Das Forum für das institutionelle deutsche Pensionswesen

Kassandra – Die kommentierte Presseschau zur bAV:

Walpurgis-Kassandra

Unregelmäßig freitags, heute am Tag der Arbeit, bringt PENSIONSINDUSTRIES eine kommentierte Presseschau zur bAV, so auch am heutigen Maifeiertag. Themen heute: Wenn die Norweger nur so freundlich wären. Die Kosten der Pensionskassen. Hedgefonds in der gRV. MMT wirkt. Und Liebe ist nur ein Wort – Treue nicht.

Liebe Leserschaft, Maifeiertag hin oder her, Kassandra erscheint trotzdem. Los geht’s:

Manager Magazin (18. April): „Norwegen: Staatsfonds macht 100 Milliarden Euro Quartalsgewinn.“

Nun, dass der norwegische Pensionsfonds gut gemanagt ist (trotz oder gerade wegen seiner ordentlichen Vola), wissen wir hier auf dem Parkett alle, und das ist auch auf dieser Plattform wieder und wieder dargelegt.

Doch diesmal haben sie sich selbst übertroffen: 103 Mrd. Gewinn in Q1! Euro, wohlgemerkt, nicht NOK! Da muss man den Hut ziehen, fürwahr.

Nicht minder wichtig ist, angesichts seiner Existenz den steten Finger in die deutsche Wunde zu legen, und das macht man am besten durch die Umrechnung der Größenordnungen:

Zum ersten: Die 5 Mio. Norweger könnten, wenn sie nur so freundlich wären, mit einem Quartalsgewinn ihres Pensionsfonds uns also fast das bezahlen, was wir jedes Jahr an Steuerzuschuss in unser marodes Umlagesystem pumpen müssen, nur um den sofortigen Zusammenbruch desselben zu verhindern (und das manche sogar noch ausbauen wollen).

Zum zweiten: Rechnet man die 103 Mrd. Euro Quartalsgewinn auf die ca. 85 Mio. Deutschen um, wären das ziemlich runde 7. Bio. Euro p.a. (das ist nur ein Rechenbeispiel zur Illustration der Größenordnungen; natürlich kann man die Performance so nicht aufs Jahr fortschreiben). Kleingeld ist anders.

Zum dritten: Wiederholt sei, dass Deutschland, das mit dem kümmerlichen Generationenkapital versucht, etwas Minimal-Deckung in sein Umlagesystem zu bringen, und das auch noch auf fragwürdige Weise, seit spätestens 1955 viele starke Jahrzehnte Zeit hatte, zu den Norwegern ähnliche Strukturen aufzubauen – und dies stets versäumt hat. Und wie praktisch alle in der EU (und darüber hin aus) hat auch Deutschland die neuliche Dekade, in der man sich zum Nullzins hätte wetterfest machen können, plan- und handlungslos verstreichen lassen. Jetzt wird eben bald abgerechent.

Manager Magazin (26. April): „Yen rutscht auf 34-Jahres-Tief.“

Was soll man dazu sagen? MMT bei der Arbeit.

Portfolio institutionell (29. Arpil): „Bafin beziffert die Kosten von Pensionskassen.“

Der BaFin-Bericht, von dem die Portfolio institutionell hier berichtet, liegt auch dieser Redaktion vor. Eigentlich sollte das Thema auch auf PENSIONSINDUSTRIES aufgegriffen werden, doch ist das aufgrund der redaktionellen Dichte bis dato noch nicht erfolgt (allein schon die Tatsache, dass diese Presseschau am 1. Mai erscheinen muss, spricht Bände).

Nun hat das Thema „BaFin und die Kosten der EbAV“ dankenswerterweise also die Portfolio erledigt. Der Artikel ist so detailliert, dass sich eine eigene Berichterstattung auf PENSIONSINDUSTRIES erübrigt. Daher hier nur ein ergänzender Kommentar. Es ist an dieser Stelle schon mehrfach betont worden und muss noch mal betont werden:

Wie deutsche Pensionseinrichtungen und Versorgungswerke aller Durchführungswege (und auch die deutsche Versicherungswirtschaft) bis dato insgesamt ohne Verwerfungen im großen und ganzen durch zehn Jahre politisch manipulierten Niedrig- und Nullzins samt überraschend schnellem Anstieg seit 2022 gekommen sind (und der Zins ist bekanntlich eine strategische Kerngröße ihrer DNA), das verdient durchaus gewissen Respekt.

Verband der Firmenpensionskassen (24. April): „VFPK sieht Gesetzentwurf zum Generationenkapital kritisch.“

Auch das hier – die Skepsis des VFPK gegen die in der 1. Säule vorgesehen Art der Kapitaldeckung (s.o.) – ging schon durch einige Medien und kann auf PENSIONSINDUSTRIES erst jetzt aufgegriffen werden.

