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Vergangene Woche in Kassel:

Betriebliches Ruhegeld? Ist das beitragspflichtige bAV? Nein!

Bis vor ein Bundesgericht musste ein Kläger ziehen, um entgegen der Vorinstanz klarstellen zu lassen, dass bestimmte Leistungen seines Arbeitgebers nicht der Beitragspflicht zur gesetzlichen Krankenversicherung unterfallen.

 

Der 12. Senat des Bundessozialgerichts – zuständig unter anderem für Fragen der Beitragspflicht von Leistungen aus der bAVberichtet über seine Sitzung vom 20. Juli 2017, in der er die Vorinstanz korrigiert hat. Streitig war die Frage der Berücksichtigung eines „betrieblichen Ruhegeldes“ bei der Bemessung von Beiträgen zur gesetzlichen Krankenversicherung (GKV).

 

 

Fälschlich für privat versichert gehalten

 

Der Senat erläutert die Hintergründe des Falls – B 12 KR 12/15 R:

 

Der 1943 geborene Kläger war bis Juni 1998 bei der A GmbH und danach bis Januar 2008 an einem Berufskolleg beschäftigt. Sein Arbeitsverhältnis mit der A GmbH endete durch Aufhebungsvertrag. Darin wurden dem damals 54Jährigen eine einmalige Abfindung von 184.300 DM für den Verlust des Arbeitsplatzes und ab „Erreichen des 55. Lebensjahres die Betriebsrente von 1327,55 DM monatlich“ zugesagt.

 

Tatsächlich wurde ihm ab Dezember 1998 ein „betriebliches Ruhegeld“ nach der Versorgungsordnung der A GmbH bewilligt und ausgezahlt. Beiträge zur GKV wurden hieraus nicht abgeführt, weil die A GmbH ihn für privat versichert hielt, obwohl er bei der beklagten Techniker Krankenkasse in der GKV pflichtversichert war.

 

Seit Februar 2008 bezieht der Kläger eine Altersrente. Im Zusammenhang hiermit gab er gegenüber der Beklagten auch die Einkünfte aus dem „betrieblichen Ruhegeld“ an, die seither – insoweit unstreitig – bei der Bemessung der GKV-Beiträge berücksichtigt werden. Für die Vergangenheit forderte die Beklagte vom Kläger GKV-Beiträge in Höhe von (noch) 3504,45 Euro. Klage und Berufung blieben insoweit ohne Erfolg.

 

Bundessozialgericht in Kassel. Foto: Dirk Felmeden.

Mit seiner Revision vor dem BSG rügte der Kläger, dass es sich bei dem betrieblichen Ruhegeld vor Beginn der Altersrente nicht um eine beitragspflichtige Leistung der bAV iS des § 229 Abs 1 S 1 Nr 5 SGB V gehandelt habe. Vielmehr habe die Leistung nach den Grundsätzen des BSG-Urteils vom 29. Juli 2015 (B 12 KR 4/14 R – SozR 4-2500 § 229 Nr 19) den Charakter eines Überbrückungsgeldes oder Übergangsbezuges, denn es sei nicht ergänzend zur gesetzlichen Rente geleistet worden und habe ab Vollendung des 55. Lebensjahres, also ab einem Zeitpunkt erbracht werden können, zu dem nicht mit einem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben zu rechnen gewesen sei.

 

 

Weiterentwicklung der Rechtsprechung

 

Die Revision des Klägers hatte am 20. Juli Erfolg. Bei dem von der ehemaligen Arbeitgeberin des Klägers gezahlten „betrieblichen Ruhegeld“ handelte es sich im streitigen Zeitraum, der mit dem Beginn der Altersrente des Klägers endet, nicht um Versorgungsbezüge, die in der gesetzlichen Krankenversicherung beitragspflichtig sind, so der 12. Senat.

 

Der Senat hat damit seine Rechtsprechung aus dem Jahr 2015 (BSG Urteile vom 29.7.2015 – B 12 KR 4/14 R – SozR 4-2500 § 229 Nr 19 Leitsatz und RdNr 21 und – B 12 KR 18/14 R – Juris RdNr 19) zur Eigenschaft als Versorgungsbezug bei der Zusage von Übergangsbezügen, Überbrückungsgeldern usw. nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses für andere Sachverhalte fortentwickelt, wie das Gericht in einer Stellungnahme betont.

 

 

55 ist noch weit weg

 

Fazit: Der 12. Senat des BSG hat damit aktuell entschieden, dass Leistungen, die ein Arbeitgeber an einen Arbeitnehmer nach dessen Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis mit Überbrückungsfunktion und ohne vorgesehene Beendigung bei Renteneintritt zahlt, jedenfalls zunächst keine beitragspflichtigen Versorgungsbezüge sind. Ab dem Zeitpunkt des Renteneintritts, spätestens ab Erreichen der Regelaltersgrenze sind sie als beitragspflichtige Versorgungsbezüge anzusehen, weil sich mit Renteneintritt bzw. Erreichen der Regelaltersgrenze der ursprüngliche Überbrückungszweck erledigt. Die anfängliche Überbrückungsfunktion des „betrieblichen Ruhegeldes“ ergibt sich neben dem – mit dem 55. Lebensjahr – weit vor dem gesetzlichen Rentenalter liegenden Leistungsbeginn auch aus einer Gesamtschau des Inhalts der Versorgungsordnung und des Bewilligungsschreibens.

 

Vorinstanzen waren:

SG Duisburg – S 31 KR 43/11 –

LSG Nordrhein-Westfalen – L 1 KR 199/12 –

 

Weitere Informationen zu dem Fall finden sich zwischenzeitlich hier.

 

 

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