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ESG-Regulierung für EbAV:

Steigend in der Schwebe

Das Thema Nachhaltigkeit nimmt für Pensionskassen und Pensionsfonds seit einiger Zeit auch regulatorisch Fahrt auf, zuletzt durch die Umsetzung der Pensionsfondsrichtlinie in nationales Recht. Das Ende der Fahnenstange ist das jedoch noch lange nicht. Roberto Cruccolini gibt einen Überblick.

 

Zum 13. Januar 2019 sind im Zuge der Umsetzung der IORP-II-RL in nationales Recht wesentliche Neuregelungen im VAG für Pensionskassen und Pensionsfonds in Kraft getreten.

 

Das umfasst in unterschiedlichen Bereichen auch Regelungen zur Berücksichtigung von ökologischen, sozialen und auf die Unternehmensführung bezogenen ESG-Aspekten.

 

Daher soll an dieser Stelle ein Überblick der VAG-Vorschriften mit ESG-Bezug zu den Bereichen Governance, Risikomanagement, Vermögensanlage sowie Informations- und Berichtspflichten gegeben werden. Hierbei wird insbesondere darauf eingegangen, ob eine Vorschrift eine Kann- oder eine Soll-Regelung ist bzw. unter welchen Umständen eine Regelung anzuwenden ist.

 

Es sei darauf hingewiesen, dass – wie bei vielen weiteren neuen Vorschriften im VAG – für die konkrete praktische Umsetzung der ESG-bezogenen Vorschriften teils weitere aufsichtliche Vorgaben in Form von Auslegungsschreiben der BaFin (voraussichtlich im Sommer 2019) geplant sind.

 

Zum anderen muss auch auf die bereits sehr weit fortgeschrittenen Diskussionen auf EU-Ebene zur Erweiterung der ESG-Vorschriften für institutionelle Investoren verwiesen werden, die in absehbarer Zeit zusätzliche Änderungen im VAG nach sich ziehen werden. Hinzu kommt die Umsetzung der EU-Aktionärsrecht-Richtlinie in deutsches Recht, die ebenfalls Pflichten für Pensionskassen ab Juni 2019 einführen wird.

 

All das führt dazu, dass die allgemeinen Anforderungen, sich mit dem Thema ESG auseinanderzusetzen, steigen, die konkreten Umsetzungsanforderungen aber etwas „in der Schwebe“ bleiben.

 

Die Vorschriften zur Berücksichtigung von ESG-Aspekten im Einzelnen

 

234a Abs. 1 VAG – im Governance-System nur verpflichtend, sofern ESG-Aspekte bei Anlageentscheidungen berücksichtigt werden.

 

Die Geschäftsorganisation ist darauf abzustimmen, ob und auf welche Weise ökologische, soziale und die Unternehmensführung (ESG) betreffende Faktoren in Bezug auf die Vermögenswerte bei den Anlageentscheidungen berücksichtigt werden. Eine Verpflichtung zur Berücksichtigung von ESG-Kriterien in der Vermögensanlage ergibt sich hieraus nicht, allerdings muss der Umgang mit ESG-Kriterien transparent gemacht bzw. darüber berichtet werden (s. BR-Drs. 428/18, S. 67).

 

234c Abs. 1 VAG – Risikomanagementsystem muss ESG-Risiken aus Vermögensanlagen berücksichtigen:

Das Risikomanagementsystem muss ESG-Risiken abdecken, soweit sich entsprechende Risiken aus den Vermögensanlagen und dessen Verwaltung ergeben. Laut Gesetzesbegründung muss dies unabhängig davon erfolgen, ob ESG-Aspekte bei der Anlageentscheidung eine Rolle spielen (s. ebenfalls BR-Drs. 428/18, S. 69, zu Absatz 1). Die konkrete Umsetzung hierbei ist unter Proportionalitätsaspekten vorzunehmen, wobei die Kriterien „Größenordnung“ (Bilanzsumme) und „Größe“ (Anzahl der Beschäftigten) berücksichtigt werden sollen.

 

§ 234d Abs. 2 S. 1 Nr. 8 VAG – In eigener Risikobeurteilung nur verpflichtend, wenn ESG bei Anlageentscheidung berücksichtigt wird:

Im Rahmen der eigenen Risikobeurteilung müssen neu bestehende und potentielle Risiken beurteilt werden, die die durch die Berücksichtigung von ESG-Faktoren in den Anlageentscheidungen bedingt werden. Laut Gesetzesbegründung entfällt die Beurteilung von ESG-Risiken im Rahmen der eigenen Risikobeurteilung, wenn ESG-Faktoren nicht in die Anlagenentscheidung mit einfließen (s. ebenfalls BR-Drs 428/18, S. 70, zu Satz 1 Nummer 8 und Satz 2). Allerdings sind im Rahmen der Methoden der eigenen Risikobeurteilung gem. § 234d Abs. 2 S. 2 VAG auch Risiken im Zusammenhang mit dem Klimawandel, der Verwendung von Ressourcen und der Umwelt sowie soziale Risiken und Risiken der Wertminderung aufgrund von Regulierungsänderungen zu berücksichtigen, sofern diese erhebliche Auswirkungen für die Kasse hat (s. ebenfalls BR-Drs. 428/18, S. 70, zu den Absätzen 3 und 4).

