… dabei allen Einschränkungen des VAG zu unterliegen: Ein Münchner Konzern will das für die eigenen Leute entwickelte Pensions-Modell nun auch unter die Leute bringen. Prominenten Rechtsbeistand hat man ebenfalls an Bord. Einen kleinen geographischen Umweg muss man aber gehen.
P●I-Autor Detlef Pohl dokumentiert heute erneut Teile des jüngst in Berlin geführten Fachaustausches zum Pensionswesen. Denn es tut sich auch ohne BRSG 2.0 was in der deutschen bAV, nicht nur beim Sozialpartnermodell.
Am zweiten Tag der Tagung berichten im Kapitalanlegeforum jedenfalls zwei Rechtsexperten über „Neue Funding-Optionen für CTA und Rentnergesellschaften“. Im Prinzip geht es um die Verbreitung einer Idee, welche die Münchener Rück/MunichRe bei der Umstellung ihrer eigenen bAV umgesetzt hat und jetzt breiter im Markt in Umlauf bringen will. Dabei hat man auf die juristische Hilfe von Linklaters LLP vertraut.
Gölz: Erfahrungen der Munich Re bei eigener bAV-Umstellung
Zum Verständnis ein Blick zurück: Die MunichRe hatte 2019 ihre hauseigene bAV neu geordnet. Bis dato hatte es für die rund 6.500 Begünstigten zwei Durchführungswege nebeneinander gegeben: eine regulierte Pensionskasse namens Münchener Rück Versorgungskasse sowie eine Direktzusage für die Außertariflichen, weitgehend versicherungsförmig kongruent rückgedeckt, DBO seinerzeit 1,9 Mrd. Euro. Die Pensionskasse wurde dann zum 1. Januar 2019 für Neueintritte geschlossen, so dass die bAV nun ausschließlich per Direktzusage erfolgt.
Hintergrund: die ständig steigende Regulatorik für Pensionskassen plus die begrenzten Dotierungsmöglichkeiten, so dass man zusätzlich mit der Direktzusage einen weiteren Durchführungsweg vorhalten musste.
Im Bereich Munich Re Markets sorgte das Team ‚Pension Risk Solutions‘ in Zusammenarbeit mit der HR und hausinternen ALM-Spezialisten für einen Ansatz bei der Ausfinanzierung der neuen Direktzusagen, bei dem der Future Service des Bestandes zugleich in einen Pensionsplan umgestaltet werden sollte, der sich an einem DC-Plan orientiert. „Das bot sich förmlich an, denn Kapitalanlage- und Risikomanagement, zwei Kernkompetenzen der MunichRe-Gruppe, sind auch Schlüsselqualifikationen bei der Konzeption einer bAV“, begründet Joachim Gölz, Syndikusrechtsanwalt von Munich Re Markets.
Wertpapiergebundene Direktzusage, CTA, RDV
Die Neuordnung sollte im neuen veränderten Kapitalmarktumfeld attraktive Leistungen bieten, sich individuellen Lebensentwürfen und Bedürfnissen der Mitarbeiter anpassen, intuitiv, verständlich transparent, für alle Mitarbeiterebenen einsetzbar, also flexibel dotierbar sein, und sich sowohl für die AG-Finanzierung als auch für Entgeltumwandlung eignen. Heraus kam eine wertpapiergebundene Direktzusage, wobei die vom AG finanzierten entgeltabhängigen Versorgungsbeiträge in ein Sondervermögen des hauseigenen CTA eingebracht und über eine RDV beim eigenen Erstversicherer Munich Re PCC Ltd., der wiederum in der MunichRe-Gruppe rückversichert ist, überwiegend am Kapitalmarkt investiert werden.
Die Versorgungsbeiträge werden den individuellen Versorgungskonten gutgeschrieben und nach den Vorgaben der Munich Re am Kapitalmarkt angelegt. Alle drei Jahre ab dem Beginn der ersten Beitragszahlung erfolgt ein Lock-in des Kontostandes bezogen auf das reguläre Ablaufdatum. Dieser beträgt 90% des Kontostandes des Anlagekontos zum jeweiligen Stichtag, kann aber nicht unter den Lock-in-Stand des vorangegangenen Stichtags fallen. Die Altersleistung entspricht dem Wert des Versorgungskontos bei Eintritt des Versorgungsfalles, mindestens aber des erreichten Garantieniveaus inkl. alle Lock-in-bedingten Erhöhungen. Die Altersleistung kann als Einmalkapital oder in bis zu 15 Jahresraten in Anspruch genommen werden, alternativ als Rente. Weitere Details zum Projekt, das mit dem „Deutschen bAV-Preis 2021“ ausgezeichnet wurde, finden sich in der Tactical Advantage Vol 7.
