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Kassandra – Die kommentierte Presseschau zur bAV:

Kassandra kennt das Land, wo die Zitronen blühen

Unregelmäßig freitags bringt PENSIONSINDUSTRIES eine kommentierte Presseschau zur bAV. Heute: Etwas Kaffeesatzleserei vor dem September. Läuft für die Union gleich dreifach. Schon wieder Ambivalenz. Was Kaulisch, Görgen, Toncar & Co rausgeholt haben. Wer ständig gute Laune hat. Und womit wir alle hoffentlich nicht gehandelt haben werden.

MDR (7.August): „Gespaltenes Stimmungsbild zu möglicher CDU-BSW-Koalition.“

Nachdem Kassandra mit ihrer Prognose schon bei der Europawahl gut gelegen hat, heute kurz von den drei nicht einfachen Ostwahlen im September erneut etwas politische Kaffeesatzleserei – die aus gutem Grund nicht unter OFF TOPIC steht:

Zunächst zu dem, was infolge der Umfragen und der Stimmungen allgemein klar ist: Die Ampel-Parteien werden massiv abgestraft werden, das BSW durchstarten, die CDU vom Ampel-Absturz profitieren, die AfD stark werden. So weit, so wenig überraschend. Ein genauerer Blick lohnt aber:

Derzeit verbessert sich die politische Großwetterlage für die Union spürbar, und das auf drei Feldern:

1.) Das BSW hat relativ deutlich gemacht, dass es sich einer Koalition mit der Union am Ende nicht verweigern wird. Ungeachtet dessen sind die Umfragen des Bündnisses gut. Damit scheinen schon jetzt die Weichen für die kommenden Regierungen im Osten gestellt – vielleicht sogar im alten SPD-Land Brandenburg, in dem die Wahl ja erst später stattfinden und die deshalb das Momentum aus Sachsen und Thüringen aufnehmen wird.

Jedenfalls hat die Union hier zumindest auf Landesebene mglw. einen neuen Koalitionspartner, bei dem man sich vermutlich nicht erneut von rotgrün zu einer Brandmauer nötigen lassen wird (zum BSW später mehr).

2.) Die Union hat, obwohl sie sich mit einer zweifelhaften Spitzenkandidatin belastet hat, bei den Europawahlen gut abgeschnitten. Aber – fast noch wichtiger – auch die FDP gab sich erstaunlich robust, landete wider Erwarten sogar oberhalb von 5%. Man kann zwar bezweifeln, dass ihr das bei den drei Ostwahlen auch gelingen wird, aber zumindest mit Blick auf die Bundestagswahl kann die Union nun ein wenig mehr Hoffnung haben, dass ihr die FDP als einziger Koalitionspartner aus dem nicht-linken Lager erhalten bleibt. Das ist zwar nicht sicher, und Kassandra weicht von ihrem Wort von der „Chronik eines angekündigten Selbstmordes“ mit Blick auf die FDP keinen Deut zurück, aber ein ganz klein wenig unwahrscheinlicher geworden ist der Tod der FDP nach den überraschenden Europawahlen schon.

3.) Dass die Ampel mit dem Vorstoß zur Änderung des Wahlrechts in Karlsruhe teil-gescheitert ist und so die Union nicht mehr fürchten muss, die CSU draußen vor der Bundestagstür zu verlieren, hat zwar ebenfalls mit den Wahlen im Osten nichts zu tun, ist aber dafür für die Union für die kommende BTW (und alle Zukunft) auf jeden Fall von strategischer Dimension. „Noch mal davon gekommen, was?“ möchte man der CSU zurufen.

Alles in allem als drei Entwicklungen, welche für die CDU das Szenario „allein zu Haus“ (und damit völlig auf rotgrün gegen die AfD angewiesen) etwas weniger wahrscheinlich macht.

So, und jetzt kommt auch der Schwenk zur bAV. Denn: Wie hier von Kassandra schon lange geunkt wird, ist keinesfalls ausgemacht, dass die FDP vor ihrem Tod nicht doch noch die Notbremse zieht und die Ampel vor der Zeit krachen geht.

Stellen wir uns das härteste Szenario vor: Von neun insgesamt möglichen Landtagseinzügen bei den drei Ostwahlen verpassen die drei Ampel-Parteien, sagen wir mal, sieben oder mehr; CDU, BSW und AfD machen die Sache fast allein unter sich aus. Was dann?

