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DAX-40 (III):

Acht Prozent auf die Plan Assets

Auch WTW hat turnusgemäß Pensionslasten und -vermögen im DAX analysiert. Fazit: Plan Assets wuchsen dank satter Erträge, Verpflichtungsumfang zinsbedingt gesunken – und in ingesamt schweren Zeiten macht den Konzernen wenigstens die bAV keine Probleme. Prognose: Inflationssorgen können zumindest für bAV gut aufgefangen werden; Ukraine-Krieg bremst Zinsanstieg nur temporär.

 

Nach Mercer hat nun auch WTW seine Auswertung des DAX-40 unter dem Gesichtspunkt der Pensionslage vorgelegt. Die Kernergebnisse weichen nur wenig voneinander ab:

 

Obwohl der DAX im September 2021 auf 40 Unternehmen erweitert wurde, stieg der Umfang der Pensionsverpflichtungen der DAX-Unternehmen nur geringfügig: um 0,7% auf 412 Mrd. Euro (2020: 409 Mrd. Euro). Gleichzeitig wuchsen die Pensionsvermögen erheblich: um 12,0% auf 298 Mrd. Euro (2020: 266 Mrd. Euro).

 

In Summe steigt damit der Ausfinanzierungsgrad auf einen bislang noch nicht erreichten Höchststand von 72% (2020: 65%). Grund: Kapitalmärkten und Zins. „Die weltweite wirtschaftliche Erholung sorgte für außerordentliche Erträge und damit für einen Zuwachs bei den Pensionsvermögen. Gleichzeitig stieg auch der Rechnungszins um 40 Basispunkte“, so die Studie „DAX-Pensionswerke 2021“ von WTW.

 

Erfreulich für alle Beteiligten

 

Hanne Borst, WTW.

Insgesamt ist diese Entwicklung sehr erfreulich“, kommentiert Hanne Borst, Leiterin der versicherungsmathematischen bAV-Beratung bei WTW. „Den Unternehmen ist es gelungen, den Aufwind durch die wirtschaftliche Erholung zu nutzen, um die bAV für ihre Beschäftigten weiter zu stärken“, so die Aktuarin.

 

Dies dürfte auch den Unternehmen selbst nützen“, ergänzt Johannes Heiniz, Leiter General Consulting Retirement bei WTW, „denn gerade in unruhigen Zeiten hilft es, wenn Beschäftigte bei ihrer Altersvorsorge durch ihr Unternehmen unterstützt werden. Studien belegen klar, dass sie dies mit größerer Betriebstreue honorieren und aufgrund weniger Finanzsorgen engagierter arbeiten. Viele Unternehmen haben darauf reagiert und ihre betriebliche Altersversorgung in dieser Hinsicht überarbeitet.“

 

Bei der Duration keine Alternative zu Alternativen

 

Laut Studie wurden aus den Pensionsvermögen Erträge von 22,5 Mrd. Euro – und damit deutlich höhere Erträge als erwartet – erwirtschaftet. Die tatsächliche Rendite liegt mit satten 8,0% deutlich über dem Wert des Vorjahres. „Die Unternehmen haben ihre Pensionsvermögen sehr gut gemanagt“, berichtet Borst. Auch die Erweiterung des DAX von 30 auf 40 Unternehmen sorgte für einen Zuwachs bei den Pensionsvermögen; jedoch in geringerem Ausmaß als die Kapitalerträge.

 

 

 

Pensionsanlagen werden für einen Zeithorizont von vielen Jahrzehnten aufgestellt. Mit dem Horizont kommen Pensionsanleger an einer klimaneutralen und nachhaltigen Kapitalanlage nicht vorbei.“

 

 

 

Seit einigen Jahren beobachtet WTW zudem, dass in den Pensionsanlagen sowohl ESG-Kriterien als auch alternative Investments stärker berücksichtigt werden. „Pensionsanlagen werden für einen Zeithorizont von vielen Jahrzehnten aufgestellt. Mit diesem langfristigen Anlagehorizont kommen Pensionsanleger an einer klimaneutralen und nachhaltigen Kapitalanlage nicht vorbei“, betont Heiniz.

 

Der Blick auf den Zins

 

Johannes Heiniz, WTW.

Aufgrund der Ankündigungen der Notenbanken zur Verknappung der Geldmengen stieg der Rechnungszins – nach langjährigen Talfahrt – um 40 BP auf 1,20%. Damit sank die DBO so stark, dass die Effekte aus der Indexveränderung weitestgehend kompensiert wurden.

