Das Forum für das institutionelle deutsche Pensionswesen

aba-Aufsichtsrechtstagung (II):

Berliner, Brüsseler und Bonner …

Pläne – von BMF, BMAS, BaFin und Kommission: Kosten, IT, Garantien, Bedeckung, ESG, Meldewesen, Information der Berechtigten: Auch eine EbAV unternimmt praktisch keinen Schritt, auf welchem Feld auch immer, ohne dass dies Aufsichtsfragen berührt. Dementsprechend dicht war die Agenda der neulichen aba Tagung Aufsichtsrecht. Cornelia Schmid und Xaver Ketterl waren dabei. Heute der erste Teil ihrer zweiteiligen Berichterstattung.

Dirk Jargstorff, Robert Bosch GmbH.

Bonn, 28. September: jährliche aba-Tagung „Aufsichtsrecht für EbAV“, hybrider Form. Insgesamt 178 Fachleute nehmen teil, davon 92 in Präsenz.

Durch den Tag führen die Moderatoren Dirk Jargstorff (stellv. Vorsitzender der aba und Leiter der Fachvereinigung Pensionsfonds sowie Robert Bosch GmbH / Bosch Pensionsfonds) und Andreas Hilka (Leiter des aba-Fachausschusses Kapitalanlage und Regulatorik sowie Pensionskasse der Mitarbeiter der Hoechst-Gruppe). Alle folgenden Aussagen im Indikativ der Referenten.

Bundesregierung: DiGiRü, Bedeckung und Förderung werden angefasst …

Wie hier schon kurz berichtet, stellt im ersten Impuls des Tages Peter Görgen die Reformvorhaben der Bundesregierung hinsichtlich aller drei Säulen des Alterssicherungssystems in Deutschland vor:

Besonderes Augenmerk legt der Leiter des Referats „Zusätzliche Altersvorsorge“ im BMAS dabei auf die Umsetzung der Resultate das Fachdialogs „Stärkung der Betriebsrente“. So betont Görgen u.a., dass zu den Themen Bedeckungsanforderungen für Pensionskassen und Geringverdiener-Förderbetrag zur bAV aktuell intensive Gespräche mit dem BMF geführt werden. Ferner soll angesichts der Abschaffung der Hinzuverdienstgrenzen bei vorgezogenen Altersrenten die Definition von Pensionskassen im VAG geändert werden.

boLZ und BZML eher nicht

Peter Görgen, BMAS … Foto: Cornelia Schmid.

Konkrete Terminvorgaben zur Umsetzung der im Fachdialog identifizierten Änderungsbedarfe gibt es nicht, so Görgen weiter. Der Leitung des BMAS soll voraussichtlich Ende Oktober ein Referentenentwurf vorgelegt werden. Eine Klarstellung hinsichtlich der Garantieanforderungen der boLZ und eine Abkehr von der hundertprozentigen Beitragsgarantie bei der BZML sind in diesem allerdings nicht zu erwarten.

Mit Blick auf die Digitale Rentenübersicht steigt die Zahl der angebundenen Vorsorgeeinrichtungen, weiss der Beamte zu berichten. Da das System aber darauf fußt, dass möglichst alle Einrichtungen mitmachen, kündigt Görgen eine Verordnung über eine verpflichtende Anbindung an die Digitale Rentenübersicht an, voraussichtlich zum Jahreswechsel 2024/2025.

BaFin (I): Raus aus den Intensivbetten

Anschließend geht Andreas Seiltz auf aktuelle Entwicklungen aus Perspektive der Aufsicht ein:

Da das Zinsniveau nach starkem Anstieg weitgehend stabil geblieben ist, geht die Aufsichtsbehörde davon aus, dass weitere Pensionskassen nach nächster Prognoserechnung aus der intensivierten Aufsicht entlassen werden können. Auch mit Blick auf die stillen Lasten ist die aktuelle Lage als insgesamt stabil einzuschätzen, so der Leiter VA 1 mit den Schwerpunkten bAV und Krankenversicherung bei der BaFin.

Stoßrichtungen im Kostenberichtswesen

Die noch nicht abgeschlossene Bestandsaufnahme zum EIOPA-Kostenberichtswesen für EbAV hat bislang ein durchschnittliches Kostenniveau von 0,8% des verwalteten Vermögens ergeben – bei einer Bandbreite von 0,4 bis 1,2%, weiss Seiltz zu berichten.

