Heute der Abschluss der Berichterstattung zum diesjährigen Top-Event der deutschen bAV. Heute: Mit 18 zur Vernunft, immer auch P(Verheiratung) im Blick behalten, der VB zwischen TU und UK, der GGF zwischen vGA und FG – und was nun doch erst 2058 eintreten wird, all das hat Korbinian Kolb zum Endeseines dreiteiligen Beitrags notiert.
Berlin, 14. Mai 2025, 87. aba-Jahrestagung: Über die Pressekonferenz am Vortag, den Eröffnungstag selbst sowie den Auftakt der Treffen der drei Fachvereinigungen und die hier wesentlichen Themen ist bereits auf PENSIONS●INDUSTRIES breit berichtet worden. Die Berichterstattung zu besagten wesentlichen Themen der der FV wird heute vervollständigt (wie auf P●I üblich mit allen Aussagen im Indikativ der Referenten):
Die U-Kasse und ihre Insolvenzsicherung: Wider die Kettenreaktion
Susanne Marian, Leiterin der Steuerabteilung der Allianz Leben, präsentiert im Anschluss die Sicherungsmechanismen bei der Insolvenz des Arbeitgebers im Durchführungsweg rückgedeckte Unterstützungskasse. Im Fokus stehen dabei Zusagen außerhalb der gesetzlichen Insolvenzsicherung (z.B. für beherrschende GGF):
Bei einer kongruent rückgedeckten U-Kasse besteht eine Vielzahl von Rechtsverhältnissen. Der Arbeitgeber sagt dem Arbeitnehmer über die UK – also mittelbar – eine Leistung zu und wird Mitglied (Trägerunternehmen) in der UK. Er verpflichtet sich gegenüber der Kasse, Beiträge (= Zuwendungen) zu leisten. Die Kasse verpflichtet sich ihrerseits gegenüber dem Arbeitgeber, den Arbeitnehmern Versorgungsleistungen nach Maßgabe des vereinbarten Leistungsplanes und der Satzung zu gewähren. Dieses Rechtsverhältnis zwischen Arbeitgeber und UK ist ein entgeltlicher Geschäftsbesorgungsvertrag (§ 675 BGB).

Die UK schließt zudem kongruente Rückdeckungsversicherungen ab, aus denen ausschließlich sie bezugsberechtigt ist. Im Falle einer Insolvenz des TU und Eröffnung des Verfahrens endet der Geschäftsbesorgungsvertrag zwischen TU und UK, und eine rechtliche Kettenreaktion tritt in Gang:
Enthält die Satzung keine besonderen Bestimmungen, endet mit dem Ausscheiden des TU aus dem Kreis der UK-Träger die Leistungspflicht der UK. Damit muss der Arbeitgeber die Versorgungszusage selbst erfüllen. Die UK hingegen hat in diesen Fällen Kassenvermögen, das (satzungsgemäß) nicht mehr zugunsten der VB verwandt werden darf. Das ist die Basis für ein Rückforderungsrecht des Auftraggebers, also des TU – und damit auch des Insolvenzverwalters (§§ 675 i.V.m. 667 Alt. 2 BGB).
Die UK ist verpflichtet, dem Auftraggeber alles herauszugeben, was sie aus der Geschäftsbesorgung erlangt hat und nicht mehr benötigt, in dem Fall die bestehenden RDV. Dies ist nicht nur für den VB ein Problem, sondern auch für die körperschaftsteuerbefreite UK, die die Zweckbindung des Kassenvermögens beachten muss (§ 5 Abs. 1 Nr. 3 KStG).
