Lieber zu früh als zu spät, und damit eine Ausgliederung aus der Stärke heraus – das sagte man sich jüngst in Bonn und Berlin, als zwei Pensionseinrichtungen ein Zusammengehen vereinbarten. PENSIONS●INDUSTRIES-Autorin Susanne Jungblut – die an der Sache nicht ganz unbeteiligt ist – spricht mit den Verantwortlichen: über kritische Größe, Personalgewinnung, Regulatorik, Identifikation – und was bleibt, was geht, und was nie erwogen wurde …
PENSIONS●INDUSTRIES hatte berichtet: Die Pensionskasse vom Deutschen Roten Kreuz VVaG und die Verka VK Kirchliche Vorsorge VVaG gehen zusammen.
Zwischen diesen beiden Einrichtungen bestehen durchaus Ähnlichkeiten hinsichtlich ihrer Trägerunternehmen und der damit einhergehenden Werte: Die PK DRK bietet bAV für die Mitglieder und Angestellten von DRK-Schwesternschaften und anderen DRK-Gliederungen an; die Verka entwickelt kapitalgedeckte Lösungen für die bAV im kirchlichen und außerkirchlichen Umfeld.
Dieser kulturelle Fit ist aber nur einer der Gründe dafür, dass der gesamte operative Geschäftsbetrieb der PK DRK sukzessive auf die Verka ausgegliedert wird. Über die tiefer gehenden Hintergründe und Zielsetzungen spricht Susanne Jungblut – die selbst im Aufsichtsrat der PK DRK ist – mit ihrem AR-Kollegen Philip Jungen, mit PK DRK-Vorstand Vera Schopohl sowie mit den beiden Verka-Vorständen Charlotte Klinnert und Eugen Scheinker – die seit Dezember 2024 auch Vorstände der PK DRK sind.
Jungblut: Philip Jungen, im Aufsichtsrat, aber vor allem auch im Vorstand der Pensionskasse vom Deutschen Kreuz haben wir schon seit einiger Zeit überlegt, wie es mit der Pensionskasse weitergehen kann. Wir stehen zwar wirtschaftlich stark da, aber die ständig steigenden regulatorischen Anforderungen, dazu das immer volatiler werdende politische und wirtschaftliche Umfeld erschweren es einer kleinen Pensionskasse mit nur rund zehn Mitarbeitern einschließlich Vorstand zunehmend, ihr Geschäft effizient zu betreiben.

Jungen: Wir haben bereits in der Vergangenheit eine Vielzahl von Tätigkeiten an unterschiedliche externe Dienstleister ausgelagert. Dies hat die Pensionskasse einerseits personell entlastet, andererseits bedarf es einer angemessenen Steuerung und Kontrolle der diversen Anbieter. Der damalige Vorstand der Pensionskasse hatte auch erwogen, durch die Übernahme von Beständen kleinerer Pensionskassen zu wachsen. Die steigenden regulatorischen wachsenden Anforderungen, denken Sie nur jüngst an DORA, erfordern aber eine schnelle Antwort.
„Wir sehen uns bei der Verka mit vergleichbaren Herausforderungen konfrontiert.“
Jungblut: Und nun haben wir ja wirklich eine schnelle Lösung gefunden. Vor rund einem Jahr haben wir die Frage der Auslagerung des kompletten operativen Geschäfts das erste Mal im Aufsichtsrat ganz konkret mit dem Vorstand diskutiert – und nun übernimmt die Verka bereits ab Januar 2025 sukzessive unseren Geschäftsbetrieb.
Schopohl: Und das ist gut so. Wir haben als PK DRK einfach nicht die kritische Größe, um langfristig unser Geschäft mit der bisherigen Stabilität und Qualität zu betreiben. Dazu kommt, dass es insbesondere für uns als kleine Pensionskasse immer schwieriger wird, qualifiziertes Personal zu finden.
Philip Jungen ist seit 2017 mit Unterbrechung Mitglied des Aufsichtsrats der PK DRK, seit Juni 2022 Aufsichtsratsvorsitzender.
Susanne Jungblut ist seit Juli 2021 Mitglied des Aufsichtsrats der PK DRK.
Vera Schopohl ist seit 1994 bei der PK DRK, von März 2024 bis September 2024 bereits übergangsweise und seit Oktober 2024 endgültig im Vorstand der DRK PK.
Charlotte Klinnert war von Oktober 2014 bis Dezember 2020 im Vorstand der DRK PK und wechselte zum März 2021 in den Vorstand der Verka. Im Dezember 2024 trat sie erneut in den Vorstand der PK DRK ein.
Eugen Scheinker ist seit April 2022 Vorstandsmitglied der Verka und trat zum Dezember 2024 ebenfalls in den Vorstand der PK DRK ein.
