Das Forum für das institutionelle deutsche Pensionswesen

BMAS erhebt zu bAV und Sozialpartnermodell:

Wie groß ist das Interesse am BRSG?

Amtliche Untersuchungen zur bAV hat es schon mehrfach gegeben. Doch erstmals wurde neben der Verbreitung der bAV jetzt das Interesse von Pensionskassen, Pensionsfonds und Lebensversicherern an der Umsetzung des BRSG erfragt. Manfred Brüss berichtet.

 

 

Mit der 75 Seiten starken „Trägerbefragung zur betrieblichen Altersversorgung“ wurde vom Ministerium erneut das Forschungsinstitut Kantar Public (ehemals bekannt als TNS Infratest Sozialforschung) beauftragt.

 

Sichtlich geringere Dynamik

 

Nach den jetzt vom Ministerium veröffentlichten Untersuchungsergebnissen gab es Ende 2017 insgesamt 20,807 Millionen bAV-Anwartschaften. Gegenüber Dezember 2015, der letzten Umfrage, bedeutet dies einen Zuwachs um 2,8 Prozent.

 

Damals hatte es 20,247 Millionen bAV-Anwartschaften gegeben. Gegenüber Dezember 2001 betrug der Zuwachs bis Ende 2017 rund 42,9 Prozent; damals waren 14,560 Millionen bAV-Anwartschaften ermittelt worden. Die Dynamik hat über die Zeit also deutlich abgenommen. Bis zum Dezember 2010 hatte sich gegenüber 2001 bereits ein Zuwachs von gut 30 Prozent ergeben. In den Folgejahren fielen die Wachstumsraten deutlich geringer aus

 

Geht man von den Daten des Jahres 2017 aus, dann entfielen von den aktiven Anwartschaften 5,756 Millionen auf Träger im öffentlichen Dienst und 15,051 Millionen auf privatwirtschaftliche Versorgungszusagen.

 

Bemerkenswert: Der ohnehin geringe Anstieg bezogen auf Dezember 2015 entfällt überwiegend auf die Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst (+385.000 gegenüber 2015) und nur zu einem relativ geringen Anteil auf die Durchführungswege der Privatwirtschaft (+175.000).

 

Personen müssen geschätzt werden

 

Problematisch wird es, wenn ermittelt werden soll, wie viele Personen hinter den bAV-Anwartschaften stehen, da viele Arbeitnehmer über mehr als eine Anwartschaft verfügen. Letztlich ist man auf Schätzungen angewiesen. Der für 2015 für Mehrfachanwartschaften ermittelte Faktor von 1,19 wurde von den Wissenschaftlern auch für das Jahr 2017 verwendet. Dies bedeutet, dass hinter den für die Privatwirtschaft ausgewiesenen 15,051 Millionen Anwartschaften 12,648 Millionen Beschäftigte entfallen.

 

Addiert man die Zahl im Bereich der öffentlichen Zusatzversorgung (5,756 Millionen) hinzu, dann käme man auf 18,404 Millionen sozialversicherungspflichtige Beschäftigte. Nun gibt es aber auch Mehrfachanwartschaften zwischen beiden Gruppen, so dass nochmals 274.000 Beschäftigte abgezogen werden müssen.

 

Letztlich kommt Kantar Public zu dem Ergebnis, dass Ende 2017 insgesamt 18,130 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigte eine Anwartschaft auf eine bAV hatten. Dies bedeutet gegenüber 2015 einen Zuwachs von 514.000 oder 2,9 Prozent. Dass die Bundesregierung mit dieser eher schleppenden Verbreitungsrate in der zweiten Säule der Altersversorgung nicht zufrieden sein konnte, wird vor diesem Hintergrund verständlich.

 

Auch die Zahl der Betriebsrentner kann nur über einen Näherungswert bestimmt werden. Die Problematik liegt hier vor allem bei den Direktversicherungen und wiederum bei den Mehrfachanwartschaften.

 

Nach Einschätzung der Wissenschaftler dürfte der weitaus größte Teil der Direktversicherungen nicht in Form von kontinuierlichen Renten, sondern als Einmalzahlung ausgezahlt werden. Zur Zahl und der Höhe dieser Einmalzahlungen gebe es keine Informationen. Hier habe auch der GDV nicht helfen können. Für 2016 kommen die Wissenschaftler auf einen Näherungswert bei den Betriebsrentnern, die eine eigene oder eine Hinterbliebenenleistung aus einer Betriebsrente bezogen haben, von 8,453 Millionen Personen. Die Zahl der verrenteten Direktversicherungen liegt dabei bei nur 133.000.

 

Pensionskassen vorne

 

Die Entwicklung innerhalb der Privatwirtschaft fällt bei den einzelnen Durchführungswegen auch unterschiedlich aus. Den stärksten Zuwachs hatten die Pensionsfonds und die Pensionskassen, mit einem Plus von 6,2 bzw. 5,5 Prozent.

