Regelmäßig freitags bringt LEITERbAVeine kommentierte Presseschau zur bAV. Heute: Träumereien. Und eng, enger, am Trumpsten…
FAZ (13. August): „Rente mit 63 lockt Facharbeiter in den Ruhestand.“
Was in der bAV im Kleinen gilt, gilt industrie- und arbeitsmarktpolitisch im Großen: Good Governance ist ein Asset, das der Staat fiskalisch ganz umsonst bekäme – so er denn in der Lage wäre, es zu kreieren.
Gutes Beispiel ist die Rente mit 63, die laut FAZ zu vier Fünfteln gestandene Arbeitnehmer in den frühen Ruhestand zieht und in groteskem Gegensatz steht zu den industrie- und arbeitsmarktpolitischen Notwendigkeiten, mit denen Deutschland heute – und morgen – konfrontiert ist. Fachkräftemangel hausgemacht!
Welt (23. August): „Mit der Diesel-Strafe saniert VW den Amerikanern die uralte Infrastruktur.“
Zum ersten kann man wahrhaft nur staunen kann, was passiert, wenn US-amerikanische Konsequenz, Durchsetzungsfähigkeit und sicher auch Cleverness auf dummdreiste deutsche Planlosigkeit trifft.
Zum zweiten betrifft die Angelegenheit ein wenig auch die bAV. Denn das Geld, was hier nun in die US-Infrastruktur fließt, hätte VW ja beispielsweise auch an die Aktionäre ausschütten können. Es sei daher wiederholt, dass die Angelegenheit wegen der in vielen Staaten anfallenden kommenden Strafen, Rückforderungen, Nachrüstungen und Umsatzausfälle die Deutschen – Steuerzahler, Vorsorgesparer, Kleinaktionäre bAV-Berechtigte – zig Milliarden kosten wird. Schließlich ist VW via Niedersachen nicht nur teils in Steuerzahlerbesitz, sondern wohl auch in den allermeisten deutschen Depots vertreten – seien sie institutionell oder privat.
Daher seien auch nochmal die Größenordnungen ins Bewusstsein gerufen: von 21,6 Milliarden Euro Kosten infolge der Abgasaffäre spricht der Welt-Artikel. Ordnen wir das in die auf unserem Parkett gängigen Größeneinheiten ein. Der VW-Konzern hat Ende 2015 rund ausgewiesen:
Barwert der extern finanzierten Verpflichtungen: 12,1 Milliarden Euro.
Beizulegender Zeitwert des Planvermögens: 9,67 Milliarden Euro.
Barwert der nicht über einen Fonds finanzierten Verpflichtungen: 25,12 Milliarden Euro.
Und der Vollständigkeit halber noch die laufenden DC-Beiträge: 1,98 Milliarden Euro.
Ergo: Stand heute übersteigt der vorläufig quantifizierbare Schaden aus der Abgasaffäre (von dem nicht quantifizierbaren ganz zu schweigen) offenbar das Doppelte der konzerneigenen Planvermögen.
Und sollte man sich als Deutscher nun grämen wegen den USA? Nein, denn: Der Betrug ging von einem halbstaatlichen Unternehmen in Deutschland aus, doch die gesamte Aufarbeitung – Ermittlung, Aufdeckung, Buß- und Strafgelder, Entschädigung der Kunden bis hin zur strafrechtlichen Würdigung – erfolgte so gut wie ausschließlich durch US-Behörden und in den USA. Handlungsfähigkeit respektive -bereitschaft der Bundesrepublik Deutschland und ihrer Ämter und Behörden in dieser Causa: abgesehen von Einzelaktionen Totalausfall.
manager magazin (22. August): „Größte Sparkasse fordert Strafzins von reichen Kunden.“
WirtschaftsWoche (22. August): „US-Notenbanker Kaplan erwartet drei bis vier weitere Zinsanhebungen.“
Zwei Meldungen, wie sie gegensätzlicher nicht sein könnten: In Euroland verharrt die Geldpolitik im negativen Zinsumfeld (während gleichzeitig sogar die statistische Inflation weiter sichtlich anzieht). Die USA mit der FED dagegen arbeiten sich sukzessive aus dem Krisenmodus heraus (und legen sich damit anders als die europäischen Notenbanken trockenes Pulver beiseite, um beizeiten auf die nächste Krise reagieren zu können).
Passender Auszug aus dem WiWo-Artikel: „An den Börsen wird mit weiteren Schritten gerechnet, weil die US-Wirtschaft heiß läuft. Die Inflation ist so hoch wie seit sechs Jahren nicht und die Arbeitslosigkeit so gering wie seit rund 20 Jahren – auch dank Trumps radikaler Steuerreform.“
Besteht denn die Aussicht, dass Euroland hier beizeiten nachziehen könnte? Nach Meinung Kassandras bekanntlich nicht. Es sei zum x-ten Mal wiederholt: Angesichts der Multiproblemlage Europas – Griechenland- und Staatsschuldenkrise, wirtschaftliche Stagnation und technologischer Rückfall in den EU-Südstaaten, militärische Konflikte und Failed States unmittelbarer vor der europäischen Peripherie (Libyen, Syrien, Ukraine), drohendes Brexit-Chaos, steigende Terrorgefahr und last but not least die äußerst kostspielige Migrationsfrage – sollte Euroland ausgerechnet jetzt zusätzlich noch mit höheren Zinsen fertig werden können? Für Kassandra sind das Träumereien. Schließlich hat Europa auf all diese Herausforderungen keine einzige strategische Antwort – außer der des billigen Geldes.
Und jetzt tritt noch eine taumelnde Türkei hinzu, wobei die Folgen fast ausschließlich Europa treffen und – ausgerechnet – den mühsam und mit viel Steuerzahlergeld halbwegs stabilisierten südeuropäischen Bankensektor erneut ins Wanken bringen können. Und gerade dieses Türkei-Spiel, in dem die USA ein strategischer Akteur sind, können sich just die Amerikaner relativ entspannt von der Seitenlinie aus ansehen.
Wie dem auch sei, jeder Pensionsinvestor tut weiter gut daran, ein weiteres geld- und zinspolitisches Auseinanderlaufen der großen Währungsräume samt aller Folgen für Wechselkurse und auch Märkte in sein Kalkül stets einzubeziehen.
Gleichwohl stellt sich in jedem Fall die Frage, ob vielleicht die USA in eine Regierungskrise durch einen Rücktritt oder eine Amtsenthebung Donald Trumps geraten könnten? Vielleicht kann ein Blick in deutsche Medien helfen, die Lage in den USA richtig einzuschätzen. Hier ein paar Auszüge aus deutschen Medien seit dem Trumpschen Amtsantritt Anfang 2017:
Bild (21. März 17): „Stürzt Trump?"
Bild (23. März 17): „Jetzt könnte es ganz eng für Donald Trump werden.“
Merkur (31. März 2017): „Wird es jetzt eng für US-Präsident Donald Trump?“
Süddeutsche Zeitung (17. Mai 17): „Impeachment – Wann es für Trump eng wird.“
Merkur (18. Mai 17): „Ist das der Anfang von Trumps Ende?“
Bild (9. Juni 17): „Wie eng wird es jetzt für Trump?“
Welt (15. Juni 17): „Für den US-Präsidenten wird es eng.“
RTL News (13. Juli 17): „Wird es jetzt eng für Donald Trump?
News.de (28. Oktober 17): „Donald Trump vor dem Aus?“
Berliner Zeitung (1. Dezember 17): „Jetzt wird es eng für Trump.“
ZDF (22. August 18): „Es könnte eng werden für Trump.“