Wohl kaum ein Phänomen steht so oft auf der Agenda des Dritten Senats des Bundesarbeitsgerichts wie die Liebe – genauer: wer ihrer wegen was wann wieviel an wen zahlen muss. Unzweideutig pocht das höchste deutsche Arbeitsgericht darauf, dass Arbeitgeber sich in ihren Versorgungsordnungen klar ausdrücken müssen. Nicht zum ersten Mal übrigens.
Am 2. Dezember war es wieder soweit. Diesmal ging es um Hinterbliebene. Tenor der Entscheidung:

„Eine Versorgungsregelung in einer Betriebsvereinbarung, wonach eine Witwen-/ Witwerrente entfällt, wenn die Ehe zum Zeitpunkt des Ablebens des Anwärters geschieden ist oder wenn sie erst nach Beginn der Altersrentenzahlung geschlossen wurde, schließt eine Witwen-/Witwerrente nicht aus, wenn die Ehe zwar nach dem vorzeitigen Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis, aber vor dem Beginn des Altersrentenbezugs geschlossen wurde.“
Zu den Einzelheiten des Falls 3 AZR 212/21, wie das BAG ihn schildert:
Die Klägerin war mit einem ex-Arbeitnehmer der Beklagten verheiratet. Aber: Diese Ehe war erst nach vorzeitigem Ausscheiden des Berechtigten mit einer gesetzlich unverfallbaren Anwartschaft bei der Beklagten geschlossen worden. Der Bezug der Altersrente erfolgte allerdings noch später. Also folgende Reihenfolge: Arbeiten – Ausscheiden – Eheschließung – Altersrente.
Bei der Beklagten gilt eine Betriebsvereinbarung, die eine Witwen-/Witwerrente vorsieht. Diese entfällt danach, wenn „die Ehe zum Zeitpunkt des Ablebens des Anwärters geschieden ist“ oder wenn sie „erst nach Beginn der Altersrentenzahlung geschlossen wurde“.
Die Beklagte trug vor, eine Witwenrente sei darüber hinaus ausgeschlossen, wenn die Ehe nach vorzeitigem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis, aber vor dem Beginn der Altersrentenzahlung eingegangen wurde. Sie verweigerte daher die Zahlung einer Witwenrente an die Klägerin.
„Versorgungsregelungen, die eine Hinterbliebenenversorgung ausschließen oder beschränken sollen, sind hinreichend klar zu fassen.“
Das ArbG hat der Klage im Grundsatz stattgegeben, das LAG Bremen hat auf die Berufung der Beklagten die Klage mit Urteil vom 14. Januar 2021 – 2 Sa 123/19 – insgesamt abgewiesen.
Nun also Erfurt, und die Revision der Klägerin hatte vor dem Dritten Senat im Wesentlichen Erfolg. Die Klägerin hat Anspruch auf eine Witwenrente.
Der Senat betont ausdrücklich (und i.A. nicht zum ersten Mal): Versorgungsregelungen, die eine Hinterbliebenenversorgung ausschließen oder beschränken sollen, sind hinreichend klar zu fassen. Enthalten die Bestimmungen ausdrückliche Ausschlusstatbestände, nicht jedoch für den Fall, dass die Ehe nach dem vorzeitigen Ausscheiden, aber vor dem Beginn der Altersrentenzahlung geschlossen wurde, kann insoweit kein Ausschluss angenommen werden. Aus der gesetzlich unverfallbaren Anwartschaft folgen dann nach dem Ableben des unmittelbar versorgungsberechtigten Arbeitnehmers Ansprüche auf Hinterbliebenenversorgung.
Wie eingangs erwähnt, muss der Dritte Senat sich des öfteren mit dem Komplex Liebe, Ehe und Versorgung auseinandersetzen, nur ein paar Beispiele:
Handlungsbedarf in Versorgungsbestimmungen:
Erfurt und das Glück der späten Liebe
von Dr. Uwe Langohr-Plato, 31. März 2016
Unangemessen, aber damals rechtens
von Pascal Bazzazi, 7. März 2017
von Pascal Bazzazi, 12. Dezember 2018
Mal wieder Handlungsbedarf bei Zusagen mit Beschränkung der Hinterbliebenenversorgung:
von Nadine Wolters und Elisabeth Lapp, 22. März 2021