Das Forum für das institutionelle deutsche Pensionswesen


Die kommentierte Presseschau zur bAV:

Kassandra und die Kohle fällt nach oben

Unregelmäßig freitags, aus technischen Gründen am heutigen Montag, bringt PENSIONSINDUSTRIES eine kommentierte Presseschau zur bAV. Heute: Schwarz-rote Koalition ist ein einfaches Spiel. Die Botschaft Webers, die man hört. Riecht die SPD nach Tod? Wer sich endlich wieder einmischt. Bitte nicht schon wieder Zitronen – und: other Countries – same Shit.

t-online (23. November): „‘Keinen Schnellschuss’: Top-Ökonomen fordern kompletten Stopp der Rentenreform.“

Der politische Streit um das System der GRV, dass in seinen noch guten Zeiten (Boomer auf dem Höhepunkt ihrer Steuer- und Abgabenkraft) schon gute 120 Mrd. Euro Steuerzuschuss p.a. braucht und hier stramm auf 200 Mrd. zuläuft, wird undurchdringbar. Es lohnt auch gar nicht, jede Zuckung eines jeden Akteurs zu verfolgen. Denn frei nach Gery Lineker ist eine schwarz-rote Koalition ein einfaches Spiel: Viele Berufene und Unberufene jagen einer Lösung hinterher, und am Ende setzt sich immer die SPD durch.

Kassandra hat jedenfalls bereits eine erste Champagner-Wette laufen, dass die SPD auch hier wieder als Sieger vom Platz gehen wird. Alles andere wäre eine Überraschung.

Wie dem auch sei, wichtig für unser Parkett vor allem: Ob das BRSG 2.0 in einen Koalitionsstrudel – so ein solcher tatsächlich eskaliert – reingeraten könnte oder die o.a. „Top-Ökonomen“ und ihr Ruf nach einem Stopp Gehör finden und das BRSG 2.0 zum zweiten Male auf der Zielgeraden stolpert! Steht Stand heute nicht ganz oben auf der Agenda, ausgeschlossen ist das aber keineswegs. Falls doch: Sie wissen schon, Zitronen und so

Zitronen in Köln.

Die Welt (15. November): „EVP-Chef Manfred Weber: ‚Lasse es nicht mehr zu, dass wir von Linken am Nasenring durch die Manege geführt werden‘.“

Zu der Prognose der SPD-Durchsetzungskraft passt das hier. Wenn Herr Weber es ernst meint, dann sollte er langsam mal loslegen. Dass die SPD die Union am Nasenring durch die Manege führt, attestiert Kassandra der Union mit exakt dieser Wortwahl immerhin seit nicht weniger als über 12 Jahren.

Nun, die Botschaft Webers hört man wohl, allein es fehlt der Glaube.

Bild (23. November): „SPD zerlegt sich immer schlimmer.“

Kassandra hatte bekanntlich schon mehrfach dargelegt, dass sie die alte Tante SPD trotz ihrer Machtfülle und ihrer Durchsetzungskraft für am Ende ihres Weges angekommen hält.

Bärbel Bas, BMAS. Foto: Steffen Kugler.

Auch hiermit steht die Kröte nicht mehr allein. Die Bild wählt drastische Worte:

Sie müffelt unterm roten Mantel schon leicht nach Tod.“

Man kann Kassandra vorwerfen, Kassandra zu sein; man kann der Bild vorwerfen, die Bild zu sein. Man kann die Realität verweigern. Die vier kommenden Wahlen werden den wahren Zustand ans Licht bringen.

t-online (17. November): „Top-Ökonom Hans-Werner Sinn: ‚Wir werden eine schlimme Altersarmut erleben‘.“
ZDF (13. November): Veronika Grimm: ‚2029 geht Deutschland das Geld aus‘.“
Bild (12. November): „Wirtschaftsweise Grimm spricht Klartext: ‚In vier Jahren geht Deutschland das Geld aus‘.“

