Erneut eine Analyse zu Pensionsverpflichtungen und Planvermögen im DAX: Rechnungszinsbedingt deutlicher Anstieg der Pensionsverpflichtungen – Performance und Dotierungen liften Pensionsvermögen – Ausfinanzierungsgrad langfristig nahezu gleichbleibend.
Nach der hauseigenen Modellrechnung German Pension Finance Watch Q IV 2016 vom Januar und wenige Tage nach der DAX-Analyse von Mercer hat nun auch Willis Towers Watson die turnusgemäße Studie über die Pensions-Lage in den 30 größten gelisteten deutschen Unternehmen vorgelegt. Im Folgenden die Aussagen und Ergebnisse der WTW-Studie „DAX- Pensionswerke 2016“:
Den Untersuchungen zufolge sind die Pensionsverpflichtungen der DAX-Unternehmen im Jahr 2016 um 9,2 Prozent auf 396 Mrd. Euro gestiegen (2015: 362 Mrd. Euro). Für den Anstieg sorgte der IAS-Rechnungszins, der im Median um 70 Basispunkte auf 1,8 Prozent gesunken war.
Die Pensionsvermögen wuchsen dank guter Erträge und substanzieller Dotierungen im gleichen Zeitraum um 5,7 Prozent auf 249 Mrd. Euro (2015: 236 Mrd. Euro). Auf der Anlageseite konnten die DAX-Unternehmen mit ihrer Kapitalallokation einen Zugewinn in Höhe von 9,3 Prozent verbuchen. Darüber hinaus stärkten die Unternehmen ihre Pensionswerke mit Dotierungen in Höhe von 10,5 Mrd. Euro.
Abb. 1: Entwicklung von DBO, Planvermögen und Rechnungszins von 1999 bis heute.
Quelle: WTW. Grafik zur Volldarstellung anklicken.
Summa Summarum blieb der spezifische Ausfinanzierungsgrad mit 63 Prozent auch in dem herausfordernden wirtschaftlichen Umfeld nahezu konstant (2015: 65 Prozent). Der am Ende zu zahlende Betrag der für die Zukunft zugesagten Rentenzahlungen ändert sich dadurch bekanntlich nicht.
„Die guten Erträge auf die Pensionsvermögen zeigen, dass die DAX-Unternehmen im Anlage- und Risikomanagement gut aufgestellt sind. So ist es ihnen gelungen, ihre Pensionswerke solide durch ein herausforderndes wirtschaftliches Umfeld zu steuern“, bilanziert Thomas Jasper, Leiter Retirement bei Willis Towers Watson.
Spitzenreiter
DBO-Spitzenreiter im DAX sind VW (43,7 Mrd. Euro), Siemens (42,2 Mrd. Euro), Daimler (32,4 Mrd. Euro), Bayer (29 Mrd. Euro) und BASF (27,6).
Bei den Plan Assets führen Siemens (28,8 Mrd. Euro), Daimler (23,4 Mrd. Euro), RWE (19,6 Mrd. Euro), BASF (19,5 Mrd. Euro) und die Deutsche Bank (18,5 Mrd. Euro).
Die höchsten Dotierungen nahmen Daimler (2,4 Mrd. Euro), die das niedrige Zinsniveau nutzende Deutsche Post (1,2 Mrd. Euro), Bayer (1 Mrd. Euro), E.ON (0,9 Mrd. Euro) und VW (0,7 Mrd. Euro) vor.
