Unregelmäßig freitags bringt PENSIONS●INDUSTRIES eine kommentierte Presseschau zur bAV. Heute: Thema No. 1 für die Pensionskassen, im Frankfurter Ostend wird zum achten Mal in einem Jahr aufs Gas getreten, welche Gerüchte es in den USA gibt, wer am Ende doch der beste Kaufmann ist, aus Gewerbe Wohnen machen, dann notfalls an den Staat vermieten … und Deutschland hat endlich wieder eine Sonder-AfA!
WTW (3. Juni): „Pensionskassen fordern von der neuen Bundesregierung gezielte Entlastung bei Regulatorik.“
Ende Mai WTW-Pensionskassentag 2025 „Innovation trifft Tradition“, 60-PK-Vertreter und bAV-Experten nehmen teil, werden wie stets von WTW nach ihre Prioritäten befragt: Thema No 1? Schärfung der Proportionalitätsprinzips! 38% votierten hierfür, dicht gefolgt von der Forderung nach vollständiger Umsetzung des BRSG 2.0-E (29%).
Für Hanne Borst ist klar: „Pensionskassen fordern mehr Flexibilität und weniger Komplexität, langfristig stabil und effizient agieren zu können.“ Das heiße, so die Leiterin Retirement Deutschland bei WTW, um rechtssichere Umsetzung regulatorischer Vorgaben ohne übermäßige Detailverregelung.
Es reicht, den Alltag deutscher Pensionskassen aus der Ferne zu beobachten, um das nachvollziehen zu können. Man kann sich immer nur aufs Neue wundern, dass Arbeitgeber, die sich kerngeschäftsfremd in der Altersvorsorge ihrer MA engagieren, direkt oder mittelbar über ihre EbAV, zum Dank mit Regulierung überschüttet werden.
Es sei daran erinnert, dass der EU-Rechnungshof EbAV neulich allen Ernstes als „Finanzinstitute“ definiert hat. Man fragt sich: Kann’s nur besser werden? Oder geht schlimmer immer?
Übrigens standen auf dem WTW-PK-Tag DORA (seit Anfang 25 inkraft) sowie mögliche Vorteile von Alternatives in der SAA von EbAV auf der Agenda.
Thema neue Infra-Quote: Neun PK gaben auf dem Tag an, hier bereits konkret einzusteigen. Acht planen keine Anwendung, drei sind in der Konzeptionsphase, sieben sehen mittelfristig Potenzial.
Ausführliche Berichterstattung zu dem WTW-PK-Tag erfolgt in Kürze auf PENSIONS●INDUSTRIES.
Metzler Capital Markets (6. Juni): „Einschätzung zur Zinssenkung der EZB.“
Gestern, Frankfurter Ostend, Zinssenkung der EZB, und wie Metzler in Erinnerung ruft: nicht weniger als bereits die achte (!) innerhalb eines Jahres.
Die Lage ist ambivalent: Einerseits ertrinkt diese Welt überall in einem Meer von Schulden; das ist zwar nichts Neues, aber die Dynamik hält halt weiter an.
Andererseits hat derzeit wohl keine einzige Notenbank der Welt Zinserhöhungen auf der Agenda. Vielleicht senken sie nicht alle im Gleichschritt, aber Erhöhungen scheinen auf diesem Globus ausgeschlossen.
Neulich haben Auktionen, namentlich in Japan und den USA, gezeigt, dass Anleger durchaus eine gewisse Reserviertheit gegenüber Sovereigns an den Tag legen können. Entsprechend der Anstieg der Renditen. Gerade für die USA kommt das zur echten Unzeit, sind doch deren massive Staatsschulden derzeit in aller Munde – und enorme Refinanzierungsrunden stehen vor der Tür.
Ist in Europa alles viel besser? Keineswegs. Dass die Lage in Frankreich prekär ist, ist bekannt. Aber auch Deutschland hat jüngst die Renditen nach oben getrieben, weil es selber Gefahr läuft, sehenden Auges in die fiskalische Überdehnung zu taumeln (erneut, man muss das positiv sehen: Bevor die anderen Euro-Staaten Schulden machen, für die wir haften, machen wir die Schulden jetzt lieber gleich selbst).
Außerdem wird Kassandra nie müde zu betonen, dass bei richtiger Rechnung die Bundesrepublik keinesfalls relativ niedriger verschuldet ist als die USA; schon 2005 konnte man von 5-7 Bio. Euro Staatsschuld ausgehen, Prof. Raffelhüschen ermittelte für die Gegenwart vor zwei Jahren schon fast 18 Bio. Euro.
Dagegen stehen die USA, Pensions-seitig auch im öffentlichen Sektor bestens gefundet, regelrecht solide da.
Sehen wir also, dass die Zinsen gegen den Willen der Notenbanken steigen, gepaart mit fiskalischer Überforderung und Refinanzierungs-Insuffizienz der großen Staaten? Das wäre nun wirklich ein echtes Krisenszenario. Ergo: Man darf gespannt sein, ob die alte Tante QE beizeiten wieder das Parkett betreten wird – mit allen (un-)absehbaren Konsequenzen!
