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Neulich in Düsseldorf:

Unangemessene Benachteiligung

Eine Betriebsrente wegen Erwerbsminderung ist auf Antrag rückwirkend zu gewähren. Pikant: Besonders bei Nachweisen der Erwerbsminderung sollten EbAV und Arbeitgeber gegenüber dem Betriebsrentner halblang machen, zumindest wenn deren Vorlage mit Stichtagen verbunden wird.

 

Das LAG Düsseldorf hat entschieden, dass eine Betriebsrente wegen Erwerbsminderung rückwirkend zu gewähren ist. Eine entgegenstehende Bestimmung in den AVB einer Pensionskasse, die eine Antragstellung unter Vorlage von Nachweisen verlangt und zugleich die Betriebsrente erst ab dem Monat der Antragstellung gewährt, sei unwirksam. Das LAG erläutert den Fall (gerafft):

 

Der 1957 geborene Kläger war von 1973 bis2005 bei der Beklagten beschäftigt. Mit seinem Ausscheiden hatte er eine Anwartschaft auf Betriebsrente gegenüber der Pensionskasse der Firma und gegenüber der Firma erworben. Auf seinen Antrag und nachfolgenden Widerspruch bewilligte die Deutsche Rentenversicherung dem Kläger 2015 rückwirkend zum 1. Februar 2013 eine gesetzliche Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung. Am 23. November 2015 beantragte der Kläger bei der Pensionskasse und der Firma Betriebsrente. Diese wurden ihm ab dem 1. November 2015 mit 540,80 Euro brutto monatlich (Pensionskassenrente) und 119,32 Euro brutto monatlich (Firmenleistung) bewilligt. Eine rückwirkende Leistung lehnten die Beklagten ab.

 

Auf seine Klage hin hat die 6. Kammer des LAG Düsseldorf dem Kläger rückwirkend für die Zeit vom 1. Februar 2013 bis zum 31. Oktober 2015 insgesamt 21.783,96 Euro brutto an Betriebsrente (33 x 540,80 + 33 x 119,32) zugesprochen.

 

Grundsätzlich sei es zwar zulässig, bei vorzeitig ausgeschiedenen Mitarbeitern für die Gewährung der Betriebsrente ein Antragserfordernis vorzusehen. Regelungen in AVB, wonach bei der Antragstellung Nachweise vorzulegen sind und zugleich die Betriebsrente erst ab dem Monat der Antragstellung gezahlt werde, benachteiligen die Arbeitnehmer indes unangemessen (§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB).“

 

Exakt das ist laut LAG hier der Fall gewesen:

 

Die Formulierung in den AVB als Mussvorschrift schließt eine Antragstellung ohne Nachweise aus. […] So besteht selbst dann kein Anspruch auf Betriebsrente wegen Erwerbsminderung, wenn der Rentenversicherungsträger und/oder ein Amts- bzw. Werksarzt zunächst zu Unrecht das Vorliegen einer Erwerbsminderung verneint haben. Der Beginn der Bezugsberechtigung wird damit davon abhängig gemacht, wie zügig und sorgfältig ein Sachbearbeiter bei der Rentenversicherung bzw. ein Amts- oder Werksarzt im konkreten Fall arbeitet.“

 

So geht das aber nicht, denn:

 

Diesem Nachteil stehen keine schützenswerten Interessen der Pensionskasse entgegen. Zwar hat die Kasse ein berechtigtes Interesse daran, nur bei nachgewiesener Erwerbsminderung Leistungen zu erbringen. Ausreichend ist es aber, ein Antragserfordernis vorzusehen, ohne dies zugleich mit der Vorlage von Nachweisen zu verbinden. Ab dem Zeitpunkt des einfachen Antrags können Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten gebildet werden. Aufgrund der unangemessenen Benachteiligung i.S.v. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB sind diese AVB – jedenfalls bezogen auf die Erwerbsminderungsrente – unwirksam. Der Kläger konnte die Betriebsrente rückwirkend verlangen. Für die Firmenleistung galt nichts anderes.“

 

Das LAG hat die Revision zugelassen. Das Urteil zu dem Verfahren 6 Sa 983/16 war schon am 22. Dezember 2017 gefallen, ist vom LAG aber erst jetzt kommuniziert worden. Vorinstanz war das ArbG Solingen, Urteil vom 22.09.2016 – 3 Ca 459/16.

 

In den beanstandeten AVB der Kasse hatte es laut LAG geheißen:

 

§ 5 Leistungen der Kasse

1. Die Kasse gewährt Mitgliedsrenten (§ 6, § 14 Nr. 3 und 4), Hinterbliebenenrenten (§ 8, § 14 Nr. 5, § 15 Nr. 7) und Beitragsrückerstattung (§ 10).

2.

3. Die Leistungen sind von der oder dem Bezugsberechtigten oder der Firma unter Vorlage der vom Vorstand verlangten Nachweise schriftlich bei der Kasse zu beantragen.

4. Die Rentenleistungen werden in Euro monatlich nachträglich unbar erbracht.

Sie beginnen nach Eintritt des Versorgungsfalles

– für ordentliche Mitglieder mit dem Tag nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses bzw. mit Beginn der vorübergehenden Pensionierung durch die Firma,

– in allen übrigen Fällen mit dem ersten Tag des Monats, in dem der Rentenantrag bei der Kasse eingeht, …“

Anm.: Als vorzeitig ausgeschiedener Arbeitnehmer ist der Kläger außerordentliches Mitglied der Pensionskasse, für den § 5 Nr. 4 zweiter Spiegelstrich gilt.“

 

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