Die Ausschüsse für Beschäftigung und Soziales (EMPL) und für Wirtschaft und Währung (ECON) im Europäischen Parlament haben jüngst ihre endgültigen Stellungnahmen zum Pensions-Weißbuch der EU-Kommission und damit zu Pensionsfondsrichtlinie und zur Frage der Portabilität von Betriebsrenten verabschiedet. Besonders der ECON wählt klare Worte. Allerdings nicht so klar wie einst von Berichterstatter Thomas Mann entworfen.
Die Arbeitsteilung zwischen den Ausschüssen sah vor, dass der ECON sich um die Säulen zwei und drei der Altersversorgung kümmert, wobei Pensionsfondsrichtlinie und Eigenkapitalregime im Vordergrund standen, der EMPL um die erste Säule und um die Frage der Portabilität in der zweiten Säule.
Dass der ECON dem offenkundigen Ansinnen der Kommission, für Einrichtungen der bAV ein an Solvency II angelehntes Eigen-kapitalregime europaweit einzuführen, grundsätzlich ablehnend gegenübersteht, war zu erwarten. In dem bereits Anfang Dezember letzten Jahres verfassten Entwurf der Stellungnahme wählte der Berichterstatter Thomas Mann (EVP/CDU) folgerichtig auch ungewöhnlich klare Worte: „Der Ausschuss spricht sich mit Nachdruck gegen europaweit harmonisierte Eigenkapital- oder Bewertungsanforderungen aus und lehnt eine Revision der Pensionsfondsrichtlinie (IORP-Richtlinie), die sich dies zum Ziel setzt, ab“, heißt es da. Der ECON „stellt mit Entschiedenheit fest, dass Vorschriften auf EU-Ebene zur Anwendung von Solvency II auf Systeme der zweiten Säule zu unterbleiben haben“.
44:1 im Ausschuss – die Chancen im Plenum stehen gut
Die nun am 26. Februar 2013 mit 44 Ja- bei nur einer Gegenstimme angenommene finale Fassung der ECON-Stellungnahme verzichtet auf diese Schärfe. Das Ergebnis zeigt aber, dass die Fraktionen im EP hinter den im ECON gefundenen Formulierungen stehen; das ist eher selten und sicher ein klares Signal an die EU-Kommission. Mit einem harten Entwurf einzusteigen und dann bei der Abstimmung im Ausschuss über Kompromisse zu einer starken Mehrheit zu kommen, dürfte Teil der Strategie des Berichterstatters gewesen sein. Schließlich muss diese Stellungnahme noch vom Plenum des Europäischen Parlaments (EP) verabschiedet werden – die entsprechende Sitzung ist gerade auf die KW 21 im Mai verschoben worden – und anders als im Bundestag werden Ausschussvorlagen im EP nicht ohne weiteres durchgewunken. Eine überragende Ausschussmehrheit für die Vorlage ist da erfahrungsgemäß hilfreich.
Die ECON-Stellungnahme zeigt der Kommission mit ihrem Wunsch nach einem risikoorientierten Eigenkapitalregime für die EbAV sichtlich Grenzen auf. Hervor sticht besonders der Satz, in dem der Ausschuss „betont, dass bei einer Weiterentwicklung von Varianten zu Solvency II oder HBS nicht angestrebt werden darf, Vorschriften nach dem Muster von Solvency II einzuführen.“ Außerdem ist der Ausschuss „in Anbetracht der derzeit verfügbaren Informationen nicht davon überzeugt, dass europaweit einheitliche Anforderungen zu Eigenkapital oder Bilanzbewertung angemessen wären.“
Der Terminus „gleiches Risiko – gleiche Regeln“ taucht in dem Papier zwar ebenfalls auf, doch Mann erläutert gegenüber Leiter-bAV.de die Auffassung, die der Ausschuss damit verbindet: „Da bAV und Versicherungen nicht gleichen Risken unterliegen, darf es auch keine Gleichbehandlung dieser Risiken geben. […] Die Schlussfolgerung aus 'Same Risk – Same Capital' lautet daher für uns: Keine Anwendung von Solvency II auf die bAV! Dieses Motto ist der rote Faden unserer Stellungnahme.“
EMPL federführend, doch ECON autonom
Offiziell ist der EMPL der federführende der beiden Ausschüsse in der Frage der Kommentierung des Renten-Weißbuchs. Der ECON hat aber nach Artikel 50 der EP-Geschäftsordnung die sogenannte "exklusive Kompetenz" für die Frage des Eigenkapitalregimes erhalten. Somit darf der EMPL in dieser Frage nicht mitbestimmen, sondern muss die Haltung des ECON ohne Abstrich dem Plenum zur Abstimmung vorlegen.
Im Gegensatz zum ECON zeigt sich der EMPL unter Berichterstatterin Ria Oomen-Ruijten (EVP) der Kommission gegenüber aufgeschlossener, zumindest in Fragen der Portabilität. In seinem Beschluss „erkennt er die signifikante Heterogenität der Pensionssysteme in Europa, aber betont die Wichtigkeit für Beschäftigte, in der Lage zu sein, ihren Arbeitsplatz innerhalb oder außerhalb ihres Mitgliedsstaates zu wechseln.“ Außerdem hält der Ausschuss fest, dass „Mobilität auf dem Arbeitsmarkt durch lange Unverfallbarkeitsfristen behindert wird.“ Die Mitgliedsstaaten werden aufgefordert, diese zu senken. Festlegungen gibt es noch nicht, doch auf dem Parkett wird von zwei bis drei Jahren gesprochen.
Im Interview mit Leiter-bAV.de spricht MdEP Thomas Mann morgen und übermorgen über die Haltung des Parlaments zu einem risikobasierten Eigenkapitalregime für die bAV, über die Strategien der Kommission und die Verhältnisse im Europäischen Rat sowie über die Gefahren zu weitgehender Portabilität.