Um dies zuverlässig zu verhindern, empfiehlt Marian zwei Sicherungsmechanismen, die miteinander kombiniert werden sollten:
• Erstens: Um bei einer Insolvenz des Arbeitgebers von vornherein einen Anspruch auf Auszahlung des Kassenvermögens an den Insolvenzverwalter nicht entstehen zu lassen, sollte die Satzung Rückforderungsansprüche generell ausschließen. Insbesondere sollte ein ausdrücklicher Verzicht auf Rückgewähransprüche aus § 667 BGB aufgenommen werden. Die Kasse sollte zudem ermächtigt werden, an Berechtigte zu leisten, zu deren Arbeitgeber die Kasse kein Auftrags- bzw. Mitgliedschaftsverhältnis mehr unterhält.
• Zweitens : Eine zusätzliche Verpfändung der RDV an den Arbeitnehmer kann zudem bei einer – eher unwahrscheinlichen, aber bereits vorgekommenen – Insolvenz der UK verhindern, dass der Rückkaufswert an den Insolvenzverwalter ausbezahlt wird.
Marian zieht als positives Fazit, dass eine verlässliche Insolvenzsicherung außerhalb des gesetzlichen Insolvenzschutzes durch die genannten Maßnahmen möglich ist und sich auch die Rechtsprechung zu diesem Thema konsistent entwickelt hat. Es kann also verhindert werden, dass Kassenvermögen herausgegeben wird, auch wenn Insolvenzverwalter weiterhin versuchen, an Leistungen heranzukommen.
Zum Abschluss dieses Fachtages folgen noch zwei Vorträge zu aktuellen Themen aus der Rechnungslegung und aus dem Steuerrecht der bAV.
Akut aus der Rechnungslegung: kaum Anpassungsstau, kein Durchbruch, neuer Standard
Einen Einblick über die aktuellen Themen in der Rechnungslegung gibt André Geilenkothen, Partner bei Mercer und Vorstandsvorsitzender des Mercer Pensionsfonds:
Da die handelsbilanziellen Rechnungslegungsvorschriften weiterhin stabil, die wesentlichen Prämissen aber durchaus volatil sind, gibt der Aktuar einen Überblick über die wesentlichen Einflussgrößen Rechnungszins, Inflation, Sterblichkeit und den beiden aktuell im Fokus stehen Prämissen Verheiratungswahrscheinlichkeiten und Auszahlungsoptionen.

Obwohl zum Jahresbeginn eher sinkende Zinsen erwartet wurden, ist seit Jahresbeginn, insb. auch durch die US-Politik verursacht, ein Anstieg zu beobachten. Für eine Reform des HGB-Zinssatzes mit dem Vorschlag für einen festen Zinssatz von 3,25% laufen die Gespräche, aber es kann noch kein Durchbruch vermeldet werden.
Die Inflation normalisiert sich, wenn auch langsam. Aktuell ist ein Rückgang der Rate auf 2,1% im April 2025 zu beobachten; langfristig wird ein Rententrend von 2% als angemessen betrachtet. Ein möglicher Anpassungsstau sollte in aktuellen Bewertungen kaum noch eine Rolle spielen.
Auch immer Thema der letzten Jahre: die nur noch langsame Verringerung der Sterblichkeit. Die Corona-Pandemie überlagert in den Daten noch manch anderen Effekte. Für ein Update der Heubeck-Richttafeln muss die weitere Entwicklung abgewartet werden. Untersuchungen zeigen, dass sich die Langlebigkeit abschwächt, da der medizinische Fortschritt zwar im Hinblick auf das Herz-Kreislaufsystem deutlich vorangeschritten ist, aber bei anderen Krankheiten eher stagniert. Zudem ist in Daten aus anderen Ländern (bspw. UK) ersichtlich, dass sozioökonomische Faktoren die Langlebigkeit stark beeinflussen und daher nach Einschätzung von Geilenkothen auch in Deutschland stärker einbezogen werden sollten.
