Gestern hat die europäische Aufsicht die Einzelheiten ihres kommenden Stresstests für Pensionsfonds und -kassen veröffentlicht. Kernfrage, die sich an die EbAV richtet: Haben Sie Geld, und wie würde dies sich entwickeln, wenn … Nun, ganz neu ist das Thema der Liquiditätsrisiken nicht auf der Tagesordnung.
Die EIOPA hat ihren fünften EbAV-Stresstest gestartet. Fokus diesmal: Liquidität. Der Stresstest 2025 untersucht die Sensitivität des Sektors gegenüber schnellen Veränderungen der Zinskurven und konzentriert sich auf Liquiditätsrisiken angesichts der Marktereignisse der letzten Jahre. „Diese unterstreichen deren Relevanz für langfristig orientierte institutionelle Anleger, insb. für solche, die über Derivate oder Liability-Driven-Fonds synthetische Hebelwirkungen nutzen“, schreibt die EIOPA – und meint damit wohl das, was sich im September 2022 in Großbritannien abgespielt hat.

In unterschiedlichen Szenarien werden die Bestände an liquiden Kapitalanlagen zum 31. Dezember 2024 und die Zahlungsströme der EbAV im 1. Quartal 2025 betrachtet, jeweils mit und ohne Stress. Die zwei vorgegebenen Stress-Szenarien sehen Schocks für alle wesentlichen Kapitalanlagearten vor.
Wer mitmacht
Die Stichprobe des Stresstests umfasst alle Länder des EWR, in denen die Gesamtaktiva der registrierten EbAV 600 Mio. Euro übersteigen. Die Teilnehmer wurden so ausgewählt, dass sie mindestens 60% jedes nationalen Marktes abdecken, wobei EbAV, die Derivate nutzen, Vorrang haben.
Aus Deutschland nehmen Pensionskassen und Pensionsfonds am Stresstest teil, welche die BaFin nach den von EIOPA vorgegebenen Kriterien ausgewählt hat, teilte die Anstalt gestern mit.
Die beiden Dramen

Während sich gegenwärtig reale Dramen rund um orange Schwäne an den Märkten abspielen, umfasst der Test zwei unterschiedliche fiktive Szenarien – entwickelt in Zusammenarbeit mit dem ESRB –, die jeweils starke Zinsanstiege und -rückgänge simulieren.
Im Szenario „Yield Curve up“ steigen die Zinsen stark an, da Marktteilnehmer wirtschaftliche Entwicklungen im Zusammenhang mit einer abrupten Eskalation geopolitischer Spannungen erwarten: Handelsstörungen, höhere Rohstoffpreisen, schwächerer Euro.
Im Szenario „Yield Curve down“ sinken die Zinsen drastisch, da die Marktteilnehmer die Auswirkungen anhaltender geopolitischer Spannungen internalisieren und so das Vertrauen in die Finanzmärkte verlieren: Anhaltende Investitionsschwäche, gedämpfte Produktivität, geringeres Wachstum, stark schwächerer Euro.
In beiden Szenarien führt die Verschlechterung der Wirtschaftsaussichten zu einem Vertrauensverlust in die Finanzmärkte und zu ungeordneten Anpassungen der Vermögenspreise.
Die Szenarien sollen die Auswirkungen dieser Schocks auf die Liquiditätslage der EbAV abschätzen und ihre Fähigkeit zur Steuerung von Liquiditätsrisiken unter verschiedenen wirtschaftlichen Bedingungen bewerten. Der Stresstest analysiert zudem die aggregierten Reaktionen auf diese Schocks, um mögliche Spillover-Effekte der Maßnahmen der EbAV zu bewerten, teilte die EIOPA mit.
Der genaue Zeitplan

Nachdem gestern bereits die Auftaktveranstaltung der EIOPA für teilnehmende EbAV stattgefunden hat, startet am 21. April ein fünfwöchiges spezielles Q&A, in dem die EbAV sich an ihre zuständigen nationalen Behörden wenden. Die Fragen und Antworten werden regelmäßig auf der EIOPA-Website veröffentlicht. Die Frist für die Einreichung von Fragen ist der 19. Mai.
Bis zum 11. Juli müssen die teilnehmenden EbAV ihre Ergebnisse an ihre nationalen Aufsichten übermitteln.
Von Mitte Juli bis Ende Oktober erfolgt die Qualitätssicherung der Ergebnisse durch lokale und zentrale Validierung. Daher sollten teilnehmende EbAV während dieses Zeitraums bereit sein, auf Anfragen der Aufsichten zu reagieren.
Von Mitte Oktober bis Mitte Dezember erfolgt die Erstellung des Stresstestberichts.
Die Ergebnisse des fünften EbAV-Stresstests wird die EIOPA im Dezember 2025 veröffentlichen. Im entsprechenden Bericht wird sie die Namen der teilnehmenden EbAV nennen, jedoch keine Ergebnisse einzelner EbAV veröffentlichen.
Weitere Einzelheiten finden sich auf Seiten der EIOPA hier.
Übrigens: Stefan Nellshen, CEO der Bayer Pensionskasse VVaG, hatte am 25. September 2024 auf der seinerzeitigen aba-Aufsichtsrechtstagung ausführlich zum Thema Liquiditätsrisikomanagement für EbAV vorgetragen und geraten: „Pensionskassen und Pensionsfonds sollten sich schnellstmöglich mit diesem Thema auseinandersetzen.“
Außerdem ist eine EIOPA-Opinion zum Liquiditätsrisikomanagement in Arbeit. An der Konsultation hatte sich PensionsEurope, unterstützt durch die aba, im Dezember 2024 mit einer Stellungnahme beteiligt.
Ob und wie die EIOPA-Stellungnahmen die künftigen aufsichtlichen Anforderungen ändern wird, ist offen, betont die aba, und verweist darauf, dass das Liquiditätsrisiko schon gemäß EbAV-II-RL verpflichtend im Risikomanagements (Art. 25 (2), verankert ist, und auch das BaFin Rundschreiben 08/2020 („MaGo für EbAV“) definiert das Liquiditätsrisiko als „wesentliches Risiko“. Liquiditätsrisiken sind außerdem sehr individuell für jede EbAV (u.a. „junge“ EbAV vs. „reife EbAV“), hängen von der Asset Allocation im m Portfolio (z.B.: Immobilienprojekte) und den Risikoprofile zugesagter Garantien (Hin-terbliebene, Invalidität …) ab, betont die aba. Entsprechend mahnt sie eine prinzipienbasierte Regulatorik und ein Verzicht auf ein „One-Size-fits-all“ an. Eine Quantifizierung und Analyse von Liquiditätsrisiken sollte in der ERB (BaFin-Rundschreiben 09/2020) umgesetzt werden, so die aba.
Das zur heutigen Headline anregende Kulturstück findet sich hier.