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Das Forum für das institutionelle deutsche Pensionswesen


Die langen Schatten des BRSG II:

Alles hat kein Ende …

erst recht nicht die Rentenpolitik. Mehr noch als woanders gilt hier: Nach der Reform ist vor der Reform. Hiervon erfasst ist auch die bAV. In manch amtlicher Drucksache finden sich bereits bekannte und noch weniger bekannte Absichtserklärungen der Politik. Henriette Meissner blickt auf einige Details und wirft einen Blick auf die nähere Zukunft: von Ideen der zweiten Kammer, von Kleinen und Kleinsten, von einem BRSG 3.0, der Herz-Jesu-Fraktion und wessen Ende der Anfang der Digitalisierung ist.

Mit sichtlicher Erleichterung der großen Koalition wurde am 5. Dezember als Teil des Rentenpakets auch das BRSG II verabschiedet, das am 19. Dezember auf der Tagesordnung des Bundesrates steht.

Doch ist damit die Reform der Betriebsrenten aus Sicht der Politik erst einmal abgeschlossen? Ein Blick in den Bericht und die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit und Soziales, BT Drs 21/3085 vom 3. Dezember, bringt aufschlussreiche Erkenntnisse.

Kommt jetzt das Ende des Schriftformerfordernisses für U-Kassen und Pensionszusagen?

Das Ende des Schriftformerfordernisses ist der Beginn der Digitalisierung – auch die aba weist unermüdlich und immer wieder auf die nötige Modernisierung der §§ 4d, 5 und 6a EStG hin. Immerhin: Die Koalitionsfraktionen haben folgende Notiz am 3. Dezember im Ausschuss für Arbeit und Soziales zu Protokoll gegeben:

Die Fraktionen von CDU/CSU und SPD sind sich einig, dass die Möglichkeiten der Digitalisierung ausgeschöpft werden müssen. So können Bürger und Unternehmen durch die Nutzung digitaler Kommunikationswege und Nachweismöglichkeiten von bürokratischem Aufwand entlastet werden. Gleichzeitig müssen diese so ausgestaltet werden, dass effizientes, streitunanfälliges Verwaltungshandeln ermöglicht wird.

Daher soll zukünftig über den Inhalt des vorliegenden Gesetzentwurfs hinaus das Potential zur weiteren Nutzung digitaler Lösungen im Bereich der Bildung von Pensionsrückstellungen nach § 6a EStG, bei Versorgungszusagen über Unterstützungskassen (§ 4d EStG) und bei Jubiläumsleistungen (§ 5 Absatz 4 EStG) durch BMF in Zusammenarbeit mit BMAS geprüft werden.“

Zweifel für eine baldige Umsetzung bleiben

Wieso muss überhaupt „geprüft“ werden, ob es Potential zur Digitalisierung bei U-Kassen, Pensionszusagen und Jubiläumsleistungen geben könnte? Auch wenn es im Zeitalter von Smartphone und Internetbestellungen mit einem Mausklick für die meisten Abgeordneten unvorstellbar ist:

Schriftformerfordernis heißt tatsächlich Papier und Tinte! Und nicht: PDF, elektronische Unterschrift, Email oder Mausklick.

Henriette Meissner, Stuttgarter.

Auch die Prüfung durch das SPD-geführte BMF verheißt nichts Gutes. Und dann hat das ebenfalls SPD-geführte BMAS noch ein gewichtiges Wort mitzureden. Man denke nur an den langen Kampf um die Digitalisierung im Nachweisgesetz, bei der am Ende immerhin das BMAS eine Ausnahme für die bAV zumindest dokumentierte.

Schick und effizient wäre es z.B., das Schriftformerfordernis als Beschlussempfehlung in das Altersvorsorgegesetz, das wahrscheinlich demnächst im parlamentarischen Verfahren sein wird, einzubringen. Denn: Dieses landet im Finanzausschuss, und da es sich um Finanzgesetze handelt, wäre es dort gleich richtig adressiert. Oder muss das bis zu einem BRSG III warten? Apropos, wo wir schon beim Thema sind:

Kommt 2028 das BRSG III?

Bekanntlich enthält die nun verabschiedete Fassung des BRSG II einen neugefassten Evaluierungsauftrag noch für diese Legislatur (2027). Dies kam einigermaßen überraschend, denn ursprünglich war hierzu das Jahr 2030, also die nächste Legislatur, angedacht. Und die Ziele sind nun deutlich ehrgeiziger, ein Verfehlen soll auch Konsequenzen haben: Bis zum 31. März 2028, also ein Jahr vor den turnusmäßigen Neuwahlen, muss dann ggf. ein neuer Vorschlag her zur Verbreitung des Sozialpartnermodells (§ 30a BetrAVG).

Im Einzelnen:

Das BMAS wird 2027 untersuchen, ob die Verbreitung der bAV aufgrund der vorgesehenen Öffnung der SPM erkennbar gestiegen ist. Sollte sich die Zahl der Beschäftigten, die an einem SPM teilnehmen, bis dahin gegenüber 2025 nicht verdoppelt haben, muss die Bundesregierung den gesetzgebenden Körperschaften bis zum 31. März 2028 geeignete Maßnahmen vorschlagen, damit allen Unternehmen und ihren Beschäftigten der Zugang zu einem SPM eröffnet wird.

