Unregelmäßig freitags bringt PENSIONS●INDUSTRIES eine kommentierte Presseschau zur bAV. Heute: Die bAV hat ganz andere Probleme, zu den Hamburg-Wahlen muss man nicht viel sagen, die alte Tante und die ihr eigene DNA, zwei Präsidenten machen aus ihren Herzen keine Mördergruben, und der ewige Ranschmeißer ist immer der gleiche. Und: Katze geht doch noch.
Die Welt (1. März): „Die vergessenen Einbußen bei der Rente“
Bemerkenswerter Artikel zur bAV in der Welt, der hinterfragt, ob in der Beratung der Beschäftigten immer ausreichend deutlich gemacht wird, dass eine Entgeltumwandlung immer auch geringere Ansprüche in der GRV bedeutet.
Ob das in der Praxis flächendeckend der Fall ist oder nicht: unklar.
Klar ist dagegen: Dass das umlagefinanzierte System der GRV in Deutschland massiv an seine Grenzen gerät. Dass es selbst in den abgabestärksten Zeiten der breitesten Alterskohorten nur mit exorbitanten Steuerzuschüssen von mehr als 115 Mrd. Euro pro Jahr davor bewahrt werden kann, direkt auf der Stelle zusammenzubrechen. Dass seine schwersten Zeiten erst noch kommen (Stichwort Vorabend des demographischen Zusammenbruchs, Sie wissen schon).
Dass dieses System gleichwohl für fast alle Beschäftigten im Lande den absoluten Löwenanteil der Altersvorsorge ausmacht. Dass es dabei aber praktisch null kapitalgedeckt ist. Dass damit alles, was es an Performance und Zukunftsfähigkeit hat, nur vom politischen Gesetzgeber abhängt. Dass hier der Druck jeden Tag weiter zunimmt.
Dass insofern jeder froh sein sollte, wenigstens zu einem kleinen Teil aus diesem Pflichtsystem entkommen und dieses Geld in ein kapitalgedecktes, privates, im besten Fall Real Asset-orientiertes System investieren zu können.
Dass es entsprechend umso größerer Unfug ist, über freiwillige Zusatzbeiträge in die GRV als Alternative zur bAV überhaupt nur nachzudenken.
Und schließlich: Dass wirklich jeder, der in Deutschland nicht entweder über stattliches Vermögen, eine starke kapitalgedeckte Altersvorsorge, über sozial belastbare familiäre Strukturen verfügt und/oder eine staatliche Pensions-Alimentierung adäquat versorgt wird (Politiker, Beamte, Staatsfunk), sondern stattdessen vollständig auf die GRV angewiesen ist, in Zusammenhang mit seinem Ruhestand besonders was im Auge behalten sollte? Richtig: die Entwicklung des Flaschenpfandes.
Die bAV in Deutschland hat andere Probleme, als dass sie zu besparen zulasten der GRV geht: Zu viel Regulierung und Doppelverbeitragung, 6a, zu wenig Förderung v.a. für Geringverdiener, zu stagnierende Durchdringung und schließlich zu wenig Verve von Politik und Gesetzger, hier endlich mal richtig einzusteigen – und das, obwohl gerade bei der bAV mehrere Akteure – AG, AN, Staat und Kapital – zusammenwirken und man als Politiker schon auf den Kopf gefallen sein muss, hier nicht mehr Engagement zu zeigen. Mal sehen, was die kommende Bundesregierung nun anfassen wird.
OFF TOPIC – TO WHOM IT MAY CONCERN
ZDF (2. März): „Wahlsieger SPD kann mit CDU oder Grünen koalieren.“
Hamburg-Wahl, muss man nicht viel zu sagen: SPD und Grüne mit den erwarteten ordentlichen Verlusten, aber grundsätzlich weiter stabil. Wie hier schon mehrfach geschrieben: Mit der alten Tante SPD ist immer zu rechnen, und die Grünen sind immer stabil zweistellig. Linkspartei nutzt ihr gutes Momentum von der BTW. Alle drei zusammen mit faktischer 2/3-Mehrheit.
AfD für Hamburger Verhältnisse stark, Stimmenanteil ca. plus 50%, aber nur taktischer, kein strategischer Erfolg. SPD in der besten Position, kann Grüne und Union in den Koalitionssondierungen gegeneinander ausspielen – und wird das auch tun.
