieser Stelle daher nur einige der prägnantesten Punkte des Regierungsentwurfs heraus. Wichtig für die bAV ist besonders der Artikel 2 „Folgeänderungen“, der sich in seinem Absatz 17 mit dem BetrAVG befasst.
PSV: Der Paragraf 14 BetrAVG
Angefasst wird beispielsweise der Paragraf 14 BetrAVG, um die Solvabilitätsausstattung des Pensions-Sicherungs-Vereins neu zu regeln, nämlich insofern, als dass der PSV vom Anwendungsbereich der Eigenmittelvorgaben nach Solvency II ausgenommen wird. Außerdem soll die Inanspruchnahme des PSV-Ausgleichsfonds erleichtert werden. Das ist nicht unwichtig, denn es ist die Absicht der PSV-Träger, dass künftig bei der Insolvenzeinrichtung die gesetzlich vorgegebene Mindestsolvabilität des PSV anders als bisher allein durch die Verlustrücklage gewährleistet werde. Hintergrund ist, dass künftig der Ausgleichsfonds bei einem hohen Schadensjahr deutlich stärker zur Dämpfung des Beitragssatzes herangezogen werden darf und damit also anders als bisher antizyklisch eingesetzt werden kann. Der künftige Paragraf 14 BetrAVG laut Entwurf:
„Der PSV unterliegt der Aufsicht durch die BaFin. Soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, gelten für ihn die Vorschriften für kleine Versicherungsunternehmen nach den §§ 212 bis 216 des VAG und die aufgrund des § 217 des VAG erlassenen Rechtsverordnungen entsprechend.“
Angefasst wird entsprechend auch der Artikel 10 BetrAVG, der künftig lauten soll:
„In Jahren, in denen sich außergewöhnlich hohe Beiträge ergeben würden, kann zu deren Ermäßigung der Ausgleichsfonds in einem von der BaFin zu genehmigenden Umfang herangezogen werden; außerdem können die nach den Sätzen 1 bis 3 erforderlichen Beiträge auf das laufende und die bis zu vier folgenden Kalenderjahre verteilt werden.“
Drei Kapitel für die bAV
Wie schon im Referentenentwurf sollen die Regelungen für EbAV weiter in einen eigenen Teil 4 „Einrichtungen der bAV“ in drei Kapiteln (§§ 232 bis 235 für Pensionskassen, §§ 236 bis 240 für Pensionsfonds sowie §§ 241 bis 244 für Cross-Border) gepackt werden, und zwar unter Verweis nicht mehr auf die Vorschriften für LVU, sondern auf diejenigen für kleine VU. Von einem eigenen, vom Recht der Versicherer unabhängigen Aufsichtsrecht für EbAV – wie von Teilen der deutschen Industrie seit langem gefordert (siehe Bosch hier und die BDA hier) – kann also nach wie vor keinerlei Rede sein. Das betrifft auch den nächsten Abschnitt.
Mittelbares Solvency II in der Kapitalanlage?
„Die Verweisung auf die Anlagegrundsätze für Versicherungsunternehmen sollte gestrichen werden, da hierdurch auch Solvency-II-Vorgaben auf EBAV Anwendung finden würden.“
Das hatte die BDA in ihrer Kommentierung gefordert. Jedoch verweisen die Paragrafen 234 und 237 des Entwurfs weiter auf den Paragrafen 124 VAG-E, mit dem der Paradigmenwechsel von der regel- zur prinzipiengebundenen Aufsicht für Versicherer als zentraler Grundsatz von Solvency II erfolgt („unternehmerisches Vorsichtsprinzip“). Auch die aba und die DAV hatten sich energisch gegen einen Verweis auf den neuen Paragrafen 124 ausgesprochen.
Keine Klarstellung bei der Anpassungsprüfungsverpflichtung
Der Entwurf sieht keine Klarstellung der Escape-Klausel für regulierte Pensionskassen vor. Das heißt, dass diese von der Anpassungsprüfungsverpflichtung weiter nicht ausdrücklich ausgenommen blieben, anders als Wettbewerbspensionskassen und Direktversicherungen. Die Diskussion ist bekanntlich schon älter.
Ausreichend wäre gewesen, den Bezug auf die Regelung zum Höchstrechnungszinssatz (derzeit auf Paragraf 65 I Nr. 1a VAG) ersatzlos zu streichen. Doch der Entwurf sieht lediglich eine entsprechende Änderung des Verweises auf Paragraf 235 VAG-E vor.
Möglicherweise wird die Anpassung der Escape-Klausel nun bei Umsetzung der Mobilitätsrichtlinie in nationales Recht erfolgen, entsprechende Hinweise aus dem BMAS hat es diesbezüglich schon gegeben.
BZML für PF bleibt wie sie ist
Die nicht-versicherungsförmige Durchführung auch während der Leistungsphase wird – anders als von vielen erhofft – dem Pensionsfonds (Paragraf 237 des Entwurfs) weiterhin nicht ermöglicht.
Fehlerteufel zur Strecke gebracht?
In dem Referentenentwurf fanden sich noch einige redaktionelle Unschärfen. In Bezug auf den Pensionsfonds wurde zum Beispiel auf eine veraltete Version des VAG aufgesetzt, indem nicht die aktuelle Regelung für Pensionsfonds nach Paragraf 112 VAG zugrunde gelegt worden war, sondern die Fassung aus dem Jahr 2011. Daher fehlte in dem Paragrafen 236 VAG des Referentenentwurfs die im Jahre 2013 neu eingeführte Möglichkeit der Einmalzahlung.
Dieser Fehler ist nun korrigiert worden.
BaFin-Beirat weiter ohne bAV
Obwohl von der BDA schon lange ins Spiel gebracht, sieht auch der Regierungsentwurf weiter keine Einrichtung eines expliziten bAV-Beirates bei der BaFin vor (wie ihn die EIOPA kennt). Es bleibt also beim Versicherungsbeirat. In diesem sitzt für die bAV BVV-Vorstand Helmut Aden. aba-Chef Heribert Karch ist Mitglied des Fachbeirats der BaFin.
Fazit von Leiter bAV.de zu dem Regierungsentwurf: Auf den ersten Blick scheint die Politik nur das tun zu wollen, was nötig ist; das gilt vor allem für die bAV. Von einem großen Wurf für die deutsche betriebliche Altersversorgung kann jedenfalls keine Rede sein.