Die Versicherungs- und Pensionsaktuare befassten sich gestern am ersten Tag ihrer E-Jahrestagung mit der nicht einfach Zukunft der Rentensysteme – und fordern klares Handeln. Die Politik, zumindest die eingeladene schwarz-grüne, scheint aber ganz andere Prioritäten zu setzen. LbAV-Autor Detlef Pohl dokumentiert Auszüge aus Reden und der Debatte.
Höchstrechnungszins für Lebensversicherer und Pensionskassen sowie Garantien in den Zusagen der bAV: beides im Zusammenwirken gibt aktuell Anlass zur Sorge.
Bereits aus dem Vorjahr stammt die Mahnung der Aktuare, die auf der damaligen E-Jahrestagung von Deutscher Aktuarvereinigung (DAV) und Deutscher Gesellschaft für Versicherungs- und Finanzmathematik (DGFVM) für das Neugeschäft 2021 einen HRZ von 0,5% vorschlagen hatten.
Üblicherweise folgt das zuständige BMF dem Vorschlag der Aktuare durch Änderung der Deckungsrückstellungsverordnung ohne große Nebengeräusche. 2020 passierte jedoch: nichts.
Anders dieses Jahr: Just hat das BMF bekanntgegeben, den HRZ für Neuverträge in der Lebensversicherung zum 1. Januar 2022 auf 0,25% zu senken. Diesmal kam das Ministerium dem DAV-Vorschlag also nach.
Gestern, auf der E-Jahrestagung 2021 der DAV/DGVFM mit über 1.500 Online-Teilnehmern, legten die Pensionsaktuare nach. Wegen der enormen Dichte der Informationen dokumentiert LEITERbAV Impressionen von der Jahreskonferenz wie meist im Telegrammstil (sämtlich im Indikativ der Referenten).
Bader: Ist morgen Schluss?
+++ Guido Bader, Vorstand der Stuttgarter Leben und bis dato DAV-Vorstandsvorsitzender (und künftig als „Past President“ im DAV-Vorstand), führt ins Thema ein und moderiert souverän +++
+++ Ohne Abkehr von der 100%- Beitragsgarantie heute gibt es morgen am Markt vermutlich keine Riester-Rente und BZML mehr, über deren Ausgestaltung gesprochen werden könnte +++
+++ Besonders kritisch, da Bundesregierung bAV als hocheffiziente Form der kapitalgedeckten Altersvorsorge stärken wolle, um größer werdende Lücken in GRV zu schließen +++ wichtiges sozialpolitisches Ziel, wird aber konterkariert, wenn am vollen Beitragserhalt festgehalten und Mindestleistung nicht herabgesetzt wird +++
+++BZML zudem in vielen Tarif- und Gruppenverträgen fest verankert, sodass politisch erzwungene Schließung dieser Form der bAV gravierende Nachteile gerade für Jungen hätte, denn Arbeitgeber müssten dann neue Versorgungswerke aufbauen, was zusätzliche Kosten verursacht und damit zu Lasten der Versorgungsberechtigten ginge +++
Raffelhüschen: Korrektur bisheriger rentenpolitischer Wahlgeschenke und systemwidriger Weichenstellungen?