 

Während die Pensionsfonds trotz des Zuwachses insgesamt nach wie vor nur wenige Anwärter versichern, sind die Pensionskassen gemessen an der Zahl der aktiv Versicherten mit 5,030 MIllionen Personen inzwischen der größte Durchführungsweg der Privatwirtschaft. Seit 2016 gibt es auch erstmals mehr aktiv Versicherte in Pensionskassen als in Direktversicherungen. Bei letzteren hat sich im Vergleich zu 2015 nur ein leichter Zuwachs von 1,8 Prozent ergeben.

 

Die Entwicklung bei den Direktzusagen und U-Kassen war bereits seit 2013 leicht rückläufig, dieser Trend hat sich bis 2016 noch verstärkt (die für 2017 ausgewiesenen Werte sind nur Schätzwerte, da die entsprechenden Statistiken des PSV noch nicht vorliegen). Dennoch gehören die Direktzusagen und U-Kassen mit 4,641 Millionen aktiv Versicherten nach wie vor zu den großen Trägergruppen.

 

Weitere Angaben zu den Anteilen der einzelnen Durchführungswege an der bAV finden sich Jahr 2016 auch bei der turnusgemäßen Untersuchung von Joachim Schwind.

 

BRSG: Warten auf ein Pilotprojekt

 

Im Rahmen der jüngsten Trägerbefragung wurden nach Angaben von Kantar Public die Träger der Privatwirtschaft abschließend nach dem Stand ihrer Planungen bezüglich der Durchführung reiner Beitragszusagen gefragt, wie sie das BRSG seit dem 1. Januar 2018 ermöglicht. Ein Pilotprojekt der Tarifpartner steht bekanntlich noch aus, nicht zuletzt wegen der Zurückhaltung der Tarifparteien.

 

Insgesamt gaben 36 Prozent der Träger an, keine Durchführung einer reinen Beitragszusage zu planen. Zwölf Prozent sind bereits mit Modellen am Markt oder wollen dies in Kürze tun.

 

Pensionsfonds scheinen offenbar am ehesten bereit, Modelle anzubieten. Der Frage, ob man eine reine Beitragszusage aktuell schon anbiete oder dies in Kürze tun wolle, stimmten 31 Prozent der Pensionsfonds und 14 Prozent der Lebensversicherer zu. Deutlich zurückhaltender sind die Pensionskassen. 46 Prozent der befragten Kassen gaben an, dies nicht zu planen. Nur fünf Prozent wollen hier den Einstieg suchen.

 

Bei den Lebensversicherern sind alle drei Planungsstände ähnlich stark vertreten: Während sich 26 Prozent offen zeigen, reine Beitragszusagen in Kürze oder bei Nachfrage einzuführen, plant ein Drittel (33 Prozent) derzeit kein entsprechendes Angebot. Ein weiteres Drittel hat die Überlegungen hierzu noch nicht abgeschlossen.

 

Die gesamte Erhebung des BMAS, auch mit detaillierter Aufschlüsselung nach den einzelnen Durchführungswegen, findet sich hier.

 

Diskriminierungsfreie Sprache auf LEITERbAV

LEITERbAV bemüht sich um diskriminierungsfreie Sprache (bspw. durch den grundsätzlichen Verzicht auf Anreden wie „Herr“ und „Frau“ auch in Interviews). Dies muss jedoch im Einklang stehen mit der pragmatischen Anforderung der Lesbarkeit als auch der Tradition der althergerbachten Sprache. Gegenwärtig zu beobachtende, oft auf Satzzeichen („Mitarbeiter:innen“) oder Partizipkonstrukionen („Mitarbeitende“) basierende Hilfskonstruktionen, die sämtlich nicht ausgereift erscheinen und dann meist auch nur teilweise durchgehalten werden („Arbeitgeber“), finden entsprechend auf LEITERbAV nicht statt. Grundsätzlich gilt, dass sich durch LEITERbAV alle Geschlechter gleichermaßen angesprochen fühlen sollen und der generische Maskulin aus pragmatischen Gründen genutzt wird, aber als geschlechterübergreifend verstanden werden soll. Auch hier folgt LEITERbAV also seiner übergeordneten Maxime „Form follows Function“, unter der LEITERbAV sein Layout, aber bspw. auch seine Interpunktion oder seinen Schreibstil (insb. „Stakkato“) pflegt. Denn „Form follows Function“ heißt auf Deutsch: "hässlich, aber funktioniert".

© Pascal Bazzazi – LEITERbAV – Die auf LEITERbAV veröffentlichten Inhalte und Werke unterliegen dem deutschen Urheberrecht. Keine Nutzung, Veränderung, Vervielfältigung oder Veröffentlichung (auch auszugsweise, auch in Pressespiegeln) außerhalb der Grenzen des Urheberrechts für eigene oder fremde Zwecke ohne vorherige schriftliche Genehmigung. Die Inhalte einschließlich der über Links gelieferten Inhalte stellen keinerlei Beratung dar, insbesondere keine Rechtsberatung, keine Steuerberatung und keine Anlageberatung. Alle Meinungsäußerungen geben ausschließlich die Meinung des verfassenden Redakteurs, freien Mitarbeiters oder externen Autors wieder.