Übrigens: Eine spannende Frage wird sein, wie vulnerabel Japan und seine Währung wirklich sind. Immerhin sind BoJ und GPIF nicht zuletzt Owner von Real Assets in gigantischem Ausmaß, weil sie klugerweise QE nie nur genutzt haben, um Nominale zu kaufen, sondern v.a. heimische Aktien (zusammen insg. wohl umgerechnet ca. 1. Bio. Euro). Abzuwarten bleibt, ob die Märkte das irgendwann, sollte es zu globalen geldpolitischen Krisen kommen, als Stabilitätsfaktor einer Währung identifizieren. Überraschend wäre das jedenfalls nicht, im Gegenteil.
Wie dem auch sei: spannende Zeiten – besonders für institutionelle Anleger.
Portfolio Inst. (3. Juni): „Wenn aus Büros Studentenwohnungen werden.“
Stets aktuelles Thema Ambivalenz des Real Estate Marktes, in dem den hemmenden Faktoren Zins, Wirtschaftsschwäche und unklare Regulierung einzig die Nachfrage als Treiber gegenübersteht:
Hier ein aktuelles Beispiel aus Berlin, wie ein institutioneller Investor, in dem Fall die Allianz, eine leerstehende BüroImmobilie in Berlin abgibt, während der Käufer nun die Umwidmung in Kleinwohnungen vornehmen will.
Genau das ist das Thema, welches hier schon seit langer Zeit und mehrfach von Kassandra antizipiert wird: die Umwidmung überschüssiger Gewerbeimmobilien in Wohnraum.
Der Käufer will nun mitten in Berlin Kreuzberg Wohnungen für Studenten und junge Berufstätige einrichten. Die Vermietung sollte ein leichtes sein, denn Lage und Perspektive des Berliner Wohnungsmarktes sind nicht weniger als katastrophal. Größte Herausforderung für den Vermieter dürfte es werden, den Ansturm zu bewältigen.

Und wenn nicht? Dann kann der Vermieter immer auch noch einen (nicht ganz so) kleinen politischen Redite-Turbo einschalten und auf den Staat als Nachfrager setzen, auch das ist hier schon mehrfach thematisiert worden. Denn die Taschen dieses Staates sind ebenso tief wie sein auf ihm lastender Druck in dem Power-Thema Migration groß ist. Das gilt besonders für Berlin. Es gibt zahlreiche Beispiele, die dokumentieren, dass Berlin bei der Unterbringung von Geflüchteten bereit ist, absolute Mondpreise zu bezahlen – Crowding out at its best. Wie die Welt hier berichtet, versucht ein Investor in Rott am Inn genau diesen Weg zu beschreiten – allerdings mit einer Gewerbeimmobilie, die ungleich unattraktiver ist als die in Berlin Kreuzberg (wohlwollend ausgedrückt, sogar von Quecksilber-Belastung ist die Rede).
Und die Politik? Wie sehr diese nach wie vor mit gebetsmühlenartiger Phrasendrescherei, gepaart mit großer Naivität, auf die ständig prekärer werdende Wohnungsfrage blickt, konnte man erst vorgestern bei Markus Lanz wunderbar unterhaltsam beobachten. Hier also erneut die alte Kassandra-Mahnung: unvermietbare Gewerbeimmobilien in Wohnungen, bevorzugt Kleinwohnungen umwidmen, und dann auf den Staat als Mieter setzen. Schon klappt’s mit der Rendite (das S des ESG gibt’s kostenlos dazu). Bei Hotels sowieso, aber auch bei Alten- und Pflegeheimen, selbst wenn diese gut belegt sind, ist das schon gang und gäbe, besonders in Berlin. Hamburg setzt bereits auf Zelte.
Sorge, dass die neuen Zurückweisungen an den Grenzen nun die Einwanderung stoppen könnten, muss niemand haben. Die Zurückweisungen sind punktuell, und abgesehen davon sind die Pull-Faktoren Deutschlands viel zu attraktiv, als dass der Zustrom abheben könnte. Bei solchen Pull Faktoren, wie sie die weiter intakte Willkommenskultur ins Schaufenster stellt – Sozialleistungen, Wohnraum, Einbürgerung –, werden die Menschen weiter herkommen; irgendwelche Grenzkontrollen werden sie nicht aufhalten. Die Flüge aus Afghanistan gehen übrigens auch erst mal weiter. Und hier gibt es in englischsprachigen Medien Gerüchte, dass die Amerikaner die Bewohner des Gazastreifens praktisch nach Libyen evakuieren wollen. Das sind erst mal nur Gerüchte, aber wenn das Realität werden sollte, muss man kein Prophet sein, um zu wissen, dass Libyen hier nur ein Zwischenstopp auf dem Weg nach Europa, namentlich nach Deutschland wäre. Alle wissen es, keiner sagt es.