Ein regelmäßiges Kostenberichtswesen erscheint daher aus derzeitiger Sicht der BaFin nicht erforderlich. Das abschließende Ergebnis liegt nach Validierung bis Ende des Jahres vor. Es ist allerdings wahrscheinlich, dass die EIOPA ein regelmäßiges Kostenberichtswesen für EbAV mit DC-Plänen vorschlägt (Anm. der Autoren: Im während der Tagung veröffentlichten EIOPA-Ratschlag zur Überprüfung der EbAV-II-Richtlinie schlägt die europäische Aufsichtsbehörde vor, dass EbAV, bei denen Anwärter und Begünstigte Risiken tragen, über Kosten und Gebühren der Versorgungssysteme berichten müssen).

Carpe digital und XBRL ante portas

Im Zukunftsfinanzierungsgesetz, einem umfassenden Artikelgesetz, geht es u.a. um das elektronische Einreichen von Unterlagen. Seiltz appelliert an die beaufsichtigen Unternehmen, die digitalen Möglichkeiten zu nutzen, und weist auf die geplante Umstellung des BaFin-Meldewesens auf XBRL hin (s. auch Teil III der Berichterstattung zu der Tagung). Für kleine EbAV will man aber weiterhin die Einreichung technisch erleichtern.

Die BaFin-Arbeiten zum Fit-and-Proper-Rundschreiben, dessen Entwürfe im Frühjahr 2023 konsultiert wurden, sind noch nicht abgeschlossen.

aba-Aufsichtsrechtstagung im September 2023 in Bonn.
aba-Aufsichtsrechtstagung im September 2023 in Bonn.

Die ERB der EbAV hat sich laut Seiltz positiv weiterentwickelt, es ist jedoch überraschend, dass hinsichtlich des Themas Nachhaltigkeit eher schwächer berichtet wird – ggf. wird die BaFin hier ihre Erwartungen noch konkretisieren.

Bei nicht-versicherungsförmigen Pensionsfonds ist der Umgang mit Unterdeckung aus Sicht der BaFin teils unbefriedigend. Musterbedeckungspläne, die im Vorfeld mit den Trägerunternehmen abgestimmt werden, können in der Praxis helfen, schließt der Referent.

NKI: ESG-Daten auf dem Vormarsch

Rolf D. Häßler (NKI – Institut für nachhaltige Kapitalanlage) erläutert in seinem Vortrag zunächst den Arbeitsprozess von ESG-Ratingagenturen:

Die Nachfrage nach ESG-Ratings ist stark gestiegen, da fast alle regulatorischen Vorgaben zu ihrer Umsetzung entsprechende Daten benötigen. Es ist davon auszugehen, dass sich die Datenlage zu europäischen Unternehmen durch die Umsetzung der Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen (CSRD) und dem zentralen europäischen Zugangsportal (ESAP) verbessern wird.

Ziel der CSRD ist dabei eine Angleichung und Integration der finanziellen und nachhaltigkeitsbezogenen Berichterstattung. Gleichzeitig werden vergleichbare Daten auch für illiquide Anlagen wie bspw. Immobilien und Infrastruktur benötigt – hier ist jedoch noch ein weiter Weg zu gehen.

Auch mit Blick auf die Kreditvergabe spielen ESG-Daten eine immer wichtigere Rolle. Entsprechend hat der Bundesverband deutscher Banken einen „Katalog an KPIs und Musterfragen zu Nachhaltigkeitsaspekten“ veröffentlicht. Hinsichtlich der Verbesserung der Transparenz des Erstellungsprozesses von ESG-Ratings hat die EU-Kommission kürzlich einen VO-Vorschlag vorgelegt.

PensionsEurope: EIOPA-Ratschlag zur Überprüfung von EbAV-II

Matti Leppälä, PensionsEurope.

Nach der Mittagspause gibt Matti Leppälä, Chef der PensionsEurope, in einer spontan ergänzten Präsentation einen ersten Überblick über den EIOPA-Ratschlag zu Überprüfung der EbAV-II-Richtlinie, welcher während der laufenden Tagung veröffentlicht wurde (s.o.), und stellt diesem die PensionsEurope-Stellungnahme gegenüber:

Bemerkenswert ist u.a., dass die EIOPA vorschlägt, den Grenzwert zur Möglichkeit der Nichtanwendung der Richtlinie (Art. 5) von EbAV mit unter 100 Versorgungsanwärtern auf EbAV mit unter 1.000 Versorgungswärtern und weniger als 25 Mio. Euro an verwaltetem Vermögen zu ändern. Ferner schlägt die Behörde vor, die Kriterien „Größe“ und „interne Organisation“ für die Anwendung des Proportionalitätsprinzips zu streichen.

