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Erster Consultant prescht vor:

WTW gründet Rentnergesellschaft

In den Buyout-Markt scheint Bewegung zu kommen. Nach der jüngsten Auslagerung stellt sich nun auch die Anbieterseite offenbar breiter auf. WTW sieht sich unter einem gewissen Gesichtspunkt als First Mover, sicher nicht zu Unrecht. Aber es zeichnet sich strategisch ab: Dieser First Mover wird nicht lange alleine bleiben, keineswegs.

UPDATE des Beitrags am 6.1.25!

Der Consultant WTW hat heute mitgeteilt, dass er seine bestehende De-Risking-Plattform um eine Buyout-Solution, vulgo Rentnergesellschaft, erweitert. Das Haus, das bekanntlich auch über einen Pensionsfonds verfügt, will somit seinen Kunden ein umfassendes Full-Service-Angebot im Bereich des Pension-Buyout bieten. Einsatzbereitschaft: Juni 2025.

Als ein Motiv schreibt WTW: „Die Transformation des Industriestandortes Deutschland fordert zunehmend flexible und agile Unternehmensstrukturen. Gleichzeitig führt die demographische Entwicklung dazu, dass die Betreuungsintensität des Themas bAV auf Unternehmensseite zunimmt.“

Höflicher kann man den allerorten spürbaren Rückbau des vergreisenden und politisch nicht gut geführten Industriestandortes Deutschland kaum beschreiben. Jedenfalls sieht WTW angesichts dessen Unternehmen zunehmend auf der Suche nach Lösungen, den diesbezüglichen Inhouse-Aufwand zu minimieren. Nicht zuletzt werde es für diese immer wichtiger, so WTW, sich auf ihr Kerngeschäft zu fokussieren und die Komplexität in anderen Bereichen zu reduzieren, um auch in Zukunft wettbewerbsfähig bleiben zu können.

Dieses Portfolio ist derzeit auf dem Markt einzigartig.“

Mit dem Angebot einer Pension-Buyout Solution reagieren wir auf die unterschiedlichen Marktentwicklungen und auf die damit einhergehenden Veränderungen der Kundenbedürfnisse“, sagt Hanne Borst, Head of Retirement bei WTW, und sie sieht ihr Haus, das ja wie alle großen Consultants auf praktisch allen Pensions-Felder operiert, umfassend gerüstet für die Aufgabe:

Mit unserer jahrzehntelangen Erfahrung und Expertise in Pension De-Risking, Kapitalanlage, Aktuariat, M&A und Administration von Pensionsverpflichtungen sind wir ideal aufgestellt, um den deutschen Pension-Buyout-Markt als erster Full-Service Anbieter auf dem Markt mit innovativen Ansätzen zu bereichern und aktiv zu gestalten.”

Hanne Borst, WTW.

Gegenüber der PENSIONSINDUSTRIES-Redaktion betont Borst: „Dieses Portfolio ist derzeit auf dem Markt einzigartig.“ Das stimmt. Noch. Dazu später mehr.

The Kapitalmarkt-Time is now

Auch die aktuelle Kapitalmarkt- und Zinssituation hält WTW für geeignet: „Der Ausfinanzierungsgrad der bAV ist auf einem historischen Höchststand. Das erleichtert die Realisierung von Umstrukturierungen in Pension-Buyout-Lösungen. Viele Unternehmen haben ausreichend Finanzmittel zur Seite gelegt. Diese können sie nur für die Ausfinanzierung von Pensionsverpflichtungen nutzen. Dementsprechend ist momentan ein guter Zeitpunkt, um Planungen in diese Richtung anzustoßen“, sagt Johannes Heiniz, Senior Director Retirement bei WTW.

Als Vorteile der Rentnergesellschaft für Arbeitgeber nennt WTW die Möglichkeit zur wirtschaftlichen, bilanziellen und operativen Entlastung bei gleichzeitig möglicher rechtlicher Enthaftung. Damit könnten Unternehmen ihren Verwaltungsaufwand erheblich reduzieren und sich wie gesagt auf ihr Kerngeschäft konzentrieren.“

Wir halten die gegenwärtige Rechtslage für ausreichend.“

WTWs Zielgruppe: alle. Borst sagt: „Mit investment- oder versicherungsbasierten Kapitalanlageoptionen bieten wir attraktive Lösungen für kleine und mittelständische bis hin zu großen DAX-Unternehmen.“

Die Frage der Regulierung

Bekanntlich ist die Rentnergesellschaft (noch) nicht expliziert reguliert – ein häufiger Dissens, der noch lange nicht ausdiskutiert ist. Besonders der PSV, der hier die Allgemeinheit der bAV-betreibenden Arbeitgeber vertritt, mahnt stets zur Vorsicht.

Johannes Heiniz, WTW.

