… dann soll alles an einem Punkt zugänglich sein. Dieses Ziel jedenfalls verfolgt die Europäische Kommission mit ihre ESAP-Initiative. Nach Veröffentlichung der finalen Rechtstexte soll es nun ab Juli 2027 losgehen. Roberto Cruccolini erläutert, inwiefern EbAV betroffen sind.
Am 20. Dezember 2023 wurden die finalen Dokumente zum „European Single Access Point“ (= ESAP), einer zentralen EU-Datenbank für Unternehmensdaten, veröffentlicht. Dabei geht es um die ESAP-Verordnung (EU) 2023/2859 und die dazugehörigen Änderungen an bestehenden EU-Richtlinien und -Verordnungen (Änderungs-RL (EU) 2023/2864 und Änderungs-VO (EU) 2023/2869).
Vom Start …
Doch zunächst ein kurzer Blick zurück:
25. November 2021: Die Europäische Kommission macht im Zuge des EU-Aktionsplans zur Stärkung der Kapitalmarktunion einen Legislativvorschlag zur Einrichtung eines „Einheitlichen Zugangspunkts für finanz- und nachhaltigkeitsbezogene Unternehmens- und Produktinformationen“, genannt European Single Access Point, kurz ESAP. Dieser soll bei der europäischen Wertpapieraufsicht ESMA installiert werden.
Ziel: Der ESAP soll ab 10. Juli 2027 (ursprünglich war dieses Jahr vorgesehen) kostenlos Zugang zu aktuellen, standardisierten Finanz- und Nachhaltigkeitsdaten der berichtspflichtigen Unternehmen in der EU verschaffen und damit v.a. grenzüberschreitende Investitionsentscheidungen auch mit Blick auf KMU ebenso verbessern wie die Nachhaltigkeitsberichterstattung.
Der Vorschlag der Com bestand aus einem VO-Entwurf zur Einrichtung des ESAP und Omnibus-VO- und RL–Entwürfen zur Änderung all jener Verordnungen und Richtlinien, wo die meldepflichtigen Informationen geregelt sind: Das DRSC nennt hier bspw. die Bilanz-Richtlinie, die Transparenz-Richtlinie und die Aktionärsrechte-Richtlinie.
… über die Konsultation …
Zunächst: Der ESAP führt keine eigenen, neuen Berichtspflichten ein.
Jedoch müssen nach EU-Recht zu veröffentlichende Informationen zugeführt werden; d.h. wer gemäß EU-RL oder -VO veröffentlichungspflichtig ist, ist in diesem Rahmen auch verpflichtet, diese Informationen auch ESAP zuzuführen. Die Daten sollen über nationale Sammelstellen gesammelt werden, die diese dann in den ESAP einspeisen. Insgesamt sind knapp 40 Richtlinien und Verordnungen benannt, zu denen jeweils bestimmte Informationen bzw. deren nationalen gesetzlichen „Pendants“ gestaffelt ab Januar 2028 über den ESAP zugänglich gemacht werden müssen.
Zur technischen Ausgestaltung der Datenbank und der nationaler Daten-Sammelstellen hatten die EU-Aufsichtsbehörden am 23. November 2023 auf 87 Seiten ihre Entwürfe der Technischen Durchführungsstandards (Implementing Technical Standards ITS) zur Konsultation gestellt, die bis 4. März 2024 kommentiert werden konnten (Konsultation JC 2023 78).
Eine Auflistung der zu liefernden Informationen nach den konkreten Artikeln der jeweiligen RL und VO findet sich bspw. auf S. 69 der genannten Konsultation (Annex I zu dem ITS-Entwurf zu den Funktionalitäten von ESAP, Table 1: Types of Information).
… und die Wirkung auf die EbAV
Aufgrund der Vielfalt der Informationen, die in den ESAP eingespeist werden müssen, können EbAV in mehrfacher Hinsicht betroffen sein. Bei einigen Sachverhalten wird auch die konkrete nationale Einbettung der ESAP-Regelungen entscheiden, inwiefern sich Einspeiseverpflichtungen ergeben. Einige für Altersversorgungseinrichtungen relevante Inhalte sind:
Ab 10. Jan 2028:
- Offenlegung-Verordnung: unternehmensbezogenen Angaben zu Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken und -auswirkungen (Art. 3/4/5) sowie produktbezogene Informationen zu nachhaltigen Produkten Art. 8/9 (Websites / periodische Berichte / vorvertragliche Infos).
- EU-Bilanz-Richtlinie mit CSRD- &Taxonomie-Bericht / HGB: Jahresabschluss, Lagebericht / Nachhaltigkeitsbericht, Prüfvermerke, etc.
Ab 10. Jan 2030:
- EbAV II-Richtlinie / VAG: Erklärung der Anlagepolitik, Vergütungspolitik, Jahresabschluss.
- Aktionärsrechte-Richtlinie / AktG: Mitwirkungspolitik & Mitwirkungsbericht / Abstimmungsverhalten; Anlagestrategie mit Blick auf Verpflichtungsseite; Vereinbarungen mit Asset Manager.
