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Kassandra – Die kommentierte Presseschau zur bAV:

Himmelfahrts-Kassandra

Unregelmäßig freitags, heute an Christi Himmelfahrt, bringt PENSIONSINDUSTRIES eine kommentierte Presseschau zur bAV. Themen heute: Was geht in diesem Kopf vor? Gesetzesentwurf verzögert sich weiter? Killt KI kollektiven Versicherungsgedanken? Und von Schiffchen und Raketen …

Aon (6. Mai): Betriebsrenten auf solidem Fundament.“

Auch der dritte drei großen US-Benefit Consultants hat nun seine Analyse des Pensionswesens von Deutschlands DAX-40 publiziert. Auch hier weichen die Kerndaten naturgemäß wenig von denen von Mercer und WTW ab; Auszüge:

  • DBO: 332 Mrd. Euro, +5,6% zum VJ (Rheinmetall und CoBa haben mehr DBO mitgebracht, als durch Linde und Fresenius Medical Care abgegangen sind); Spanne von von Porsche SE (33 Mio. Euro) bis VW (45,8 Mrd. Euro).

  • Rechnungszins: 3,46% (VJ 3,82%).

  • Funding Ratio: 78% (VJ 79%), Deutsche bei 107%, CoBa bei 109%.

  • Plan Assets: 260 Mrd. Euro, +4,8%, von Porsche SE (0 Euro) bis Siemens (26 Mrd. Euro).

  • DBL zu MarketCap: 4,4%, VW 50,8%.

  • DBL zu EK 6%, MTU 25,3%.

Quelle: Aon. Grafik zur Volldarstellung anklicken.

Christoph Tellmann von Aon rechnet vor: „Der Rechnungszins hat von allen Bewertungsannahmen den größten Hebel. Sinken die Zinsen bspw. um 0,5 Punkte, steigt die DBO um ca. 6%. Bei anderen Bewertungsannahmen, z.B. Beispiel bei einer Erhöhung des Rententrends um 0,5 Punkte oder der mittleren Lebenserwartung um ein Jahr, sind die Effekte mit ca. 3 bzw. 2% deutlich geringer.“

Tagesspiegel (7. Mai): „Von Lindner und Heil ausgehandelt: FDP-Politiker wollen Rentenpaket im Bundestag verhindern.“

Bild (7. Mai): „Nach Krisen-Gipfel bei Scholz – Lindner knickt ein: Renten-Paket soll jetzt doch kommen.“

Manchmal fragt man sich wirklich, was in des FDP-Vorsitzenden Kopf vorgeht.

Erst den Entwurf maßgeblich mitentwickeln mit mitvorstellen, jetzt auf einmal zurückrudern (und nebenbei noch widersprüchliche Presseberichte produzieren).

Christian Lindner BMF. Foto: BMF.

Vermutlich wird am Ende das passieren, was die Bild am 7. Mai schon vermeldet hat, sich nämlich gar nichts substantielles ändern – und bei denjenigen Menschen, welche diesen erratischen Vorstoß hier registriert haben, wird Lindner am ehesten das Image des hilflosen und im Zweifel schnell gehorsamen Steigbügelhalters gegenüber Rot und Grün verfestigt haben.

Solche „Schachzüge“ in einer Phase zu unternehmen, wo es für die FDP jeden Tag ein bisschen mehr um alles oder nichts geht, ist wirklich erstaunlich – und die anstehenden EP-Wahlen werden jeden Tag ein bisschen spannender.

Lindner hin, Chaos her: Sollte es nun zur Verzögerungen beim Rentenpaket II kommen, stellt sich natürlich die Frage, ob der Referentenentwurf für die zweite und dritte Säule sich dadurch ebenfalls noch weiter verzögert. Vermutlich schon.

Aktuar Aktuell (im April): „Sonderausgabe 1: Künstliche Intelligenz, April 2024.“

Erst in der vergangenen Presseschau hatte Kassandra einen Blick in die KI-Zukunft gewagt, am Beispiel des Pflegeroboters. Heute noch mal kurz das Thema KI in anderem Zusammenhang:

Daniela Rode, DAV-Vorstand, schreibt in dem Heft:

Risiken, die bislang nicht versicherbar sind, könnten durch dann zur Verfügung stehende neue Daten überhaupt erst versichert werden.“

Die Frau ist Aktuarin, hat ihr ganzes Berufsleben in der Mathematik sowie in der Assekuranz verbracht und versteht sicherlich viele Dutzend mal mehr von dem Versicherungswesen als Kassandra, die hier nur ein autodidaktischer Quereinsteiger ist. Trotzdem ein Kommentar:

Wenn Rode also meint, dass Risiken, die bislang nicht versicherbar sind, durch die dann zur Verfügung stehenden Daten überhaupt erst versicherbar werden, dann stimmt das.

Vice versa gilt aber auch, dass es sicherlich auch umgekehrt Risiken gibt, die bisher versicherbar waren und dann infolge der neuen Daten nicht mehr versicherbar sind. Oder prägnanter und noch weiter gedacht: Wenn irgendwann alle alle individuellen Risiken genau kennen – also die Versicherungsnehmer und die Versicherer selbst erst recht – dann gibt es irgendwann auch keinen kollektiven Versicherungsgedanken mehr. Und auch keine Versicherer, oder?