Auf Nachfrage der Redaktion zur möglicherweise nötigen Regulierung zieht Heiniz einen Vergleich der Durchführungswege heran – bzw. verweist hier explizit auf die Kontinuität: „Wir halten die gegenwärtige Rechtslage für ausreichend. Im Fokus der Übertragungen von Pensionsverpflichtungen auf Rentnergesellschaften stehen typischerweise Direktzusagebestände. Auch nach einer Übertragung bleibt es unverändert beim Durchführungsweg Direktzusage. Für diesen gilt heute aus guten Gründen keine aufsichtsrechtliche Regulierung analog den EbAV.“

Wichtig seien vielmehr ganz generell eine professionelle Governance und ein professionelles Risikomanagement für die bAV, um einen soliden Betrieb betrieblicher Versorgungswerke sicherzustellen. Dies gelte in gleicher Weise für Rentnergesellschaften, so Heiniz weiter.

Fazit von PENSIONSINDUSTRIES

Das lange als ewiges Talent gescholtenes Tool Rentnergesellschaft scheint nun endgültig Fahrt aufzunehmen. Jüngst wurde bekannt, dass die Vedra per Rentnergesellschaft die Pensionslasten der Hauck Aufhäuser Lampe übernimmt.

Mit WTW steigt nun also der erste Consultant als First Mover in das Geschäft ein; Mindestens Aon, Mercer und Lurse dürften vermutlich schnell folgen, mancher davon sich nun gar unter Zugzwang sehen. Abzuwarten, ob auch die Versicherer auf den nun mglw. langsam anrollenden Zug aufspringen werden. Wenn nun bspw. eine Munich Re in den Markt für unmittelbare Durchführungswege drängt, warum soll der Konzern nicht parallel dazu eine Rentnergesellschaft aufsetzen? Technisch dürfte das für ihn eine Kleinigkeit sein.

UPDATE 6.1.25: Wie die Redaktion jetzt erst erfuhr, verfügt die Lurse bereits seit 2022 über eine operativ tätige Rentnergesellschaft (die Plattform hierzu hat man seinerzeit vom HDI übernommen).

Doch viel wichtiger: Vor allem dürfte eine Frage der (kurzen) Zeit sein, bis die großen, überbetrieblichen EbAV-Akteure des deutschen Pensionswesens eigene Rentnergesellschaften gründen werden, um für ihre Klientel als Multi-Anbieter ganzheitlich im Rennen zu bleiben. Das gilt namentlich für diejenigen Akteure, die derzeit via Pensionsfonds das Pensions-Buyout anbieten. Gemeint sind eben die, welche nun denn Fall Hauck Aufhäuser Lampe zu vergegenwärtigen hatten: Metzler und BVV. Die nötigen Kompetenzen haben beide im Haus (bzw. könnten sie notfalls schnell verpflichten), und mit ihren äußerst starken, heimischen Marken sind sie bestens geeignet, eine der Achillesfersen der Rentnergesellschaft zu matchen: die Sorge der outsourcenden Arbeitgeber um ihre Reputation. Es würde überraschen, würde man von beiden nicht binnen kurzer Frist hören.

Bleibt als Spieler noch der (sich derzeit im parlamentarischen Tiefschlaf befindliche) Gesetzgeber. Nun, der tut gut daran, bei der Frage einer möglichen gesetzlichen Flankierung nicht zu versäumen, seinen Rat am Rhein einzuholen: Edmund-Rumpler-Straße 4, 51149 Köln.

Diskriminierungsfreie Sprache auf LEITERbAV

LEITERbAV bemüht sich um diskriminierungsfreie Sprache (bspw. durch den grundsätzlichen Verzicht auf Anreden wie „Herr“ und „Frau“ auch in Interviews). Dies muss jedoch im Einklang stehen mit der pragmatischen Anforderung der Lesbarkeit als auch der Tradition der althergerbachten Sprache. Gegenwärtig zu beobachtende, oft auf Satzzeichen („Mitarbeiter:innen“) oder Partizipkonstrukionen („Mitarbeitende“) basierende Hilfskonstruktionen, die sämtlich nicht ausgereift erscheinen und dann meist auch nur teilweise durchgehalten werden („Arbeitgeber“), finden entsprechend auf LEITERbAV nicht statt. Grundsätzlich gilt, dass sich durch LEITERbAV alle Geschlechter gleichermaßen angesprochen fühlen sollen und der generische Maskulin aus pragmatischen Gründen genutzt wird, aber als geschlechterübergreifend verstanden werden soll. Auch hier folgt LEITERbAV also seiner übergeordneten Maxime „Form follows Function“, unter der LEITERbAV sein Layout, aber bspw. auch seine Interpunktion oder seinen Schreibstil (insb. „Stakkato“) pflegt. Denn „Form follows Function“ heißt auf Deutsch: "hässlich, aber funktioniert".

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