Vergangenen Freitag in Berlin: Erste Lesung des Betriebsrentenstärkungsgesetzes im Deutschen Bundestag. Wurde zwar noch Korrekturbedarf angemeldet, erfreut sich die bAV-Reform offenbar gleichwohl fraktionsübergreifender Sympathie. Wirklich dagegen ist nur eine. Für LEITERbAV berichtet Manfred Brüss.
Auch das BRSG wird im weiteren parlamentarischen Verfahren vermutlich noch Änderungen erfahren, die im Detail wichtig sein werden. Am Grundprinzip des neuen Sozialpartnermodells mit einer Enthaftung des Arbeitgebers und einer reinen Beitragszusage ohne Garantien wird sich allerdings kaum etwas ändern, wie Arbeits- und Sozialministerin Andrea Nahles (SPD) und Finanzstaatssekretär Michael Meister (CDU) in der Bundestagsdebatte deutlich machten.
Grüne: Kardinalfehler Tarifbindung
Das BRSG zielt bekanntlich insbesondere darauf ab, kleine und mittelgroße Unternehmen (KMU) sowie Geringverdiener in die bAV einzubeziehen. KMU sind aber zu einem großen Teil nicht tarifgebunden. Eben hier, in der Beschränkung auf das Tarifpartnermodell liege denn auch der Kardinalfehler des Gesetzentwurfs, kritisierte der rentenpolitische Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen, Markus Kurth. Nur zehn Prozent der Arbeitnehmer in kleinen Unternehmen (bis zu neun Beschäftigten) unterlägen der Tarifbindung, betonte Kurth. Unter anderen hatten sich in der Vergangenheit bereits auch die aba, der GDV und die BDA, kritisch zu der Tarifbindung geäußert (gegenteilig die Gewerkschaften).
Ganz von der Hand zu weisen scheint diese Kritik nicht zu sein. Der SPD-Sozialexperte und zuständige Berichterstatter für den Bereich Arbeit und Soziales, Ralf Kapschack, sagte, ihm wäre es am liebsten, wenn man im parlamentarischen Verfahren den Weg zu einer Allgemeinverbindlichkeitserklärung vereinfachen könnte. Kapschack strebt an, dass die Arbeitgeber zum einen verpflichtet werden, ihren Arbeitnehmern auch ein Angebot zur bAV zu machen und zum anderen auch Beiträge hierzu zu leisten haben. Auch die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Carola Reimann meldete noch konkrete Änderungswünsche an. So könnte man daran denken, dass Arbeitgeber auch außerhalb des Tarifpartnermodells Beiträge zur bAV ihrer Arbeitnehmer leisten müssen. Nach den derzeitigen Überlegungen sollen Arbeitgeber als Gegenleistung für die Enthaftung einen Teil der bei der Entgeltumwandlung eingesparten Sozialbeiträge als sogenannten Sicherungsbeitrag leisten. Damit sollen mögliche Kapitalmarktschwankungen aufgefangen werden. Reimann wünscht sich auch, dass bei Geringverdienern eine höhere Verdienstgrenze von 2.500 statt 2.000 Euro im Monat gezogen wird, um den Kreis der Förderberechtigten zu erweitern. Von Seiten der CDU/CSU wurden keine konkreten Nachbesserungen angesprochen. CDU-Sozialexperte Peter Weiß sprach allerdings davon, dass bei dem Gesetzentwurf noch Optimierungsbedarf bestehe.
Und bist du nicht willig…
Auch die Arbeits- und Sozialministerin meldete sich zu Wort. Andrea Nahles sagte, die Koalition schaffe mit der Zielrente ohne Garantien etwas „fundamental Neues“, um so die Stagnation in der bAV überwinden zu können. Die Bundesregierung biete in der bAV einen sechsten Weg an, ohne dass die anderen Wege versperrt würden. „Wir vertrauen den Tarifparteien“, ergänzte BMF-StS Michael Meister. Und mit Blick auf die Zuschüsse für Geringverdiener und die neuen Freibeträge von bis zu 200 Euro bei der Grundsicherung erklärte Meister, die Zielrichtung sei klar: „Wer etwas für sein Alter tut, muss auch mehr haben als der der nichts tut.“ Zudem biete der Verzicht auf (kostspielige) Garantien Chancen auf eine höhere Rendite.
Auch mit Zwang wurde erneut gedroht. Sollten Gewerkschaften und Arbeitgeber den Ball des Tarifpartnermodells nicht aufgreifen, dann werde es ein Obligatorium geben, machte diesmal Reimann deutlich. Im Februar erst hatte sich die parlamentarische StS im BMAS, Yasmin Fahimi, ähnlich geäußert.
Linke: Kein Cent für den Arbeitgeber
Komplette Ablehnung gab es nur von ganz links. Der rentenpolitische Sprecher der Linksfraktion, Matthias W. Birkwald, verwarf die Idee des BRSG in Bausch und Bogen. Die Entgeltumwandlung müsse wieder abgeschafft werde, und der Arbeitgeber dürfe keinen Cent an der bAV verdienen. Und von der Zielrente ohne Garantieren sollte man ehrlicherweise doch von einer „Poker-Rente“ sprechen. Die Linke will, dass das Niveau der gesetzlichen Rente wieder auf 53 Prozent angehoben wird. Dann sichere diese auch den Lebensstandard.
Einzelheiten und Protokolle zur Ersten Lesung im Bundestag finden sich hier.