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Bonn gestern – aba-Aufsichtsrechtstagung 2024 (I) JETZT MIT UPDATE ZUR PK-TAGUNG:

UPDATE: Sie könnte Königsweg …

wenn, ja wenn man sie denn ließe: Die Rede ist von der bAV, deren Stakeholder gestern zahlreich in die kleine Rhein-Metropole gereist waren. Zwei hochrangige aba-Experten wurden eingangs der Tagung grundsätzlich – der eine mit Blick nach Brüssel, der andere mit dem nach Berlin. Immerhin: An der Wurzel zugepackt hat die deutsche Politik schon mal – während die europäische irrt und wirrt.

Bonn am Rhein, gestern, aba-Aufsichtsrechtstagung: Boschs Pensions-Chef Dirk Jargstorff, hier auf dem Podium in seiner Funktion als stellv. aba-Vorstandsvorsitzender und Leiter der aba-Fachvereinigung Pensionsfonds, eröffnet die Tagung mit einem Bericht zur Lage – mit europäischem Blick:

„Zu der erforderlichen Stärkung kapitalgedeckter Altersversorgung ist – beziehungsweise könnte – die bAV für die meisten Arbeitnehmer in Deutschland der Königsweg sein.“ Die aktuelle Rentendiskussion der EU-Finanzmarktexperten, von denen sich viele v.a. eine Vertiefung der Kapitalmarktunion versprechen, überrascht Jargstorff in diesem Zusammenhang:

Dirk Jargstorff, Bosch.

„Es ist unbedingt notwendig, diese Debatten mit unserem gemeinsamen Ziel in der EU, ein angemessenes Alterseinkommen sicherzustellen, zu verbinden. Diese Zielsetzung findet sich im Grundsatz zu Alterseinkünften und Ruhegehältern in der Europäischen Säule Sozialer Rechte, und alle Mitgliedstaaten sollten an ihrer Umsetzung arbeiten“.

Der ganze Rahmen muss es sein …

Die erforderliche Stärkung kapitalgedeckter Altersversorgung, bei der möglichst alle Menschen für das Alter ein weiteres finanzielles Standbein aufbauen, erfordere einen ganzheitlichen Rahmen im Steuer-, Sozial- und Aufsichtsrecht sowie – bei der bAV – im Arbeitsrecht.

Dies kann nach Überzeugung der aba nur in den einzelnen Mitgliedstaaten gelingen. Zu unterstützen sei daher u.a. die von der Eurogruppe geforderte Prüfung, wie Menschen besser in die bAV einbezogen werden können. Vorgestellt wurden auf der Tagung u.a. die neuen Regeln zur automatischen Einbeziehung in Irland.

und es hakt nicht an zu wenigen Produkten

Aufgrund der unterschiedlichen Rolle und Vielfalt der drei Säulen dürfte die (erneut) vorgeschlagene Schaffung von EU-Altersvorsorgeprodukten in den wenigsten EU-Mitgliedstaaten hilfreich sein, so Jargstorff weiter. Ein Produktmangel sei – so seine nachvollziehbare Einschätzung – in Deutschland und sicher auch in anderen Ländern nicht die Ursache für die noch unzureichende Verbreitung kapitalgedeckter Altersversorgung. Das vor einigen Jahren auf Drängen der Fondsindustrie geschaffene EU-Altersvorsorgeprodukt PEPP ist bislang – gelinde gesagt – deutlich hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Dazu betont Jargstorff: „Aktuelle Vorschläge, ähnliche EU-weite Altersvorsorgeprodukte jetzt auch in der bAV einzusetzen, sind fehl am Platz.“

Mehr Flexibilität reduziert Komplexität

Der aba-Vorstandsvorsitzende Georg Thurnes blickt daher eher nach Berlin: „Die Bundesregierung sollte die bestehenden Systeme der bAV zielgerichtet weiterentwickeln“. Mit dem Regierungsentwurf zum BRSG 2.0 sei sie damit grundsätzlich auf dem richtigen Weg, und die Verbesserungen bei der Finanzierung über Pensionskassen und Pensionsfonds griffen die Forderungen der aba auf. Für die Möglichkeit, Raten aus dem Pensionsfonds anzubieten, müsse noch eine steuerliche Flankierung nachgezogen werden.

Georg Thurnes, aba und Thurnes-bAV.

„Schneller könnte die Stärkung der bAV durch einen höheren Fördersatz bei der Geringverdienerförderung nach §100 EStG gelingen – ein Instrument, das an der Wurzel des Vorsorgeproblems vieler Menschen mit geringen Einkommen ansetzt“, so der Aktuar und Chef der Thurnes-bAV weiter.

Eine Anpassung des steuerlichen Rahmens im § 3 Nr. 63 EStG und der sozialversicherungs-rechtlichen Höchstgrenzen mit einer deutlichen Erhöhung oder am besten mit einem vollständigen Verzicht auf Obergrenzen würde den Ausbau erleichtern und die Komplexität in der bAV deutlich reduzieren.

Bonn. Foto: Baz.