Des weiteren geht Leppälä auf den im Juni vorgelegten Richtlinienvorschlag der EU-Kommission für ein schnelleres und sichereres Verfahren für die Entlastung von überschüssig gezahlten Quellensteuern ein, der institutionellen Anlegern wie EbAV die aktuell oft langwierigen und mühsamen Prozesse mit unterschiedlichen Verfahren und Anforderungen in den einzelnen Mitgliedstaaten erleichtern könnte.

Da dieser Vorschlag jedoch in der Politikbereich „Steuern“ fällt, entscheidet der Rat hier einstimmig – und hat seine Arbeit hierzu Anfang Juli aufgenommen; das EU-Parlament hat lediglich eine beratende Funktion. Ebenfalls im Juli hat der Rat seine Arbeit zu dem Verordnungsvorschlag für einen Rahmen für den Zugang zu Finanzdaten FIDA (s.u.) aufgenommen; das EP hat als Berichterstatter den konservativen Niederländer Michiel Hoogeveen bestimmt.

Cornelia Schmid, aba.

Der dritte Teil der Berichterstattung zur aba-Aufsichtsrechtstagung findet sich zwischenzeitlich auf LEITERbAV hier.

Cornelia Schmid ist stellv. Geschäftsführerin der Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung aba und betreut dort die Fachvereinigungen Pensionskasse und Pensionsfonds, den Fachausschuss Kapitalanlage und Regulatorik, die Europaarbeit sowie den Bereich Statistik.

Xaver Ketterl, aba.

Xaver Ketterl ist bei der der Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung aba ebenfalls für die Europaarbeit zuständig.

Von Autorinnen und Autoren der aba sind zwischenzeitlich auf LEITERbAVerschienen.

Cornelia Schmid und Andreas Zimmermann im Gespräch:
Ist es FIDA, die da am Eingang steht?
Interview am 26. Januar 2024

aba-Aufsichtsrechtstagung (III):
Von FIDA, VAIT und DORA …
von Cornelia Schmid und Xaver Ketterl, 31. Oktober 2023

aba-Aufsichtsrechtstagung (II):
Berliner, Brüsseler und Bonner ...
von Cornelia Schmid und Xaver Ketterl, 30. Oktober 2023

Reform der EbAV-II-Richtlinie (II):
Der Wahnsinn hat Methode?
Interview mit Cornelia Schmid und Hansjörg Müllerleile, 4. September 2023

aba-Aufsichtsrechtstagung (III):
Gleicher Grundinhalt, komplett andere Aufschlüsselung …
Dr. Cornelia Schmid und Xaver Ketterl, 16. Dezember 2022

aba-Aufsichtsrechtstagung (III):
Gleicher Grundinhalt, komplett andere Aufschlüsselung …
von Dr. Cornelia Schmid und Xaver Ketterl, 15. Dezember 2022

Kommende EU-Regulierung:
Wie jetzt Wald?
Interview mit Cornelia Schmid, 13. September 2022

aba-Tagung Aufsichtsrecht (III):
Whishing well Überarbeitung
Verena Menne und Dr. Cornelia Schmid, 21. November 2021

aba-Tagung Aufsichtsrecht (II):
Come together am Rhein…
von Verena Menne und Dr. Cornelia Schmid, 16. November 2021

ESG Offenlegung – proportional, wesentlich, rechtssicher und mit verfügbaren Daten:
Mehr Zeit für Wesentliches
von Verena Menne Dr. Cornelia Schmid und Dr. Roberto Cruccolini, Berlin; München, 15. Dezember 2020

aba-Aufsichtsrechtstagung (II):
Eine To-Do-Liste nicht nur für EbAV …
von Verena Menne und Dr. Cornelia Schmid, Berlin, 11. Dezember 2020

aba-Aufsichtsrechtstagung (I):
Vom Sechsklang der Hoffnung …
von Dr. Cornelia Schmid und Verena Menne, Berlin, 9. Dezember 2020

