Unregelmäßig freitags – bringt LEITERbAV eine kommentierte Presseschau zur bAV.
Heute: Für EbAV – Augen auf bei der Einlagensicherung. Also doch – Kukies goes Kanzleramt. Und: Leben und Sterben in Deutschland.
FAZ (8.12.): „Privatbanken reduzieren Zusagen ihrer Einlagensicherung.“
Die Causa Greensill hat die Einlagensicherung der Privatbanken ein paar Milliarden gekostet. Das hat Folgen: wie die Frankfurter Allgemeine berichtet, werden die Privatbanken den Schutzumfang reduzieren und bis 2030 sukzessive neue Obergrenzen einführen.
Vor allem wichtig für Institutionelle: Versicherer, Fonds und öffentlich-rechtliche Anstalten werden ab dem 2023 von der freiwilligen Einlagensicherung des Bankenverbandes nicht mehr erfasst, so die FAZ.
Handelsblatt (8. Dezember): „Jörg Kukies wird der Superberater von Kanzler Olaf Scholz.“
Das HB vermeldet, Kukies werde im Kanzleramt zuständig nicht nur für die Finanz- und Wirtschafts-, sonder darüber hinaus auch für die Europapolitik.
Dass Kukies auch unter der neues Bundesregierung einen herausragenden Posten übernehmen wird, konnte man schon im August erkennen – zumindest wenn man zur Leserschaft von LEITERbAV gehört. Auch wenn Kassandra ganz leicht danebenlag, denn sah sie ihn doch als Kanzleramtsminister. Nun wird er Super-Staatssekretär, immerhin.
Statistisches Bundesamt (9. Dezember): „Corona-Pandemie führt zu Übersterblichkeit in Deutschland.“
Die Demographie ist für unser Parkett eines der Über-Themen und wird deshalb aufmerksam beäugt. Betreffend Corona hatte Mercers Thomas Hagemann für LEITERbAV bereits zweimal die demographischen Implikationen der Corona-Krise analysiert.
Derzeit bemerkenswert: Das Sterben zieht in Deutschland seit einigen Monaten spürbar an. Wie das Statistische Bundesamt vermeldet, lag die Übersterblichkeit im September 9% über dem Median, im Oktober schon 10%. In der zweiten Novemberwoche lagen die Sterbefallzahlen bereits um 17% (oder etwa 3 100 Fälle) über dem mittleren Wert der vier Vorjahre, so das Amt. Alleine aufgrund der Alterung der Bevölkerung wäre nur ein Anstieg um etwa 2% zu erwarten gewesen. Von März 2020 bis Februar 2021 starben fast 71.000 Menschen mehr als in den zwölf Monaten davor.
Zu den Gründen: In den Vormonaten gab sich das Amt unwissend. In den Zahlen zu September und Oktober hieß es nahezu wortgleich:
„Die Zahlen (Anm: hier gemeint die COVID-19-Todesfälle) steigen seit Anfang August an. Die erhöhte Gesamtsterblichkeit seit der 36. Kalenderwoche erklären sie jedoch nicht.“
bzw.
„Die erhöhte Gesamtsterblichkeit im September und Oktober erklären sie nicht.“
Auf Nachfrage von LEITERbAV Ende November gab das Amt mehr Details preis:
So war die Sterblichkeit im September/Oktober 2021 etwa ab Alter 55 systematisch erhöht. Die Unterschiede zu Vorjahren steigen tendenziell mit steigendem Alter in diesem Altersbereich und sind oberhalb von Alter 85 am höchsten. Vor allem jedoch bekräftigte das Amt gegenüber LbAV:
„Für die deutlichere Erhöhung der Sterbefallzahlen seit Anfang September ist uns derzeit keine konkrete einzelne Ursache bekannt. Die beim RKI gemeldeten COVID-19-Todesfälle, die derzeit bis Ende Oktober in einer Auswertung nach Sterbewoche vorliegen und sich bis dahin mit den Gesamtzahlen vergleichen lassen, erklären die Entwicklung nur zu einem kleinen Teil. Sie sind zwar ebenfalls angestiegen, aber in den bislang vorliegenden Daten nicht in einem Ausmaß, das den Anstieg der Gesamtsterblichkeit komplett erklären würde. Wir können nur vermuten, dass eine Kombination weiterer Faktoren für den zusätzlichen Anstieg verantwortlich ist. Neben verschobenen Vorsorgeuntersuchungen und Operationen können auch Einflüsse durch Long-Covid oder unerkannte COVID-19-Todesfälle eine Rolle spielen.“