Ausgelöst durch Beanstandungen der steuerlichen Betriebsprüfung sind zuletzt die Verheiratungswahrscheinlichkeiten bei Vorliegen von Späteheklauseln in den Blick geraten. Statt für unverheiratete Personen aufgrund von Späteheklauseln keine Hinterbliebenenleistung zu bewerten und damit eine Unterbewertung für den übrigen Bestand zu verursachen, könnte ein Lösungsvorschlag sein, die Verheiratungswahrscheinlichkeiten insgesamt zu modifizieren. Hierzu wurde ein Ergebnisbericht der DAV-Arbeitsgruppe „Biometrie bei Arbeitgeberverpflichtungen“ erarbeitet, der in Kürze veröffentlicht werden wird.Quelle: Mercer, Geilenkothen. Grafik zur Volldarstellung anklicken.
Auch die Erkenntnisse der Arbeitsgruppe zu Auszahlungsoptionen stehen kurz vor der Veröffentlichung.
In der internationalen Rechnungslegung wurde mit dem ab 2027 verpflichtend anzuwendenden IFRS 18 ein neuer Standard eingeführt, der den IAS 1 ersetzt. Wesentliche Änderung in den Vorgaben für Pensionsverpflichtungen gehen damit nicht einher, da nun lediglich das geregelt wird, was bisher ohnehin vernünftigerweise zur Anwendung gekommen ist, schließt Geilenkothen.
Neues aus dem Steuerrecht der bAV

Zuletzt steht Claudia Veh, Partnerin im Bereich Financial Advisory bei Deloitte, mit ihrem Update aus dem Steuerrecht der bAV auf dem Podium der diesjährigen aba-Jahrestagung:
Beginnend mit der Finanzverwaltung, wirft Veh einen Blick auf das BMF-Schreiben vom 30. August 2024. Mit diesem BMF-Schreiben wurde die Anrechnung von Aktivbezügen auf bAV-Leistungen bei Gesellschafter-Geschäftsführern angepasst.
Das Thema hat eine lange Historie, die bisherigen Vorgaben des BMF waren jedoch durch die BFH-Rechtsprechung mit Urteil I R 41/19 vom 15. März 2023 anzupassen.
Bei einer vollen Weiterbeschäftigung als Geschäftsführer mit reduziertem Gehalt und gleichzeitigem Bezug der Versorgungsleistung liegt nach Maßgabe eines hypothetischen Fremdvergleichs nun dann keine vGA vor, wenn die letzten Aktivbezüge vor Rentenbeginn durch die Summe aus Aktivbezügen nach Rentenbeginn und Pensionsleistung nicht überschritten werden. Alternativ hat der BFH das Hinausschieben des Pensionsbeginns bis zur Beendigung der Geschäftsführer-Tätigkeit ggf. unter Vereinbarung eines nach versicherungsmathematischen Maßstäben berechneten Barwertausgleichs vorgeschlagen. Offen bleiben jedoch einige Fragen, etwa zu Kapitalzusagen und zu Kapitaloptionen:
Quelle: Deloitte, Veh. Grafik zur Volldarstellung anklicken.
Im Anschluss gibt die Aktuarin einen Überblick über ausgewählte Rechtsprechung der letzten Zeit:
• Das FG Baden-Württemberg entschied mit Urteil 10 K 1444/22 vom 26. Februar 2024, dass die Vereinbarung eines Mindestpensionsalters von 60 Jahren bei der Übertragung von GGF-Pensionszusagen auf einen Pensionsfonds nicht zu Zufluss von Kapitaleinkünften beim GGF aufgrund einer vGA führt. Die Revision wurde zugelassen, die Finanzverwaltung hat Gebrauch davon gemacht.
• Das FG Schleswig-Holstein entschied mit Urteil 1 K 41/23 vom 5. Februar 2025, dass Pensionsrückstellungen für eine zugesagte 1%-ige Anpassung laufender Leistungen für Pensionsberechtigte mit Zusagen aus der Zeit vor 1999 nicht gebildet werden können, da diese Altfälle wegen Verstoß gegen § 30c Abs. 1 BetrAVG keinen durchsetzbaren Rechtsanspruch auf diese jährliche Anpassung haben. Da mit der garantierten Rentensteigerung die Anpassungsregelung nach § 16 Abs. 1 BetrAVG abbedungen werden sollte, ist die diesbezügliche Zusage unwirksam. Auch hier Revision zugelassen.