OFF TOPIC – TO WHOM IT MAY CONCERN

Die Welt (4. Mai): „Baerbock schließt deutsche Fregatte in Straße von Taiwan nicht aus.“

Na, wenn das deutsche Schiffchen unbedingt meint, da durchfahren zu müssen, dann soll es das halt tun. Wird bei den großen Jungs schon niemanden stören. Die haben andere Sorgen.

Aber eine dringende Bitte an den deutschen Herrn Kapitänfeldmarschall der Fregatte hat Kassandra dann doch: Mögen die deutschen Raketenartillerieprofis an Bord bitte nicht wieder auf irgendwelche Flugobjekte schießen, die sie irgendwie dann doch nicht fehlerfrei identifizieren können. Auch wenn Sie, Herr Kapitänfeldmarschall, ohnehin nicht treffen – so etwas sorgt international für Irritationen; und die Gegend da ist bekanntlich etwas sensibel. Da sollte nur der zur Raketen-Waffe greifen, der seine Systeme auch im Griff hat. Ehrlicher Rat: Am besten wäre für alle, Sie blieben in Ihrer Ostsee.

Denn Probleme hat die Welt schon genug. Da braucht sie nicht noch deutsche Kleinkriegschiffe, die in hunderttausende Kilometer entfernten“ Krisengebieten verdachtsweise auf vorbeikommende Flugobjekte schießen, von denen sie nichtmal wissen, worum es sich handelt. Die Geo-Lagen eskalieren schon von allein weiter, wenn auch nur langsam:

Die Welt (7. Mai): „Putin ordnet Übungen mit Atomwaffen an – Moskau droht Großbritannien.“

Von Anbeginn des Krieges im Februar 2022 läuft für Russland nichts nach Plan, im Gegenteil. Schon im März 2022 attestierte Kassandra dem Potemkin-Land, in seiner jetzigen katastrophalen diplomatischen, militärischen und ökonomischen Stress-Situation in der Grauzone zwischen Rationalität und Irrationalität zu taumeln, und sorgte sich, dass der massiv unter Stress stehende Kreml mangels Exit-Strategie die atomare Karte ziehen könnte, um die kleinen Staaten der weichen NATO-Ostflanke mit taktischen Atomwaffen zu erpressen (z.B. zum NATO-Austritt), ohne die USA direkt angreifen zu müssen, aber gleichzeitig die NATO an die Glaubwürdigkeitsgrenze zu bringen, en detail im Mai 2022 hier genauer ausgeführt.

Zwei Jahre sind vergangen. Besser geworden ist für Russland seitdem nichts. Die Eskalation seitdem legt seitdem in kleinen Schritten zu, manchmal deutlich, manchmal kaum spürbar.

Dann hoffen wir, dass Vladimir Putin, der nicht nur die unglückliche Ukraine verheert, sondern auch sein Land (und ganz Europa mittelbar gleich mit) bemerkenswert vollständig in die sprichwörtliche Grütze gefahren hat, nicht auch noch Kassandra liest.

Nun, aber vermutlich braucht er das auch nicht, um auf die Idee der sukzessiven, taktischen Nuklear-Eskalation als letztem vermeintlichem, semi-rationalem Ausweg zu kommen. Die sündhaft teuren Hyperschall-Trägersysteme testet Russland auf der konventionellen Ebene schon länger. Und den nächsten kleinen Eskalations-Schritt hat man nun jedenfalls unternommen. Sollte als nächstes ein russischer Atomtest folgen, dann könnte man langsam unruhig werden.

Diskriminierungsfreie Sprache auf LEITERbAV

LEITERbAV bemüht sich um diskriminierungsfreie Sprache (bspw. durch den grundsätzlichen Verzicht auf Anreden wie „Herr“ und „Frau“ auch in Interviews). Dies muss jedoch im Einklang stehen mit der pragmatischen Anforderung der Lesbarkeit als auch der Tradition der althergerbachten Sprache. Gegenwärtig zu beobachtende, oft auf Satzzeichen („Mitarbeiter:innen“) oder Partizipkonstrukionen („Mitarbeitende“) basierende Hilfskonstruktionen, die sämtlich nicht ausgereift erscheinen und dann meist auch nur teilweise durchgehalten werden („Arbeitgeber“), finden entsprechend auf LEITERbAV nicht statt. Grundsätzlich gilt, dass sich durch LEITERbAV alle Geschlechter gleichermaßen angesprochen fühlen sollen und der generische Maskulin aus pragmatischen Gründen genutzt wird, aber als geschlechterübergreifend verstanden werden soll. Auch hier folgt LEITERbAV also seiner übergeordneten Maxime „Form follows Function“, unter der LEITERbAV sein Layout, aber bspw. auch seine Interpunktion oder seinen Schreibstil (insb. „Stakkato“) pflegt. Denn „Form follows Function“ heißt auf Deutsch: "hässlich, aber funktioniert".

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