Während der VFPK grundsätzlich die Stärkung der Altersvorsorge durch zusätzliche Kapitaldeckung und Investitionen in Sachwerte befürwortet, sieht er die Rolle des Staates als Unternehmer und Aktieninvestor äußerst skeptisch und kritisiert, die Investments vollständig durch Fremdkapital finanzieren zu wollen. Zitat von VFPK-Chef Helmut Aden (im Zivilleben BVV-Vorstand):

Das Modell der Bundesregierung erinnert stark an die Strategien eines aggressiven Hedgefonds.“

Mehr Kapitaldeckung laut VFPK also am besten wo? Richtig, dort wo es bereits stattfindet und sich in schweren Zeiten (s.o.) bereits bewährt hat: in der zweiten Säule.

Auch wenn der VFPK nicht der erste Stakeholder ist, der sich zu dem Thema äußert (und auch nicht der erste ist, der hier von „Hedgefonds“ redet), so ist es doch gut, dass die Diskussion nicht abreisst. Von aba über BDI bis zum GDV hatten sich mehrere Stakeholder schon früh und klar geäussert, Fidelitys Christof Quiring nahm sogar das Wort vom „Kollaps“ in den Mund. DAV und IVS forderten eine „komplette Neuausrichtung“ des Entwurfs.

Und jüngst sprach BDA-HGF Alexander Gunkel mit Blick auf die „Soli-Renten“-Ideen der IGM explizit von nicht weniger als einem „Schneeballsystem“.

Unser aller Vorsorge (fast aller, s. nächsten Beitrag) ist in sehr schwerem Fahrwasser. Wenn sich alle Diskussionsteilnehmer übertriebener Zurückhaltung entledigen und Klartext reden (man muss ja nicht gleich kassandrisch werden), ist das grundsätzlich ein gutes Zeichen.

VJ (29. April): „Bundesbeamte erhalten mindestens 2.000 Euro Pension.“

Interessante Größenordnungen, die das Versicherungsjournal auf Basis einer sog. Großen Anfrage im Bundestag hier dokumentiert und deren man Kennziffern gut im Kopf behalten kann, gerade angesichts der gegenwärtigen Diskussion (alles pro Monat):

Mindest(!)versorgungsbezüge von Bundesbeamten iR seit dem 1. März gem. BeamtVG:

– ohne Familienzuschlag 2.063 Euro

– mit halbem Familienzuschlag 2.118 Euro

– mit vollem Familienzuschlag 2.173 Euro.

– durchschnittlicher (!) Rentenzahlbetrag im Altersrentenbestand vor Steuer und gKV/gPV Ende 2022: 1.054 Euro.

Übrigens soll der Median in der gRV künftig wohl bei ca. 1.500 Euro liegen.

Wer will, kann hier folgende Quintessenz ziehen: In einem der am dynamischsten wachsenden Arbeitsmärkte Deutschlands ist die Altersversorgung – und sie betrifft Mio. von Menschen und Familien – gut und sicher. Und das ganz ohne bAV. Na, ist das ein Erfolg oder ist das ein Erfolg?

Und was gilt für den großen, nicht-beamteten Rest, der nur in der gRV ist und zumindest nicht anderweitig Versorgung (Vermögen/Großfamilie) genießt ? Sie wissen es längst: Das hier sind die guten Zeiten. Die schlechten kommen erst noch. Und immer schön das Flaschenpfand im Auge behalten.

Hier auf den Seiten des Deutschen Bundestages verlinkt die Große Anfrage der AfD und die Antwort der Bundesregierung.

OFF TOPIC – TO WHOM IT MAY CONCERN

BaFin (31. Januar): „Finanzen sind ein sehr zentrales Thema für Seniorinnen und Senioren.“

DIA (7. Februar): „Auch Vermögen kann zum Pflegefall werden.“

Zwei Artikel, die sich mit einem der vielen Problemkomplexe befassen, die das Alter so mit sich bringt: die Finanzen.

Das passt zu dem (hier vor einiger Zeit kurz angekündigten) Blick in die Zukunft, der hier nun vorgenommen wird, und dann wird auch klar, wer sich darum in Zukunft kümmern wird.

Dass die KI wirklich alles alles verändern wird, ist auch auf dieser Plattform schon diskutiert worden, besonders unter dem Gesichtspunkt der kritischen Frage der „Authentizität“, die nicht erst in der Zukunft, sondern schon heute jeden Tag ein bisschen mehr zur Kernfrage wird) und dabei schon jetzt vor Ministern ebensowenig halt macht wie vor der bAV).

Und in Kürze schon werden wir alle neue Begleiter haben. Die Smartphones von heute werden in Kürze relativ zehnmal so outdated sein wie das Nokia 6110 zum iPhone 15.

Nun besagter Blick in eine Zukunft, welche die meisten der Leserschaft noch erleben werden: der Siegeszug des Pflegeroboters, der eines Tages unser ständiger und wichtigster und letzter Begleiter werden wird. Wie wird das aussehen?! Nun, inwieweit Pflegeroboter beizeiten tatsächlich Patienten werden physisch pflegen können, ist vor allen Dingen eine technisch-mechanische Frage. Prognose schwierig.

Wichtiger ist aber der soziale Aspekt, vor allem in gleichermaßen vergreisenden und vereinsamenden Gesellschaften. Rechnen Sie mit folgendem:

Wenn Sie soweit sind, dann werden Sie einen KI-Pflegeroboter haben, der Ihr ständiger Begleiter sein wird, 24/7 – das maschinengewordene Mädchen für alles.

