Das Forum für das institutionelle deutsche Pensionswesen

Kassandra:

Die kommentierte Presseschau zur bAV

 

Jeden Freitag bringt Leiter-bAV.de eine kommentierte Presseschau zur bAV. Heute: Always look on the bright side of life.

 

 

Handelszeitung.ch: „UBS verlangt Strafzins von minus drei Prozent.“

 

 

300 Basispunkte Negativzins für Pensionseinrichtungen? Das ist doch mal ein Wort! Insbesondere angesichts der Tatsache, dass die von manchen schweizerischen Kassen angedachte Auszahlung der Guthaben und Einlagerung als Cash die örtlichen Banken und Behörden gemeinsam werden zu verhindern wissen – denn dies wäre schließlich nichts anderes als ein kapitaler Bankrun.

 

Aber man sehe das ganze mal positiv: Trennt man sich davon, den Return einer Investition absolut zu betrachten, sondern setzt ihn in Relation zu Cash, dann rentiert eine schweizerische Staatsanleihe also nicht mehr mit null, sondern mit drei Prozent – und das ist doch gar nicht so schlecht. Diese Sichtweise muss man dann nur noch an Versicherte der dritten und Betriebsrentner der zweiten Säule weitergeben. Und wollen diese das partout nicht verstehen, einfach auf Monty Phython verweisen: „Always look on the bright side of life.“

 

 

 

Pfefferminzia.de (2. Juni): „BAV-Leistungen sind höher als die der dritten Schicht.“

 

Die LV hat in diesen Jahren viel schlechte Presse, besonders wenn es um das Zusammenwirken von Niedrigzins und Kosten geht. Für die Direktversicherung gilt dabei regelmäßig mitgefangen – mitgehangen. Immerhin tritt hier ja noch die Doppelbelastung für gesetzlich Krankenversicherte hinzu.

 

Da wirkt es schon fast erfrischend, von einer Analyse zu lesen, die immerhin im Verhältnis der zweiten zur dritten Schicht zu konträren Ergebnissen kommt. Gleichwohl: Das gute Abschneiden der DV resultiert auch hier aus geringeren angenommen Kosten gegenüber der dritten Schicht – was nochmal belegt, dass eben die Kosten durchaus eine der Achillessehnen der LV in der dritten Schicht (und falls nicht gedeckelt: auch der zweiten) sind.

 

 

 

Deubner-Recht.de (16. Juni): „Betriebsrenten – Verfassungsbeschwerde unzulässig.“

 

Ende April hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, die Verfassungsbeschwerde gegen den Systemwechsel bei der VBL Ende 2000 und die Wirkung auf rentenferne Jahrgänge nicht zur Entscheidung anzunehmen, da diese mangels hinreichender Begründung unzulässig sei. Die Beschwerdeführerin habe nicht ausreichend dargelegt, dass sie als rentenferne Versicherte durch den Systemwechsel in ihren Rechten aus Artikel 14 I GG verletzt sein könnte.

 

Dem Beitrag ist inhaltlich wenig hinzuzufügen, außer vielleicht, dass man froh und dankbar sein sollte dafür, dass unser Bundesverfassungsgericht noch in der Lage ist, eigene Entscheidungen zu treffen (selbst wenn es auch hier die Entscheidung ist, nicht zu entscheiden) und die Sache nicht direkt dem EuGH vorgelegt hat – so wie es bei politisch pikanteren Fällen zuweilen tut (s. auch nächste und übernächste Meldung und OFF TOPIC).

 

 

 

Saarbruecker-Zeitung.de (15. Juni): „Wenn der Staat doppelt kassiert – Krankenkassen greifen bei politisch gewollter Altersvorsorge zweimal zu.“

 

Diese Woche fanden sich in Lokalzeitungen quer durch die Republik – die Saarbrücker Zeitung hier beispielhaft – auffallend gehäuft Beiträge, die die Leiden der gesetzlich Versicherten Betriebsrentner infolge der Doppelverbeitragung thematisierten. Wie dem auch sei, in dieser Frage wird demnächst ohnehin das Bundesverfassungsgericht nochmals zu entscheiden haben, wenn, ja wenn es sich nicht entscheidet, nicht zu entscheiden.