+++ Bernd Raffelhüschen (Uni Freiburg) mit wie stets provokanter Keynote, um hinterher damit Unions- und Grünen-Rentenexperten zu konfrontieren +++
+++ Sein Ausgangspunkt: Corona-Pandemie hat keine relevanten Auswirkungen auf den doppelten Alterungsprozess in Deutschland: 2045 muss weiterhin jeder tatsächliche Erwerbstätige für fast einen Alten einstehen +++ künftige Generationen schultern derzeit eine Hypothek, die sich auf fast ein Bruttoinlandsprodukt beläuft (93%) +++ Im historischen Rückblick betrug Nachhaltigkeitslücke bei Antritt der Schröder-Administration 1998 mehr als zwei Bruttoinlandsprodukte, wurde dann durch Agenda 2010 auf halbes BIP verringert +++
+++ Wege für gutes Ergebnis: Umstellung vom Leistungs- auf das Beitragsprimat (RV-Nachhaltigkeitsgesetz) und Erhöhung gesetzlichen Rentenzugangsalters (Rente mit 67) +++
+++ 2007 war Nachhaltigkeit der GRV fast gegeben, seither jedoch ein Rückschritt nach dem anderen: Die Arbeitsminister Scholz, Nahles und Heil verschärften allesamt das Nachhaltigkeitsproblem und verspielten zwischenzeitliche Verbesserungen durch unsystematische Reformen von 2008 bis 2020 +++
+++ Jetzt Scheideweg: Zukunft bringt aufgrund Wählermehrheiten jenseits der 55 eine Leistungsgarantie und damit GRV-Beiträge von über 26% oder das Gegenteil, also Rückkehr zum Beitragsprimat und Anpassen des Rentenniveau so, dass künftige Beitragszahler denselben relativen Anteil ihres Lohns an Ruheständler abgeben wie es seinerzeit auch Babyboomer getan haben und derzeit noch tun +++
+++ Akzeptanz künftiger Generationen für GRV nur möglich mit konstantem Beitrag im Zeitablauf +++ nötige Maßnahmen: Korrektur bisheriger rentenpolitischer Wahlgeschenke und systemwidriger Weichenstellungen, darunter Abschaffung von Grundrente, doppelter Haltelinie und Rente mit 63 +++ um Rentenniveau in Größenordnung von 40 Prozent bei gedeckeltem Beitragssatz hinzubekommen, müssten bei vorgezogenem Ruhestand versicherungsmathematisch faire Abschläge und ein Lebenserwartungsfaktor eingeführt werden +++ jeder Jahrgang würde dann generationengerecht gleich lang für jedes erwartete Rentenbezugsjahr arbeiten +++
+++ Daneben Reform privater und betrieblicher Vorsorge zwingend erforderlich, insb. der Anlage- und Refinanzierungsvorschriften +++ durch rechtliche Vorschriften zur Kapitalanlage in beiden Bereichen sind die Mittel im Wesentlichen in anleiheförmige Produkte investiert +++ jede versicherungsförmige Lösung unterliegt VAG und dessen sehr restriktiven Anlagerichtlinien, die hohe Anlagequote in „sichere“ (Staats-)Anleihen erzwingen +++ zugleich müssen Kapitalanlagen nach Niederstwertprinzip bilanziert werden, was nur bei geringer Volatilität umsetzbar ist +++ zudem ist Eigenkapitalhinterlegung selbst im Falle „sicherer“ griechischer Staatsanleihen quasi gleich null +++ einseitige Allokation der Refinanzierungsstrukturen des Finanzsektors mit oft über 90% Quote in reinen Staats- und sonstigen Anleihen mit quasi null Ertrag im Niedrigzinsumfeld +++ von wirklicher Kapitaldeckung, die diversifiziert in Unternehmensanteile, Immobilien und Infrastruktur investiert, ist Deutschland weit entfernt +++ Gesetzgeber sollte mehr Freiheiten zur echten Diversifikation gewähren +++ Realertrag von 6% bei Immobilien und 7% bei Aktien in letzten 25 Jahren sollte gerade für Junge Ansporn sein +++
+++ Rationale Altersvorsorgeersparnis muss auch in Zukunft etwa 5 bis 7% des Einkommens für Lebensstandardsicherung im Alter betragen +++ Ratierlichkeit und Diversifizierung am wichtigsten, weil keiner die Zukunft kennt +++ nach der Wahl brauchen wir Diskussion um echte Kapitaldeckung der Altersvorsorge +++
Kurth: Alterssicherung in großem Stil über Kapitalmärkte gescheitert
