Das Bundessozialgericht in Kassel hat Ende Juli zu der Krankenkassenbeitragspflicht bei Betriebsrenten aus privat fortgeführten Pensionskassenveträgen geurteilt. Nun fällt auf dem Parkett erneut das Wort „Karlsruhe.“
In drei Verfahren war zu verhandeln, ob nach zwei Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahre 2010 eine unterschiedliche Behandlung von Pensionskassen und Direktversicherungen gerechtfertigt sein kann.
Die Urteilsbegründung liegt zwar noch nicht vor, doch hat das Gericht bereits erste Einzelheiten zu seiner Entscheidung veröffentlicht.
Nun hat Peter Hadasch, Vorsitzender des Verbandes der Firmenpensionskassen VFPK und im Zivilberuf Personalvorstand der Nestlé Deutschland, gegenüber Leiter-bAV.de betont, dass der Verband einer Klärung dieser Frage durch das BVerfG positiv gegenübersteht. Sollte ein betroffener Betriebsrentner sich hierfür entscheiden, „würde die VFPK den Gang nach Karlsruhe unterstützen.“ Denn, so Hadasch zu LbAV, „eine Entscheidung wäre auf jeden Fall wichtig, da der Kläger entweder obsiegen oder zumindest Rechtsfrieden geschaffen würde.“
Für Hadasch ist das offenbar nicht nur eine Frage der juristischen Systematik oder Attraktivität der bAV an sich, sondern auch der täglichen Praxis im betrieblichen Pensionswesen:
„Im Moment müssen wir – die Pensionskassen – nämlich die Fragen von Rentnern beantworten, die glauben, wir würden zu Unrecht Krankenkassenbeiträge einbehalten.“
Allerdings ist dem Verband laut Hadasch nicht bekannt, ob der am 23. Juli unterlegene Betriebsrentner bereits eine Klage in Karlsruhe anstrebt (die Urteile der zwei am gleichen Tag nicht-mündlich verhandelten Verfahren liegen derzeit noch nicht vor).
Klarer Verstoß gegen Artikel 3 GG?
Der VFPK ist von der Argumentation des BSG alles andere als überzeugt: Der 12. Senat habe über die bestehende Gesetzeslage hinaus keine sachlichen Gründe für die unterschiedliche Behandlung mit der Direktversicherung angeführt. Die Urteilsbegründung (gemeint sind wohl die vom Gericht oben erwähnten veröffentlichten ersten Einzelheiten) führe aus, dass für die Frage der Beitragspflicht allein die Tatsache entscheidend sei, dass die Leistungen durch eine EbAV gezahlt würden. In Gegenrede dazu verweist Hadasch in einer VFPK-Mitteilung vom 31. Juli auf die Genese des deutschen Pensionskassenwesens:
„Pensionskassen waren ursprünglich arbeitgeberfinanzierte Einrichtungen. Das stimmt heute nicht mehr uneingeschränkt. Die Urteile beziehen sich gerade auf Fälle, in denen langjährig Versicherte über eine Pensionskasse und ohne Beteiligung des Arbeitgebers Geld ansparen, um im Alter besser versorgt zu sein. Die Beiträge dafür bezahlen sie aus ihrem Nettoeinkommen, also aus Einkommen, für das sie bereits Pflichtbeiträge abgeführt haben. Diese Versicherten werden durch die bestehende Gesetzeslage benachteiligt.“
Fazit von Hadasch mit Blick auf die gegenteilige Rechtslage bei Direktversicherungen:
„Das ist eine Ungleichbehandlung, für die es keine sachlichen Gründe gibt, und damit ein klarer Verstoß gegen Artikel 3 des Grundgesetzes.“
Im Vorfeld des Verfahrens hatte bereits Olaf Keese, Vorstand der Sparkassen Pensionskasse AG, auf Leiter-bAVde geäußert, dass im Zweifelsfall „in dieser wichtigen Frage sicherlich dann auch eine weitere Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes für den Durchführungsweg Pensionskasse herbeigeführt werden wird“.
Ruf nach dem Gesetzgeber
Neben dem Blick nach Karlsruhe appelliert der VFPK an die Politik:
„Der VFPK sieht nach den jüngsten Urteilen des Bundessozialgerichts den Gesetzgeber in der Pflicht und fordert die Abschaffung der Pflichtbeiträge für Leistungen, die aus freiwilligen Zahlungen der Arbeitnehmer resultieren.“
Damit steht er nicht allein, denn hört man sich um, dürfte dies die auf dem Parkett vorherrschende Meinung sein. Auch dieses Medium schrieb kurz nach dem Urteil: