Der vom Bundesministerium der Finanzen (BMF) vorgelegte Diskussionsentwurf zur Reform der Investmentbesteuerung würde faktisch zu Steuererhöhungen führen, kritisiert der deutsche Fondsverband BVI, und damit Belastungen mit sich bringen: für Kleinsparer und für die private Altersvorsorge. Und für die bAV.
„Die im Diskussionsentwurf vorgesehenen Änderungen gehen in die falsche Richtung. Sparer dürfen angesichts der niedrigen Zinsen und der Herausforderungen, vor denen sie in der Altersvorsorge stehen, auf keinen Fall stärker als bislang belastet werden“, so Thomas Richter, Hauptgeschäftsführer des BVI, in einer Stellungnahme des Verbandes. Sämtliche Maßnahmen sollten daher sorgfältig auf ihre Wirkungsweise hin überprüft werden.
Status quo ist das Transparenzprinzip: Privatanleger zahlen heute auf Kapitaleinkünfte aus Publikumsfonds wie Zinsen, Mieten und Dividenden jeweils Abgeltungsteuer plus Solidaritätszuschlag und gegebenenfalls Kirchensteuer. Institutionelle Anleger, die im Rahmen von CTAs Anteile an Publikumsfonds halten, zahlen auf die Kapitaleinkünfte typischerweise Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer. Die Anleger werden damit im Wesentlichen so besteuert, als hätten sie direkt in Aktien, Anleihen oder Immobilien investiert. Deshalb fallen bei den Fonds selbst keine Steuern an. Doch eben das soll sich nach den Plänen des BMF ändern: Inländische Publikumsfonds sollen künftig mit Steuern in Höhe von 15 Prozent auf deutsche Dividenden, deutsche Mieterträge und Gewinne aus dem Verkauf deutscher Immobilien belastet werden, erläutert der BVI. Zum Ausgleich dafür sieht der Diskussionsentwurf für Anleger in Publikumsfonds Steuererleichterungen vor. Ausschüttungen aus den Fonds und Gewinne aus dem Verkauf von Fondsanteilen sollen teilweise von der Besteuerung freigestellt werden. Doch dies ist Richter zufolge insuffizient: „Die vorgesehenen Teilfreistellungen für Anleger gleichen die Vorbelastung auf der Fondsebene nicht aus. Unter dem Strich bleibt eine Steuererhöhung für Millionen von Sparern, die direkt oder indirekt Altersvorsorgekapital über Publikums- und Spezialfonds aufbauen.“
Spezialfonds: 10 Prozent bei Thesaurierung
Nachteile voraus auch bei CTAs mit Spezialfonds. Zwar sollen CTAs mit Spezialfonds nach dem Plan des BMF eine Transparenzoption ziehen können. In diesem Fall würde – anders als bei Publikumsfonds – keine Eingangsbesteuerung auf der Fondsebene erfolgen. Dann wären zum Beispiel deutsche Dividenden unmittelbar dem Anleger – also dem Arbeitgeber – zuzurechnen. Allerdings sollen thesaurierte Veräußerungsgewinne – anders als derzeit – teilweise, nämlich mit zehn Prozent, sofort steuerlich erfasst werden. Dies würde bei CTAs zu einem zeitlichen Vorziehen der Besteuerung führen. Ein besonderes Problem entsteht hierbei für Lebens- und Krankenversicherungsunternehmen: „Dieser Vorzieheffekt kann sich bei Lebens- und Krankenversicherungsunternehmen besonders stark auswirken, weil sie hierauf keine steuerlich anzuerkennenden Rückstellungen in der Handelsbilanz bilden können“, schreibt der BVI. Im Ergebnis würden sie so mit Steuern belastet, die sie in der Direktanlage nicht tragen müssten.
Das BMF stützt sein Konzept auf ein Auftragsgutachten aus dem vergangenen Jahr, wonach die Reform lediglich minimale Folgen für Kapitalmärkte, Finanzsektor und deutsche Renten habe. Nach Ansicht des BVI weist das Gutachten jedoch methodische Mängel auf. Auch die Begründungen für die Reform überzeugen den Verband nicht: „Die beabsichtigte Vermeidung von Steuergestaltungen lässt sich innerhalb des bestehenden Systems erreichen. Vereinfacht wird die Besteuerung durch die Reformvorschläge ebenfalls nicht, da das einheitliche Steuersystem für Publikums- und Spezialfonds künftig durch zwei unterschiedliche Systeme ersetzt würde.“ Der BVI habe in seiner Stellungnahme gegenüber dem BMF daher entsprechende Anpassungen vorgeschlagen, die die Ziele des BMF erfüllen, aber weniger belastend für Anleger und weniger einschneidend für Finanzverwaltung, depotführende Stellen und Kapitalverwaltungsgesellschaften sind.
UPDATE 4. September:
Zwischenzeitlich ist die Stellungnahme des BVI online verfügbar und findet sich hier.