Das Forum für das institutionelle deutsche Pensionswesen

Neulich in München:

Beides zusammen geht (nicht)?

Ist der Bezug von Betriebsrente und Geschäftsführer-Vergütung gleichzeitig möglich? Ja, durchaus, entschied der BFH jüngst erneut, aber nur unter bestimmten Voraussetzungen. Dass die Alten weiter fleissig sind, ist dabei nur eine – aber häufige – Ausprägung eines steuerrechtlichen Komplexes, der ständig vor deutschen Finanzgerichten verhandelt werden muss.

Nach Erreichen der Altersgrenze weiterarbeiten und parallel eine bAV beziehen – in das Thema ist auf der Ebene der Angestellten neulich durch den Wegfall der Hinzuverdienstgrenzen Bewegung gekommen. Doch auch auf der Ebene der Chefs gibt es neues – rund um eine uralte Problematik:

Denn der Streitkomplex GGF-bAV-vGA insgesamt hat in der deutschen Finanzgerichtsbarkeit schon eine echte Tradition entwickelt. Dazu genügt ein Blick selbst auf die jüngere diesbezügliche Berichterstattung auf LEITERbAV: Man denke nur an:

Beides gleichzeitig?

Auch wenn wie in der Praxis häufig der Chef als Betriebsrentner weiterarbeitet, stellt sich seit jeher die Frage nach der vGA – und beschäftigt häufig die Gerichte. Und hier hat der BFH just entschieden: Es kommt drauf an.

Der Bundesfinanzhof in München.

Denn im Frühjahr stand das Thema erneut auf der Agenda des höchsten deutschen Finanzgerichtes. Kernfrage auch hier: Können Betriebsrente und Gehalt für einen GGF gleichzeitig ausbezahlt werden, ohne dass der Tatbestand der vGA erfüllt ist? Am 15. März hat der BFH mit der Entscheidung I R 41/19 nun in dieser Frage seine Rechtsprechung fortentwickelt – und klargestellt, dass dies in bestimmten Fällen, auch ohne Anrechnung, steuerlich nicht zu beanstanden ist.

Die Longial hat die Causa, die auch schon auf dem jüngsten aba-Forum Steuerrecht diskutiert worden ist, in einem kurzen Beitrag aufbereitet. Zunächst zu den Einzelheiten des Falls:

Die Rückkehr des Alten …

Eine GmbH hatte ihrem alleinigen GGF eine Versorgungszusage erteilt. Diese sah als Leistungsvoraussetzung u.a. das Ausscheiden aus den Diensten der Gesellschaft vor. Mit seinem Austritt nach Erreichen der Altersgrenze erhielt der GGF dementsprechend von der GmbH eine laufende Altersrente.

Jedoch: Die GmbH trennte sich von der Nachfolgerin des GGF bereits nach kurzer Zeit wieder. Daraufhin erhielt der GGF bei der GmbH erneut ein Anstellungsverhältnis als Geschäftsführer; Aufgabengebiet unverändert. Aber: Die Zahlung seiner Altersrente wurde ohne Unterbrechung fortgesetzt. Parallel erhielt er seine Geschäftsführer-Vergütung.

mit relativer Bescheidenheit

Wichtig: In Summe machten die Pensionszahlungen und das Gehalt jedoch gerade einmal 26% derjenigen Vergütung aus, welcher der GGF zum Ende seiner ersten Anstellung erhalten hatte.

Die Finanzverwaltung lehnte die steuerliche Anerkennung der parallelen Zahlung von Betriebsrente und Gehalt unter Hinweis auf die bisherige Rechtsprechung des BFH ab. Prompt ging der Fall durch die Instanzen – bis er so von Münster an die Isarbank kam.

Da wäre noch mehr gegangen

Ulrike Taube, Longial.

Doch just an dieser teils restriktiven Rechtsprechung, auf welche die Finanzverwaltung gesetzt hatte, hielt der I. Senat des obersten deutschen Finanzgerichts mit seinem Urteil vom 15. März nun nicht länger uneingeschränkt fest. „Seine grundsätzliche Haltung, wonach sich Zahlungen von Versorgung und Gehalt in aller Regel ausschließen, gab er zwar nicht auf“, erläutert Ulrike Taube, Geschäftsführerin der Longial, „doch die in diesem Zusammenhang entwickelten Grundsätze will der BFH nur noch auf uneingeschränkte Zahlungen angewendet wissen.“

Eine GmbH würde demnach einem GGF zwar nicht gleichzeitig sowohl die volle Versorgung als auch ein volles Gehalt zahlen können. Es sei aber auch nicht zu erwarten, dass ein pensionierter“ Geschäftsführer umsonst weiterarbeitet, so Taube weiter. Insoweit ist nach Einschätzung des BFH nachvollziehbar, wenn neben der Betriebsrente auch für die Tätigkeit als Geschäftsführer ein Gehalt bis zur Höhe der Differenz zwischen der Versorgung und den letzten Aktivbezügen aufgewendet wird – das wäre sichtlich mehr als es bei dem hier in Rede stehenden Sachverhalt der Fall war.