Die Breite der Funding Ratio
In Deutschland ist es anders als im angelsächsischen Raum den Unternehmen überlassen, ob und inwieweit sie ihre DBO funden oder das Kapital (so sie es denn haben) lieber im Unternehmen als an den Märkten arbeiten lassen und die DBO rückstellungsfinanzieren. Entsprechend breit die Spannweite der Ausfinanzierung:
Sie reicht von den traditionell hohen Werten der Banken (Deutsche 97 Prozent, Coba 92 Prozent), die Korrelationen mit ihrem Bankbuch vermeiden wollen, über runde 75 Prozent bei den Versorgern E.ON und RWE, die ebenfalls stattlichen Werte der Chemie (BASF 70 Prozent, Bayer 62 Prozent) und der Versicherer (Allianz 60 Prozent, Munich Re 56 Prozent) bis hin zu Vonovia mit 4 Prozent und ProSiebenSat.1 Media mit Null Prozent. Allerdings sind bei den beiden Schlusslichtern in der Funding Ratio auch die Verpflichtungen zumindest absolut betrachtet überschaubar (Vonovia 544 Mio. Euro, ProSiebenSat.1 Media 26 Mio. Euro).
Abb. 2: Funding Ratio der DAX-30-Unternehmen.
Quelle: WTW. Grafik zur Volldarstellung anklicken.
SAA: Trend zu Alternatives
Auch auf die SAA der Plan Assets der DAX-Konzerne blickt die Studie: Während der für deutsche Verhältnisse nicht geringe Aktienanteil seit 2009 von 24 auf 22 Prozent ebenso leicht rückläufig war wie der von Real Estate (von 5 auf 4 Prozent) und Anleihen gar von 62 auf 51 Prozent abnahmen, legten „Sonstige“, also wohl vor allem Alternatives, von 9 auf stattliche 23 Prozent zu.
Finanzierungsstrategien langfristig konstant
Jasper betont die Stetigkeit, mit der die Konzerne ihre bAV handhaben: „Obwohl das Marktumfeld in den vergangenen zehn Jahren durchaus wechselhaft war, lag der Ausfinanzierungsgrad immer relativ konstant bei etwa 60 bis 65 Prozent. Daran lässt sich ablesen, dass die Unternehmen ihre bAV-Finanzierungsentscheidungen fundiert getroffen haben und konsequent fortführen.“
Weiter führt er aus: „Die Unternehmen entscheiden sich – je nach Geschäftsmodell und der damit verbundenen Finanzierungsstrategie – zum Teil für spezifisch reservierte, aus dem restlichen Unternehmensvermögen ausgegliederte Pensionsvermögen. Zum Teil setzen sie auch auf eine unternehmensinterne Finanzierung der Pensionsverpflichtungen. Sie nutzen damit den zielführenden Gestaltungsspielraum, den das deutsche Betriebsrentenrecht ihnen bietet – das kommt der bAV insgesamt zugute.“
Mittelstand setzt traditionell stärker auf unternehmensinterne Finanzierung
Der Mittelstand in Deutschland ist WTW zufolge bislang Pensionsverpflichtungen in Höhe von etwa 25 Mrd. Euro eingegangen, denen – im Vergleich zu DAX-Unternehmen – weniger spezifisch reserviertes Pensionsvermögen gegenüber steht. „Hier ist die unternehmensinterne Finanzierung deutlich stärker verbreitet“, so Jasper.
Angesichts des Niedrigzinsumfelds erwägen mehr als drei Viertel der Unternehmen im Mittelstand eine Neuausrichtung ihres innenfinanzierten Versorgungswerks, wie eine weitere WTW-Studie, die Mittelstandsstudie, zeigt. „Hier sind für die kommenden Jahre also viele Veränderungen zu erwarten“, schätzt Jasper die Lage ein.
Hintergrundinformationen zur Studie
Die Studie „DAX-Pensionswerke 2016“ basiert auf den Geschäftsberichten der DAX-Unternehmen, einschließlich der Anhangsangaben zu den Pensionsverpflichtungen sowie weiterer öffentlich zugänglicher Daten. Per 20. März 2017 hatten 25 Indexmitglieder ihre Zahlen für das Geschäftsjahr 2016 vorgelegt. Bei BMW, Continental, der Commerzbank, der Deutschen Börse und Fresenius Medical Care, deren aktuelle Daten noch nicht veröffentlicht sind, hat WTW die Vorjahreswerte berücksichtigt und damit Hochrechnungen durchgeführt. Die der Auswertung zugrunde liegende WTW-Datenbank ermöglicht Vergleiche bis ins Jahr 1999.