Dann würde ein vorzeitiges Ende der Ampel sogar relativ wahrscheinlich. Politisch mag das jeder finden, wie er mag. Aber: Bis dahin wird das BRSG II kaum durch alle Gremien sein (das Gesetz ist ja außerdem zustimmungspflichtig im Bundesrat).

Käme es zum schnellen Ampel-Bruch, dann wäre erst mal alles perdu, was die Ministerialen und dieses ganze Parkett seit vielen, vielen Monaten für die bAV erarbeitet haben.

Niemand sagt, dass das Gesetz der große Wurf sei, und niemand sagt, dass dort alle Baustellen angefasst werden, die man – auch ohne fiskalische Kosten – anfassen könnte. Aber es adressiert doch vieles, was seit Jahren auf Besserung wartet, und es adressiert auch vieles, was den nun gerade durchstartenden Sozialpartnermodellen noch fehlt. Kein Zweifel: Kaulisch, Görgen, Toncar & Co haben reichlich rausgeholt, was derzeit rauszuholen ist (Kassandra hatte zwischenzeitlich ja sogar befürchtet, dass angesichts des Drucks auf allen Politikfeldern die Ampel gar keine Kraft mehr haben könnte, in der bAV auch nur irgendwas anzufassen – und wurde Lügen gestraft).

However, wenn die Ampel krachen sollte – manche würden es begrüßen, manche nicht, egal – dann hätten wir alle auf dem Parkett womit gehandelt? Richtig: mit Zitronen.

Aber: Bis es soweit ist, fließt noch viel Wasser Elbe, Ilm und Spree hinunter. Die Europa-Wahlen haben gezeigt, dass auch bei Wahlen selten so heiß gegessen wie gekocht wird.

Zitronen in Köln.

Zum Schluss nochmal wie angekündigt zum BSW:

Dass das BSW einerseits sich in das Lager der Weiter-so Parteien einordnet, andererseits aber weiter beste Umfragen hat, kann man äußerst überraschend finden, spricht das Bündnis doch klar Wähler an (v.a. von der AfD und der Linkspartei), die sich in den politischen Kernfragen – Migration, Ukraine, Industriepolitik … – längst vom politischen Establishment abgewandt haben; zumal im Osten. Wie soll das mit einer Koalition mit der Union zusammengehen?

Kassandra hatte erwartet, dass die BSW dem Dilemma, im Zweifel mit der Union zur Verhinderung der AfD koalieren zu müssen, sich dadurch entziehen werde, indem sie im Osten einfach gar nicht antritt. Da lag die Kröte wohl offenkundig falsch.

Sich einerseits als Protestpartei zu geben, andererseits Quasi-Koalitionsaussagen zugunsten der CDU machen und trotzdem im Osten hohe Umfragewerte zu erhalten, scheinen sich überraschenderweise nicht auszuschließen. Ob sich das auch bei den Wahlen manifestieren wird, bleibt abzuwarten. Aber damit ist zu rechnen.

Der Tagesspiegel (8. August): „‘Trendwende ist eingeläutet’: Immobilienpreise in Deutschland legen wieder zu.“

Gestern las man so, heute liest man so, morgen dann so … Wer meint, durch so etwas Orientierung zu finden, dem sei es gegönnt. Allerdings fällt wohl bei kaum einer Asset-Klasse das unsystematische Risiko so einzelindividuell aus wie bei Real Estate.

Das einzige also, was man sicher weiß, ist die träge Ambivalenz dieser Asset-Klasse, die erst vor einer und vor zwei Wochen an dieser Stelle von Kassandra beunkt worden ist.

Entrepreneur (5. August): „Famed 23-Story New York Office Building Sells for 97.5% Discount in Online Auction (The building was formerly owned by UBS)“

New York City, Gewerbeimmobilie, Verlust 97,5%! Respekt, das muss man erstmal schaffen.

Angesichts dessen sei wiederholt: Teil der Ambivalenz von Real Estate ist , dass sie enorm von lokalen Gegebenheiten gesteuert wird, so dass es hier praktisch unmöglich ist, außerhalb des eigenen Home Bias die Entwicklung zuverlässig abschätzen zu können. Es gibt also nicht DAS systematische Risiko, weil es nicht DEN EINEN Immobilienmarkt gibt, sondern enorm viele systematische Risiken in enorm vielen Märkten.