Mindestverpflichtung heißt DB …
Die Bilanzierung der resultierenden Pensionsverpflichtungen folgt nach IFRS aufgrund der bestehenden Mindestverpflichtungen den Grundsätzen eines DB-Plans. Damit werden die Verpflichtungen mit der IAS 19-DBO bewertet. Die vom CTA abgeschlossenen RDV bilden Plan Assets im Sinne von IAS 19.8, die mit dem Verpflichtungsumfang saldiert werden.
… aber wenn’s läuft, braucht’s keine Rückstellung
„Wegen der bestehenden Korrespondenz zwischen Plan Assets und Verpflichtung werden DBO und Plan Assets in Höhe des Marktwerts der Plan Assets angesetzt, solange der Barwert der erdienten Garantieleistung unter dem Marktwert der Plan Assets liegt“, erklärt Gölz. Im Ergebnis wird nach Saldierung für das Versorgungskontenmodell keine Rückstellung ausgewiesen, solange der Marktwert der Plan Assets den Barwert der erdienten Garantieleistung übersteigt. Als Aufwand werden die für das Versorgungskontenmodell an das CTA entrichteten Beiträge angesetzt.
Das eigene Modell an den Markt bringen
Aus den Erfahrungen seit 2019 leitet MunichRe Markets nun eine Ausweitung seines bAV-Modells in den Markt ab. Grundüberlegung: Insbesondere bei der Rückversicherung von Rentenprodukten könne man das eigene Know-how einbringen, denn „hier gibt es eben eine besonders problematische Kombination aus Zins-/Marktrisiken und Langlebigkeit – also genau das, was Unternehmen aufgrund der Pensionszusagen auf der Bilanz haben und wofür sie als Unternehmen nur schwer passgenaue Risikomanagement-Lösungen am Markt kaufen können, bei denen die Risiken auch vom Unternehmen wegtransferiert werden“, so Gölz. Genau diese Lücke versuche man, mit dem Lösungsansatz zu schließen.
Malta schlägt VAG
Da man als Rückversicherer aber nicht direkt den Unternehmen bzw. den existierenden Pensionsvehikeln (ausgenommen Pensionskassen) Rückversicherungen anbieten könne, bedürfe es eben einer Erstversicherungspolice, der schon erwähnten Munich Re PCC Ltd. Diese 100%-Tochter der MunichRe AG sitzt in Malta, wo die deutsche Regulierung nach VAG keine Anwendung findet. Es gibt also keine Bindung der Police an einen HRZ. Der durch Solvency II geschaffene einheitliche Aufsichtsrahmen ermöglicht jedoch das grenzüberschreitende Angebot von Versicherungslösungen, so dass ein in Deutschland ansässiger Versicherungsnehmer ein Erstversicherungsprodukt mit einem in der EU ansässigen Lebensversicherer abschließen kann, erläutert Gölz.
Dies erlaube die Kalkulation garantierter Leistungen auf Basis eines risikofreien Marktzinses, der seit dem rapiden Zinsanstieg deutlich über dem Rechnungszins liege und daher attraktive Konditionen ermögliche, auch nach den durch die EZB inzwischen moderat erfolgten Zinssenkungen.
Auf Nachfrage der Redaktion erläuterte Gölz mehr Details: Die Kapitalmarkterträge der RDV ergeben sich demnach aus der Bindung vertraglicher Leistungen an einen Kapitalmarktindex, im Standardfall den FIVE Pension. Die Kapitalmarktperformance ergibt sich also unmittelbar aus der Ausgestaltung des Versicherungsprodukts. Konkret bedeutet dies, dass von den auf den einzelnen Versorgungsempfänger entfallenden Prämien Anteile an dem Index erworben werden („unit-linked“), die dann die in Summe das Vertragsguthaben bilden – also keine klassische Überschussbeteiligung, sondern eine indexgebundene Lösung.