 

 

 

BAG.de (18.6.): „Diskriminierungsschutz bei Scheinbewerbung?“

 

Hier das BAG, diesmal aber nicht der Dritte, sondern der Achte Senat. Zur Frage steht:

 

Ist das Unionsrecht dahingehend auszulegen, dass auch derjenige 'Zugang zur Beschäftigung oder zur abhängigen Erwerbstätigkeit' sucht, aus dessen Bewerbung hervorgeht, dass nicht eine Einstellung und Beschäftigung, sondern nur der Status als Bewerber erreicht werden soll, um Entschädigungsansprüche geltend machen zu können?“

 

Interessante, zuweilen sogar drängende Frage. Und was macht das BAG? Das, was höchste deutsche Gerichte derzeit anscheinend mit zunehmender Vorliebe tun: Erst mal den EuGH fragen. Täuscht der Eindruck, oder kann es den deutschen Bundesgerichten mit der Abgabe der Souveränität gar nicht schnell genug gehen?

 

 

 

OFF TOPIC – TO WHOM IT MAY CONCERN

 

 

FAZ (16. Juni): „EuGH-Urteil – Freibrief für die EZB.“

 

Die FAZ spricht treffend von einem Freibrief. Denn hat der EuGH nun OMT gebilligt, gilt das im Prinzip auf für QE. Das Bundesverfassungsgericht ist den einfachsten Weg gegangen, nämlich die Sache an den EuGH abzugeben. Jegliche relevante Einflussmöglichkeiten hat es in dieser Frage damit für die Zukunft abgegeben.

 

Vordergründig führt die EZB für die immer perverser werdende Geldflut stets irgendein ordnungspolitisches Argument an, das gar nicht oder kaum geldpolitikfähig sein sollte, seien es die zu hohen Zinsen für die Krisenstaaten (die sich trotz ihrer realwirtschaftlichen Malaise längst wieder zur historischen Mini-Zinsen weiter verschulden können), sei es die angeblich zu geringe Kreditvergabe der Banken (kein Wunder, dass diese mit dem kostenlosen EZB-Geld eben lieber die mit dem Draghi-Put ausgestatteten Govies der Südstaaten kauften statt sich mit den Mühen und Risiken des Kreditwesens abzugeben), sei es die Chimäre der Deflationsfgefahr (während in der Realität die Asset Inflation Assetklasse um Assetklasse explodieren lässt). Nein, das ist alles vorgeschoben. Draghi will auch nicht per QE der Politik (teure) Zeit kaufen, damit diese die Möglichkeit hätte, ihre Volkswirtschaften zu reformieren (was der ordnungspolitisch einzig vertretbare Sinn von QE wäre).

 

Des Italieners wahres Ziel ist ein ganz anders: Er will, dass in den Krisenstaaten alles weiter geht wie bisher. Er will deren marode, überdimensionierte Bankstrukturen um jeden Preis am Leben erhalten. Und er will die Politiker dort von jedem Druck zu Reformen befreien. Und dazu poolt er hemmungslos die Schulden und Risiken der Krisenstaaten mit denen der noch halbwegs gesunden Nord- und Mitteleuropäer und nutzt dazu das Werkzeug, das man ihm fahrlässigerweise in die Hand gegeben hat – die gemeinsame Währung. Es kümmert offenbar kaum noch jemand, dass sich Europa damit währungspolitisch sein eigenes Grab schaufelt, dass der Euro dieser Ausweitung dauerhaft nicht standhalten kann, dass die europäischen Staatsschulden durch die „Rettungspolitik“ bereits jedes bekannte Maß übersteigen, dass keinerlei realwirtschaftliche Weiterentwicklung mehr erfolgt, dass Deutschland sich dekapitalisiert und der Süden deindustrialisiert, dass besonders dort ganze Generationen von jungen Menschen ihre Zukunft verlieren und die Völker sich untereinander zunehmend entfremden.

 

Jedoch wird die draghische Strategie, die er in Koalition mit den Südstaaten durchexerziert, mittelfristig nicht aufgehen. Denn Voraussetzung für ein Gelingen wäre, dass die Staaten die freundliche Unterstützung der Notenbanken und den damit verbundenen Zeitgewinn auch nutzen, die realwirtschaftlichen Verwerfungen, die sie mit ihren Schuldenorgien vor allem in ihren öffentlichen Diensten geschaffen haben (Stichwort: Der Staat kauft sich seine Wähler) nachhaltig zu sanieren! Doch scheint das Gegenteil der Fall: Statt durchzugreifen, abzuwickeln, haftbar zu machen (und dort wo geboten, auch individuell zu bestrafen), wird munter weitergerettet, weiter umverteilt (von der Mitte nach unten und ganz oben), weiter lamentiert (am liebsten über Deutschland) und den Fehlanreizen des mit dem QE verbundenen Niedrigzinses weiter freien Lauf gelassen. Außerdem haben die Notenbanken längst alle Grenzen überschritten, denn sie entschulden die Staaten nicht nur, sondern finanzieren längst ihren Schlendrian. Die Notenbanken verschaffen den Staaten also keine Spielräume für nötige Reformen, sondern kaufen für immer mehr Geld immer weniger Zeit. Abgerechnet wird, wenn die Zinsen ungeplant steigen. Denn dann sind die Instrumente der Notenbanken stumpf und die Staaten schnell am Ende (siehe nächste Meldung).