Auch die steuerlichen Rahmenbedingungen für die Übertragung von Versorgungsverpflichtungen oder Versorgungsanwartschaften aus Direktzusagen des Arbeitgebers oder aus U-Kassen auf Pensionsfonds sollten verbessert werden, klärt Thurnes auch vor anwesenden Zuhören aus BMAS und BMF auf.

Wo wir schon beim Gesetzgeber sind: Über die Zukunft dieser derzeit etwas „grazilen“ Koalition und ihr Durchhalten ist an dieser Stelle schon sehr früh spekuliert worden, mittlerweile ist es auch tägliches Thema in den Medien. Passend dazu kam gestern noch die Meldung, dass es zwischen der scheintoten FDP und ihren Partnern – nicht zum ersten Mal – Streit um grundsätzliche Fragen in der Altersvorsorge gibt. Das dürfte den Gesetzgebungsprozess rund um das BRSG 2.0 auch nicht gerade beschleunigen. Man wird sehen. Wenn wir auf dem Parkett Pech haben, dann gibts Zitronen, Sie wissen schon …

aba-Pensionskassentagung – mehr Rendite nur mit der BaFin

Am Folgetag fand in Bonn außerdem die aba-Pensionskassentagung statt, erste Aussagen:

Der Regierungsentwurf für das BRSG 2.0 enthält bekanntlich verschiedene Pensionskassen-spezifische bzw. für sie wichtige Änderungen. Die Anpassung der Pensionskassendefinition in § 232 VAG, die Regelungen zur vorübergehenden Unterdeckung des Sicherungsvermögens (§ 234j VAG) und zur überdotierten Verlustrücklage (193 VAG) sowie die Änderung der AnlV werden laut Auffassung der aba zu einer guten Weiterentwicklung der Pensionskassen führen – auch wenn im Detail noch etwas gefeilt werden müsse.

Dazu Jürgen Rings, Leiter der aba-Fachvereinigung Pensionskassen, auf der Tagung in Bonn: „Damit das Ziel ‚Mehr Rendite‘ im Koalitionsvertrag in der Praxis auch umgesetzt werden kann, bedarf es allerdings nach den gesetzlichen Anpassungen v.a. einer Überarbeitung des BaFin-Kapitalanlagerundschreibens und des BaFin-Stresstests für Pensionskassen.“

Juergen Rings, Höchster Penka.

Ferner könnten die neuen Möglichkeiten in der Kapitalanlage erst genutzt werden, wenn die bei der BaFin eingereichten Sicherungsvermögenspläne auch genehmigt seien. „Wir begrüßen daher, dass sich die BaFin dieser Verantwortung bewusst ist und bereits erste Überlegungen zur Überarbeitung des Kapitalanlagerundschreibens anstellt,“ so der CEO der Hoechster Penka weiter.

Rings spricht außerdem die BaFin – auf der Tagung prominent vertreten mit Julia Wiens, seit Januar 2024 Exekutivdirektorin Versicherungs- und Pensionsfondsaufsicht – an: „Wir brauchen – zeitnah zu den gesetzlichen Änderungen – praxistaugliche Regelungen von der BaFin zur Umsetzung. Als Fachverband ist die aba mit ihren Mitgliedern gern bereit, sich dabei einzubringen.“

aba-Chef Georg Thurnes ergänzt, offenbar mit Blick auf Infrastruktur: „Wir brauchen in Deutschland gut aufgestellte Pensionskassen. Neben ihrem wichtigen Beitrag zur bAV können sie durch größeren Spielraum in der Kapitalanlage auch einen wichtigen Finanzierungsbeitrag für dringend erforderliche Umbaumaßnahmen in unserem Land leisten.“

Detaillierte Berichterstattung zur diesjährigen aba-Aufsichtsrechts- sowie zur aba-Pensionskassentagung in Kürze auf PENSIONSINDUSTRIES.

Das zur heutigen Headline anregende Kulturstück findet sich hier.

Diskriminierungsfreie Sprache auf LEITERbAV

LEITERbAV bemüht sich um diskriminierungsfreie Sprache (bspw. durch den grundsätzlichen Verzicht auf Anreden wie „Herr“ und „Frau“ auch in Interviews). Dies muss jedoch im Einklang stehen mit der pragmatischen Anforderung der Lesbarkeit als auch der Tradition der althergerbachten Sprache. Gegenwärtig zu beobachtende, oft auf Satzzeichen („Mitarbeiter:innen“) oder Partizipkonstrukionen („Mitarbeitende“) basierende Hilfskonstruktionen, die sämtlich nicht ausgereift erscheinen und dann meist auch nur teilweise durchgehalten werden („Arbeitgeber“), finden entsprechend auf LEITERbAV nicht statt. Grundsätzlich gilt, dass sich durch LEITERbAV alle Geschlechter gleichermaßen angesprochen fühlen sollen und der generische Maskulin aus pragmatischen Gründen genutzt wird, aber als geschlechterübergreifend verstanden werden soll. Auch hier folgt LEITERbAV also seiner übergeordneten Maxime „Form follows Function“, unter der LEITERbAV sein Layout, aber bspw. auch seine Interpunktion oder seinen Schreibstil (insb. „Stakkato“) pflegt. Denn „Form follows Function“ heißt auf Deutsch: "hässlich, aber funktioniert".

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