Das Forum für das institutionelle deutsche Pensionswesen

aba-Aufsichtsrechtstagung (III):

Von FIDA, VAIT und DORA …

von XBRL, RISE, EPS 590 und mehr: Auch Aufsicht und Regulierung sind heute nicht mehr ohne IT denkbar, und so stand auch die digitale Technologie auf der neulichen aba-Tagung zum Aufsichtsrecht auf der Agenda – aber nicht nur. Heute der zweite und letzte Teil der Berichterstattung von Cornelia Schmid und Xaver Ketterl.

Nach dem ersten und dem zweiten Teil der Berichterstattung zur neulichen aba-Aufsichtsrechtstagung in Bonn hier und heute der dritte und letzte Teil:

VBL: Open Finance und EbAV – Zielkonflikt, Chance …

Claudia Wegner-Wahnschaffe geht detailliert auf die Open Finance-Strategie der EU, speziell auf den FIDA-Vorschlag, ein:

aba-Aufsichtsrechtstagung im September 2023 in Bonn.
aba-Aufsichtsrechtstagung im September 2023 in Bonn.

Das Ziel der FIDA ist die Festlegung eines Rahmens für Zugang, Weitergabe und Nutzung bestimmter Kategorien von Kundendaten im Finanzdienstleistungsbereich (darunter auch bAV-Ansprüche), um die Souveränität von „Kunden“ über ihre Finanzdaten zu stärken als auch Regeln für Finanzinformationsdienstleister festzulegen, führt die Leiterin Internationale Angelegenheiten und Verbandsarbeit der VBL aus.

Für EbAV und nationale Rententrackingsysteme – wie in Deutschland die Digitale Rentenübersicht – bietet der Vorschlag sowohl Chancen (Möglichkeit zur Datenbeschaffung, um die Information und Beratung der Versorgungsberechtigten zu verbessern) als auch Risiken (höhere Kosten und Risiken durch zusätzliche Schnittstellen).

oder Worst Case?

Anders als der FIDA-Vorschlag verfolgen nationale Rententrackingsysteme einen rentenpolitischen Zweck, nämlich einen Überblick über die Altersversorgungsansprüche zu geben, und zwar – im Gegensatz zu FIDA – inklusive der gesetzlichen Rentenversicherung. Im Worst Case-Szenario muss bis 2025 die Anbindung von EbAV und Versicherungsunternehmen bei der Digitalen Rentenübersicht und FIDA parallel erfolgen, blickt Wegner-Wahnschaffe voraus.

BaFin (II): Meldewesen – Umstellung auf XBRL ..

Mathias Andrä (BaFin) stellt in seinem Vortrag den aktuellen Stand zum neuen Meldeverfahren für das nationale Berichtswesen vor, das diverse Rechtsgrundlagen umfasst und im Schwerpunkt eine technische Anpassung bestehender Meldeinhalte ist:

Ziel der Umstellung ist es, die systembedingten Vorteile des Solvency II/Rentendaten-Meldeverfahrens auf das nationale Berichtswesen zu übertragen, betroffen sind hier die qualitativen Meldeinhalte (derzeitige Bezeichnung in den Rechtsnormen: formgebundene Erläuterungen). Als Übermittlungsformat ist XBRL – als etabliertes Reporting-Format – vorgesehen, welches den meisten EbAV aus dem Rentendaten-Meldewesen bereits bekannt ist (s. auch Teil II).

doch Excel für die Kleinen

Aus Proportionalitätsgründen soll für kleine EbAV auch eine Excel-basierte Lösung zur Meldedateierstellung angeboten werden, als Nachfolger des derzeitigen Formularservers an der BaFin-Melde- und Veröffentlichungsplattform. Eine Testumgebung für das neue Meldeverfahren soll bis Ende 2023 bereitgestellt werden, um 2024 stufenweise allen Unternehmen die Möglichkeit zur Teilnahme zu geben. Als erster melderelevanter Stichtag ist der 31. März 2025 avisiert, d.h. für die meisten Unternehmen wird die 1. Quartalsmeldung 2025 im neuen Format zu übermitteln sein, kündigt Andrä an.

aba/RWE: DORA als Antwort …

Jörg Paßmann, RWE.

