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Das Forum für das institutionelle deutsche Pensionswesen

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Manchmal geht man so ganz

 

Nach den im Mai anstehenden Wahlen zum Europäischen Parlament wird im Herbst auch eine neue Europäische Kommission berufen werden. Nicht jeder wird jeden vermissen. Ein etwas verfrühter Nachruf auf das „Pensions-Dreigestirn“. Und ein bisschen Stochastik für Fortgeschrittene.

 

Drei Generaldirektionen sind es, die in der Europäischen Kommission für das betriebliche Pensionswesen von Bedeutung sind: Binnenmarkt und Dienstleistungen, Arbeit und Soziales sowie Wirtschaft und Währung. Die Amtszeit der derzeitigen Kommission endet formal am 31. Oktober. Dass EU-Kommissare eine zweite Amtszeit antreten, ist nicht die Regel, kommt aber durchaus vor. Dabei steht nach wie vor jedem Mitgliedsstaat ein Amt zu, und die Vorschläge erfolgen durch die nationalen Regierungen, sind also entsprechend parteipolitisch eingefärbt.

 

 

Michel Barnier

 

Michel Barnier, Europäische Kommission Copyright Maleki Group, Jochen Müller
Michel Barnier, Europäische Kommission
Copyright Maleki Group, Jochen Müller

Von überragender Bedeutung für die bAV ist die Person Michel Barnier, Kommissar der Generaldirektion Binnenmarkt und Dienstleistungen. Der Gaullist ist wahrhaftig ein alter Hase auf dem politischen Parkett. Stammend aus Albertville und zeitlebens Berufspolitiker, war Barnier während der ersten Cohabitation der 90er Jahre Umweltminister (im Kabinett Balladur) und Europaminister (im Kabinett Juppé). Im Kabinett Raffarin bekleidete er 2004/05 gar das Amt des Außenministers, im Kabinett Fillion 2007 das des Landwirtschaftsministers. Seit 2009 ist er Kommissar in der zweiten Barroso-Kommission. Dies ist bereits Barniers zweite europäische Berufung, unter Prodi war er einst Kommissar für Regionalpolitik. Doch ob der 63jährige Barnier – jüngst im Kampf um die Spitzenkandidatur der europäischen Konservativen an Jean-Claude Juncker gescheitert – auch der nächsten Kommission angehören wird, muss man bezweifeln. Schließlich stellen in Paris die Sozialisten Präsident als auch Regierung (keine Cohabitation), und deshalb dürfte einer der ihren ins Rennen geschickt werden. Das wird nicht jeder auf dem europäischen bAV-Parkett bedauern. Hinter vorgehaltener Hand wurde nicht zuletzt von deutschen Industrievertretern häufig der Verdacht, zuweilen gar der Vorwurf laut, Barnier habe bei seinem energischen Eintreten für ein an Solvency II angelehntes Eigenkapitalregime für Einrichtungen der bAV vor allem die Interessen der starken französischen Assekuranz im Auge. Erst nach erheblichem Widerstand vor allem aus Großbritannien, den Niederlanden und nicht zuletzt Deutschland ließ seine Generaldirektion vorläufig von dem Plan ab, in dem Entwurf der neuen Pensionsfondsrichtlinie quantitative Elemente zu verankern. Dass gleichwohl auch die Säulen II und III der Richtlinie Angriffsflächen genug bieten, der unternehmenseigenen bAV in Europa massiv zu schaden, steht auf einem anderen Blatt.

 

 

Lázló Andor

 

Lázló Andor Foto: Europäische Kommission/Union
Lázló Andor Foto: Europäische Kommission/Union

Spiegelbildlich betrachtet wird man sich auch von dem Ungar Lázló Andor verabschieden müssen. Der der strammen politischen Linken Ungarns zugehörige Chef der Generaldirektion Arbeit und Soziales dürfte nach dem jüngsten Wahlerfolg von Viktor Orbans ebenso stramm rechtsbürgerlicher Fidesz ohne Chance auf eine Nominierung durch sein Heimatland sein. In der europäischen bAV hat sich der 47jährige Andor jüngst mit der in seine Zuständigkeit fallenden Mobilitätsrichtlinie ein zweifelhaftes Denkmal gesetzt. Weitere Mühe, Andor zu bewerten, muss sich die Redaktion hier nicht machen. Es genügt ein Verweis auf die Frankfurter Allgemeine Zeitung, und deren Urteil über Andor lässt es an Klarheit nicht fehlen.