 

Dies dürfte für die Unternehmen eine willkommene Entlastung darstellen, während beispielsweise das Corona-Infektionsgeschehen, Lieferkettenprobleme oder die Ukraine-Krise für das Kerngeschäft weiterhin eine hohe Aufmerksamkeit der CEOs fordern“, sagt Heiniz.

 

Der Rechnungszins beeinflusst die Pensionsverpflichtungen weitaus stärker als andere Faktoren“, erläutert Borst den auf diesem Parkett gern gesehenen Effekt. Steigt der Rechnungszins um 100 BP, sinken die Pensionsverpflichtungen um rund 16% (66 Mrd. Euro). Andere Einflussfaktoren wie die steigende Lebenserwartung oder die steigende Inflation schlagen hingegen nur relativ wenig zu Buche.

 

Ausfinanzierungsgrad auf All Time High

 

In Summe stieg der spezifische Ausfinanzierungsgrad auf einen historischen Höchststand von 72%. „Ein ähnlich hoher Ausfinanzierungsgrad war erstmals 2007 verzeichnet und seitdem nicht wieder erreicht worden“, erinnert Heiniz.

 

Außerdem stellt Heiniz Kontinuität bei den Funding-Strategien fest: „Die Entwicklung der Pensionsvermögen seit 1999 zeigt, dass die DAX-Unternehmen den Umfang ihrer Pensionsvermögen zunächst ausgebaut und dann auch in einem volatilen Kapitalmarktumfeld weitgehend konstant gehalten haben. Dabei entscheiden sich die einzelnen Unternehmen je nach ihrer Unternehmensstrategie für individuell unterschiedlich hohe Ausfinanzierungsgrade und führen die einmal getroffene Finanzierungsentscheidung konsequent fort.“

 

Dies schließt zum Teil beträchtliche Dotierungen in die Pensionsvermögen ein. So führten die DAX-Unternehmen laut WTW ihren Pensionsvermögen 2021 insgesamt rund neun Mrd. Euro zu.

 

Ausblick: Inflation zumindest für bAV ohne gravierende Folgen

 

Während derzeit die ansteigende Inflation und ihre Folgen breit diskutiert werden, sind ihre Folgen zumindest für die bAV überschaubar, erwarten die Studienautoren. „Pensionsverpflichtungen sind langfristiger Natur. Somit ist hier nicht die aktuelle, sondern eine langfristige Inflationsannahme zu wählen“, erklärt Borst. Die Auswirkungen des Inflationsanstiegs auf die Höhe der Pensionsverpflichtungen sind gering, rechnet WTW vor: Ein Anstieg der Inflationserwartung um 25 BP würde die DAX-DBO um lediglich rund 2% vergrößern (rund acht Mrd. Euro). „Heutige Pensionspläne sind überwiegend ‚inflationsrobust‘ gestaltet“, ergänzt Heiniz.

 

Zum Krieg: Durch den Ukrainekrieg nahm die Vola des Rechnungszinses im Laufe des März zwar zu, haben Borst und Heiniz beobachtet, der Krieg bremste den Zinsanstieg jedoch nur temporär. Zu Ende März erwarten sie aufgrund der Maßnahmen der Notenbanken einen weiteren Anstieg des Rechnungszinses um ca. 20 BP auf 2,0%.

 

Fazit von LEITERbAV

 

Hier sei nur – wie schon bei der Mercer-Studie – wiederholt, dass in den Zeiten des Krieges morgen alles wieder ganz anders sein kann – verschärft dadurch, dass dieser asymmetrische Krieg morgen zu Ende gehen, zig Jahre weiterköcheln oder aber auch vollständig aus dem Ruder laufen kann, jedenfalls völlig unkalkulierbar ist. Das gilt namentlich für die Geldpolitik. Der Chronist bezweifelt jedenfalls nachhaltig, dass die EZB (bei der FED mag es anders sein) ihr Tapering-Versprechen wird in die Tat umsetzen können. Ob die DBO-Entlastung beim Zins weitergeht oder wenigstens anhält, kann man also durchaus kritisch sehen. Und auch die Kapitalmärkte dürften zumindest nicht einfacher werden.

 

Zur Studie

 

Die Studie „DAX-Pensionswerke 2021“ basiert auf den Geschäftsberichten der 40 DAX-Unternehmen, einschließlich Anhangsangaben. Per 21. März 2022 (17.00 Uhr) hatten 32 Indexmitglieder ihre Zahlen für das Geschäftsjahr 2021 vorgelegt. Bei 8 Unternehmen, deren aktuelle Daten noch nicht veröffentlicht sind, hat WTW die Vorjahreswerte berücksichtigt und damit Hochrechnungen durchgeführt.

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