Scheinker: Mit vergleichbaren Herausforderungen sehen wir uns als Verka auch konfrontiert. Deshalb kommt uns die Übernahme der Verwaltungsdienstleistungen für die PK DRK sehr entgegen. Wir freuen uns natürlich, auf einen Schlag deutlich zu wachsen und so Synergien heben zu können. Unter Berücksichtigung von allen durch die Verka verwalteten Vorsorgeeinrichtungen erhöhen sich unsere Assets under Management von mehr als zwei auf fast drei Mrd. Euro. Die Zahl der versicherten Personen steigt auf fast 150.000. Wir haben also eine Win-Win-Situation.
Schopohl: Wichtig war allen Beteiligten in diesem Zusammenhang auch, dass die Verka unseren vorhandenen Mitarbeitern weiterhin eine berufliche Heimat bietet.
Klinnert: Genau, die Mitarbeiter können entweder weiterhin von Bonn aus für uns tätig sein oder auch gerne zu uns nach Berlin ziehen. So gewährleisten wir nicht nur einen nahtlosen Übergang, sondern rekrutieren auch qualifiziertes und erfahrenes Personal. Und ich kenne die PK DRK aus meiner eigenen Vorstandszeit selber sehr gut – wie auch die meisten ihrer Mitarbeiter, die wiederum mich kennen, was einen Vertrauensvorschuss bedeutet. Unsere Gespräche können sofort auf der fachlichen Ebene beginnen, eben weil wir uns gut kennen.

Apropos nahtloser Übergang: Wir machen hier keine Bestandsübertragung, sondern es wird „nur“ das operative Geschäft auf die Verka übertragen. In einem ersten Schritt übernimmt die Verka die Verantwortung für die Vorstandsbereiche und den Jahresabschluss, es folgen dann sukzessive die weiteren Tätigkeiten wie beispielsweise die Steuerung der Kapitalanlagen, das Risikomanagement, die Gremienarbeit, die Mathematik und die Bestandsverwaltung. Durch die Übernahme der Vorstandsverantwortung beginnen wir viele Dinge parallel. Rücksicht nehmen wir auf die noch bestehenden Auslagerungsverträge, um eine doppelte Gebührenbelastung zu vermeiden.
Die beiden Einrichtungen:
Die Anfänge der DRK-Pensionskasse reichen zurück in die Zeit kurz nach dem I. Weltkrieg. Mit der Neuordnung der Sozialgesetzgebung 1919 entschieden sich DRK-Schwesternschaften, eine eigene Versicherungskasse zu gründen. Zweck: den Schwestern des Deutschen Roten Kreuzes eine Zusatzversorgung sicher zu stellen.
Ab Oktober 2021 war die Kasse als „Schwestern-Versicherungsverein vom Roten Kreuz (SVV)“ im Sinne des VAG ein „kleinerer VVaG“ und wurde aufsichtsrechtlich als Pensionskasse behandelt. 1995 wurde der SVV von einer Pensionskasse in ein LVU aG umgewandelt. Im Sinne einer klaren Positionierung als EbAVfür einen geschlossenen Personenkreis wird Anfang 2012 aus dem Lebensversicherer SVV die regulierte Pensionskasse vom Deutschen Roten Kreuz VVaG. Heute betreut sie gut 30.000 Versicherte und bringt hierfür übrer 800 Mio. Euro auf die Waage.
Gegründet 1924 und damit ebenfalls über 100 Jahre alt, übernimmt der Verka-Verbund – bestehend aus der Verka VK Kirchliche Vorsorge VVaG und der Verka PK Kirchliche Pensionskasse AG – mit Sitz in Berlin als Versicherungsunternehmen im Bereich der bAV seit knapp 100 Jahren soziale, ökologische und ökonomische Verantwortung und hat sich dabei „konsequente Nachhaltigkeit“ auf die Fahnen geschrieben.Der Verbund, bestehend aus bietet kapitalgedeckte Vorsorge sowohl für Kunden im Bereich der Evangelischen Kirche, der Diakonie als auch im säkularen Marktumfeld. Die Verka verwaltete Ende 2020 fast 1,9 Mrd. Euro für fast 30.000 Berechtigte.
Schopohl: Dabei bleibt die PK DRK als Pensionskasse unter ihrem Namen erhalten. Das war uns wichtig, denn die Träger-Schwesternschaften des DRK und ihre Mitarbeiter identifizieren sich mit der Pensionskasse – und diese Markenbindung soll erhalten bleiben. Noch wichtiger ist, dass die Schwesternschaften weiterhin Einfluss nehmen können auf die Entscheidungen ihrer Pensionskasse.
„Wir sind nun mal ein eher kleiner Kunde, der sich die Preise nicht aussuchen kann.“
Jungen: Eine Bestandsübertragung an eine andere Pensionskasse haben der Vorstand und auch die dahinter stehenden Träger aufgrund der Komplexität auch nie erwogen. Zudem ist die PK DRK wirtschaftlich gesund aufgestellt. Die Kasse hat eine Solvabilitätsquote von 280%, womit sie auch im Branchenvergleich sehr gut da steht. Die Kapitalanlagen sind zudem so ausgesteuert, dass die Erträge die passivseitigen Verpflichtungen komfortabel und über einen langen Zeitraum, unabhängig von Marktereignissen bedienen können.