Wer nun meint, dass sich hier die SPD-Fraktion, deren Lieblingsprojekt das SPM ist, durchgesetzt hat, liest mit Erstaunen, dass die Fraktion der CDU/CSU der Fürsprecher dieser Evaluierungsklausel ist (S. 8). Hat sich hier die Herz-Jesu-Fraktion (aka CDA) durchgesetzt?

Und wenn ja: womit?

Spannend auch die Frage, welche Maßnahmen das 2028 sein könnten. Der Bundesrat (Empfehlungen der Ausschüsse, BR Drs 424/1/25 vom 6. Oktober 2025 und in der Stellungnahme selbst des Bundesrates, BR Drs 424/25, vom 17. Oktober 2025) hat dazu Ideen:

• eine erleichterte Allgemeinverbindlicherklärung von Tarifverträgen, die Betriebsrenten regeln, damit die Verbreitung in Klein- und Kleinstbetrieben besser klappt.

• Bei Geringverdienern, die bei tarifungebundenen Arbeitgebern beschäftigt sind, sollen ebenfalls „Verbesserungen“ zur Verbreitung geprüft werden.

• Insgesamt hält man mehr Geld vom Arbeitgeber für wichtig.

Nun, in Zeiten einer – vornehm ausgedrückt – schwächelnden Wirtschaft und ohnehin steigender Kosten der Sozialversicherungen sind weitere Kosten und Regulierung sicherlich nicht das, was sich Arbeitgeber wünschen und die Wirtschaft beflügelt, erst recht nicht in der bAV, also abseits ihres Kerngeschäftes. 2028 werden wir dann sehen, ob das SPM (gestern erst mit einer neuen kleinen Erfolgsmeldung) die Stand heute eher geringe Hürde der Verdoppelung der Versorgten schafft. Oder ob es neuer Maßnahmen, dann in einem BRSG III, bedarf.

Das zur heutigen Headline anregende Kulturstück findet sich hier.

Die Autorin ist bis zum Jahresende Geschäftsführerin der Stuttgarter Vorsorge-Management und ab 2026 freie Autorin für PENSIONSINDUSTRIES.

Von ihr und anderen Autorinnen und Autoren der Stuttgarter sind bereits auf PENSIONSINDUSTRIES erschienen:

Die langen Schatten des BRSG II:
Alles hat kein Ende …
von Dr. Henriette Meissner, 17. Dezember 2025

#womeninpensions-Kommentar – mit Wirkung auf die bAV (III):
Die Elterngeldfalle
von Dr. Henriette Meissner, 9. März 2023

Neues BMF-Schreiben zur bAV:
Wirkungstreffer in schwieriger Verpackung
von Dr. Henriette Meissner, Stuttgart, 2. Mai 2022

Nachruf – in Gedenken an Dr. Birgit Uebelhack:
Eine Dame …
von Dr. Henriette Meissner, Stuttgart, 4. Juni 2021

Sperrfeuer – der Kommentar auf LEITERbAV:
Nichts Genaues …
von Dr.Henriette Meissner, 29.September 2020

Experten aus der Praxis erörtern an drei Terminen im September die Chancen und Herausforderungen der neuen Betriebsrente:
bAV-Reform: „Der Informationsbedarf ist hoch“
von Dr. Henriette Meissner, 7. August 2017

 

Diskriminierungsfreie Sprache auf LEITERbAV

LEITERbAV bemüht sich um diskriminierungsfreie Sprache (bspw. durch den grundsätzlichen Verzicht auf Anreden wie „Herr“ und „Frau“ auch in Interviews). Dies muss jedoch im Einklang stehen mit der pragmatischen Anforderung der Lesbarkeit als auch der Tradition der althergerbachten Sprache. Gegenwärtig zu beobachtende, oft auf Satzzeichen („Mitarbeiter:innen“) oder Partizipkonstrukionen („Mitarbeitende“) basierende Hilfskonstruktionen, die sämtlich nicht ausgereift erscheinen und dann meist auch nur teilweise durchgehalten werden („Arbeitgeber“), finden entsprechend auf LEITERbAV nicht statt. Grundsätzlich gilt, dass sich durch LEITERbAV alle Geschlechter gleichermaßen angesprochen fühlen sollen und der generische Maskulin aus pragmatischen Gründen genutzt wird, aber als geschlechterübergreifend verstanden werden soll. Auch hier folgt LEITERbAV also seiner übergeordneten Maxime „Form follows Function“, unter der LEITERbAV sein Layout, aber bspw. auch seine Interpunktion oder seinen Schreibstil (insb. „Stakkato“) pflegt. Denn „Form follows Function“ heißt auf Deutsch: "hässlich, aber funktioniert".

Alle Bilder von Kassandra ab Februar 2025 sind KI-generiert.

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