Und: Abzuwarten bleibt, ob der Staat irgendwann hier auch Gelder aus den neuen Infra-Paketen nutzen wird. Dann dürften aus besagten Mond- schnell Marspreise werden.
Das alles ist hier wie stets rein ökonomisch gedacht; politisch und ethisch muss das ein jeder bewerten, wie er es für richtig hält.
Bild (12. Mai): „Wegen 36 Zentimetern wird mein Zuhause abgerissen.“
Es gibt nicht viel dazu zu sagen, nur zwei Dinge:
Erstens: Wenn es mit Frauenhaus nicht geklappt hat, sei auch diesem Hauseigentümer geraten, es ggf. mit Flüchtlingsheim zu versuchen. Da ist der besagte Handlungsdruck der Städte und Gemeinden ungleich höher als im normalen Wohnungsbau, und deshalb sind sie auch mit Genehmigungen schneller zur Hand. Im übrigen gelten dann auch sichtlich liberalere Bauvorschriften.
Zweites: Wie stets sei davor gewarnt, bei solch dem oberflächlichen Betrachter typisch deutsch anmutenden Bürokratiestreichen des Amtsschimmels hier eine teutonische Landessitte zu vermuten. Im Gegenteil: Das Überborden der Bürokratie ist in praktisch keinem Land der Welt besser als hier – es geht sogar noch viel virtuoser. In Kürze wird man exakt zum Bauwesen auf Mallorca dies hier auf einer neuen, kommenden Schwester-Plattform studieren können.
Portfolio Inst. (27. Mai): „Umgekehrter Home-Bias“ bei Infrastruktur.“
Nochmal Anleihe bei der Portfolio: Das Magazin berichtet auf Basis eines BAI-Reports über das Infrastruktur-Angebot in Deutschland. Die an sich äußerst gefragte Asset-Klasse allokieren deutsche Institutionelle offenbar v.a. im Ausland, die von der Portfolio gewählte Headline sagt alles.
Als Beleg zitiert der Report Maximilian Cosack, Head of Private Assets der Huk-Coburg AM, dass anders als bei Real Estate bei Infrastruktur der Fokus explizit nicht auf deutschen Projekten und dieser Anteil nur rund 15% liegt (v.a. Photovoltaik und Windkraft).
Neu ist das ganze nicht, der BAI hat vor gut einem Jahr bereits ähnliche Ergebnisse thematisiert.
Diese Realität harmoniert bislang noch mit der nachhaltigen Skepsis, welche hier ausdrücklich mit Blick auf die ambitionierten Pläne der neuen Bundesregierung mit ihren Infra-Paketen geäußert worden ist.
Ob die Briten es besser machen? Jedenfalls hat die Allianz gestern mit Inbrunst vermeldet: „Mit Investition deutscher Vorsorgesparer: Londons Abwassertunnel ist fertig“. Die Investition deutscher Vorsorgesparer in die britische Abwasser-Infrastruktur beträgt übrigens 5,4 Mrd. Euro. Wie dem auch sei, zum industriepolitischen Geschick, das unsere neue Bundesregierung an den Tag legt, passt der folgende Kommentar:
Bayerischer Rundfunk (3. Juni): „Förderung von E-Autos: Steuervorteile für Unternehmen geplant.“
Deutschland legt los: Der neue BMF Lars Klingbeil will Unternehmen ermöglichen, bis Ende 2027 75% der Anschaffung eines E-Autos direkt abzusetzen.
Kassandra würde das anders nennen:
Endlich eine Sonder-AfA für BYD und Tesla – 非常感謝 und thank you very much.
OFF TOPIC – TO WHOM IT MAY CONCERN
VJ.de (6. Juni): „41.000 Dollar-Millionäre weniger in Deutschland.“
Das muss nicht überraschen und auch nicht grämen. Dass weniger Menschen wohlhabend sind und der Reichtum eines Landes sich auf weniger Köpfe verteilt, sind die normalen Side-Effects eines jeden ökonomisch-industriellen Niedergangs. Nur prosperierenden Nationen gelingt es, Verteilungsungleichgewichte abzubauen; niedergehenden nie (das gleiche gilt bekanntlich für das Erhalten nachhaltiger Sozialsysteme).
Im übrigen dürfte der Rückgang der Millionäre in Deutschland auch mit der seit Jahren dynamisch anziehenden Auswanderung zu tun haben. Wer hier bevorzugt das Land verlässt, ist ja wohl hoffentlich jedem klar.
Berliner Zeitung (20. Mai): „Kräftiger Anstieg: Trotz Krieg gibt es in der Ukraine mehr Einkommens-Millionäre.“
Auch das muss nicht überraschen. Die Belesenen unter der Leserschaft wissen es ohnehin: Der Krieg ist mit Heraklit nicht nur der Vater aller Dinge, sondern mit Schiller auch der beste Kaufmann: Er macht aus Eisen Gold.