Zu Beginn des letzten Blocks der Tagung verschafft Jörg Paßmann als Leiter des aba-Fachausschusses Digitalisierung den Teilnehmern eine Übersicht über aktuelle Entwicklungen hinsichtlich der IT-Anforderungen, die an EbAV gestellt werden:

Mit der Verordnung über die digitale operationale Resilienz im Finanzsektor DORA (s. auch zu den zwischenzeitlichen Veröffentlichungen der BaFin dazu hier) will die EU eine Antwort auf den digitalen Wandel im Bereich der Finanzdienstleistungen und auf die zunehmende Gefahr von Cyberangriffen im Finanzsektor geben.

Teil der Verordnung sind ein auf EU-Ebene umfassend harmonisierter Rahmen des IT-Risikomanagements, die Ausweitung und Vereinheitlichung von Meldepflichten von schwerwiegenden IT-Vorfällen sowie die Schaffung eines Europäischen Überwachungsrahmens für kritische IT-Dienstleister.

zu konkretisieren durch Level II

DORA ist ab Januar 2025 anzuwenden, bis dahin ist allerdings noch eine Konkretisierung durch umfangreiche Level-II-Regulierungen vorgesehen. Das so entstehende Regelwerk darf laut Paßmann, im Zivilleben Head of Pensions der RWE Group, das in der Verordnung vorgesehene Proportionalitätsprinzip nicht durch ihre regelbasierten Anforderungen einschränken:

Zu den zu berücksichtigenden Besonderheiten von EbAV zählt unter anderem, dass sie ganz oder teilweise die IT-Infrastruktur des/der Trägerunternehmen nutzen, deren Standards regelmäßig hoch sind, sich aber von den Standards der Finanzindustrie unterscheiden.

Ferner geht Paßmann auf die Überarbeitung der Orientierungshilfe zur Auslagerung an Cloud-Anbieterderen heutiger Umfang von 13 Seiten auf über 30 Seiten zunehmen könnte. Neben den nicht geringen Änderungen in den bisherigen Kapiteln werden mit Kapitel „IV. Sichere Anwendungsentwicklung und IT-Betrieb in der Cloud“ und Kapitel „V. Überwachung und Kontrolle der Auslagerungen an Cloud-Anbieter“ große inhaltliche Regelungskomplexe neu geschaffen. Auch wenn eine EbAV vielleicht nicht bewusst in der Cloud ist, ist sie es über die Dienstleisterkette u.U. zuweilen doch, Stichworte SAP RISE oder Office365. Welche Bedeutung der Verordnungsvorschlag der Europäischen Kommission zur Künstlichen Intelligenz (EU AI Act), zu dem bis Ende 2023 eine Einigung im Trilog erwartet wird, für EbAV haben wird, wird noch diskutiert.

PwC: VAIT-Sonderprüfungen mit Befund …

Dirk Klevenhaus (PwC) gibt in seinem Vortrag einen Überblick über den Entwurf eines VAIT-Prüfungsstandards IDW EPS 590:

Die BaFin führt vermehrt VAIT-Sonderprüfungen durch und trifft dabei regelmäßig schwerwiegende Feststellungen. In diesem Zusammenhang erläutert Klevenhaus die Unterschiede zwischen Jahresabschlussprüfung und der aufsichtlichen Prüfung durch die BaFin:

Während im Rahmen ersterer immer eine rückwirkende Betrachtung mit Fokus auf Bilanz, GuV und Lagebericht durchgeführt wird, ist bei der Aufsichtsprüfung der Blick nach vorn gerichtet. Die BaFin gibt keine Prüfungssicherheit, im Idealfall werden keine Beanstandungen festgestellt.

und auf dem Weg zu einem VAIT-Prüfungsstandards

Ziel des im Sommer 2023 veröffentlichten Entwurfs für einen Prüfungsstandard ist eine Vereinheitlichung des Vorgehens und Umfangs bei einer freiwilligen VAIT-Prüfung sowie die Schaffung von Transparenz für die Versicherungswirtschaft (darunter auch EbAV) zur Komplexität einer VAIT-Prüfung.