Niedrig heisst nicht automatisch vGA

Die Longial betont die Feststellung des Gerichts in der Urteilsbegründung, dass sich der Ansatz einer vGA hier auch nicht aus der Tatsache herleiten lässt, dass ein unüblich niedriges Gehalt vereinbart wurde. Bereits in früheren Entscheidungen hatte er ausgeführt, dass es Gesellschaftern vielmehr unbenommen sei, für die GmbH Dienstleistungen auch unter Marktwert zu erbringen, so die Düsseldorfer.

In der Praxis später mehr zahlen

„Das Urteil ist für die Praxis von nicht zu unterschätzender Bedeutung“, betont Taube. Denn dass GGF länger als ursprünglich geplant für ihre GmbH tätig bleiben, sehe man in der Beratung nicht selten.

Auch zu der Frage, wie eine diesbezügliche Regelung in einer Versorgungszusage aussehen kann, ist laut Longial der Urteilsbegründung ein Hinweis zu entnehmen:

 

Es ist zulässig, dass als Ausgleich fürd

en späteren Bezug eine erhöhte

Betriebsrente gezahlt wird.“

 

Nach Ansicht des BFH sei es unschädlich, wenn Versorgungszusagen für den Fall einer über das Pensionsalter andauernden Beschäftigung vorsehen, dass der Beginn der Zahlung der bAV unter Vereinbarung eines nach versicherungsmathematischen Maßstäben berechneten Barwertausgleichs aufgeschoben wird; Taube: „Es ist also zulässig, in Versorgungszusagen zu regeln, dass als Ausgleich für den späteren Bezug eine erhöhte Betriebsrente gezahlt wird.“

Entsprechend raten die Düsseldorfer dazu, schon bei Erteilen von Versorgungszusagen die Verankerung derartiger Regelungen zu prüfen – auch, um Herausforderungen bei der Anerkennung nachträglicher Änderungen zu vermeiden. Zur Technik: „Wer eine Versorgungszusage neu erteilt, kann beispielsweise erwägen, diese kongruent rückgedeckt mit einer Verfügungsphase zu gestalten“, erläutert die Longial-Chefin. „Die zugesagten Leistungen richten sich dabei nach den Leistungen der Rückdeckungsversicherung. Sieht die Zusage also vor, dass die Betriebsrente erst nach dem Ausscheiden gezahlt wird und bleibt der GGF über die Altersgrenze hinaus tätig, erhöht sich während der Verfügungsphase die Anwartschaft auf die Betriebsrente entsprechend der Entwicklung der Rückdeckungsversicherung.“

Die Entscheidung I R 41/19 des I. Senats des BFH findet sich hier.

Diskriminierungsfreie Sprache auf LEITERbAV

LEITERbAV bemüht sich um diskriminierungsfreie Sprache (bspw. durch den grundsätzlichen Verzicht auf Anreden wie „Herr“ und „Frau“ auch in Interviews). Dies muss jedoch im Einklang stehen mit der pragmatischen Anforderung der Lesbarkeit als auch der Tradition der althergerbachten Sprache. Gegenwärtig zu beobachtende, oft auf Satzzeichen („Mitarbeiter:innen“) oder Partizipkonstrukionen („Mitarbeitende“) basierende Hilfskonstruktionen, die sämtlich nicht ausgereift erscheinen und dann meist auch nur teilweise durchgehalten werden („Arbeitgeber“), finden entsprechend auf LEITERbAV nicht statt. Grundsätzlich gilt, dass sich durch LEITERbAV alle Geschlechter gleichermaßen angesprochen fühlen sollen und der generische Maskulin aus pragmatischen Gründen genutzt wird, aber als geschlechterübergreifend verstanden werden soll. Auch hier folgt LEITERbAV also seiner übergeordneten Maxime „Form follows Function“, unter der LEITERbAV sein Layout, aber bspw. auch seine Interpunktion oder seinen Schreibstil (insb. „Stakkato“) pflegt. Denn „Form follows Function“ heißt auf Deutsch: "hässlich, aber funktioniert".

© Pascal Bazzazi – LEITERbAV – Die auf LEITERbAV veröffentlichten Inhalte und Werke unterliegen dem deutschen Urheberrecht. Keine Nutzung, Veränderung, Vervielfältigung oder Veröffentlichung (auch auszugsweise, auch in Pressespiegeln) außerhalb der Grenzen des Urheberrechts für eigene oder fremde Zwecke ohne vorherige schriftliche Genehmigung. Die Inhalte einschließlich der über Links gelieferten Inhalte stellen keinerlei Beratung dar, insbesondere keine Rechtsberatung, keine Steuerberatung und keine Anlageberatung. Alle Meinungsäußerungen geben ausschließlich die Meinung des verfassenden Redakteurs, freien Mitarbeiters oder externen Autors wieder.