+++ Markus Kurth, Sprecher für Rentenpolitik der Bundestagsfraktion Bündnis90/Die Grünen, widerspricht in mehreren Punkten +++
+++ 5 bis 7% Bruttosparen kostet vielfach Wachstum +++ zudem haben Junge durch Babyboomer Wohlstandszuwachs erhalten +++ statt Beitragsprimat in GRV braucht es dauerhaft stabiles Rentenniveau +++ GRV soll als Einkommensversicherung möglichst großen Teil des Lebensstandards sichern +++
+++ Haltelinien von Schwarz-Rot bis 2025 sind erster Schritt in richtige Richtung +++ langfristige Stabilisierung des Rentenniveaus ist bezahlbar +++ dazu braucht es Mix aus arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen und Schritten, um die Finanzierungsbasis zu verbessern, etwa mehr Erwerbsbeteiligung von Frauen, qualifizierte Zuwanderung und Produktivität +++ wenn alle Stricke reißen, kann ab 2030 überschaubare Anhebung des Rentenbeitragssatzes gangbarer Weg sein +++
+++ Alterssicherung in großem Stil auch über die Kapitalmärkte zu organisieren, muss spätestens seit Finanzkrise als gescheitert gelten +++ gesetzliche Rente ist verlässlicher, sicherer und bietet breiteres Leistungsspektrum als jede Form kapitalgedeckter Altersvorsorge +++ mittlerweile kann gesetzliche Rente über freiwillige Beiträge in Niedrigzinsumfeld sogar mehr Rendite versprechen als z.B. die Riester-Rente +++
+++ Kurth erneuert seine Schwierigkeiten mit der Akzeptanz kapitalgedeckter Altersvorsorge +++ gerade Geringverdiener benötigen v.a. höhere Löhne und auf dieser Basis bAV mit finanzieller Arbeitgeberbeteiligung +++ BRSG war gute erste Idee, nun muss Angebots-Obligatorium der Arbeitgeber für bAV samt besserer Portabilität folgen +++
+++ Freiwilliger Bürgerfonds statt immer neue Direktversicherungen mit neuen Abschlusskosten nach Jobwechsel wäre vielleicht besser +++ 100%-Beitragsgarantie bei Riester bleibt wohl eingeloggt, da als Ersatz für GRV-Leistungskürzungen 2002 eingeführt +++
Weiß: Länger arbeiten für weniger Rente
+++ Peter Weiß, Vorsitzender der Arbeitsgruppe Arbeit und Soziales der CDU/CSU-Bundestagsfraktion sowie deren Rentenpolitischer Sprecher, erinnert an Stichworte und Fakten, wie Alterssicherung, BRSG, Riester-Rente und Flexi-Rente +++
+++ Systeme der Alterssicherung sind auf Beiträge und gute wirtschaftliche Entwicklung angewiesen +++ Herausforderung: demografische Veränderungen, Wandel der Arbeitswelt und Niedrigzinsphase erschweren Vertrauen in Alterssicherung +++
+++ gesetzliche Rente hat sich auch in Krise bewährt und steht heute besser da als vor einigen Jahren vorausgesagt +++ doch Lebenserwartung steigt weiter, Rentenbezugsdauer hat sich fast verdoppelt, und Renten sind durch die Anpassungen gewachsen +++ längeres Arbeiten im Alter und leicht sinkendes Rentenniveau kaum zu vermeiden +++ längeres Arbeiten sollte stärker angereizt werden und höherer Rentenzuschlag beim Arbeiten über Regelaltersgrenze hinaus möglich sein +++ Flexirente muss attraktiver werden, etwa durch Wegfall der Hinzuverdienstgrenzen +++ spannend wären freiwillige Zuzahlungen in GRV, da System schon vorhanden und keine neuen bürokratischen Hürden zu befürchten +++
+++ Ohne zweite und dritte Säule geht es künftig noch weniger als heute +++ viele Betriebe kennen bAV-Chancen nicht oder zu wenig +++ daher sollte Geringverdienerzuschuss obligatorisch vorgesehen und dynamisch ausgestaltet werden +++ reine Beitragszusagen müssen gängiger werden, um mehr von Chancen des Kapitalmarktes zu profitieren +++
+++ Leider hat Riester-Sparen an Bedeutung und Ruf verloren +++ starre Garantien sind Hemmschuh für die Riester-Rente, zahlreiche Anbieter haben sich zurückgezogen, viele Verträge sind ruhend gestellt +++ dringender Handlungsbedarf, aber am besten unter neuem Namen: Zulagenrente +++ es muss bei Riester und bAV auch Angebote mit weniger oder ganz ohne Garantien geben +++ bisher verhindert Gesetzgeber dort eine echte Wahlmöglichkeit +++ 80%-Garantie in bAV wäre gut, aber schlechte Akzeptanz bei AN +++ Kapitaldeckung kommt in Wahlprogrammen meist nicht vor +++ Wahlergebnis entscheidet über Richtung der Altersvorsorge +++