Bei Anwendung des Standards ist nur eine Komplettprüfung möglich. Einzelkapitel können lediglich in Anlehnung an den Standard geprüft werden. Die Berichterstattung der VAIT-Prüfung beinhaltet eine Klassifizierung der Beanstandungen nach VAIT-Kapiteln von geringfügig bis schwerwiegend. Zu dem Entwurf besteht die Möglichkeit zur Stellungnahme bis zum 31. Dezember 2023.

HBA: leicht von VAIT zu DORA

Olaf Keese, Vorstand Kölner PK und Caritas PK. Foto: Hans Scherhaufer.

Im letzten Impuls des Tages liefert Michael Kretzler (HBA-Consulting) eine strukturierte Darstellung der maßgeblichen Kriterien bei Entscheidungen über den Betrieb, die Weiterentwicklung und ggf. den Austausch von bAV-Bestandsführungssystemen. VAIT-Anforderungen u.a. in den Bereichen IT-Strategie, IT-Projekte/Anwendungsentwicklung und Betrieb sind dabei zu beachten.

In der abschließenden Diskussionsrunde zwischen letzten drei Referenten sowie Olaf Keese, Chef der Caritas und der Kölner Pensionskasse, besteht Einigkeit, dass einer EbAV die Umsetzung von DORA umso leichter fallen sollte, je weiter fortgeschritten sie bei der Umsetzung von VAIT ist.

Cornelia Schmid, aba.

Die nächste EbAV-Aufsichtsrechtstagung findet am 25. September 2024 in Bonn statt.

Cornelia Schmid ist stellv. Geschäftsführerin der Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung aba und betreut dort die Fachvereinigungen Pensionskasse und Pensionsfonds, den Fachausschuss Kapitalanlage und Regulatorik, die Europaarbeit sowie den Bereich Statistik.

Xaver Ketterl, aba.

Xaver Ketterl ist bei der der Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung aba ebenfalls für die Europaarbeit zuständig.

Von Autorinnen und Autoren der aba sind zwischenzeitlich auf LEITERbAVerschienen.

Cornelia Schmid und Andreas Zimmermann im Gespräch:
Ist es FIDA, die da am Eingang steht?
Interview am 26. Januar 2024

aba-Aufsichtsrechtstagung (III):
Von FIDA, VAIT und DORA …
von Cornelia Schmid und Xaver Ketterl, 31. Oktober 2023

aba-Aufsichtsrechtstagung (II):
Berliner, Brüsseler und Bonner ...
von Cornelia Schmid und Xaver Ketterl, 30. Oktober 2023

Reform der EbAV-II-Richtlinie (II):
Der Wahnsinn hat Methode?
Interview mit Cornelia Schmid und Hansjörg Müllerleile, 4. September 2023

aba-Aufsichtsrechtstagung (III):
Gleicher Grundinhalt, komplett andere Aufschlüsselung …
Dr. Cornelia Schmid und Xaver Ketterl, 16. Dezember 2022

aba-Aufsichtsrechtstagung (III):
Gleicher Grundinhalt, komplett andere Aufschlüsselung …
von Dr. Cornelia Schmid und Xaver Ketterl, 15. Dezember 2022

Kommende EU-Regulierung:
Wie jetzt Wald?
Interview mit Cornelia Schmid, 13. September 2022

aba-Tagung Aufsichtsrecht (III):
Whishing well Überarbeitung
Verena Menne und Dr. Cornelia Schmid, 21. November 2021

aba-Tagung Aufsichtsrecht (II):
Come together am Rhein…
von Verena Menne und Dr. Cornelia Schmid, 16. November 2021

ESG Offenlegung – proportional, wesentlich, rechtssicher und mit verfügbaren Daten:
Mehr Zeit für Wesentliches
von Verena Menne Dr. Cornelia Schmid und Dr. Roberto Cruccolini, Berlin; München, 15. Dezember 2020

aba-Aufsichtsrechtstagung (II):
Eine To-Do-Liste nicht nur für EbAV …
von Verena Menne und Dr. Cornelia Schmid, Berlin, 11. Dezember 2020

aba-Aufsichtsrechtstagung (I):
Vom Sechsklang der Hoffnung …
von Dr. Cornelia Schmid und Verena Menne, Berlin, 9. Dezember 2020

Sustainable Finance – Überblick über den aktuellen EU-Stand:
Löwenanteil geschafft?
von Verena Menne und Dr. Cornelia Schmid, Berlin, 14. Januar 2020

