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Kassandra – Die kommentierte Presseschau zur bAV:

Hier kommt Wagenknecht!

Unregelmäßig freitags bringt LEITERbAV eine kommentierte Presseschau zur bAV. Heute: An Belanglosigkeit nicht zu überbieten. Altersvorsorge abseits der Fachleute. Zu wenig Beamte. Zu wenig Parteien. Doch jetzt kommt Wagenknecht!

VJ.de (11. September): „Linke will staatliche Förderung der privaten Altersvorsorge abschaffen.“

Das, was die Linke hier fordert, ist an Belanglosigkeit nicht zu überbieten. Beispiel Spitzensteuersatz, 53 %: lächerlich. Beispiel Beamte in die GRV: wäre richtig, aber wird natürlich nie kommen, und wird es noch so oft ins Spiel gebracht.

Das ist nur noch das Umsichschlagen einer Partei, die in dieser Form – so denn die Wagenknecht Partei kommt (s.u.) – in die endgültige Agonie geht.

ZDF (1. September): „Lanz & Precht: Gen Z und Baby Boomer – was macht eine Generation aus?“

Altersvorsorge abseits der Fachleute. Okay, das soll und muss es natürlich auch geben, und das kann man sich mal anhören (oder hier die Zusammenfassung in der Frankfurter Rundschau lesen). Gleichwohl dürfte das meiste hier für die LbAV-Leserschaft, für die u.a. der Umgang mit Demographie, Rentenpolitik und Vorsorge zum alltäglichsten Alltag gehört, nicht neu sein. Im Gegenteil, manches von dem, was dort von den beiden diskutiert wird, kann man in Form und Inhalt durchaus etwas banal finden.

Aber einen interessanten Aspekt, der sonst oft zu kurz kommt, reissen die beiden dann doch an: den der US-Demographie. Denn die USA sind der einzige große Geo-Akteur auf dem Planeten, der über eine gut ausbalancierte Demographie verfügt – einer seiner elementar und strategisch nachhaltigen Vorteile in dem Great Game (neben vielen anderen, aber das führte hier zu weit).

Jüngst erst, aber auch schon vor acht Jahren, schrieb Kassandra:

Das amerikanische Zeitalter – es fängt gerade erst an.“

OFF TOPIC – TO WHOM IT MAY CONCERN

Mallorca-Zeitung (18. Juli): Das ging schnell: Die Erbschaftsteuer auf Mallorca ist abgeschafft.“

Immerhin. In Deutschland fällt uns eher der Himmel auf den Kopf, als dass eine Steuer abgeschafft wird.

FAZ (9. September): „Linken-Politikerin Wagenknecht wird wohl eigene Partei gründen.“

Endlich. Eine neue Partei. Die gegenwärtige Malaise Deutschlands, so strittig man sie sehen kann, hat schließlich für jedermann offenkundig genau ZWEI Ursachen.

ERSTENS: Deutschland hat zu wenig Beamte!

ZWEITENS: Deutschland hat zu wenig Parteien!

Sehr gut also, dass sich die Ampel des erstgenannten Mangels schon länger annimmt und Sahra Wagenknecht offenbar künftig des zweiten.

(Nachtrag 16:22 Uhr: Aus der geneigten Leserschaft kam prompt der berechtigte, gar sehr berechtigte Hinweis: DRITTENS: Deutschland hat zu wenig Journalisten!)1

Im Ernst (und für den Fall, dass die Gründung wirklich erfolgt): Braucht Deutschland in der gegenwärtigen Lage noch eine Partei, namentlich noch eine Partei im Spektrum links der Mitte? Denn gerade dort knubbelt es sich doch allerorten. Da sind erst mal die Platzhirsche SPD und Grüne (der Dritte im Bunde, die Linkspartei, wird nun verschwinden). Außerdem die FDP, die mit bürgerlicher Liberalität noch so viel zu tun hat wie ein Hedgefonds mit dem Sozialismus; und schließlich eine Union, die seit Angela Merkel und auch unter Friedrich Merz nichts unversucht lässt, in sozialliberalen und grünen Gewässern zu fischen (und dabei nicht unerfolgreich ist).

