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WTW Global Benefits Attitudes Survey 2024:

Und immer lockt das Benefit

Ein Consultants hat sich turnusgemäß bei den Beschäftigten in zahlreichen Ländern umgehört, auch in Deutschland. Ein Fazit: Home Office und bAV spielen weiter eine große Rolle, wenn es um den Arbeitsplatz geht – sei es, ihn zu behalten oder ihn zu wechseln. Und: Insgesamt entspannt sich die Lage für die Arbeitgeber, zumindest ein wenig. Was sich nicht entspannt, ist der Blick auf Altersvorsorge und Renteneintritt, im Gegenteil. Helfen könnte eine Doppelrolle der Arbeitgeber.

Der steigende Zins – der die Umdrehungen der ökonomischen Räder nach einem übertourigen Jahrzehnt wieder auf das Normalmaß zurückgeholte – hat so manche Möbel im Dorf wieder zurechtgerückt: Handwerker rufen wieder zurück, US-PE-Fondsmanager sind freundlicher zu europäischen Anlegern, bei Aktien ist das KGV wieder ein echter Parameter – und auch auf dem Arbeitsmarkt sind Arbeitgeber zumindest nicht mehr so sehr in der Defensive wie bis dato.

Letzteres harmoniert jedenfalls mit einer Studie, die WTW gestern vorgelegt hat: Demzufolge zeichnet sich für Arbeitgeber eine leichte Entspannung bei der Jobfluktuation ab, so das Ergebnis der neuen Global Benefits Attitudes Survey des Consultants, für die u.a. rund 2.000 Beschäftigte in Deutschland befragt wurden.

Konkret: War vor zwei Jahren mit 47% noch knapp die Hälfte auf der Suche nach einem neuen Job oder offen für neue Angebote, sind es heute noch 38%.

Und: Neben der Jobsicherheit und der Bezahlung spielen Benefits weiter eine entscheidende Rolle bei der Mitarbeitergewinnung und -bindung: Ein Drittel der Befragten (32%) würde wegen eines besseren Benefits-Angebots den Job wechseln (c.p., also bei ähnlicher Tätigkeit und gleichem Gehalt).

Quelle: WTW. Grafik zur Volldarstellung anklicken.

Aber auch wenn die Wechselbereitschaft der Menschen im Job sinkt: Noch immer sind 25% auf der Suche nach einem neuen Job oder beruflicher Veränderung. Instrumente für die Mitarbeitergewinnung und -bindung bleiben also wichtig, schlussfolgert WTW. Vergütung und Jobsicherheit sind hierbei nach wie vor Schlüsselfaktoren, aber auch besagte Benefits spielen eine wichtige Rolle. Denn: Knapp die Hälfte der Befragten (49%) hat sich wegen der angebotenen Benefits für ihren aktuellen Arbeitgeber entschieden.

Benefits – steigende Zufriedenheit mit Luft nach oben

Was die allgemeine Zufriedenheit mit den Benefit-Leistungen angeht, sieht WTW jedoch noch Luft nach oben: Zwar entsprechen die Benefits bei mehr als der Hälfte der Befragte (59%) den Bedürfnissen, dennoch würde nur knapp ein Viertel den Arbeitgeber deshalb auch weiterempfehlen.

Nicoletta Blaschke, WTW.

„Was zu einer steigenden Zufriedenheit mit den Benefits seitens der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beiträgt, ist die zunehmende Auswahlmöglichkeit. Dieses Jahr gaben 67% der Befragten an, dass sie Wahlmöglichkeiten bei den Benefits haben, das sind 13 Prozentpunkte mehr als noch vor zwei Jahren. Die, die auswählen können, sind mit ihren Leistungen deutlich zufriedener als solche, die keine Wahlmöglichkeiten haben, das sollten Unternehmen in der Zusammenstellung ihres Angebots unbedingt beachten“, sagt Nicoletta Blaschke, Head of Health & Benefits bei WTW.