Allerdings: Die Hansestadt ist ein links-liberales Biotop, deshalb überzeichnet sie die guten Werte für SPD, Grüne und Linkspartei. Umso bemerkenswerter daher, dass BSW und FDP ihren strategischen Niederlagen bei der BTW nun spürbar weiteren Zement in Form von negativen Momentum beifügen konnten. Ihr Run off geht weiter den hier oft vorgezeichneten Gang.
Insgesamt haben die Hamburg-Wahlen gestern – wie schon die Europawahl und die BTW – gezeigt, dass die Mehrheit der Wähler in Deutschland stabil für das Weiter-so steht. Wenn sich also die kassandrische Prognose bewahrheitet (und das wird sie), dass nun unter der neuen Bundesregierung sich wenig bis nichts in diesem Lande ändern wird, bildet das den Wählerwillen in Deutschland relativ gut ab.
Im übrigen zeichnet sich jetzt schon ab, dass im Bund die SPD schon wie schon 2013 die Union bei den Koalitionsvereinbarungen über den Tisch ziehen wird. Diese Art der Raffinesse ist der SPD originär stärker DNA-gegeben als der blauäugigen Philipp-Amthor-CDU. 2013 hat die SPD das durch das spieltheoretische Selbstbindungs-Instrument via Mitgliederentscheid erledigt, als der Merkel-Union nichts anderes als ein Friss-oder-stirb übrig blieb. Für die Merz-Union wird es diesmal vermutlich genauso laufen.
Tagesschau (28. Februar): „Europäer stellen sich hinter Selenskyj.“
Donald Trump ist wirklich bemerkenswert. In den wenigen Wochen seiner bisherigen Amtszeit sorgt er für mehr bleibende Momente im Gedächtnis der Weltöffentlichkeit als bspw. ein Joe Biden während seiner gesamten Amtszeit.
Nun just die nächste Runde: das jetzt schon legendäre Gespräch im Oval Office mit Wladimir Selenskyj. Mal wieder große Wellen, und in der medialen Öffentlichkeit Deutschlands praktisch nur Kritik an Trump. Insgesamt dürfte hierzulande der größte Teil der Menschen entsetzt, nur ein kleiner Teil begeistert sein.
Wie dem auch sei, sehen Sie es doch positiv: Weder Trump noch Selenskyj sind originär Politiker. Sie haben weder gelernt, die auf diesem Parkett übliche Floskelsprache zu benutzen, noch haben sie Lust dazu. Insofern ist es für den Rest der Welt ein echter Informationsgewinn, denn beide haben aus ihren Herzen keine Mördergrube gemacht. Wäre es für die Öffentlichkeit besser gewesen, man hätte vor den Kameras das übliche Blabla gehört, und die Politik hätte sich danach in die üblichen Hinterzimmer verzogen? Dann doch besser die Wahrheit auf dem öffentlichen Tisch, das ist in der Politik selten genug!
Und: Wenn es in der Leserschaft noch Leute gibt, die bis dato glaubten, Geopolitik sei rein rational begründet und in keinster Weise ein Peoples Business, der ist nun spätestens jetzt hoffentlich eines Besseren belehrt worden.
Zum Inhalt: Dieser hat bestätigt, wovon auszugehen war: „Diese Amerikaner werden sich nicht beirren lassen“. Diese Amerikaner werden sich aus diesem Konflikt zurückziehen, sei es mit Frieden oder ohne. Das ist nun noch mal deutlicher geworden, auch wenn es nicht neu ist. Der neue US Verteidigungsminister Hegseth hatte es jüngst in einem ganz kurzen Statement schon unmissverständlich klargemacht, und seitdem verfestigt sich die Entwicklung jeden Tag weiter. Wer es verstehen konnte und wollte, der sollte es schon gewusst haben. Selenskyj übrigens auch.
Selenskyj hat sich emotional und unklug verhalten und eine Attitüde an den Tag gelegt, mit der er seit Jahr und Tag in Europa gut durchkommt, mit der er aber bei der neuen US-Administration auf härtesten Granit beißt – und die dabei keinerlei Problem hat, ihn vor laufender Kamera komplett auflaufen zu lassen. Aber Respekt: Der Ukrainer stand im Oval Office allein gegen alle (darunter ungehobelte Medienvertreter: „Do you own a Suit?“) und hat sich tapfer geschlagen. Vielleicht werden mit etwas Abstand sogar seine Gegenüber ihm das positiv anrechnen. Ihrer Art entspricht das jedenfalls eigentlich.