EbAV-Aufsichtsrechttagung der aba in Bonn:
Nachhaltigkeit, Informationsanforderungen, aktuelle anderthalb Stunden und mehr…
von Verena Menne und Dr. Cornelia Schmid, Bonn; Berlin, 23. Oktober 2019

Anforderungen der Offenlegungsverordnung für EbAV (II):
Some more Q and A“
von Verena Menne und Dr. Cornelia Schmid, Berlin, 13. August 2019

Anforderungen der Offenlegungsverordnung für EbAV (I):
Q and some A“
von Verena Menne und Dr. Cornelia Schmid, Berlin, 12. August 2019

aba-Fachtagung „Aufsichtsrecht:
Was 2019 wichtig wird…
von Verena Menne und Dr. Cornelia Schmid, Berlin, 30. Oktober 2018

EZB-Meldewesen für Altersvorsorgeeinrichtungen:
Verordnung veröffentlicht, Meldebeginn verschoben
von Dr. Roberto Cruccolini und Dr. Cornelia Schmid, München; Berlin, 6. März 2018

Umfangreiches EU-Meldewesen für EbAV:
Zu viel für die EIOPA-Verordnung!
von Dr. Cornelia Schmid und Dr. Roberto Cruccolini, Berlin; München, 24. Oktober 2017

Trilog ante portas:
Von Kröten und Gutem
Interview mit Cornelia Schmid, 2. März 2016

Interview: „Skandal europäischer Regulationsbestrebungen“
Der Ochse von Frankfurt
Interview mit Heribert Karch, 12. Mai 2015

Georg Thurnes im Interview (II):
Viel Aufwand für wenig Erkenntnis"
Interview mit Georg Thurnes, 5. Mai 2015

Georg Thurnes im Interview:
Nicht die Katze im Sack kaufen“
Interview mit Georg Thurnes, 16. Dezember 2014

Heribert Karch im Interview:
Lieber auf Reset drücken.“
Interview mit Heribert Karch, 17. November 2014

 

Diskriminierungsfreie Sprache auf LEITERbAV

LEITERbAV bemüht sich um diskriminierungsfreie Sprache (bspw. durch den grundsätzlichen Verzicht auf Anreden wie „Herr“ und „Frau“ auch in Interviews). Dies muss jedoch im Einklang stehen mit der pragmatischen Anforderung der Lesbarkeit als auch der Tradition der althergerbachten Sprache. Gegenwärtig zu beobachtende, oft auf Satzzeichen („Mitarbeiter:innen“) oder Partizipkonstrukionen („Mitarbeitende“) basierende Hilfskonstruktionen, die sämtlich nicht ausgereift erscheinen und dann meist auch nur teilweise durchgehalten werden („Arbeitgeber“), finden entsprechend auf LEITERbAV nicht statt. Grundsätzlich gilt, dass sich durch LEITERbAV alle Geschlechter gleichermaßen angesprochen fühlen sollen und der generische Maskulin aus pragmatischen Gründen genutzt wird, aber als geschlechterübergreifend verstanden werden soll. Auch hier folgt LEITERbAV also seiner übergeordneten Maxime „Form follows Function“, unter der LEITERbAV sein Layout, aber bspw. auch seine Interpunktion oder seinen Schreibstil (insb. „Stakkato“) pflegt. Denn „Form follows Function“ heißt auf Deutsch: "hässlich, aber funktioniert".

© Pascal Bazzazi – LEITERbAV – Die auf LEITERbAV veröffentlichten Inhalte und Werke unterliegen dem deutschen Urheberrecht. Keine Nutzung, Veränderung, Vervielfältigung oder Veröffentlichung (auch auszugsweise, auch in Pressespiegeln) außerhalb der Grenzen des Urheberrechts für eigene oder fremde Zwecke ohne vorherige schriftliche Genehmigung. Die Inhalte einschließlich der über Links gelieferten Inhalte stellen keinerlei Beratung dar, insbesondere keine Rechtsberatung, keine Steuerberatung und keine Anlageberatung. Alle Meinungsäußerungen geben ausschließlich die Meinung des verfassenden Redakteurs, freien Mitarbeiters oder externen Autors wieder.