Bernhard Wiesner, bAV-Chef bei Bosch, sieht zwar Probleme und Defizite, ist aber grundsätzlich optimistisch, dass die bAV aus der anstehenden nationalen wie europäischen Regulierung gestärkt hervorgehen wird. Auftakt zu einem mehrteiligen Interview.
Herr Wiesner, sind Sie enttäuscht, nicht mehr in die bAV-Interessengruppe der EIOPA, die OPSG, berufen worden zu sein?
Das Mandat hatte ich wahrgenommen für die deutschen und europäischen Arbeitgeber, also für die Träger der betrieblichen Altersversorgung, auf Benennung von BDA und BusinessEurope. Es besteht unverändert ein massiver Bedarf dafür, dass Aufsichtsbehörden die spezifischen Bedürfnisse der bAV als effizientester Form kapitalgedeckter Altersvorsorge und die Sicht der Trägerunternehmen besser kennen und verstehen. Dafür bin ich konsequent eingetreten. Auch den unglücklichen Formeln vom „Level Playing Field“ oder „Single Rule Book“ für betriebliche Altersversorgung und Versicherungen bin ich bei EIOPA klar und deutlich entgegen getreten. Dies in der nächsten Periode dort nicht fortführen zu können, bedauere ich. Anderseits stehen wir mit der Europäischen Kommission nach der kommenden Veröffentlichung des Entwurfs der neuen EU-Pensionsfondsdirektive und mit EIOPA angesichts der erklärten Absicht, den Ansatz des „Holistic Balance Sheets“ et cetera weiterverfolgen zu wollen, vor intensivsten Diskussionen. Dabei mitzuwirken ohne Teil einer Behördenstruktur zu sein, kann es durchaus auch erleichtern, noch klarer, markanter und zielgenauer zu handeln und zu argumentieren.
Und wie bewerten Sie grundsätzlich die Tatsache, dass die deutschen Großunternehmen als Arbeitgeber dort nun nicht mehr vertreten sind?
Es ist bestürzend, dass in den EU-rechtlichen Grundlagen von EIOPA und zur Bildung der OPSG alle möglichen Interessengruppen genannt sind; aber nicht die Arbeitgeber und Trägerunternehmen. Was ist das für ein Signal? Effiziente bAV wird in Deutschland und allen Mitgliedsstaaten in Zukunft mehr denn je benötigt. Welche Interessengruppe ist wichtiger für die bAV als ihre Träger? EIOPA hat für die letzte Periode klug gehandelt und freiwillig ausdrücklich einen „Employer Representative“ berufen. Jetzt hat EIOPA dies aufgegeben, damit einen Schritt zurück gemacht und so ein Zeichen zur Schwächung der Interessen der Arbeitgeber und Trägerunternehmen aller Größen gesetzt und die „for profit“ Interessen gestärkt. Das ist Anlass für erhebliche Besorgnis um die bAV, und zwar für alle Arbeitgeber und Trägerunternehmen. Für die Zukunft muss dies geändert werden.
Ohnehin scheint EIOPA mit seinen derzeit deutlich zutage tretenden, weitreichenden Ambitionen dazu zu tendieren, EbAV und Versicherer reichlich analog behandeln zu wollen. Auch Felix Hufeld, Chef der deutschen Versicherungsaufsicht, betonte jüngst deutlich die Parallelen zwischen beiden und hat sich sehr skeptisch zu einem eigenen Aufsichtsrecht für EbAV geäußert. Stehen der bAV regulatorisch also eher schwerere Zeiten bevor?
Die deutsche Aufsicht ist seit vielen Jahrzehnten mit der Lebensversicherungsmethodik sehr vertraut. Erst spät, 2005, kam merkwürdigerweise mit der Umsetzung der heutigen EU-Pensionsfondsdirektive der Begriff „betriebliche Altersversorgung“ erstmals in das Versicherungsaufsichtsgesetz, das ja schon in seinem Titel alles sagt. Auch EIOPA beginnt immer zunächst bei der Versicherungsperspektive und hat sich bislang noch nicht mit den Kerncharakteristika der bAV befasst. Nun ist wirklich kaum etwas weiter weg von der bAV als die Lebensversicherungsmethodik. Das sieht man schon daran, das in Deutschland zwei Drittel der Zusagen und Deckungsmittel der bAV sehr sicher und erfolgreich gar nicht der Aufsicht unterliegen. Damit soll nicht für eine Einschränkung der Aufsicht plädiert werden. Entscheidend ist aber, dass in der EU und damit auch in Deutschland zuerst und vor allem die spezifischen Gegebenheiten der bAV regulatorisch respektiert und sachgerecht gewürdigt werden. Wenn das nicht geschieht, dann wird die bAV keineswegs weiterentwickelt, sondern perspektivisch abgewürgt – zum Schaden der Arbeitnehmer und ihrer Arbeitgeber. Um die Gewichtung einmal zu verdeutlichen: Auf die Lebensversicherung könnte man verzichten, auf die betriebliche Altersversorgung nicht. Insofern können wir optimistisch sein, dass diese Erkenntnis sukzessive auch das regulatorische Umfeld bestimmt.
Ende des ersten Teils. Der zweite Teil findet sich hier. Der dritte hier.