 

§ 234h Abs. 3 VAG – Bei Anlageentscheidungen können ESG-Faktoren berücksichtigt werden:

Es wird klargestellt, dass Pensionskassen bei Anlageentscheidungen ESG-Kriterien berücksichtigen können und dies nicht im Widerspruch zum Grundsatz der unternehmerischen Vorsicht steht. Verpflichtend vorgesehen ist die Berücksichtigung von ESG-Kriterien in der Anlageentscheidung jedoch nicht, wie die Gesetzesbegründung klar ausführt (s. ebenfalls BR-Drs. 428/18, S. 72, zu § 234h – zu Absatz 3).

 

§ 234i S. 2 VAG – Bericht zur Anlagepolitik muss nur ausführen, wie ESG-Belangen „Rechnung getragen“ wird:

Der Aufsicht ist demnach über die Anlagepolitik zu berichten und hierbei auch darüber, wie ESG-Belangen „Rechnung getragen“ wird. Die Gesetzesbegründung verweist hierzu nur auf Art. 30 EbAV II-RL, welcher die wortgleiche Formulierung enthält. Aus dem Erwägungsgrund 58 EbAV II-RL ergibt sich jedoch eindeutig, dass Angaben zum Umgang mit ESG-Faktoren zwar in der Veröffentlichung zur Anlagepolitik enthalten sein sollen, darin jedoch auch ausgeführt werden kann, dass ESG-Faktoren nicht in der Anlagepolitik berücksichtigt werden (s. Erwägungsgrund 58 EbAV II-RL EU 2016/2341).

 

§ 234m Abs. 2 Nr. 3 & 234n VAG – Information an Versorgungsanwärter muss nur ausführen, ob / wie ESG-Belange berücksichtigt werden:

Versorgungsanwärter müssen Angaben darüber erhalten, ob und inwieweit die Anlagepolitik Belangen aus den Bereichen Umwelt, Klima, Soziales und Unternehmensführung Rechnung trägt. Dies gilt auch für potentielle Versorgungsanwärtern bereits vor Beitritt.

 

Der Autor ist Leiter Fachbereich Wirtschaft der AKA (Arbeitsgemeinschaft kommunale und kirchliche Altersversorgung) e.V. in München. Von ihm erschienen (teils in Mitautorenschaft) zwischenzeitlich auf LEITERbAV:

 

Von Ihm ist (in unterschiedlicher Mit-Autorenschaft) zwischenzeitlich auf LEITERbAV erschienen:

 

Das Grünbuch „Schaffung einer Kapitalmarktunion“:

Fluch oder Segen für die bAV?

von Roberto Cruccolini, München, 18. Mai 2015

 

Umfangreiches EU-Meldewesen für EbAV:

Zu viel für die EIOPA-Verordnung!

von Dr. Cornelia Schmid und Dr. Roberto Cruccolini, Berlin; München, 24. Oktober 2017

 

EZB-Meldewesen für Altersvorsorgeeinrichtungen:

Verordnung veröffentlicht, Meldebeginn verschoben

von Dr. Roberto Cruccolini und Dr. Cornelia Schmid, München; Berlin, 6. März 2018

 

ESG-Regulierung für EbAV:

Steigend in der Schwebe

von Dr. Roberto Cruccolini, München, 9 März 2019

 

2. EU-Aktionärsrechterichtlinie:

Wie hilfreich doch eine Gesetzesbegründung sein kann …

von Dr. Roberto Cruccolini und Marco Suty, München; 2. März 2020

 

ESG Offenlegung – proportional, wesentlich, rechtssicher und mit verfügbaren Daten:

Mehr Zeit für Wesentliches

von Verena Menne Dr. Cornelia Schmid und Dr. Roberto Cruccolini, Berlin; München, 15. Dezember 2020

 

Diskriminierungsfreie Sprache auf LEITERbAV

LEITERbAV bemüht sich um diskriminierungsfreie Sprache (bspw. durch den grundsätzlichen Verzicht auf Anreden wie „Herr“ und „Frau“ auch in Interviews). Dies muss jedoch im Einklang stehen mit der pragmatischen Anforderung der Lesbarkeit als auch der Tradition der althergerbachten Sprache. Gegenwärtig zu beobachtende, oft auf Satzzeichen („Mitarbeiter:innen“) oder Partizipkonstrukionen („Mitarbeitende“) basierende Hilfskonstruktionen, die sämtlich nicht ausgereift erscheinen und dann meist auch nur teilweise durchgehalten werden („Arbeitgeber“), finden entsprechend auf LEITERbAV nicht statt. Grundsätzlich gilt, dass sich durch LEITERbAV alle Geschlechter gleichermaßen angesprochen fühlen sollen und der generische Maskulin aus pragmatischen Gründen genutzt wird, aber als geschlechterübergreifend verstanden werden soll. Auch hier folgt LEITERbAV also seiner übergeordneten Maxime „Form follows Function“, unter der LEITERbAV sein Layout, aber bspw. auch seine Interpunktion oder seinen Schreibstil (insb. „Stakkato“) pflegt. Denn „Form follows Function“ heißt auf Deutsch: "hässlich, aber funktioniert".

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