 

Denn am Ende gibt ja nur zwei Möglichkeiten: Entweder bleiben die Zinsen für alle Ewigkeiten niedrig, um so die von Draghi zementierten und neu induzierten Fehlallokationen ständig neu zu refinanzieren – wohl eine völlig irreale Vorstellung. Oder die zweite Möglichkeit: Früher oder später müssen die Zinsen steigen. Dann jedoch werden diese Fehlallokationen reihenweise insolvent werden – mit allen realwirtschaftlichen Folgen. Was Draghi verweigert, ist die Erkenntnis, dass die Krise in einer modernen Volkswirtschaft nicht Teil des Problems, sondern Teil der Genesung ist – eben um durch zu billiges Geld angeregte Fehlallokationen wieder zu entfernen. Je länger er diese Einsicht in Europa unterbindet, um so stärker wird sich die unterdrückte Krise daher eines Tages durchsetzen.

 

Erinnert sich denn eigentlich noch jemand daran, dass die Lunte dieser Krise nicht durch zuwenig, sondern durch zuviel billiges Geld gelegt wurde? Dass das billige Geld finanz- wie realwirtschaftliche Fehlentwicklungen verfestigt, ja weiter fördert? Dass die Notenbanken umso mehr Gefangene des eigenen Handelns werden, je mehr sie ebensolche Strukturen schaffen, die sie ohne neue Krise nie mehr schleifen können? Dass Altersvorsorgeeinrichtungen weltweit unter immer stärkeren Druck geraten? Dass nun auch gesunde Unternehmen über ihre Pensionsverpflichtungen unter Insolvenzdruck geraten? Dass die Zahnpasta also dauerhaft aus der Tube bleibt? Bleiben muss? Dass so die Fallhöhe ständig weiter zunimmt? Dass keiner auf diesem Planeten irgendeine ernsthafte Idee hat, wie man aus der Sache jemals wieder rauskommt?

 

 

 

Wallstreet-online.de (10. Juni): „Läutet Zinsanstieg Wende am Devisenmarkt ein?“

 

Das passt zur vorherigen Meldung. Wenn die Zinsen wirklich nachhaltig steigen, könnte man das ja eigentlich als den ersten, lang erhofften Schritt weg vom Krisenmodus und hin zu einer Normalisierung sehen; wichtig nicht zuletzt für IAS-19- und HGB-253-Bilanzierer, selbst wenn steigende Zinsen für diese erstmal bilanzielle Verluste bei Langläufern bedeuten.

 

Doch leider ist die Situation vertrackter: Steigende Zinsen sind heute keinesfalls ein Zeichen für Abkehr vom Krisenmodus und Rückkehr in die Normalität, sondern möglicherweise eher Ausfluss der Tatsache, dass die Instrumente der Notenbanken mitten in der Krise zunehmend stumpf werden. Wenn hier Dynamik reinkommt, werden die Notenbanken bald sehr schnell immer größere Summen an frischegedrucktem Geld in die Hand nehmen müssen, wollen sie nicht die Implosion unserer Staatshaushalte riskieren, und je größere Summen sie in die Hand nehmen, desto größer wird die Dynamik und so weiter und so fort…

 

 

 

Manager-Magazin (15. Juni): „Bafin-Chefin König kritisiert Notkredite für griechische Banken – Fließende Grenze zur Konkursverschleppung“

 

Abgesehen davon, dass in der Überschrift „Ex-Bafin-Chefin“ besser klänge: Die resolute Elke König ist für klare Worte bekannt, das war sie schon bei der Anstalt. Hier untertreibt sie aber etwas: ELA sind keine fließende Grenze zur Konkursverschleppung. Sie SIND Konkursverschleppung. Und König kann froh sein, dass sie keine CDU-Bundestagsabgeordnete ist (siehe nächste Meldung).

 

 

 

Bild.de: „Drei CDU-Abgeordnete packen aus – Wir wurden kaltgestellt, weil wir Nein zu Griechenland-Hilfen sagten.“

 

Kassandra wurde schon vor und nach der letzten Bundestagswahl nicht müde, auf die strategische Sackgasse hinzuweisen, in die sich die Merkelsche CDU manövriert. Die jüngste Wahlniederlage in Dresden ist hier nur ein weiterer Sargnagel.

