Jeden Freitag bringt Leiter-bAV.de eine kommentierte Presseschau zur bAV. Heute: Zerstört dich London?
Spiegel.de (29. April): „Altersvorsorge: Gabriel zieht sich von SPD-Wahlkampfthema zurück.“
Auf dem Pensions-Parkett wird zuweilen die nicht unberechtigte Sorge geäußert, dass im Zuge der ausufernden Diskussion um die Rente ausgerechnet die bAV am Ende aus dem Fokus der Politik geraten und hinten runter fallen könnte, da sich der Gesetzgeber am Ende doch auf die gesetzliche Rente konzentriert. Dem Spiegel-Bericht zufolge scheint jedoch Arbeitsministerin Andrea Nahles keinesfalls die bAV aus dem Blick verloren zu haben.
Man wird sehen.
Die Welt (2. Mai): „Die endgültige Bankrotterklärung der Lebensversicherung.“
Die anstehende Absenkung des Garantiezinses veranlasst das Blatt zu sehr harschen Worten. In dem Beitrag ist gar von „Panik“ beim GDV die Rede. Nun, auch Kassandra hat Peter Schwark noch auf der jüngsten aba-Tagung gesehen. Wirklich panisch wirkte er nicht. Auch die Aussage in dem Beitrag, dass der Gesetzgeber mit der Absenkung ein „finales Machtwort“ sprechen wollte, kann man hinterfragen, hatte doch die DAV höchstselbst schon 1,0 Prozent vorgeschlagen.
Insofern mag man den Artikel etwas alarmistisch finden. Gleichwohl stellt sich durchaus die alte Frage, was die fortschreitende Entwicklung auch für die versicherungsförmigen Wege der bAV – möglicherweise auch in dem kommenden Sozialpartnermodell – am Ende bedeuten wird, immer drängender.
Der Tagesspiegel (3. Mai): „Betriebsrenten und Riester – Die Versicherungswirtschaft macht mobil.“
Hier jedenfalls ist von irgendeiner Panik bei der Assekuranz keine Rede: Die Zeitung aus Berlin wirft einen Blick auf die Bemühungen der Versicherungswirtschaft, im Spiel um die Reform der bAV nicht ins Hintertreffen zu geraten. Ob die Autorin dabei die richtigen Schwerpunkte setzt, sei allerdings dahingestellt. Zumindest eine strategische Kernfrage der Diskussion wird in dem Beitrag überhaupt nicht angesprochen: die bis dato weiter ungelöste und hochkomplexe Frage des Insolvenzschutzes. LEITERbAV jedenfalls sieht die Assekuranz seit der aba-Tagung vor gut einem Jahr eher in einem gewissen strategischen Vorteil: Damals hat Arbeitsministerin Andrea Nahles klargestellt, dass sich im Sozialpartnermodell die Tarifparteien auch bestehender Einrichtungen bedienen können (ausdrücklich nannte sie damals die Versicherer) – eine Variante, die sich angesichts von Komplexität und Niedrigzins geradezu aufdrängt. Doch gerade hier können die Versicherer punkten: erstens haben sie die Einrichtungen samt Eigenkapital schon (und einen dazugehörigen Track Rekord in Metall und Chemie), und zweitens können ihre Pensionskassen mit Protektor einen zwar schwachbrüstigen, aber doch immerhin bereits arbeitenden Insolvenzschutz aufweisen.
Irritierend auch ein Absatz in dem Beitrag. Mittig heißt es:
„Bisher arbeitet das Versorgungswerk der Metallindustrie […] mit der Allianz zusammen, doch für die Zukunft könnte sich Karch auch andere Lösungen vorstellen. 'Für größere Branchen liegt es näher, eigene Einrichtungen zu gründen', meint er. Die Metallindustrie, der Dienstleistungssektor und die Chemiebranche könnten solche Zweige sein. Vertriebskosten könnten halbiert werden, auch die Kosten für die Kapitalanlage könnten kräftig sinken, wenn die Tarifparteien das Geld selber anlegen. Der Versicherungswirtschaft bliebe dann nur noch die bloße Verwaltung.“
Aber wenn es hier doch um echte eigene Einrichtungen der Tarifparteien geht: Wieso sollen dort überhaupt noch Vertriebskosten anfallen (wenn auch halbierte)? Und wo wäre dort Platz für die Verwaltung durch die Versicherer? Das bleibt unklar. Möglicherweise handelt es sich um ein Redaktionsversehen.