RDV in der Rentnergesellschaft
Diesen Lösungsansatz, bereits bei der bAV der MunichRe inhouse im Einsatz, sieht man dort nun also reif für den Vertrieb.
„Langfristige Ausfinanzierung und vollständiger Risikotransfer sind gerade im Kontext von Rentnergesellschaften/CTA von großer Bedeutung“, erläutert Rechtsanwalt René Döring in dem gemeinsamen Vortrag mit Gölz den Anwendungsberecih des Ansatzes. Die RDV spiele derzeit eine stark untergeordnete Rolle, da sie für eine nachträgliche Ausfinanzierung regelmäßig zu teuer sei und auch nur mäßige Renditeaussichten biete, insb. bei hohem Garantieniveau, so der Linklaters-Partner, „jedoch sind Versicherungslösungen im Ausland häufig Mittel der Wahl bei der Ausfinanzierung“. Entsprechend fragt der Jurist, warum man solche ausländischen Lösungen nicht auch in Deutschland nutzen sollte.Quelle: MunichRe, Linklaters. Grafik zur Volldarstellung anklicken.
Diese Lösung biete zahlreiche Vorteile, so Döring weiter. Beispielhaft zählt er im Vortrag auf: garantierte vollständige Risikoabdeckung der zugesagten Ablaufleistung, garantiebedingter Ausschluss von Bilanzvola, im Vergleich zur klassischen RDV moderater Liquiditätsabfluss, vollständige Absicherung garantierter Rentenanpassungen und Generierung von Überschüssen zur 16er-Anpassung. „Zudem wird grundsätzlich Bilanzneutralität erreicht“, sagt Döring und sieht darin insgesamt „ein attraktives Modell sowohl für Neusysteme als auch für Ausfinanzierungen“. Er hält damit das Modell nicht nur für CTAs geeignet, sondern auch für Rentnergesellschaften. Hintergrund: Besonders internationale Unternehmen möchten ihre deutsche DBO möglichst umfassend auslagern.
Der Anwalt macht aber auf die nötige rechtliche saubere Konstruktion von Rentnergesellschaften aufmerksam. „So besteht die Nebenpflicht, für eine Kapitalausstattung zu sorgen, die bei realistischer Betrachtungsweise sowohl die Ausgangsrente bedient als auch Rentenanpassungen erlaubt“, sagt Döring im Vortrag. Die Kapitalausstattung könne dabei nicht nur in Geld oder Vermögenswerten erfolgen, sondern auch durch Schuldbeitritte oder Garantien.
Bei einer RDV sei nicht die Höhe des eingesetzten Kapitals entscheidend. Es komme auf die Sicherheit der Versorgungsberechtigten an: „Die dürfen nicht schlechter gestellt sein als bei Verbleib im operativen Unternehmen“, warnt Döring. Da bei Rentnergesellschaften Garantien Dritter zulässig sind, müsse dies laut Döring entsprechend auch für die RDV, also auch das Modell der MunichRe, gelten. Mit der Versicherung wird bekanntlich ein garantierter lebenslanger Anspruch auf Ausgangsleistung gesichert. „Eine Gefährdungserhöhung für die Versorgungsberechtigten erfolgt also nicht“, betont Döring.
Döring sieht weitere gute Argumente für die Umsetzung des MunichRe-Modells in Rentnergesellschaften. So könnten Zusagen mit 1%-Garantie von der RDV abgebildet werden, wobei der von der Munich Re beispielhaft angeführte Five-Pension-Index etwa mit einer historischen Performance von 4% p.a. zu Buche geschlagen habe. Zudem lasse sich bei gemischten Beständen ein Puffer aufbauen, der für spätere Erhöhungen zur Verfügung steht und auch Schwankungen ausgleichen könne. Und: „Je nach Ausgestaltung der Police kann die Performance-Beteiligung entweder individuell an die Rentner durch Erhöhung der Garantierente weitergegeben oder durch Ausschüttung an den VN – also CTA oder Rentnergesellschaft – kollektiv verwendet werden“, betont Döring. Ferner komme es aufgrund der Garantie für die Rentnergesellschaft zu keinem zusätzlichen jährlichen Zinsaufwand, der durch die Performance ausgeglichen werden müsste. Gegebenenfalls könne das Projekt durch Einkauf einer garantierten Rentensteigerung von 1% p.a. weiter abgesichert werden.