Unregelmäßig freitags bringt PENSIONS●INDUSTRIES eine kommentierte Presseschau zur bAV. Heute: Warum 32 Verbände sich plötzlich beschweren, inwiefern Bärbel Bas alles richtig macht, was nicht im luftleeren Raum passiert, wo dieses Land seinen Humor bewahrt hat, warum Lindner nun da angekommen ist, wo er hingehört – und lecken können Sie woanders.
Bild (13. November): „‘Paket ist untragbar’: Renten-Aufstand in der Wirtschaft +++ Verbände laufen Sturm +++ Brandbrief an Regierung.“
Bis dato war es eigentlich Kassandras Privileg, den Zusammenbruch des Rentensystems zu beunken. Nun also schlagen 32 Verbände – darunter Gesamtmetall – in die gleiche Kerbe, wenn auch mit etwas sanfteren Worten.
Der Brief liegt der Bild-Zeitung vor, und sie zitiert: Die Bas’schen Rentenpläne seien „untragbar“, die Rentenpolitik „völlig verfehlt“, die Pläne würden bis 2050 zusätzlich fast 480 Mrd. Euro kosten. Was soll man davon halten? Fällt ihnen ja früh ein.

Jedenfalls kann immer nur aufs Neue betont werden, dass auch die Abwicklung des deutschen gesetzlichen Rentensystems nicht im luftleeren Raum passiert, sondern im Deutschland dieser Jahre wirklich alles zusammenkommt:
Rekordbeamtenapparat mit Rekord-Missmanagement, Rekordstaatsquote, Rekordstaatsverschuldung (v.a. implizit), Rekorddefizite der öffentlichen Haushalte, Rekordverfall der Infrastruktur (Universitäten, Schwimmbäder, Kindergärten, Bundeswehr…), Rekord-Abwanderung der Industrie, Rekord-Mini-Median-Vermögen, Rekord-Renteneintrittsalter und Rekord-Wahrscheinlichkeit an Altersarmut, Rekord-Überdehnung der Sozialsysteme und Rekord-Versagen bei entsprechenden Reformversuchen, Rekord-Steuerbelastung, Rekord-Brain Drain jüngerer Leistungsträger – als das kumuliert in einem Deutschland, das die Hochzeiten seiner Industrie- und Technologieführerschaft längst hinter sich hat, gleichwohl weiter die erfolgreiche Abwicklung seiner Kernindustrien v.a. rund um den Verbrenner feiert und seine Energiestrukturen weiter abwickelt, weiter hemmungslos v.a. über Almosen etc. incentiviert, aus Kohle, Gas und Atom parallel ausgestiegen ist, gleichzeitig aber zu E-Autos und E-Wärmepumpen drängt und außerdem das Weltklima unverdrossen mit Hunderten Mrd. Euro Aufwand weiterrettet, mittels Inflation Nicht-Real-Asset-Vermögende ständig ärmer macht, sich kulturell umso mehr infantilisiert, je mehr es demographisch vergreist, sich in seinem politischen Diskurs den Luxus leistet, mit Inbrunst von einer Katastrophen-Hysterie in die nächste zu torkeln (derzeit der letzte Schrei: vermutete Drohnen über Flughäfen) und eingebettet ist in eine EU, in der die meisten Mitglieder mehr oder weniger die gleichen Probleme haben.
Und all das, Sie wissen es längst, passiert nicht irgendwann, sondern am Vorabend des demographischen Zusammenbruchs. Dieses Land wird – obwohl es dabei stramm auf die 90 Mio. Einwohner zuläuft – ab 2035 mehr ein großes Altersheim als eine Industrienation sein. Und das heißt für die allermeisten Armut, Sie wissen schon, Flaschenpfand und so …

Indes: Insofern machen die Bas’schen Pläne und überhaupt die Politik der SPD auch wieder Sinn. Denn warum nicht jetzt mit vollen Händen das rauswerfen, was noch übrig ist, und dafür an der Wahlurne das wenige retten, was überhaupt zu retten ist? Aus Sicht einer SPD-Politikerin macht Bas jedenfalls alles richtig. Das sollten auch die 32 Verbände mal begreifen. Da können sie Briefe schreiben, soviel wie sie wollen… Für Bärbel ist das vermutlich alles eh nur „Bullshit“.
ZDF heute (17. Oktober): „Bürgergeld-Reform: Wenig Einsparungen, aber viel Druck.“
Das passt zu dem eben beschriebenen. Laut ZDF sollen beim Bürgergeld (welches die gesamte Gesellschaft derangiert, v.a. in der Wirtschaft und in der Integration) im kommenden Jahr ganze 86 Mio. Euro eingespart werden – bei Gesamtausgaben von wohl 52 Mrd. Euro.
Auch das hat seine Logik. Die SPD, die Richtung Einstelligkeit taumelt, wäre schlecht beraten, würde sie im Kernstamm ihrer Wählerschaft im 21. Jahrhundert – die Transferleistungsempfänger – irgendwelche Abstriche zulassen. Die Partei wird es (wie in der Migrationsfrage) verstehen, die Sache gegenüber der dümmlich-einfältigen Union so zu verwässern, dass sich – wie hier schon vor wie nach der Wahl angekündigt – gar nichts ändern wird.