Dabei kann man vom Habitus der drei amerikanischen Gesprächspartner Selenskyjs halten, was man will, aber in der Sache hatten sie recht: Die angegriffene, geschundene Ukraine ist auf Gedeih und Verderb von der Unterstützung des Westens, vorneweg der USA angewiesen, und sollte diese entfallen, wäre dieser Krieg schnell zu Ende.
Jedenfalls: Donald Trump will erstens: den Frieden, zweitens: kein weiteres US-Steuergeld einsetzen und drittens: gerade dafür, dass er den Frieden gebracht hat, für Amerika einen angemessenen Stake herausholen. Und das wird ihm vermutlich gelingen. Wie gesagt, die Lasten dafür tragen die zu spät gekommenen Europäer allein.
Es bleibt dabei: Durch Trump – und nur durch ihn – kann dieser Krieg enden. Und da er enden wird, sollte man in der Tat so schnell wie möglich zu einem Waffenstillstand kommen. Die, die dann nicht mehr sterben oder verstümmelt werden, dürften es der Welt danken. Hier wurde bereits vorgeschlagen, dass gerade für die Deutschen das Aushandeln eines schnellen Waffenstillstandes auch ein Weg wäre, von der diplomatischen Speisekarte herunter zu kommen und stattdessen vielleicht doch noch einen Platz am Verhandlungstisch zu erhalten – zumindest der Form halber. Immerhin: Engländer und Franzosen scheinen diesen Weg nun zu gehen (wahrscheinlich liest auch Macron Kassandra).
Und die Deutschen? Die haben es offenbar immer noch nicht begriffen. Mehr als Durchhalteparolen fällt ihnen weiterhin nicht ein, auch der Union nicht. Was sie sich hier wünscht, hat jedenfalls mit der Realität soviel zu tun wie ein Hedgefonds mit dem Sozialismus. Nochmal: dass die Europäer in diesem Krieg so weitermachen können wie bisher, nur halt ihre Anstrengungen erhöhen müssen, um die Amerikaner zu ersetzen, ist und bleibt ausgeschlossen.
Donald Trump wird seinen Weg fortsetzen, und sukzessive werden sich europäische Staaten, vorneweg England und Frankreich, seiner Politik anschließen – der Prozess zeichnet sich schon jetzt ab (auch wenn die beiden jetzt noch Zweigleisigkeit vortäuschen). Möglicherweise sind eines nicht allzu fernen Tages die Deutschen – mit ihrer gefürchteten Beamtenarmee und traditionell geopolitisch etwas begriffsstutzig – die letzten Helden auf weiter Flur, während alle anderen einschl. der Ukraine schon längst in der neuen Realität operieren. Macht nichts. Es muss im Leben immer auch Letzte geben.
Und das ist nur das positive Szenario. Wenn es schlecht läuft und die Europäer weiter in der Welt verbreiten, man könne diesen Krieg auch allein stemmen, werden sich die Amerikaner am Ende auch ohne Frieden aus dem Konflikt zurückziehen. Und dann droht er wirklich, der europäische Krieg. Denn selbst das taumelnde, insuffiziente nur noch semi-rationale Russland weiß genau, dass die Europäer, v.a. die Deutschen, ohne die Ressourcen der USA – v.a. bei Militärtechnologie und Military Intelligence – am Rande der Wehrlosigkeit stehen. Für Russland wäre es dann eine klare Option, den Krieg an die weiche Ostflanke der NATO (bzw. dann eher der EU) bis nach Deutschland hinein auszuweiten (sei es konventionell oder taktisch-nuklear). Dafür reichen die dezimierten russischen Ressourcen noch allemal. Man muss als Europäer sehr froh sein, dass man in UK und Frankreich den Ernst der Lage erkennt und sich bemüht, die Reihen mit den USA halbwegs zu schließen – eben um das geschilderte Szenario des schnellen US-Rückzugs aus dem laufenden Konflikt um jeden Preis zu verhindern.