Die Frage der Techs
Aus Sicht der Unternehmen und Einrichtungen, die Daten über ESAP veröffentlichen müssen, sind die technischen Anforderungen an die zu liefernden Informationen interessant. Hierbei unterscheidet die ESAP-VO zwei Kategorien, die durch die ESA-Vorschläge weiter konkretisiert werden (s. Konsultation JC 2023 78 S. 63 / Artikel 7 zu dem ITS-Entwurf der Aufgaben der Sammelstellen):
1: Die Basis-Kategorie stellen Informationen dar, die einem „datenextrahierbarem Format“ zugänglich gemacht werden müssen. Genannt werden hier konkret xHTML- und PDF-Formate, wenn sie die Extraktion von Text durch eine Maschine ermöglichen und für den Menschen lesbar sind.
2: Aufwendiger wird die Einspeisung von Informationen in „maschinenlesbarem Format“. Akzeptiert werden hier JSON-, XML-, XBRL-, XBRL-csv- und Inline-XBRL-Formate, wenn sie so strukturiert sind, dass Softwareanwendungen bestimmte Daten leicht erkennen und extrahieren können. Die Daten umfassen die Tatsachenaussagen und deren interne Struktur.
„Für die Nachhaltigkeitsberichterstattung nach CSRD/ESRS ist klar, dass diese maschinenlesbar geliefert werden müssen.“
Die Festlegung, für welche Informationen welches Format (nur datenextrahierbar oder auch maschinenlesbar) zu erfüllen ist, ist für viele Informationen noch nicht erfolgt, hierzu sollen die ESAs (bspw. zur Offenlegung-VO und zur Aktionärsrechte-RL) oder EIOPA (EbAV-RL) Vorschläge erarbeiten. Hier bleibt zu hoffen, dass mit Augenmaß darüber entschieden wird, wo das (aufwendigere) maschinenlesbare Format gefordert wird und dass dies eben nur für jene Informationen erfolgt, für die ein systematisches Auswertungsinteresse bspw. durch die Finanzmärkte besteht, was bei vielen EbAV-bezogenen Informationen regelmäßig nicht der Fall ist.
Für die künftige Nachhaltigkeitsberichterstattung nach CSRD/ESRS ist jedoch bereits klar, dass diese in maschinenlesbaren Format geliefert werden müssen. Die Konkretisierung hierfür wird in Form einer XBRL-Taxonomie für das Set 1 der ESRS derzeit durch die EU-Beratergruppe EFRAG erarbeitet („Sustainability Reporting XBRL Taxonomies“).
Somit muss nun nur noch für die zu berichtenden Informationen auf EU-Ebene über das jeweilige Berichtsformat entschieden und durch die Mitgliedsstaaten die nationale „Infrastruktur“ in Form der nationalen Sammelstellen geschaffen werden, damit die Berichtspflichtigen ab Anfang 2028 dann auch melden können.
Der Autor ist Leiter Fachbereich Wirtschaft der AKA (Arbeitsgemeinschaft kommunale und kirchliche Altersversorgung) e.V. in München.
Das zur heutigen Headline anregende Kulturstück findet sich hier (wer es live mag: hier).
Von ihm und anderen Autoren der AKA sind zwischenzeitlich bereits auf PENSIONS●INDUSTRIES erschienen:
PUEG (VI) – die Krux mit dem Zins:
Die Zeit ist jetzt
von Hagen Hügelschäffer, 13. August 2024
Der ESAP auf der Zielgeraden:
When all are one, and one is all …
von Dr. Roberto Cruccolini, 17. Mai 2024
Im September in Karlsruhe (II):
Schwierige Reform für neun Millionen ...
von Hagen Hügelschäffer, 11. September 2023
Neulich in Köln:
Drum prüfe, wer …
von Hagen Hügelschäffer, 25. Juli 2023
ESG Offenlegung – proportional, wesentlich, rechtssicher und mit verfügbaren Daten:
Mehr Zeit für Wesentliches
von Verena Menne, Dr. Cornelia Schmid und Dr. Roberto Cruccolini, Berlin; München, 15. Dezember 2020
2. EU-Aktionärsrechterichtlinie:
Wie hilfreich doch eine Gesetzesbegründung sein kann …
von Dr. Roberto Cruccolini und Marco Suty, München; 2. März 2020
ESG-Regulierung für EbAV:
Steigend in der Schwebe
von Dr. Roberto Cruccolini, München, 9 März 2019
EZB-Meldewesen für Altersvorsorgeeinrichtungen:
Verordnung veröffentlicht, Meldebeginn verschoben
von Dr. Roberto Cruccolini und Dr. Cornelia Schmid, München; Berlin, 6. März 2018
Umfangreiches EU-Meldewesen für EbAV:
Zu viel für die EIOPA-Verordnung!
von Dr. Cornelia Schmid und Dr. Roberto Cruccolini, Berlin; München, 24. Oktober 2017
Das Grünbuch „Schaffung einer Kapitalmarktunion“:
Fluch oder Segen für die bAV?
von Roberto Cruccolini, München, 18. Mai 2015