Balz: Expansive Geldpolitik langfristig rückfahrbar
+++ Burkhard Balz, Vorstand der Deutschen Bundesbank, kommt in seiner Keynote erwartungsgemäß nicht vertiefend auf bAV zu sprechen +++
+++ Realzinsen wichtiger als Nominalzinsen +++ expansive Geldpolitik langfristig rückfahrbar, aber nicht absehbar +++ dauert noch für höhere Zinsen +++ tendenziell erschwerte Altersvorsorge +++
+++ Deutsche Lebensversicherer haben durch antizyklisches Verhalten Finanzmarkt mit stabilisiert +++ dennoch leidet zunehmend Risikotragfähigkeit, und Kunden bekommen weniger als ursprünglich erwartet +++
+++ Treiber des Zinsabwärtstrends sind vor allem alternde Gesellschaften +++ Investitionen in Substanzwerte ein Ausweg, aber führen global zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen +++
+++ bei Anpassung von Garantien bei AV-Produkten braucht es gute Kommunikation und Transparenz, ehe sich etwas bewegt +++
Roßbach: 100%-Garantie-Abschaffung für Politik nicht leicht
+++ Gundula Roßbach, Präsidentin Deutsche Rentenversicherung Bund (DRV), sieht GRV ihrer Keynote auf recht gutem Stand +++
+++ 3,4 Mrd. Euro Minus an Beiträgen gegenüber Planung für 2020 aus Nachhaltigkeitsreserve bezahlt, die mit 1,5 Monatsausgaben noch gefüllt ist +++ GRV ist Spiegelbild des Arbeitsmarktes +++
+++ Riester als Ersatz früher beschlossener Rentenkürzungen bietet noch immer wenig Fakten +++ was bei 65 Euro Durchschnittsbeitrag pro Monat an durchschnittlicher Rente rauskommt, ist unbekannt, da Daten von nur wenigen Leistungsempfängern vorliegen +++ digitale Rentenübersicht wird Transparenz verbessern +++ 100%-Garantie-Abschaffung ist für Politik nicht leicht, da viele Bürger risikoavers anlegen und am Ende klare Verlässlichkeit erwarten, worauf wiederum Politiker mit Blick auf Wahlen achten +++
Schneidemann: Kollektives Sparen wirksam wie nie
+++ Herbert Schneidemann, CEO Die Bayerische, war bisher Vize- und ist seit gestern Vorstandschef der DAV +++
+++ Bejaht Generationengerechtigkeit, weil kollektives Sparen so wirksam ist wie nie zuvor +++ gegenüber Individualsparen mit ETF-Vermögensverwaltung bekommt Kunde gemischtes Portfolio mit Volatilitätsabfederung im Kollektiv und über die Zeit – bei variablen Garantien +++
+++ Es braucht keine neuen Modelle, sondern Vertrauen +++ dazu gehört, dass Politik Garantiespektrum zwischen 0 und 90% auch in der bAV erlaubt +++ Junge bekommen sonst immer weniger Ertrag +++ Garantiemodelle als auch Garantieniveau müssten von Zeit zu Zeit an veränderte Kapitalmarktwirklichkeiten angepasst werden +++
+++ Um mit Kapitalanlagen auch künftig realistische Chance auf Inflationsausgleich zu haben, ist Reduktion der Garantien erforderlich +++ nennt aber kein konkretes Niveau (das hatte vor längerem schon der GDV getan und für Riesterverträge sowie BZML 80%-Bruttobeitragsgarantie ins Spiel gebracht +++
Lucius: Kupons von heute sind Steuerumlagen von morgen
+++ für Friedemann Lucius, Heubeck-Vorstand und Vorstandschef des Instituts der Versicherungsmathematischen Sachverständigen für Altersversorgung (IVS), zementiert Pandemie den Niedrigzins auf unabsehbare Zeit – vor allem dagegen müssen die Systeme der bAV gestärkt werden +++
+++ Goldene Zeiten in der bAV mit hohen Leistungszusagen vorbei, Neueinsteiger leiden bei Finanzierung und Leistung +++ Generationengerechtigkeit ist in bAV gefährdet +++ reine Beitragszusage wäre Ausweg +++ es muss ohne Garantien gehen, weil Versorgungslücken sich anders nicht nachhaltig füllen lassen +++ vor Volatilität muss nur Kurzfristsparer Angst haben, aber kein langfristig orientierter Altersvorsorger +++