Wir haben aber auch auf der Kostenseite einen Blick in die Zukunft gewagt. Vor dem Hintergrund der steigenden regulatorischen Anforderungen, der fortschreitenden Digitalisierung und dem Arbeitsmarkt war die Frage, ob wir auch künftig einen effizienten und effektiven Geschäftsbetrieb gewährleisten können. Hier waren wir der Meinung: Wir sind zu klein.
Schopohl: So ist es. Die Regulatorik nimmt immer weiter zu, DORA wurde schon genannt, man denke darüber hinaus nur an DigiRü, die EIOPA mit ihren vielfältigen Anforderungen, diverse Sonderabfragen der BaFin usw. Hierfür brauchen wir dieselben Strukturen und dieselbe Technik wie eine Kasse, die bspw. dreimal so groß ist. Und im Hinblick auf die benötigte externe Unterstützung sind wir nun mal ein eher kleiner Kunde, der sich die Preise nicht aussuchen kann.
Jungen: Mir war es wichtig, diesen Schritt rechtzeitig, aus einer Situation der Stärke heraus, überraschungsfrei und völlig autonom ohne äußere Zwänge zu vollziehen. Und das ist dem Vorstand gut gelungen.
Klinnert: Wir haben sehr dafür gekämpft, dass es nun auch schnell geht. Die notwendigen Strukturen sind bei der Verka vorhanden, sodass wir eine ganze Reihe von Synergien sofort nutzen können. Wir verwalten ja bereits einen großen Pensionsfonds sowie das Vermögen einer Versorgungseinrichtung. Und wir haben auch Erfahrung in der Übernahme von Beständen, die in der praktischen Umsetzung der Datenmigration durchaus ähnlich ist.
Scheinker: Zudem konnten wir vor dem Hintergrund unserer vorhandenen Erfahrungen auf bereits aufsichtsrechtlich erprobte Funktionsausgliederungsverträge zugreifen. Zu erwähnen ist auch, dass die BaFin das Vorhaben sehr konstruktiv unterstützt hat.

Jungblut: Wichtig ist meines Erachtens eine langfristige und zuverlässige Partnerschaft – nicht nur wegen des initialen Aufwandes, sondern auch und vor allem, weil Altersversorgung eine langfristige Angelegenheit ist und die Begünstigten darauf vertrauen können müssen. Wir dürfen und wollen die Erwartungen der Schwesternschaften und ihrer Mitarbeiter nicht enttäuschen. Deshalb finden sich im Vertrag auch entsprechende Regelungen.
Jungen: Diese Regelungen sind wichtig – aber nicht ausreichend. Wesentlich ist auch, dass der Vorstand der PK DRK die Auslagerung eng überwacht. Dies wird durch ein von der Verka unabhängiges Vorstandsmitglied, nämlich Vera Schopohl, und darüber hinaus durch die interne Revision gewährleistet. Der Aufsichtsrat leistet hier natürlich auch seinen Beitrag.
Jungblut: In die Bewertung des Angebots der Verka und der Mitbewerber sind aber nicht nur die üblichen kaufmännischen, rechtlichen und regulatorischen Kriterien eingeflossen.
Schopohl: Nein, aber die genannten Kriterien waren natürlich klar vorrangig. Wichtig für die Durchführbarkeit und das Einverständnis aller Beteiligten und vor allem der Schwesternschaften vom DRK war aber auch, dass die Kultur und das Werteverständnis passen.
Jungen: Ja, der kulturelle Fit ist in so einer Transaktion nicht zu unterschätzen. Mit der Verka haben wir eine Einrichtung gefunden, die wie auch das DRK klar werteorientiert ist. Daher ist uns die Überzeugungsarbeit bei den Schwesternschaften leicht gefallen. Es gibt viele Ähnlichkeiten in den Werten, dem Umgang mit den Versicherten, den Mitarbeitern und der Kultur der dahinter stehenden Einrichtungen der Landeskirchen. Letztendlich ist es der Dienst am Menschen, der uns alle verbindet.

Fazit der Interviewerin
Die Transaktion führt deutlich vor Augen, wie sehr die ständig steigenden regulatorischen Anforderungen die Einrichtungen der bAV pressieren. Gerade kleine Einrichtungen können die benötigten zeitlichen und personellen Ressourcen nicht aufbieten, ohne ihre wirtschaftliche Effizienz zu gefährden – auch dann nicht, wenn sie wirtschaftlich auf stabilen Beinen stehen. Schade, denn oft besteht gerade bei den kleineren Einrichtungen eine starke Bindung zu Trägerunternehmen und Mitarbeitern, die durch solche Konsolidierungen gefährdet ist. Nicht immer sind die Umstände so glücklich wie im vorliegenden Fall.