Luxemburger Wort (30. April): „VW-Manager im Glück – Der Mann mit der 29-Millionen-Euro-Rente.“
Zu den Vorgängen bei VW fällt Kassandra nur noch ein: Leistung muss sich wieder lohnen.
Das Luxemburger Wort zitiert (via FAS) Finanzminister Wolfgang Schäuble:
„Ich habe kein Verständnis dafür, wenn man ein großes Dax-Unternehmen erst in eine existenzbedrohende Krise führt und dann in einer öffentlichen Debatte die eigenen Boni verteidigt.“
Abgesehen davon, dass Schäuble hätte einfügen sollen: „mit illegalen Methoden in eine existenzbedrohende Krise führt“ sei betont, dass der Bund zwar nicht Aktionär bei VW ist, das Land Niedersachsen aber sehr wohl. Gegen den erklärten Willen eines Großaktionärs sind solche Strukturen in keinem Unternehmen möglich. Die Politik ist an der Entwicklung also nicht unbeteiligt. Dass die Worte Schäubles mehr als Worte sind und irgendwelche Konsequenzen haben, steht also – wie so oft – nicht zu „befürchten“.
Finanztreff.de (4. Mai): „Finanzministerium: Cum/Cum-Praktiken für Commerzbank nicht akzeptabel.“
Nochmal ein staatlich dominiertes Unternehmen, nochmal fragwürdige Praktiken, nochmal muss Schäuble seine Missbilligung ausdrücken. Und wie bei VW muss man nochmal davon ausgehen, dass die Verantwortlichen im schlimmsten Fall mit einem goldenen Handschlag zu rechnen haben – wenn überhaupt.
Die Welt (4. Mai): „Investoren überrennen jetzt Spanien und Portugal.“
Die Welt (3. Mai): „Die irre Jagd auf jeden Quadratmeter Hauptstadt.“
Vorgestern berichtete LEITERbAV über die Dynamik des deutschen Immobilienmarktes. Hier nun zwei Mal die Welt zu für den außenstehenden Beobachter irr scheinenden Immobilienmärkten in Iberien und Berlin, die aus Sicht der Institutionellen vielleicht gar nicht so irre sind.
OFF TOPIC – TO WHOM IT MAY CONCERN
FAZ (5. Mai): „500-Euro-Banknote – Euro-Alchemisten.“
Auch FAZ-Herausgeber Holger Steltzner zeigt hier (erneut) seine Skepsis und verweist die fadenscheinigen Begründungen der Verantwortlichen ins Reich der Fabel. Die wahre Motivlage innerhalb der EZB liegt auch für ihn klar auf der Hand.
FAZ (4. Mai): „Finanzwissenschaftler Rocholl: 'Die Griechenland-Hilfen retteten fast nur Banken'.“
Was im Prinzip jeder wusste, ist nun auch wissenschaftlich erwiesen – was natürlich nichts daran ändert, dass die griechische Insolvenzverschleppung immer weiter geht – zu Lasten des europäischen Steuerzahlers ebenso wie des griechischen Volkes, das immer tiefer in die Sackgasse gerät.
FAZ (4. Mai): „Bürgermeisterwahl: 'London zerstört dich'.“
Ein kundiger, lesenswerter Blick der Frankfurter Allgemeinen auf die ambivalente britische Metropole (die Ergebnisse der Wahl liegen hier übrigens heute Morgen noch nicht vor).
Die Skepsis in dem Beitrag mag man teilen oder nicht, doch betont sei: Richtig rund geht es in London erst am 23. Juni. Und vielleicht auch danach.