+++ bAV ist mehr als nur Sparvorgang – berücksichtigt auch Langlebigkeit und unkompliziertes Entsparen +++ Gesetzgeber muss bAV aber auch ihre Arbeit machen lassen +++ politische Entscheidungsträger sollten noch in kommenden Wochen mit einem geringfügigen gesetzgeberischen Eingriff Garantieniveau bei den staatlich geförderten Vorsorgeprodukten senken +++ 100%-Garantie bei BZML führt zu Fehlallokation von Mitteln in „sichere“ Anlagen +++ Kupons von heute sind nichts anderes als Steuerumlagen von morgen, also eine andere Form der Umlage +++ Beitragserhalt erweist sich bei Niedrigzinsen als Wertevernichtung +++ Chance auf Werterhalt nur bei deutlich weniger als 100% Garantie +++ Ifa Ulm hält 70 bis 80% Garantie aktuell für sinnvoll +++
Fazit von LEITERbAV: Lautstarkes Schweigen
Der gut organisierte Veranstalter geht streckenweise sehr diplomatisch mit den Politikern und anderen geladenen öffentlichen Mandatsträgern um. Man hätte sich bei den Diskussionen klarere Kante im Interesse der bAV-Zukunft gewünscht, statt vordergründig die Reizthemen auszusparen – die nur von Bernd Raffelhüschen angesprochen wurden.
Unter den Aktuaren muss man niemanden überzeugen, dass die bAV Schaden nimmt, wenn am vollständigen Beitragserhalt festgehalten und die Mindestleistung nicht herabgesetzt wird. Vorgeblich will die Bundesregierung die bAV stärken, um wachsende Lücken in der GRV zu schließen. Tatsächlich schweigt sie trotz zahlreicher Mahnungen von Fachleuten lautstark. Zur Erinnerung: Auf Nachfrage sieht das BMF bei der 100%-Garantie für Riester und die BZML allen Ernstes „keine Regelungsmaterie“ und fordert schlicht „verantwortungsvollen Umgang mit der Zinssituation“, auch für die BaFin haben Beitragsgarantie und Höchstrechnungszins nichts miteinander zu tun – wiewohl Bader die an sich offenkundigen Zusammenhänge gestern nochmal eindeutig klar gemacht hat.
Wer sonst, fragt man sich verwundert, wenn nicht Bundesregierung und Bundestag, soll denn den gesetzgeberischen Schalter umlegen?
Bemerkenswert auch, dass sich mit Weiß nun auch ein Vertreter der Union für freiwillige Zusatzbeiträge und damit für das totale und fatale Pay and forget der Arbeitgeber einsetzt, zeigt es doch, dass die GRV fast überall im Bundestag im Fokus der positiven Aufmerksamkeit steht, keinesfalls aber die zweite und dritte Säule.
Offenbar sind die Verantwortlichen aber längst im Wahlkampfmodus und riskieren damit im Zweifel eher die zweite Säule des deutschen Alterssicherungssystems als ihre eigene Karriere.
Putzig übrigens auch die Aussagen von Burkhard Balz: Er glaubt wirklich, Treiber des Zinsabwärtstrends seien vor allem alternde Gesellschaften? Ist denn die Bevölkerung beispielsweise von Euroland seit dem radikalen Zinsverfall ab 2007 überhaupt so stark gealtert? So stark, dass in 14 Jahren der Zins derartig und nachhaltig zusammenbricht? Das geht an jeder Realität völlig vorbei.
Sicher ist vielmehr, welche Maßnahmen seitdem allein von der EZB ergriffen worden sind: Null Prozent Hauptrefinanzierungssatz und negative Einlagenfazilität und insgesamt zig Billionen Geldmengenschöpfung via diverser Bazookas, via Target2, via ANFA und vor allem via ungezählter QE-Programme… die exponentielle Euro-Geldmengenausweitung findet sich grafisch hier. Wer da noch glaubt, Treiber des Zinsabwärtstrends sei vor allem die Demographie, der bestätigt nur seine Fachfremdheit. Diese sei dem Ex-CDU-MdEP und jetzigem Bundesbank-Vorstand Balz aber verziehen, denn er ist kein Volkswirt, sondern gelernter Bankkaufmann und hat außerdem 10 Jahre Jura bis zum ersten Staatsexamen studiert.