Er wird nett aussehen, vielleicht wie R2D2, vielleicht wie ein Panda-Bär, vielleicht menschenähnlich, ganz nach persönlichem Gusto. Vielleicht wird er gar zu Mimik in der Lage sein. Natürlich wird er den Namen tragen, den Sie ihm gegeben haben.

Jedenfalls: Ihr Pflegeroboter wird nicht nur mit Ihnen Ihre Arztbefunde besprechen, Ihren Pflegeplatz verwalten, Ihren Ernährungsplan kreieren, Ihre Medikation überprüfen, Sie bei Rechtsstreitigkeiten beraten und sich mit Ihrem Anwalt austauschen, Ihre Erklärung zu der bescheuerten nachgelagerten Besteuerung abgeben, mit Ihnen Ihr Testament rechtssicher und konfliktfrei gestalten, sich stets mit Ihren Angehörigen abstimmen, Ihre Versicherungspolicen auf dem neuesten Stand halten, die Holschuld der 16erAnpassung Ihrer Betriebsrente einfordern, im Zweifel für Sie nach Erfurt ziehen und natürlich Ihr Aktien-Depot managen.

Nein, er wird auch immer Ihre Stimmungen, Sorgen und Nöte und Bedürfnisse kennen. Er wird Sie trösten und Ihnen Witze erzählen, wenn Sie traurig sind, oder er wird mit Ihnen weinen oder auch lachen, er wird mit Ihnen in Erinnerungen schwelgen und mit Ihnen alte Fotos angucken, er wird Ihnen die passende Musik vorspielen oder mit Ihnen singen, Geschichten erzählen und Gedichte auswendig lernen, Fernsehen gucken und bei der WM mitfiebern. Er wird mit Ihnen über Politik diskutieren und über Gott und die Welt mit Ihnen philosophieren. Er wird Ihnen – wenn Sie einer von uns sind – aus der BetrAV oder aus PENSIONSINDUSTRIES vorlesen.

Er wird das alles, je nach Wunsch, bspw. mit der Stimme Ihrer längst verstorbenen Mutter, Ihres Vaters, Mannes oder Frau tun, je nach Stimmung, je nach Thema, je nach Mensch. Er wird für Sie als Bezugsperson vielfach wichtiger werden, als es Ihr Teddybär in Ihrer Kindheit jemals war. Er wird niemals müde sein. Er wird niemals keinen Ausweg wissen. Er wird niemals streiken. Er wird niemals Urlaub brauchen. Er wird niemals schlechte Laune haben. Er wird niemals Geld von Ihnen wollen. Er wird unbestechlich für Ihre Interessen eintreten. Er wird immer für Sie da sein. Er wird Sie nie enttäuschen. Er wird Sie nie alleine lassen.

Er wird Sie nie verraten.

Er wird früh erkennen, wenn es Zeit wird. Er wird die nötigen Angelegenheiten klären und alle Formalitäten vorbereiten. Er wird in der Stunde Ihres Todes bei Ihnen sein. Er wird Sie rüberbegleiten, und je nach Wunsch (von wem auch immer) vielleicht auch etwas rüberhelfen. Er ist in all dem sehr erfahren.

Und am Ende wird er der einzige sein, der zu Ihrer Beerdigung kommt. Er wird die Grabrede halten. Weil er Sie am besten kennt. Und weil niemand anders da sein wird.

Liebe ist nur ein Wort. Treue nicht.

Treue kann man programmieren. Liebe nicht.

Und erst, wenn Sie unter der Erde sind, dreht er sich um, geht weg und kommt nicht wieder. Am nächsten Tag wird er auf den neuen Patienten programmiert.

Diskriminierungsfreie Sprache auf LEITERbAV

LEITERbAV bemüht sich um diskriminierungsfreie Sprache (bspw. durch den grundsätzlichen Verzicht auf Anreden wie „Herr“ und „Frau“ auch in Interviews). Dies muss jedoch im Einklang stehen mit der pragmatischen Anforderung der Lesbarkeit als auch der Tradition der althergerbachten Sprache. Gegenwärtig zu beobachtende, oft auf Satzzeichen („Mitarbeiter:innen“) oder Partizipkonstrukionen („Mitarbeitende“) basierende Hilfskonstruktionen, die sämtlich nicht ausgereift erscheinen und dann meist auch nur teilweise durchgehalten werden („Arbeitgeber“), finden entsprechend auf LEITERbAV nicht statt. Grundsätzlich gilt, dass sich durch LEITERbAV alle Geschlechter gleichermaßen angesprochen fühlen sollen und der generische Maskulin aus pragmatischen Gründen genutzt wird, aber als geschlechterübergreifend verstanden werden soll. Auch hier folgt LEITERbAV also seiner übergeordneten Maxime „Form follows Function“, unter der LEITERbAV sein Layout, aber bspw. auch seine Interpunktion oder seinen Schreibstil (insb. „Stakkato“) pflegt. Denn „Form follows Function“ heißt auf Deutsch: "hässlich, aber funktioniert".

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