Sie gilt als eine der hartnäckigsten Intensivtäterinnen der deutschen bAV, verbreitet seit zwei Jahrzehnten Angst und Schrecken, ist Dauergast vor deutschen Gerichten und musste sich nach längerer Unauffälligkeit jüngst gleich dreimal an einem Tag vor dem höchsten deutschen Sozialgericht verantworten: die Doppelverbeitragung. Und prompt ging sie vor dem hartleibigen Zwölften Senat drei Mal als Sieger vom Platz.
Freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherte Betriebsrentner können von dem 2020 eingeführten Freibetrag weiter nicht profitieren. Dies hat der Zwölfte Senat des Bundessozialgerichts am 5. November in drei ähnlich gelagerten Verfahren entschieden (Az B 12 KR 9/23 R, B 12 KR 3/23 R, B 12 KR 11/23 R).
Durch den Freibetrag (2020: 159,25 Euro; 2024: 176,75 Euro) sollten die über vier Mio. betroffenen pflichtversicherten Betriebsrentner im Einzelfall in Höhe von ca. 300 Euro jährlich entlastet werden, rekapituliert der Senat. Das Beitragsaufkommen der gKV wird dadurch um ca 1,2 Mrd. Euro jährlich reduziert.
Den in der gKV freiwillig versicherten Betriebsrentnern steht der pflichtversicherten Betriebsrentnern eingeräumte Freibetrag nach den einschlägigen Vorschriften nicht zu. Doch ist das eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung? Das zumindest sahen die Kläger so. Der Zwölfte Senat aber nicht. Zwar …
„… wird der Kläger gegenüber in der KdR Pflichtversicherten ungleich behandelt. Dies ist jedoch verfassungsrechtlich durch den unterschiedlichen Umfang der Vorversicherungszeiten in der gKV gerechtfertigt. Die beitragsrechtliche Privilegierung unter dem Gesichtspunkt der ‚Systemtreue‘ haben Senat und BVerfG bereits wiederholt als zulässiges Differenzierungskriterium erachtet. Soweit der Kläger auch gegenüber pflichtversicherten Beschäftigten mit Rentenbezug ungleich behandelt wird, sind ungeachtet der Frage nach einer bestimmten einschlägigen Vergleichsgruppe die Grenzen einer zulässigen typisierenden Differenzierung nicht überschritten. Der Gesetzgeber durfte sich realitätsgerecht am Regelfall orientieren und konnte beschäftigte Betriebsrentner bei der Anwendung des Freibetrags pauschalierend miterfassen, ohne deshalb auch freiwillig versicherte Rentner einbeziehen zu müssen.“
Ob die unterlegenen Kläger vor besagtes BVerfG ziehen werden, ist nicht bekannt. Es sei aber daran erinnert, dass der in Sachen Beitragsrecht seit jeher hartleibige Zwölfte Senat schon mehrfach in Karlsruhe kassiert worden ist.
Zu den Verfahrensgängen der am 5. November in Kassel entschiedenen Verfahren:
B 12 KR 5/23 R
R. M. ./. Techniker Krankenkasse
Verfahrensgang:
SG Stuttgart, S 22 KR 3591/20, 21.05.2021
LSG Baden-Württemberg, L 11 KR 2069/21, 25.04.2023
B 12 KR 9/23 R
J. H. ./. Audi BKK
Verfahrensgang:
SG Hamburg, S 45 KR 2978/20, 12.12.2022
LSG Hamburg, L 1 KR 2/23 D, 14.09.2023
B 12 KR 3/23 R
H. J. ./. Barmer
Verfahrensgang:
SG Gießen, S 9 KR 360/21, 20.10.2021
Hessisches LSG, L 1 KR 463/21, 19.01.2023