Tübere Renten-Aussichten, wachsende Sorgen mit Blick auf die Lebensarbeitszeit

Zu den wesentlichen Benefits, mit welchen Unternehmen Mitarbeiter gewinnen und halten können, gehört die bAV (die gleichwohl hier in stetem Wettbewerb mit anderen Benefits steht, die teils sichtlich einfacher zu managen und direktere Incentive-Wirkung zeigen). So sagen 31% der Befragten, dass die bAV ein wichtiger Grund für die Wahl des aktuellen Arbeitgebers war, 47% sehen sie als Grund, bei ihrem Arbeitgeber zu bleiben.

Gleichzeitig blicken viele Arbeitnehmer mit größerer Sorge auf den Ruhestand: Die Zahl der unter 50-Jährigen, die davon ausgehen, dass sie mit 70 oder älter noch arbeiten werden, ist enorm gestiegen. Waren es 2022 noch 11%, hat sich diese Zahl nun beinahe verdoppelt und ist mit 20% so hoch wie nie zuvor. Die Gnade der frühen Geburt: Von den über 50Jährigen sehen lediglich 7% ihr Renteneintrittsalter jenseits der 70.

Quelle: WTW. Grafik zur Volldarstellung anklicken.

Ebenso gestiegen ist die Zahl derjenigen, sich zu wenig für die Rente sparen sehen:

  • 75% der Befragten sind der Meinung, sie müssten mehr sparen, als sie es derzeit tun

  • 34% können es sich nicht leisten

  • 33% sparen für andere Dinge.

Die soziale Doppelrolle der Arbeitgeber

Frauen und Geringverdiener insgesamt sind besorgter über ihre finanzielle Situation im Rentenalter als Männer und Besserverdiener. „Wir erkennen in den Zahlen einen deutlichen Handlungsbedarf für Unternehmen“, sagt Johannes Heiniz, Senior Director Retirement bei WTW. „Zum einen sollten Unternehmen einen Beitrag zur Financial Education leisten und ihre Leute über Möglichkeiten und Strategien der Altersvorsorge aufklären. Zum anderen ist es wichtig, dass sie sie auch finanziell dabei unterstützen.“

Johannes Heiniz, WTW.

Das, was Heiniz da als Doppelrolle der Arbeitgeber – die jeden Tag in ihrem Kerngeschäft sicher genug an Herausforderungen gegenüberstehen; bei immer mehr geht es in diesem Deutschland ums nackte Überleben – anmahnt, ist zweifelsohne an sich wünschenswert. Dass Arbeit – und damit der Arbeitgeber – einer der wichtigsten sozialen Stützen einer jeden freien Gesellschaft ist und praktisch der einzige Weg für die Menschen zu einem selbstbestimmten Leben, ist jedem freiheitlich Denkenden klar. Insofern kann und sollte jeder verantwortungsvolle Arbeitgeber sich bewusst sein, dass er meist mehr ist als nur pay-and-forget-Lohn- und Gehaltszahler. Nur: Wenn er diese Rolle ausfüllen soll (und viele – große wie kleine – tun das allen Widrigkeiten zum Trotz vorbildlich), dann ist es an der Politik, ihn dabei zu unterstützen und nicht zu behindern oder gar zu verprellen. Die bAV ist hier das beste Beispiel: Das derzeit in Rede stehende BRSG II ist hier zwar ein kleiner Schritt in die richtige Richtung – doch die Liste an regulatorischen Zumutungen für Arbeitgeber, die sich in der Altersvorsorge ihrer Leute engagieren, war und ist endlos.

Hybride Arbeitsmodelle und der Wunsch nach Home Office

Zurück zu Studie: Die Mehrheit der Beschäftigten (42%) arbeitet laut Befragung 2024 in hybriden Arbeitsmodellen. Lediglich 20% der Personen, die ihre Arbeit remote erledigen können, arbeiten noch immer ausschließlich von zu Hause aus. Zum Vergleich: 2022 waren es noch 47%.

Zahlreiche Studien zeigen;: Beschäftigte, gerade die mit anspruchsvollen Tätigkeiten, fühlen sich m Home Office einfach wohler und arbeiten härter. Foto: Bazzazi.

