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BMF vs. BFH zu GGF-bAV-vGA (I):

Breaking the Case Law

Für „nicht mit dem Aufgabenbild eines GGF vereinbar“ hält man in der Berliner Wilhelmstraße bestimmte Konstellationen bei parallelem Bezug von Betriebsrente und Aktivbezügen – und geht mit einem BMF-Schreiben auf Konfrontationskurs zur höchstrichterlichen Rechtssprechung. Nach einer neulichen Münchner Klatsche lenkt Berlin nur da ein, wo es unbedingt muss. Denn Teilzeit, das gehe gar nicht.

Der Streitkomplex GGF-bAV-vGA hat in der deutschen Finanzgerichtsbarkeit eine Tradition entwickelt, die man sonst nur aus dem Intensivtätermilieu rund um den 6a oder den 15er-Zuschuss kennt. Und fest steht: Er wird es weiter bleiben. Denn nun kippt man aus der Berliner Wilhelmstraße neues Öl ins Feuer.

Kurzer Rückblick: Die Frage, ob der Bezug von Betriebsrente und Geschäftsführer-Vergütung gleichzeitig möglich ist, hatte der BFH in einem Fall, der von Münster an die Isarbank kam, mit einem „Ja aber“ beantwortet.

Der Bundesfinanzhof in München.

Am 15. März 2023 hatte das höchste deutsche Finanzgericht unter I R 41/19 entschieden, dass es nicht zu beanstanden ist, wenn ein GGF, der nach dem Ruhestand Betriebsrente bezieht und dann in seine alte Position zurückkehrt – wenn, ja wenn Betriebsrente und neues Gehalt zusammen die früheren Aktivbezüge nicht übersteigen.1)

Insofern, so der Erste Senat des BFH, können Versorgungszusagen auch vorsehen, dass bei einer über das Pensionsalter andauernden Beschäftigung die Betriebsrente angepasst aufgeschoben wird.

Die Finanzverwaltung hatte hier also in München verloren …

Sind wir in Berlin heute etwas zickig?

… und damit Grund genug, mit einem BMF-Schreiben zu reagieren. Das tat es auch, und zwar mit Schreiben IV C 2 – S 2742/22/10003 :009 und unter dem beschaulichen Titel „Gleichzeitige Zahlung von Geschäftsführergehalt und Pension; BFH-Urteil vom 15. März 2023 – I R 41/19 – Änderung des BMF-Schreibens vom 18. September 2017 (BStBl I S. 1293)“ – aber anders als gedacht.

In der Frage der Versorgungsordnung zeigt man sich – was bleibt einem auch übrig – einsichtig, denn „nach Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder“ legt das Schreiben fest:

In der Anwartschaftsphase ist eine Pensionszusage an den GGF, die zwar die Vollendung des vereinbarten Pensionsalters voraussetzt, nicht jedoch dessen Ausscheiden … , körperschaftsteuerrechtlich grundsätzlich nicht zu beanstanden. Sie führt nicht von vorneherein wegen Unüblichkeit oder fehlender Ernsthaftigkeit zur vGA“.

Ebenso verneint das Schreiben eine vGA, solange Betriebsrente plus neues Gehalt die ursprünglichen Bezüge nicht überschreitet. So weit, so gut.

Doch dann werden die Ministerialen etwas zickig (was man angesichts der prekären Lage der Führung des Hauses sogar verstehen kann):

Eine verdeckte Gewinnausschüttung ist … zu bejahen, wenn Aktivgehalt und Arbeitszeit nach Eintritt des Versorgungsfalls deutlich reduziert werden, da eine Teilzeittätigkeit mit dem Aufgabenbild eines GGF nicht vereinbar ist.“

Damit geht man klar auf Konfrontationskurs zu München, und zwar dort, wo man ein Obiter Dictum des BFH annimmt – und sagt das auch so:

Soweit der BFH in Rn. 28 des Urteils vom 15. März 2023 die – nicht entscheidungserhebliche – Auffassung vertritt, dass eine Weiter- oder Folgebeschäftigung mit reduzierten Arbeitszeiten/Aufgabenbereichen dazu führen könne, dass die Differenz zwischen Versorgung und letzten Aktivbezügen nicht vollständig ausgeschöpft werden könne, ohne eine vGA auszulösen, ist dem nicht beizupflichten. An der bisherigen abweichenden Verwaltungsauffassung, dass eine Teilzeittätigkeit nicht mit dem Aufgabenbild eines GGF vereinbar ist, wird festgehalten.“

Detlev-Rohwedder-Haus in Berlin, Dienstsitz des BMF (Architekt Ernst Sagebiel).
Foto: BMF/Hendel.

Das ist durchaus bemerkenswert: Eigentlich sagt der BFH in besagter Rn, dass es zur vGA kommen könne, wenn trotz reduzierter Arbeitszeit Rente und Gehalt in Summe die alten Bezüge erreichen (sonst aber nicht). Das könnte man in Sachen vGA ja fast als Konzession als das BMF begreifen – welches dieses allerdings zurückweist. Denn für das BMF gilt ganz grundsätzlich: Teilzeit und GGF, das schließt sich aus.

Für die GGF-Rentner heißt das also: Bei Wiedereinstieg also entweder in die Vollen gehen – und dann gemäß Senatsrechtsprechung anrechnen lassen müssen2) – oder auf Teilzeit gehen mit reduziertem Gehalt – und dann vom Finanzamt auf das neue BMF-Schreiben verwiesen werden. Beides kann man durchaus abschreckend finden – und wenig stringent auch.

Wie dem auch sei, die Bockigkeit Berlins gegenüber München klingt nach nächster Runde. Die ersten Legal-Firms des Parketts sollten sich schon auf neuen Mandate freuen dürfen.

Das zur heutigen Headline anregende Kulturstück findet sich hier.

FN 1 und 2) Die ständige Rechtssprechung des I. Senats, dass ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter einem zurückkehrenden GGF-Rentner nicht gleichzeitig sowohl die volle Versorgung als auch ein volles Gehalt für die Weiterbeschäftigung als GF zahlen würde, hält der Herausgeber übrigens für nicht weniger als absurd. Die Rente ist schließlich erdient, und eine neue Beschäftigung hat damit nichts zu tun. Das wäre ja nicht anders, würde der Betriebsrenter in einem völlig fremden Unternehmen anheuern. Oder würde dieses dann auch anrechnen wollen? Wenn schon Fremdvergleich, dann auch richitg.

Anm. d. Red.: Der Komplex GGF-bAV-Steuer, nicht selten in Kombination mit der Frage der vGA, ist Dauer-Gast vor deutschen Finanzgerichten und damit in der Folge auch auf PENSIONSINDUSTRIES, allein hier ist mittlerweile eine staatliche Liste an Veröffentlichungen entstanden. Da mit weiteren Entwicklungen zu rechnen ist und die Übersicht nicht verloren gehen soll, hier die wesentlichen Beiträge zu dem Thema; zu nennen sind insb.:

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