• Der BFH hat mit seinem Urteil XI R 25/21 vom 4. September 2024 zur Bilanzierung einer versicherungsrückgedeckten BOLZ ohne garantierte Mindestleistung dem Unternehmen insofern Recht gegeben, dass auch für solche Zusagen Pensionsrückstellungen gebildet werden können, allerdings nach den Vorschriften des § 6a EStG und nicht in Höhe des Aktivwerts der Rückdeckungsversicherung. Offen bleibt, wie das BMF auf dieses Urteil reagiert, da dieses nicht im Einklang mit dem BMF-Schreiben vom 17. Dezember 2002 steht.
Etwas später voll
Abschließend gibt Veh mit dem Wachstumschancengesetz vom 27. März 2024 einen Rückblick auf die Aktivitäten des Gesetzgebers: Dieses Gesetz führt zu einem verlangsamten Abschmelzen des Versorgungsfreibetrags und des Altersentlastungsbetrags und damit erst zu einer vollen Besteuerung im Jahr 2058 (bisher 2040).
Außerdem wurde die Fünftelungsregelung dahingehend angepasst, dass diese nun seit Jahresbeginn nicht mehr über das Lohnsteuerabzugsverfahren angewendet wird, sondern durch die Arbeitnehmer selbst über die Steuererklärung geltend gemacht werden muss.
Mit Vehs Hinweis auf die Änderung in § 22 Nr. 5 EStG zur Schließung einer Lücke in der steuerlichen Behandlung von Altersvorsorgeverträgen endet die diesjährige aba-Jahrestagung.

Das zur heutigen Headline anregende Kulturstück findet sich hier.
Alle Fotos auf der aba-Jahrestagung und von Sandra Wildemann.
Korbinian Kolb ist Aktuar bei der H²B Aktuare GmbH in München.
Von ihm bzw. anderen Autorinnen und Autoren der H2B sind zwischenzeitlich auf PENSIONS●INDUSTRIES erschienen:
aba-Jahrestagung (V) – FV DZ, Mathe, U-Kasse: aba-Jahrestagung (IV) – FV DZ, Mathe, U-Kasse: aba-Jahrestagung (III) – FV DZ, Mathe, U-Kasse: aba-Mathetagung (II): aba-Mathetagung (I): 86. aba-Jahrestagung (V): 86. aba-Jahrestagung (IV): aba-Tagung Mathematische Sachverständige (II): aba-Tagung Mathematische Sachverständige (I): Neulich in Berlin – aba-Jahrestagung 2023 (IV): Neulich in Berlin – aba-Jahrestagung 2023 (III): aba-Tagung Mathematische Sachverständige: Deutschland im Herbst – aba-Mathetagung (III): Deutschland im Herbst – aba-Mathetagung (II): Deutschland im Herbst – aba-Mathetagung (I): Versorgungsausgleich: Deutschland im Herbst – aba-Mathetagung (IV): Deutschland im Herbst – aba-Mathetagung (III): Deutschland im Herbst – aba-Mathetagung (II): Deutschland im Herbst – aba-Mathetagung (I): Neulich in Erfurt: aba-Pensionskassentagung in Bonn (II): aba-Pensionskassentagung in Bonn (I): 81. aba-Jahrestagung in Bonn (III): 81. aba-Jahrestagung in Bonn (II): Die aba neulich in Königswinter (IV): Die aba neulich in Königswinter (III): Die aba neulich in Königswinter (II): Die aba in Königswinter (I): BGH zum Versorgungsausgleich: BMF-Schreiben vom 30. November 2017: aba-Tagung Fachvereinigung Pensionskassen: Neues BMF-Schreiben: BGH zum Versorgungsausgleich:
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