Alles andere wäre für die SPD auch der sofortige Selbstmord. Sie ist hinter der Linkspartei jetzt schon nur noch zweite Kraft im linken Lager, und würde sie sich nun noch ernsthaft auf Reformen beim Bürgergeld einlassen, dann könnte sie vor der nächsten Bundestagswahl (so sie auch beim AfD-Verbot scheitern sollte, für die SPD bekanntlich die alle entscheidende Frage) direkt einpacken. Deshalb gilt auch hier: Aus Sicht einer SPD-Politikerin macht Bas alles richtig.
Tagesschau (25. Oktober): „Kühltürme von AKW Gundremmingen gesprengt.“
Die Welt (7. November): „Deutsches Atomkraft-Comeback? ‚Thema wird sehr ernsthaft geprüft’.“
Zwischen diesen beiden Meldungen liegen rund zwei Wochen. Sage jedenfalls keiner, dass die Deutschen bei der Abwicklung ihrer Energieinfrastruktur nicht Humor hätten.

Und wenn es wirklich zu einem Wiedereinstieg kommt, dann heißt das was? Richtig:
Deutschland steigt in rund 25 Jahren seit 2003 aus der Atomkraft
• aus
• wieder ein
• wieder aus
• wieder ein.
Wie gesagt: Humor hat das Land. Immerhin.
Tagesschau (5. November): „Probleme mit digitalen Funkgeräten – Pistorius vor Verteidigungssausschuss.“
Humor hat man auch bei der Bundeswehr. Wenn Sie 2 Min haben: Genießen Sie dieses Video! 20 Mrd. Projekt, wenig funktioniert, eher verschlechtert man sich noch, und jetzt holt man für 100 Mio. Berater, weil die unübersehbare Beamtenschar in ihrem Versagertum nicht weiterweiss.
Wenn oben mal wieder und wie so oft hier von Rekordverfall der Infrastruktur und Rekord-Missmanagement die Rede war, dann führt Kassandra meistens die Bundeswehr als bestes Beispiel an – und das offenbar mit Recht. Die Bundeswehr, seit Jahrzehnten fürstlich versorgt, zeigt ständig aufs Neue, dass in Deutschland das alte kassandrische Axiom gilt: Dieses Land krankt nicht an zu wenig Geld, sondern an zuviel Missmanagement.

Wie hatte die Kröte vor über drei Jahren gleich geunkt, als das erste 100-Mrd-“Sondervermögen“ für die Bundeswehr aufgelegt wurde? Dass diese mit dem schönen Geld, das Deutschland eigentlich gar nicht hat, v.a. ihren Wasserkopf weiter aufblähen wird, dabei aber noch handlungsunfähiger wird. Genau so ist es mal wieder gekommen. Hier frisch aus dem Bundestag eine weitere milliardenschwere Versagensmeldung, diesmal aus dem Bereich der Marine.
Das Problem gilt für die Bundeswehr, aber auch für die schönen neuen Infrastrukturpakete, die sich die Regierung Merz ausgedacht hat und die schon jetzt auf dem Weg des Scheiterns gut fortgeschritten sind. Denn es gilt weiter: Wenn Sie auf von Bürokratie und Beamten geprägte Verkrustungen noch mehr Geld drauf kippen, dann bekommen Sie keine Verbesserung, keine Effizienz, keine Fortschritte, sondern was? Richtig: Noch mehr Bürokratie, noch mehr Beamte und noch mehr Verkrustung.
taz (12. November): „Christian Lindner findet sich selbst: Endlich Gebrauchtwagenhändler.“
Kassandra hatte Christian Lindner schon sehr früh und sehr nachhaltig bescheinigt, dass er mit seiner halbgaren Positionierung und schwachen Performance nicht nur zum Totengräber der FDP wird, sondern dass dieser angekündigte Partei-Selbstmord auch für ihn ganz persönlich erhebliche Konsequenzen haben wird – nämlich dergestalt, dass es für ihn kein Comeback geben wird und er anders als viele andere Ex-Politiker auch keine Perspektiven hat, in der freien Wirtschaft eine adäquate Position zu erhalten – denn wer will sich schon jemanden mit dem Totengräber-Image und gleichzeitig dem Habitus des Parteipolitikers ins Haus holen?
Im besten Falle hatte Kassandra für Lindner einen NGO-Posten oder Brüssel gesehen. Nun ist es noch weniger prätentiös gekommen, und die taz betitelt es so, wie es ist. Möge er in dem neuen Posten mehr Erfolg haben als in der Politik, und möge er in der deutschen Politik nie mehr eine Rolle spielen.
So, und wenn Sie nach alledem wissen, dass Kassandra immer recht hat, und wenn Sie jetzt denken, so könne es doch nicht weitergehen, es müsste sich doch irgendwas ändern, dann hier nochmal zum Mitschreiben: Gar nichts wird sich ändern! Dieses Land hat sich auf die Rolltreppe abwärts gestolpert, und hier gibt es kein Zurück. Richten Sie sich darauf ein, und finden Sie sich damit ab. Und merken Sie sich das letzte Kassandrische Axiom für heute:
Nur weil sich etwas ändern MUSS, heißt das noch lange nicht, dass sich auch etwas ändern WIRD.
OFF TOPIC – TO WHOM IT MAY CONCERN
Bild (1. November): „Lecken Sie nie an dieser Kröte!“
Das wäre nicht nur gefährlich, sondern auch äußerst unstandesgemäß!
Das zur heutigen Headline anregende Kulturstück findet sich hier.




















