Stell Dir vor, es gibt Tarifpartner, die wollen eine Zielrente einführen, und kaum einer geht hin – jedenfalls von den Versicherern. Laut Finanzaufsicht BaFin ist dieses Szenario gar nicht so realitätsfern. Für LEITERbAV berichtet Rita Lansch.
Vergangene Woche Mittwoch, Bonn: Die Versicherungsaufsicht BaFin hatte turnusgemäß geladen, und rund 250 Teilnehmer aus der Branche und um sie herum waren ins Rheinische Landesmuseum gekommen. Unter dem Titel Jahreskonferenz der Versicherungsaufsicht 2017: Perspektiven für die Zukunft (bis 2016 schlicht Solvency-II-Tagung genannt) – ging es heiß her. In einem Punkt aber blieb alles bestenfalls lauwarm: Für das Betriebsrentenstärkungsgesetz (BRSG) scheint die Branche sich wenig begeistern zu können.
Das BRSG ermögliche den Unternehmen, einen völlig neuen Weg ohne Garantien zu beschreiten, warb Frank Grund, Exekutivdirektor und oberster Versicherungsaufseher der Anstalt, „und bis heute haben wir mit einer einstelligen Zahl von Unternehmen dazu Gespräche geführt“. Sein „Eindruck ist, dass sich zumindest kurzfristig nicht viele auf den neuen Weg machen werden.“ Das bedauert er, denn er wisse, wie wichtig es ist, dass dieses Anschubprojekt für die bAV ab 2018 zum Erfolg wird.
Keine Lust auf keine Garantie?
Das mangelnde Interesse ist umso erstaunlicher, als die Zielrenten bekanntlich keine Garantien beinhalten. Und dass die klaffende Wunde zwischen den vertraglich zugesicherten Garantien und dem schwindsüchtigen Zinsniveau am Kapitalmarkt immer mehr Lebensversicherern und auch Pensionskassen zu schaffen macht, ist ebenfalls kein Geheimnis. Eine LV nach der anderen wirft deshalb das Handtuch. Die Lebensversicherer von Arag, Basler und der bei Protektor abgewickelten Policen der ehemaligen Mannheimer Leben haben allesamt dicht gemacht. Die Bestände sind von Run-off-Plattformen übernommen worden, die sie nun abwickeln. Die BaFin hat das gut ein Jahr lang auf Herz und Nieren geprüft und schlussendlich genehmigt.
Weitere Versicherer haben inzwischen ähnliche Schritte angekündigt, etwa Victoria, Ergo und Generali Leben. Die BaFin kennt die Testamente allerdings (noch) nicht. „Bei uns sind keine neuen Anträge eingegangen“, versicherte Grund den anwesenden Journalisten. Aber klar sei: Je größer die Bestände, desto länger dauere die Prüfung im Rahmen der Inhaberkontrolle. Es käme darauf an, dass der Übernehmer finanziell und operationell in der Lage sei, diese Abwicklung zu stemmen. Außerdem geht es der Aufsicht um den Schutz jedes einzelnen Kunden: „Es ist unser Job, dass die Run-off-Bestände in Deutschland bleiben“, versicherte Grund in Bonn.
Für die Kunden der geschlossenen Lebensversicherer wird also gesorgt. Doch wer freut sich auf die Neuen im Rahmen des BRSG? Da gibt es offenbar noch reichlich Luft nach oben. Der LbAV-Redaktion sind derzeit zwei Akteure aus der LV-Landschaft bekannt, die sich im Sozialpartnermodell engagieren werden: Die Zurich (über die Deutsche Pensionsfonds AG) und das Rentenwerk, ein aus fünf Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit gegründetes Konsortium. Aus der Pensionskassenlandschaft haben bisher der BVV und die Hoechster Pensionskasse öffentlich bekundet, als Anbieter im SPM aktiv zu werden.