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Neulich in Kassel:

Doppelverbeitragung ist nicht …

in der Verfassung verboten, und auch die Beitragsfreistellung der Riester-Renten stellt keine Ungleichbehandlung dar. Vor dem BSG ging es jüngst nur um das Relikt der Seelotsen-bAV, doch nutzte der 12. Senat die Gelegenheit, seine harte Linie in dieser Frage ein weiteres mal klipp und klar zu kommunizieren.

 

Das Bundessozialgericht in Kassel. Foto Dirk Felmeden.

LEITERbAV hatte berichtet: Auf dem Terminplan des 12 Senats des Bundessozialgerichts hatte jüngst erneut das Relikt der bAV der deutschen Seelotsen auf der Tagesordnung gestanden – und das gleich in Form von 15 Revisionen. Wieder ging es darum, ob den als Rentnern in GKV und sPV pflichtversicherten Klägern zugeflossene Kapitalleistungen eines privaten Versicherers Versorgungsbezüge sind, auf die sie diesbezügliche Beiträge entrichten müssen.

 

Doch anders als im Oktober 2019, als der 12. Senat noch zweien von vier Revisionen stattgegeben hatte, gab es diesmal 15 Zurückweisungen.

 

Alles im Einklang mit dem Grundgesetz – sagt Kassel

 

Bemerkenswerte Aussage des Senats (der sich bekanntlich in Fragen der Verfassungsmäßigkeit der Doppelverbeitragung auch schon zwei Mal in Karlsruhe kassieren lassen musste):

 

Ein Verfassungsverstoß liegt zur Überzeugung des Senats nicht vor. Ein Verbot der Doppelverbeitragung, wonach durch bereits verbeitragtes Arbeitsentgelt finanzierte Leistungen in der Auszahlungsphase nicht der Beitragspflicht unterfallen dürften, existiert nicht.“

 

Die Entscheidung in den weiteren Worten des Senats insgesamt:

 

Die jeweils durch Teilvergleich auf die erstmalige Festsetzung von Beiträgen zur gKV beschränkten 15 Revisionen hatten keinen Erfolg. Die den Seelotsen von einem privaten Versicherer zugeflossenen Kapitalbeträge sind als Renten einer für Angehörige bestimmter Berufe errichteten Versicherungs- und Versorgungseinrichtung beitragspflichtige Versorgungsbezüge im Sinne des § 229 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V.

 

Die Seelotsen wurden mit ihrer jeweiligen Bestallung über den zwischen der beigeladenen Bundeslotsenkammer und dem privaten Versicherungsunternehmen 1972 geschlossenen Gruppenversicherungsvertrag im Wege einer unechten Gruppenversicherung gegen das Risiko einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit oder zur Alters- oder Hinterbliebenenversorgung versichert. Diese Versicherung war ausschließlich den Seelotsen bestimmter Lotsenbrüderschaften und damit bestimmten Berufsangehörigen vorbehalten. Ihre Exklusivität zeigt sich u.a. darin, dass der Versicherer auf eine Gesundheitsprüfung verzichtete, eine Kündigung des Versicherungsverhältnisses durch die Lotsen als Versicherungsnehmer nicht vorgesehen war und die Lotsenbrüderschaften die Versicherungsprämien von den Lotsgeldern einbehielten.

 

Ob die Gruppenversicherung notwendig war, um eine ausreichende Versorgung der Seelotsen zu gewährleisten, spielt keine Rolle.

 

Ein Verfassungsverstoß liegt zur Überzeugung des Senats nicht vor. Ein Verbot der Doppelverbeitragung, wonach durch bereits verbeitragtes Arbeitsentgelt finanzierte Leistungen in der Auszahlungsphase nicht der Beitragspflicht unterfallen dürften, existiert nicht.

 

Mit dem Wegfall der Beitragspflicht der Riesterrenten zum 1. Januar 2018 durch das BRSG hat sich der Gesetzgeber innerhalb der Grenzen einer verfassungsrechtlich zulässigen Typisierung bewegt. Das BVerfG hält lediglich bei Leistungen der bAV im Sinne des § 229 Abs 1 Satz 1 Nr 5 SGB V dann eine Beitragsfreiheit für geboten, wenn der Arbeitnehmer in die Position des VN eingerückt und der Bezug zur beruflichen Tätigkeit, z.B. nach Aufgabe der Tätigkeit oder einer Weiterversicherung bei einer Pensionskasse ohne Beteiligung des Arbeitgebers, nicht mehr gegeben ist. Selbst wenn diese Überlegungen auf Renten einer für Angehörige bestimmter Berufe errichteten Versicherungs- und Versorgungseinrichtung übertragen werden könnten, wäre die Beitragspflicht mangels aufgelösten Betriebsbezugs nicht entfallen. Die Kläger waren während der gesamten Einzahlungsphase als Seelotsen tätig.“

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