Der verlinkte Beitrag zeigt jedenfalls einen Extremfall aus den USA und belegt (ungeachtet der irritierenden Vorgehensweise des europäischen Verkäufers), welches Downside-Potential in (Gewerbe-)Immobilen schlummert – selbst in den attraktivsten Standorten der Welt.

BZ (8. August): 1.500 Asylbewerber in einem Bürohaus – keine gute Idee!“

Apropos Gewerbeimmobilien: Ebenfalls erst vor einer Woche hatte Kassandra für Pensionsinvestoren mit nicht ganz so hübschen Gewerbeimmobilien im Portfolio erneut ins Spiel gebracht, erstens über Umwidmung zu Wohnen nachzudenken und zweitens sich auf den Staat als Nachfrager zu fokussieren. Wie gerufen kommt hier ein Fall aus Berlin, wo ein Akteur offenbar genau beides gemacht hat.

Diversen Medienberichten zufolge soll die Miet-Offerte des Eigentümers bei 25,80 Euro/qm gelegen haben, das Berliner Landesamt für Flüchtlinge (LAF) zahlt nun offenbar 40 Euro/qm.

Auch wenn der Leitartikler der BZ das ganze für keine gute Idee hält und ohnehin jeder das politisch für sich allein persönlich bewerten soll, so belegt das unter dem Gesichtspunkt des Umgangs mit der Asset-Klasse Real Estate für den Standort D die Kassandrische These: Der Staat steht unter selbst auferlegtem ständig steigendem Handlungsdruck, er fragt nicht lang nach Details – und er hat tiefe Taschen. Ganz tiefe.

OFF TOPIC – TO WHOM IT MAY CONCERN

Welt (4. August, auf Youtube): Baerbock bringt Reporter in Bedrängnis – Olympia, Medaillen, deutsche Leistung!“

Auch auf die Gefahr hin, hier die Spielverderberin zu sein, greift Kassandra das Thema Politiker und Privatvergnügen nach der EM-Sache hier erneut auf:

Außenministerin Annalena Baerbock diskutiert hier in durchaus sympathischer Art und wie stets bester Laune (und anders als üblich auch sprachlich absolut trittsicher) mit einem Reporter die Erfahrungen aus den diversen Olympia-Wettbewerben, die sie just besucht hat.

Das sei ihr gegönnt. Ist aber ihre Privatsache. Nochmal: Auch für eine Außenministerin gibt es keinen politisch-beruflichen Anlass, bspw. Judo- und Hockey-Wettbewerbe bei Olympia zu besuchen. Sie setzt hier augenscheinlich Amt und Steuergeld für Privatvergnügen ein. Mit diesem Welt-Gespräch zeigt sie klar, wie vollständig die jüngste Kritik an den Politiker-Auftritten bei den EM-Spielen an ihr vorbeigeht. Und eigentlich hat sie damit recht. Denn wen interessiert so etwas noch?

Das zur heutigen Headline anregende Kulturstück findet sich hier.

Diskriminierungsfreie Sprache auf LEITERbAV

LEITERbAV bemüht sich um diskriminierungsfreie Sprache (bspw. durch den grundsätzlichen Verzicht auf Anreden wie „Herr“ und „Frau“ auch in Interviews). Dies muss jedoch im Einklang stehen mit der pragmatischen Anforderung der Lesbarkeit als auch der Tradition der althergerbachten Sprache. Gegenwärtig zu beobachtende, oft auf Satzzeichen („Mitarbeiter:innen“) oder Partizipkonstrukionen („Mitarbeitende“) basierende Hilfskonstruktionen, die sämtlich nicht ausgereift erscheinen und dann meist auch nur teilweise durchgehalten werden („Arbeitgeber“), finden entsprechend auf LEITERbAV nicht statt. Grundsätzlich gilt, dass sich durch LEITERbAV alle Geschlechter gleichermaßen angesprochen fühlen sollen und der generische Maskulin aus pragmatischen Gründen genutzt wird, aber als geschlechterübergreifend verstanden werden soll. Auch hier folgt LEITERbAV also seiner übergeordneten Maxime „Form follows Function“, unter der LEITERbAV sein Layout, aber bspw. auch seine Interpunktion oder seinen Schreibstil (insb. „Stakkato“) pflegt. Denn „Form follows Function“ heißt auf Deutsch: "hässlich, aber funktioniert".

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