Das BMAS wollte es mal wieder genau wissen, und es dürfte einer der letzten Akte dieser Bundesregierung in Sachen bAV gewesen sein: Wer unter den Beschäftigten hat welche Zusatzversorgung, wer zahlt wieviel und wer nicht, wer will nicht und warum nicht – und all das genauestens aufgeschlüsselt nach soziodemografischen Merkmalen. Wer diesbezügliche Daten sucht, der wird genau hier fündig. Und außerdem hat man gleich noch ein paar Fragen beantwortet – aber hätte man dies noch müssen?
Das BMAS hat im Q4 2023 erneut eine repräsentativ-empirische Untersuchung zur „Verbreitung der Altersvorsorge (AV 2023)“ durchführen lassen – die vierte seit 2011.
Ziel: differenzierte Bestandsaufnahme der Altersvorsorge unter sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Alter von 25 Jahren bis zum Renteneintritt (unter 67 Jahren). Im Mittelpunkt: der aktuelle Erwerb von Anwartschaften in allen drei Säulen der Alterssicherung.
Die grundsätzlich erfassten Strukturen überraschend dabei nicht. Im Folgenden nur einige der Kernergebnisse der äußerst ausdifferenzierten Erhebung.
Die Verbreitung und …
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In Deutschland gibt es 31,1 Mio. sozialversicherungspflichtig Beschäftigte zwischen 25 bis unter 67 Jahren.
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52% davon sorgen im bestehenden Arbeitsverhältnis mit einer bAV zusätzlich zur GRV vor (bei Einbezug von Riester 62%).
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33% mit privatwirtschaftlicher, 15% mit Zusatzversorgung des öffentlichen und kirchlichen Dienstes ZÖD (der Rest konnte dies nicht zuordnen).
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bAV-Gesamtquote bei Männern und Frauen identisch, aber Männer erwerben mit 38% deutlich häufiger eine private bAV als Frauen mit 28%.
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Frauen dagegen mit 20% mehr als doppelt so häufig wie Männer mit ZÖD.
Quelle: BMAS. Grafik zur Volldarstellung anklicken.
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Mit Bildung und Einkommen steigt der bAV-Verbreitungsgrad; Beschäftigte ohne beruflichen Abschluss nur zu 25%, Akademiker zu 62% zusatzversorgt.
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Beschäftigte mit niedrigstem Bruttoerwerbseinkommen (<1.500 Euro/Monat) nur zu 28%, mit dem höchsten (>5.500 Euro /Monat) zu 77%.
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Unterdurchschnittliche bAV-Verbreitung auch in den neuen Ländern (v.a. da weniger ZÖD), bei Jüngeren und Nichtdeutschen.
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Mit Unternehmensgröße und Dauer der Unternehmenszugehörigkeit sowie in Branchen mit hohen Tarifabdeckung steigt die Quote ebenfalls.
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26% zahlen aktuell in einen bAV-Riester ein, Frauen mit 32% häufiger als Männer mit 22%.
Quelle: BMAS. Grafik zur Volldarstellung anklicken.
… die Nichtverbreitung
Als Gründe für das Fehlen einer bAV werden von den 38% nicht zusätzlich Versorgten meist genannt: fehlende Angebote des Arbeitgebers (41%), fehlende Beschäftigung mit der Thematik (20%), zu hohe Beiträge (15%).Quelle: BMAS. Grafik zur Volldarstellung anklicken.
Bei Riester werden meist angeführt: nicht lohnende Angebote (39%), auch hier die fehlende Beschäftigung mit der Thematik (24%), bereits vorhandene andere Altersvorsorge (21%), zu hohe Beiträge (19%) und die Komplexität der Angebote (17%, Mehrfachantworten möglich).
Wissen, was man hat – und wer es bezahlt
Informationen scheinen die meisten zu erhalten, aber 77% kennen das Online-Portal „Digitale Rentenübersicht“ gar nicht; nur 2% sind auf dem Portal angemeldet.
Finanzierung: Jede zweite bAV beruht auf Matching, bei 30% zahlt der Arbeitgeber allein, in 10% der Fälle der Arbeitnehmer (Rest ungeklärt).
Das BMAS verweist aber darauf, dass es seit dem BRSG mit dem 15%igen AG-Zuschuss reine Arbeitnehmerfinanzierung in der Praxis kaum mehr geben dürfte. Die Angaben beruhen also auf Unkenntnis oder aber auf Fällen mit alten Tarifverträgen oder Verdienst jenseits der BBG.Quelle: BMAS. Grafik zur Volldarstellung anklicken.
Monatliche Eigenbeiträge zur bAV im Schnitt bei 114 Euro, entsprechend 2,9% des Bruttoeinkommens. Frauen zahlen mit durchschnittlich 96 Euro weniger als Männer, deren monatlicher Eigenbeitrag bei 130 Euro und damit um 34 Euro höher liegt. Bei Riester 90 Euro im Schnitt.
Das BMAS sieht einen starken positiver Zusammenhang zwischen Bruttoeinkommen und Eigenbeiträgen. Bei einem Einkommen unter 1.500 Euro liegt der Eigenbeitrag bei 54 Euro und steigt dann stetig auf 199 Euro bei einem Einkommen ab 5.500 Euro.
Aber: Das heißt umgekehrt, dass die Eigenbeiträge als Anteil am Einkommen nach oben hin immer geringer werden.
68% haben neben GRV und bAV/Riester mindestens eine weitere Absicherungsform. 16% haben weder einen bAV- noch einen Riester-Vertrag, verfügen aber über eine weitere Absicherung.
Weiteren Absicherungsformen sind v.a. selbst genutztes Wohneigentum (55%), Sparguthaben, Wertpapiere und Betriebsvermögen (49%) sowie private Lebens- oder Rentenversicherungen (39%). Geringer ist die Rolle einer bAV von Ex-Arbeitgebern (19%) und Einkommen aus Vermietung und Verpachtung (16%)
Die 80 Seiten starke BMAS-Untersuchung zur „Verbreitung der Altersvorsorge (AV 2023)“samtzugehörigem „Methodenbericht“ findet sich hier.
Die Antwort auf die AfD-Anfrage
Wie berichtet, hatte die AfD im Bundestag jüngst eine Kleine Anfrage zur bAV gestellt – die allerdings nicht versprach, sonderlich erhellend zu werden; nicht zuletzt, weil diese Bundesregierung kurz vor ihrem Ende an sich nicht mehr allzu viele Erwartungen an die Zukunft der bAV nach dem 23. Februar haben sollte.
Gleichwohl hat sich die Bundesregierung die Arbeit gemacht, auf den AfD-Fragenkatalog durchaus einzugehen – und nutzt dabei die frischen Daten aus der hier besprochenen Erhebung. Die Antwort der Bundesregierung findet sich hier.