Aber: Ist denn Wagenknecht überhaupt noch links? Oft hört man, dass sie aufgrund ihrer häufigen Äußerungen abseits des Mainstreams offenkunding keine linke Politikerin mehr sei und ihre zu gründende Partei keine linke sein werde. Wie die FAZ hier unter Berufung auf die Bild berichtet, plane Wagenknecht staatliche „Kontrollorgane“, die „überwachen, was Betriebe herstellen und was nicht“ und fordere „staatlich regulierte Höchstpreise“; bei dem Turbo-Thema Migration hält sie sich wohl sehr bewusst zurück; schlau genug, sich hier nicht ins Abseits zu manövrieren, ist sie ohne weiteres. Nur soviel also zu ihrer bürgerlichen Liberalität.

Gleichwohl wird sie, so die Gründung denn kommt, jetzt natürlich zunächst sehr erfolgreich sein und ihre Rolle finden – irgendwo zwischen Partner für linke Koalitionen und Edel-Opposition, die man durch die Talkshows reichen wird.

Wie dem auch sei: Bis zur Bundestagswahl ist noch hin, und viel Wasser wird den Rhein runter fließen. Stand heute (morgen kann schon wieder alles anders sein) dürften alle Parteien an Wagenknecht verlieren – zuvorderst dürfte die AfD einiges an ihrem neugewonnenen Potenzial abgeben dürfen, die Partei Die Linke dürfte in ihrer jetzigen Form im wohlverdienten Orkus der Geschichte verschwinden (immerhin dann wieder eine Partei weniger, das ist gut), aber auch SPD, Union, Grüne und selbst die FDP dürften Punkte an die neue Partei verlieren – und für die FDP wird es dabei wie bei der Linken mangels strategischer Tiefe (Fünf-Prozent-Hürde) um alles oder nichts gehen, um Sein oder Nicht-Sein.

Und wie geht das danach weiter? Das Thema Wagenknecht-Partei wird uns alle nicht auf Dauer begleiten. Denn wie die Geschichte der Parteigründung Wagenknechts dann mittelfristig weitergehen wird, ist hier schon ausreichend dargelegt worden.

Das zur heutigen Headline anregende Kulturstück findet sich hier.

1) Der Hinweis ist natürlich völlig richtig. Allerdings kann LEITERbAV, von diesem Staat lediglich als reines Steuersubjekt betrachtet, hier wenig Abhilfe schaffen. Mehr Journalistenstellen zu schaffen wäre doch eher die Aufgabe der mit Steuer – und Abgabengeldern aller Art allimentierten privaten wie öffentlich-rechtlichen Medienhäuser und Journalistenkollegen – die sich teilweise bekanntlich von der Bundesregierung direkt und unmittelbar sponsern lassen).

Diskriminierungsfreie Sprache auf LEITERbAV

LEITERbAV bemüht sich um diskriminierungsfreie Sprache (bspw. durch den grundsätzlichen Verzicht auf Anreden wie „Herr“ und „Frau“ auch in Interviews). Dies muss jedoch im Einklang stehen mit der pragmatischen Anforderung der Lesbarkeit als auch der Tradition der althergerbachten Sprache. Gegenwärtig zu beobachtende, oft auf Satzzeichen („Mitarbeiter:innen“) oder Partizipkonstrukionen („Mitarbeitende“) basierende Hilfskonstruktionen, die sämtlich nicht ausgereift erscheinen und dann meist auch nur teilweise durchgehalten werden („Arbeitgeber“), finden entsprechend auf LEITERbAV nicht statt. Grundsätzlich gilt, dass sich durch LEITERbAV alle Geschlechter gleichermaßen angesprochen fühlen sollen und der generische Maskulin aus pragmatischen Gründen genutzt wird, aber als geschlechterübergreifend verstanden werden soll. Auch hier folgt LEITERbAV also seiner übergeordneten Maxime „Form follows Function“, unter der LEITERbAV sein Layout, aber bspw. auch seine Interpunktion oder seinen Schreibstil (insb. „Stakkato“) pflegt. Denn „Form follows Function“ heißt auf Deutsch: "hässlich, aber funktioniert".

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