Der Streit um die Krankenkassenbeitragspflicht bei Betriebsrenten aus privat fortgeführten Pensionskassen dürfte beizeiten vom Bundesverfassungsgericht zu entscheiden sein, betrifft die Gesamtheit der Problematik doch in abgestufter Schärfe weite Teile der deutschen Betriebsrentnerschaft. Der vorliegende Beitrag (hier Teil II) ist jüngst als Kommentar in der aktuellen aba-Zeitschrift BetrAV 06/2014 erschienen.
Bleibt zu konstatieren, dass es sich der 12. Senat zumindest nicht einfach gemacht hat. Denn nachdem die Kassler Richter sich bereits 2010 vom Verfassungsgericht in Sachen Direktversicherung belehren lassen mussten, riskiert der Senat nun ein wenig schmeichelhaftes Déja-vu. Denn eine unterlegene Krankenkasse wird nicht den Weg nach Karlsruhe suchen, ein unterlegener Rentner vermutlich schon. Nach Lage der Dinge ist jedenfalls damit zu rechnen, dass einer der drei Fälle des 23. Juli (mal angenommen, dass die beiden in nicht-mündlicher Verhandlung entschiedenen Revisionen ebenfalls zurückgewiesen worden sind), beizeiten vor dem BVerfG landen wird.
Aus Sicht der Betroffenen stellt sich die Frage, wer nun der Dumme ist. Antwort: gleich mehrere, und das rückwirkend und abgestuft. Verkauft fühlen dürfen sich seit 2004 – unabhängig von dem Kassler Verfahren und vom Durchführungsweg – ohnehin alle gegenwärtigen und kommenden Betriebsrentner, die nicht privat krankenversichert sind. Regelrecht doppelt gelackmeiert sind vor allem diejenigen gesetzlich Versicherten, die seinerzeit oberhalb der BBG verdient haben und damit während der Einzahlphase noch nicht einmal Beiträge gespart haben. Bezüglich der PK gilt das auch, wenn die Betriebsrentner den Vertrag privat fortgesetzt haben und hierfür nun weiterhin nie gesparte Beiträge abführen müssen. Dumm aus der Wäsche gucken übrigens auch bei der Direktversicherung diejenigen, die privat weitergeführt haben und als Rentner freiwillig gesetzlich versichert sind. Denn dann zahlen sie KV-Beiträge ohnehin auf alles (was allerdings auch schon vor 2004 der Fall war).
Jedoch – Dumme hin, Gelackmeierte her: Man verenge die Angelegenheit nicht auf die Frage des privat oder nicht privat besparten Anteils. Denn betroffen ist die bAV grundsätzlich und als Ganzes: Warum soll sie überhaupt zur Sanierung des gesetzlichen Gesundheitswesens herangezogen werden müssen? Warum die einzige weitestgehend krisenfreie Säule der Altersvorsorge, deren Verbreitung in Deutschland absolut wie auch im internationalen Vergleich ohnehin lahmt, durch Rückwirkung eines fragwürdigen Gesetzes mit einem bis heute anhaltenden Vertrauensschaden belasten? Warum diejenige Säule der Altersvorsorge beschädigen, die als einzige neben Staat und Vorsorgendem mit dem Arbeitgeber einen dritten Akteur hat, der ohne Profitinteressen und fern seines Kerngeschäftes teilnimmt? Die Säule, die daher eben nicht zuletzt auch vom Goodwill eben dieses Akteurs abhängt?
Spätestens hier, bei der Frage des dritten Akteurs, verlässt die Angelegenheit die juristische Sphäre völlig und wird grundsätzlich politisch.
Ende des zweiten Teils.