 

 

Olli Rehn

Der dritte im Bunde des „Pensions-Dreigestirns“ (so weiland Klaus Stiefermann in der dpn) ist der finnische Wirtschafts- und Währungskommissar Olli Rehn. Auch für den 52jährigen Ökonomen mit dem jugendlich klingenden Vornamen stehen die Chancen einer Wiederberufung schlecht. Zu Hause regiert eine Sechs-Parteien-Koalition, und seine liberale Zentrumspartei gehört nicht dazu. Insofern dürfte es genügend der Regierung nahestehende finnische Politiker geben, die für einen Kommissarsposten zur Verfügung stehen.

 

 

Neues Spiel, neues Glück.

 

Mit etwas gutem Willen lassen sich in der Europäischen Union sechs Mitgliedsstaaten identifizieren, die über eine eigenständige, vom Versicherungswesen einigermaßen unabhängige Landschaft des unternehmenseigenen betrieblichen Pensionswesens verfügen, das eine echte zweite Säule ausmacht: Großbritannien, die Niederlande, Irland, Belgien, Österreich und schließlich Deutschland. Entsprechend zeigt die politische Kaste dieser Staaten – manch eine mehr, manch eine weniger – ein gewisses, parteiübergreifendes Verständnis für die Bedeutung der unternehmenseigenen bAV und ihre Überlebensbedingungen. Das sollte vor den Vertretern aus diesen Staaten, die als Kommissare berufen werden, nicht halt machen. Bezüglich der Besetzung der drei Generaldirektionen Binnenmarkt und Dienstleistungen, Arbeit und Soziales sowie Wirtschaft und Währung gilt daher also bei der kommenden Neubesetzung der Kommission: Neues Spiel, neues Glück für Europas betriebliches Pensionswesen.

 

Und wie ist die Lage? Aller Voraussicht nach wird – trotz anderslautender Regelungen im Vertrag von Lissabon – die Kommission auch nach den Wahlen im Mai nicht verkleinert werden und demzufolge 28 Kommissare umfassen. Die stochastischen Parameter lauten also: 28 Mitgliedstaaten, sechs bAV-affine Länder und drei relevante Generaldirektionen.

 

Mathematisch betrachtet und abseits aller politischen Befindlichkeiten, lautet die theoretische Wahrscheinlichkeit, dass eine, zwei oder gar drei dieser Generaldirektionen von Kommissaren aus bAV-affinen Ländern geführt werden (dreimaliges Ziehen aus einer Urne mit 28 Kugeln, davon 22 weiße und sechs schwarze, kein Zurücklegen) dann:

 

6/28 x 5/27 x 4/26

für genau drei Generaldirektionen mit Kommissaren aus bAV-affinen Ländern und

 

6/28 x 5/27 x 22/26 x 3

für genau zwei Generaldirektionen und

 

6/28 x 22/27 x 21/26 x 3

 

für genau eine Generaldirektion mit einem Kommissar aus einem bAV-affinen Mitgliedsstaat.

Die Wahrscheinlichkeit, dass keine Generaldirektion mit einem Kommissar aus einem der sechs genannten Staaten besetzt wird, liegt bei

 

22/28 x 21/27 x 20/26

 

(entsprechend 1 – 6/28 x 5/27 x 4/26 + 6/28 x 5/27 x 22/26 x 3 + 6/28 x 22/27 x 21/26 x 3)

und ist also mit rund 0,47 immerhin kleiner 50 Prozent.

Zu weiteren Details befragen Sie Ihren VA oder Global Actuary. Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie hier.

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