 

Denn dank der wahrhaftig einzigartigen Serie an Merkelschen Niederlagen bei den Landtagswahlen der letzten Jahre ist die Union heute noch an ganzen sieben von 16 Landesregierungen beteiligt (die SPD an 14, die Grünen an acht, die Linke an zweien) und stellt noch fünf Landesfürsten – gegenüber neunen von der SPD. In den Rathäusern deutscher Großstädte – laut weiland Helmut Kohl wichtige Machtbasis einer jeder Volkspartei – regiert die CDU so gut wir gar nicht mehr.

 

Und im Bundestag? Dort gibt es schon heute eine rechnerische Mehrheit für Rot-Rot-Grün.

 

Fazit von Kassandra: Abgesehen von der Macht im Bund, die sie auch noch mit der SPD teilen muss, hat sich die CDU in der deutschen Politik in eine bemerkenswerte Marginalität manövriert, die zwar öffentlich kaum wahrgenommen wird, doch die der der FDP nur um ein paar Jahre hinterherhinkt und die nur angesichts der größeren strategischen Tiefe der Union nicht deutlich sichtbarer ist. Die Ursache ist leicht diagnostizierbar: die selbstgewählte, auch personalpolitische Profillosigkeit der Union, resultierend aus der – mit Verlaub – etwas simplen und kurzfristigen Strategie, die SPD mit der Besetzung linker Positionen unter Druck zu setzen.

 

Sigmar Gabriel (der seine strategische und taktische Cleverness schon mit dem seinerzeitigen Mitgliederentscheid bewiesen hat) muss – erst recht nach den für die Union desaströsen Wahlen in Thüringen, Hamburg und Bremen – nur abwarten: entweder bis zur nächsten Bundestagswahl oder noch geschickter – bis sich ein Grund für einen Berliner Koalitionsbruch ergibt, um per Rot-Rot-Grün oder per Rot-Grün mit Duldung durch die Linke den Kanzler zu stellen. Die Griechenland-Krise könnte hier unter Umständen den gewünschten Vorwand liefern.

 

Mit der dann praktisch unumschränkten Macht in Bund, Ländern und Rathäusern erhielte die deutsche politische Linke sagenhafte Gestaltungsspielräume, wie sie noch keine Kraft der Bundesrepublik seit 1949 je gesehen hat. Die Union würde in einem solchen Fall von der politischen Bildfläche der Regierenden in Bund, Ländern und Großstädten praktisch verschwinden. Sie sitzt in einer tiefen, selbstgestellten strategischen Falle, aus der herauszufinden sie Jahre, wenn nicht Jahrzehnte brauchen wird. Sie weiß es nur noch nicht.

 

Der Geist, der dem oben verlinkten Artikel zufolge in der Partei zu herrschen scheint, widerspricht dieser These jedenfalls nicht.

 

 

 

FAZ (13. Juni): „Geld für die „taz“ – Alles voller Knete.“

 

Honi soit qui mal y pense: Die linkslastige Berliner „tageszeitung“, die sich gern staatsfern und schnoddrig gibt, erhält für ihr neues Verlagsgebäude einen fast vier Millionen schweren Zuschuss der chronischen Pleitestadt Berlin. Das ist bemerkenswert, findet in der Presse jedoch kaum Aufmerksamkeit. Hier jedoch ein lesenswerter Kommentar im Feuilleton der Frankfurter Allgemeinen über die Doppelmoral des diesbezüglichen Zeitgeistes.

 

 

 

Diskriminierungsfreie Sprache auf LEITERbAV

LEITERbAV bemüht sich um diskriminierungsfreie Sprache (bspw. durch den grundsätzlichen Verzicht auf Anreden wie „Herr“ und „Frau“ auch in Interviews). Dies muss jedoch im Einklang stehen mit der pragmatischen Anforderung der Lesbarkeit als auch der Tradition der althergerbachten Sprache. Gegenwärtig zu beobachtende, oft auf Satzzeichen („Mitarbeiter:innen“) oder Partizipkonstrukionen („Mitarbeitende“) basierende Hilfskonstruktionen, die sämtlich nicht ausgereift erscheinen und dann meist auch nur teilweise durchgehalten werden („Arbeitgeber“), finden entsprechend auf LEITERbAV nicht statt. Grundsätzlich gilt, dass sich durch LEITERbAV alle Geschlechter gleichermaßen angesprochen fühlen sollen und der generische Maskulin aus pragmatischen Gründen genutzt wird, aber als geschlechterübergreifend verstanden werden soll. Auch hier folgt LEITERbAV also seiner übergeordneten Maxime „Form follows Function“, unter der LEITERbAV sein Layout, aber bspw. auch seine Interpunktion oder seinen Schreibstil (insb. „Stakkato“) pflegt. Denn „Form follows Function“ heißt auf Deutsch: "hässlich, aber funktioniert".

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