Sustainable Finance – Überblick über den aktuellen EU-Stand:
Löwenanteil geschafft?
von Verena Menne und Dr. Cornelia Schmid, Berlin, 14. Januar 2020

EbAV-Aufsichtsrechttagung der aba in Bonn:
Nachhaltigkeit, Informationsanforderungen, aktuelle anderthalb Stunden und mehr…
von Verena Menne und Dr. Cornelia Schmid, Bonn; Berlin, 23. Oktober 2019

Anforderungen der Offenlegungsverordnung für EbAV (II):
Some more Q and A“
von Verena Menne und Dr. Cornelia Schmid, Berlin, 13. August 2019

Anforderungen der Offenlegungsverordnung für EbAV (I):
Q and some A“
von Verena Menne und Dr. Cornelia Schmid, Berlin, 12. August 2019

aba-Fachtagung „Aufsichtsrecht:
Was 2019 wichtig wird…
von Verena Menne und Dr. Cornelia Schmid, Berlin, 30. Oktober 2018

EZB-Meldewesen für Altersvorsorgeeinrichtungen:
Verordnung veröffentlicht, Meldebeginn verschoben
von Dr. Roberto Cruccolini und Dr. Cornelia Schmid, München; Berlin, 6. März 2018

Umfangreiches EU-Meldewesen für EbAV:
Zu viel für die EIOPA-Verordnung!
von Dr. Cornelia Schmid und Dr. Roberto Cruccolini, Berlin; München, 24. Oktober 2017

Trilog ante portas:
Von Kröten und Gutem
Interview mit Cornelia Schmid, 2. März 2016

Interview: „Skandal europäischer Regulationsbestrebungen“
Der Ochse von Frankfurt
Interview mit Heribert Karch, 12. Mai 2015

Georg Thurnes im Interview (II):
Viel Aufwand für wenig Erkenntnis"
Interview mit Georg Thurnes, 5. Mai 2015

Georg Thurnes im Interview:
Nicht die Katze im Sack kaufen“
Interview mit Georg Thurnes, 16. Dezember 2014

Heribert Karch im Interview:
Lieber auf Reset drücken.“
Interview mit Heribert Karch, 17. November 2014

 

Diskriminierungsfreie Sprache auf LEITERbAV

LEITERbAV bemüht sich um diskriminierungsfreie Sprache (bspw. durch den grundsätzlichen Verzicht auf Anreden wie „Herr“ und „Frau“ auch in Interviews). Dies muss jedoch im Einklang stehen mit der pragmatischen Anforderung der Lesbarkeit als auch der Tradition der althergerbachten Sprache. Gegenwärtig zu beobachtende, oft auf Satzzeichen („Mitarbeiter:innen“) oder Partizipkonstrukionen („Mitarbeitende“) basierende Hilfskonstruktionen, die sämtlich nicht ausgereift erscheinen und dann meist auch nur teilweise durchgehalten werden („Arbeitgeber“), finden entsprechend auf LEITERbAV nicht statt. Grundsätzlich gilt, dass sich durch LEITERbAV alle Geschlechter gleichermaßen angesprochen fühlen sollen und der generische Maskulin aus pragmatischen Gründen genutzt wird, aber als geschlechterübergreifend verstanden werden soll. Auch hier folgt LEITERbAV also seiner übergeordneten Maxime „Form follows Function“, unter der LEITERbAV sein Layout, aber bspw. auch seine Interpunktion oder seinen Schreibstil (insb. „Stakkato“) pflegt. Denn „Form follows Function“ heißt auf Deutsch: "hässlich, aber funktioniert".

© Pascal Bazzazi – LEITERbAV – Die auf LEITERbAV veröffentlichten Inhalte und Werke unterliegen dem deutschen Urheberrecht. Keine Nutzung, Veränderung, Vervielfältigung oder Veröffentlichung (auch auszugsweise, auch in Pressespiegeln) außerhalb der Grenzen des Urheberrechts für eigene oder fremde Zwecke ohne vorherige schriftliche Genehmigung. Die Inhalte einschließlich der über Links gelieferten Inhalte stellen keinerlei Beratung dar, insbesondere keine Rechtsberatung, keine Steuerberatung und keine Anlageberatung. Alle Meinungsäußerungen geben ausschließlich die Meinung des verfassenden Redakteurs, freien Mitarbeiters oder externen Autors wieder.