Parallel mit den zunehmenden Forderungen der Arbeitgeber, für hybride Arbeitsmodelle zurück ins Büro zu kommen, steigt der Wunsch der Menschen, mehr im Home Office zu arbeiten: Knapp die Hälfte (48%) würde gerne mehr von zu Hause arbeiten. Unter denjenigen mit Kindern unter 18 ist diese Zahl nochmals höher (Frauen: 58%, Männer 56%). Und: Die, die sich mehr Home Office wünschen, fühlen sich ausgebrannter, weniger engagiert und wechselbereiter als diejenigen, die mit dem Verhältnis zufrieden sind.

Fairness? Ja, mit Verbesserungsbedarf

Auch den „Soft Skills“ des Arbeitgebers widmet sich die Studie: Laut Befragung liegt der sog. Equity Index im Jahr 2024 bei 58%. Der Equity Index, erläutert WTW, fasst die Ansichten der Beschäftigten in sechs Punkten zusammen: Faires Gehalt, Karriereaussichten, Erlernen neuer Fähigkeiten, Würde und Respekt, Gefühl der Wertschätzung und Möglichkeit, man selbst zu sein. Er gibt den Prozentsatz der Arbeitgeber an, die zu mindestens vier der sechs Punkte eine positive Meinung haben.

Der niedrigste Equity Index besteht bei Menschen mit Behinderung (46%), mit geringem Einkommen von weniger als 35.000 Euro im Jahr (50%) sowie bei der Generation Z (53%). Das größte Verbesserungspotenzial sehen die Befragten in den Karrierechancen. Hier geben nur 46% an, dass sie diese als fair empfinden. Auch beim Thema Fair Pay gibt es immer noch Luft nach oben: 36% nehmen die Vergütung nach wie vor als ungerecht wahr.

Über die Studie

Die Studie „Global Benefits Attitudes“ von Willis Towers Watson skizziert die Einstellung der Beschäftigten in Bezug auf die Themen Benefits, Wellbeing und Altersvorsorge. Die Studie wurde in 29 Ländern durchgeführt – mit 45.000 Befragten. In Deutschland haben 2.000 Menschen im Januar/Februar teilgenommen. Sie repräsentieren hinsichtlich Alter, Geschlecht, Bildung, Einkommen und Branchen ein breites Spektrum der deutschen Arbeitnehmerschaft. Um die Repräsentativität der Ergebnisse zu erhöhen, wurden diese durch Gewichtung der tatsächlichen statistischen Verteilung in Deutschland angeglichen, so WTW.

Wer wissen will, wie sich die Ergebnisse im Laufe der Zeit entwickelt haben, wird auch auf PENSIONSINDUSTRIES fündig, wo seit 2017 mal breiter, mal weniger breit über die Studie berichtet wurde, so z.B. auch 2018, 2021, 2022.

Mehr zu dem zur heutigen Headline anregenden Kulturstück findet sich hier.

Diskriminierungsfreie Sprache auf LEITERbAV

LEITERbAV bemüht sich um diskriminierungsfreie Sprache (bspw. durch den grundsätzlichen Verzicht auf Anreden wie „Herr“ und „Frau“ auch in Interviews). Dies muss jedoch im Einklang stehen mit der pragmatischen Anforderung der Lesbarkeit als auch der Tradition der althergerbachten Sprache. Gegenwärtig zu beobachtende, oft auf Satzzeichen („Mitarbeiter:innen“) oder Partizipkonstrukionen („Mitarbeitende“) basierende Hilfskonstruktionen, die sämtlich nicht ausgereift erscheinen und dann meist auch nur teilweise durchgehalten werden („Arbeitgeber“), finden entsprechend auf LEITERbAV nicht statt. Grundsätzlich gilt, dass sich durch LEITERbAV alle Geschlechter gleichermaßen angesprochen fühlen sollen und der generische Maskulin aus pragmatischen Gründen genutzt wird, aber als geschlechterübergreifend verstanden werden soll. Auch hier folgt LEITERbAV also seiner übergeordneten Maxime „Form follows Function“, unter der LEITERbAV sein Layout, aber bspw. auch seine Interpunktion oder seinen Schreibstil (insb. „Stakkato“) pflegt. Denn „Form follows Function“ heißt auf Deutsch: "hässlich, aber funktioniert".

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