Und weiter:
„In der Demografie ist zudem ein weiterer Effekt bekannt – das sogenannte „Mortality Displacement“: der Verschub von Sterbewellen innerhalb eines Jahres. Es kann sein, dass alte oder vorerkrankte Menschen, die ‚unter normalen Bedingungen‘ schon im Winter gestorben wären, aktuell an anderen Todesursachen sterben. Grippe und Erkältungsviren verbreiten sich in der typischen Saison (im Winterhalbjahr) auf fast die gesamte Bevölkerung, womit die typische Erhöhung der Sterbefallzahlen zu dieser Jahreszeit in Zusammenhang gebracht wird. Dieser Effekt ist 2020/2021 durch Maßnahmen und Verhaltensänderungen nahezu komplett ausgefallen. Im Februar und im März 2021 sind infolgedessen deutlich weniger Menschen gestorben als in den Jahren zuvor. Demzufolge kann es nun später im Jahresverlauf zu erhöhten Sterbefallzahlen kommen.“
In der Pressemitteilung zu den November-Toten klingt das nun etwas anders: Jetzt macht das Amt eindeutig COVID als Ursache aus, gleich im ersten Satz heisst es:
„Die Corona-Wellen haben in Deutschland zu einer Übersterblichkeit geführt.“
Aber das Amt schränkt später im Text deutlich ein:
„Der Anstieg hat vermutlich mehrere Gründe und lässt sich nur zum Teil – im Oktober 2021 nur zu ungefähr einem Drittel – mit den beim Robert Koch-Institut (RKI) gemeldeten COVID-19-Todesfällen erklären.“
Außerdem interessant folgende Aufschlüsselung:
„Insgesamt starben 39.758 Menschen an COVID-19 als Grundleiden und 8.102 Menschen mit COVID-19 als Begleiterkrankung. Zusammen waren das 47.860 Verstorbene 2020, bei denen COVID-19 entweder als Grundleiden die Haupttodesursache war (83%) oder als Begleiterkrankung zum Tod beitrug (17%). 70% der an COVID-19 als Grundleiden verstorbenen Personen waren 80 Jahre oder älter.“
Und:
„Mit rund 31.600 Personen ist mehr als jede sechste (17,9 %) mit oder wegen COVID-19 behandelte Person im Krankenhaus verstorben. Ihr Durchschnittsalter lag bei 80,3 Jahren.“
Und:
„Die meist älteren an COVID-19 als Grundleiden verstorbenen Personen hatten vielfältige Vorerkrankungen. Am häufigsten waren dies Herzkrankheiten wie Hochdruckkrankheiten (Hypertonie) (21%) und Vorhofflimmern oder Vorhofflattern (10%), aber auch Demenz (20%), gefolgt von Niereninsuffizienz (16%) und Diabetes mellitus (16%); Volkskrankheiten, die einen großen Teil der Bevölkerung vor allem im höheren Alter betreffen.“
Vor allem ältere Menschen um die 80+ sterben also an Covid. Das war bekannt. Aber unnormal viele weitere sterben derzeit aus noch unklaren Gründen. Doch das ist nicht alles. Denn dass die Pandemie und der Umgang mit derselben nicht nur Alte tötet, sondern im Kontrast dazu auch Junge (bzw. Ungeborene) gar nicht erst leben lässt, zeigt der nächste Beitrag.
The Sydney Morning Herald (8. Dezember): „COVID to have ‘life-long impact on population’ as fertility crashes to record low.“
Nochmal Demographie. Diesmal nicht aus Deutschland, und diesmal nicht betreffend Sterbefälle – sondern Geburten. Denn auch hier zeigen sich Side-Effects der in ihren Wirkungen so vielfältigen Pandemie:
Im in Sachen Lockdown besonders kompromisslos zu Werke gehenden Australien ist im Jahr 2020 die Geburtenrate um 3,7% zurückgegangen, die Fertilität sank auf das All-Time-Low von 1,58 / Frau.
Lokale Experten gehen dem Blatt zufolge davon aus, dass dieser Geburtenausfall am Bondi Beach sich nicht wird kompensieren lassen. Das folgt einer einfachen Logik: Mädchen, die heute nicht geboren werden, können morgen keine Mütter sein.
Mehr zu dem zur heutigen Headline anregenden Kulturstück findet sich hier.