Lieber einen Frieden mit Russland nach US-Vorstellungen als einen Krieg mit Russland ohne die Amerikaner – das weiss man in Paris und London ganz genau. Für Berlin muss man hier erhebliche Zweifel haben.
Es gibt also für die Europäer nur einen Weg, und zwar denjenigen der Amerikaner mitzugeben – egal, in welche Richtung diese gehen. Diesen Krieg in dieser Form, ohne die Amerikaner weiter zu führen bzw. weiterführen zu lassen, ist irrational – jedoch als Szenario leider keineswegs irreal (die Äußerungen zahlreicher deutscher Politiker zeigen das).
Ohnehin Macron: Hier wurde von Beginn an geunkt, dass er der Europäer ist, der es stellvertretend für den alten Kontinent an den Verhandlungsstisch schaffen könnte. Prompt flog er direkt danach in die USA.
Die Eleganz im Auftreten, die politische Raffinesse, eine gewisse natürliche Autorität … all das sind Eigenschaften, die den Präsidenten der V. Republik für Trump zu einem wenigstens halbwegs ernsthaften Gesprächspartner machen – und es sind alles Eigenschaften, in denen unser aller Friedrich Merz doch eher short ist (von Olaf Scholz ganz zu schweigen). Der britische Premierminister Keir Starmer kann immerhin noch auf seine Special Five Eyes Relationship zu den USA bauen. Prognose daher: Merz wird auch in Zukunft keinen adäquaten Zugang zu Donald Trump finden. Aller Wahrscheinlichkeit nach wird die deutsche Diplomatie auch gegenüber USA wieder in den Modus umschalten, den sie seit jeher am besten beherrscht: den der Ranschmeißerei. Dann wird man zwar nicht respektiert, dafür aber geduldet; erst recht, wenn das Scheckbuch locker sitzt. Für deutsche Verhältnisse ist das viel, und mit mehr sollte man nicht rechnen.
Allerdings ist das allen kein singuläres Merz-Problem, im Gegenteil. Man muss Sahra Wagenknecht heute wirklich doppelt dankbar sein, dass sie ihr BSW bei der BTW vor die Wand gefahren und damit ungewollt und indirekt die Grünen aus der Regierung rausgehalten hat. Denn noch mal vier Jahre Annalena Baerbock als Außenministerin, mit ihrem Habitus, ihrem Intellekt und ihrer Eloquenz, gerade jetzt, wo diese Geo-Lage schnell komplexer wird, wäre für Deutschland, sagen wir es mal freundlich, suboptimal (allerdings bleibt abzuwarten, wie die SPD dieses Amt besetzen wird. Es sei an den Vorgänger Baerbocks erinnert, der von der SPD kam und dessen Super-Performance sicher noch gut in Erinnerung ist).
Soweit zur Lage Stand heute. Doch es wird noch besser:
Bild (2. März): „Brisante Treffen um Russen-Gas enthüllt – Trump arbeitet heimlich am Comeback von Nord Stream 2“
Basierend auf einem FT-Bericht, vermeldeten zahlreiche Medien gestern ein mögliches Comeback von Nord Stream.
Egal, ob es sich hier um belastbare Fakten oder um Gerüchte handelt, hier zeichnet sich etwas ab:
Wie schon mehrfach erläutert, liegt Trumps Plan klar auf der Hand: Das Sterben beenden ist das eine. Das andere ist: Das taumelnde Russland aus der Umklammerung Chinas zu lösen und wieder zu einem halbwegs unabhängigen Akteur zu machen, der nicht gezwungen ist, an der Leine desjenigen raumfremden Akteurs zu gehen, den die Amerikaner als ihren wahren Rivalen sehen.
Vor knapp drei Wochen schrieb Kassandra:
„Treppenwitz der Geschichte wäre, wenn ausgerechnet Donald Trump Deutschland und Europa drängen wird, wieder russisches Gas und Öl zu kaufen, damit die Russen es nicht an China verkaufen. Irreal ist das nicht, keineswegs.“
Auch das scheint nun näherzurücken.
Bild (12. Februar): „‘Miss Schnurr’ fauchte Schüler an – Lehrerin gefeuert, weil sie sich als Katze identifiziert.“
Pfff. Das Verhalten der australischen Schule ist lächerlich. Katze geht doch noch. In Deutschland gibt es Journalisten, die identifizieren sich als Kröte.
Alaaf!