Kassandra beunkt seit über 12 Jahren nicht nur den multi-morbiden Run off dieses Landes im Allgemeinen (v.a. fiskal- und industriepolitisch), sondern seiner Sozialsysteme, namentlich der GRV im Speziellen. Die gutaussehende Kröte hat Deutschland schon in der Finanzkrise ab 2008 stets als das Super-Pig bezeichnet und hier auf die prekäre Finanzlage Deutschlands hingewiesen, insb. wenn man die impliziten Schulden einberechnet. Wollte natürlich früher niemand hören. Doch dieses Privileg der einsamen Quakerin in der Wüste scheint sich dem Ende zu nähern. Denn immer deutlicher mehren sich auch die desillusionierten Stimmen weniger windiger Zeitgenossen als Kassandra: Veronika Grimm, Hans-Werner Sinn, neulich auch die 32 Verbände

Die Einschläge kommen näher

Kein Wunder, kommen doch langsam, aber sicher die Einschläge näher, und die Kaliber werden größer: Deindustrialisierung im historischen Ausmaß, Kommunen (nahezu) pleite, gesetzliche Krankenversicherung samt Pflegeversicherung und gesetzliche Rentenversicherung nicht minder, beide leben nur noch vom Steuergeld, gleiches gilt für die Deutsche Bahn – alle drei würden ohne Mrd-schwere Steuerzuschüsse auf der Stelle zusammenbrechen. Nach Aufhebung der Schuldenbremse kennen besonders die Länder gar kein Halten mehr, gleichzeitig nehmen die Verpflichtungen gegenüber dem Ausland ständig zu (Klimaschutz, Zoll-Deals, Kostenübernahme für US-Waffen für die Ukraine, Einflüge aus Afghanistan, 10 Mrd.-Unterstützung für Atomstaaten wie Indien etc…), auch die Sozialleistungen eskalieren immer weiter, dazu ständig neue Sonderschuldenpakete, die man Sondervermögen nennt, eine ständig radikalere Aufblähung des öffentlichen Dienstes und der Beamtenapparate – die Liste ließe sich endlos fortsetzen. Und man sehe die fiskalische Überdehnung nicht isoliert, sondern das harmoniert ja mit weiteren Eskalationen auf praktisch allen Politikfeldern, sei es Verteidigung, innere Sicherheit, Bildung, Wohnungsbau, Migration und und und …

Der Höhepunkt der ganz eigenen Art

Und Sie wissen es, muss aber trotzdem wiederholt werden: All das passiert ja nicht im luftleeren Raum, sondern zu einem ganz bestimmten, in einem ganz bestimmten Zeitfenster; am Vorabend des hier schon viel beunkten demographischen Zusammenbruchs. Pünktlich in zehn Jahren, wenn die Boomer alle in Rente sind, dann werden alle diese hier geschilderten Entwicklungen gemeinsam auf ihren Klimax zu laufen, dann bekommt Deutschland seinen Höhepunkt der ganz eigenen Art. Wenn Merz denkt, das sei in 15 Jahren vorbei, so irrt er sehr.

Und: Das hier ist das gute Szenario, Goldi-Locks sozusagen. Denn für den Fall, dass die militärischen Konflikte sich nach Zentraleuropa ausdehnen (z.B. weil Trump der Frieden nicht gelingt, er das Interesse verliert, die Europäer sich selbst überlässt und das taumelnde, semi-rationale Russland sein Heil in der Eskalation sucht), bekommt die Perspektive Deutschlands erst den richtigen Booster.

Früher war billiger

Kleiner Unterschied zur Finanzkrise: Die Herausforderungen sind nicht nur viel vielfältiger und ineinander greifend, sondern seinerzeit war das Geld noch billig und langfristig zu haben. Das ist heute anders. Wie alle europäischen Staaten hat auch Deutschland es völlig versäumt, sich wetterfest zu machen, als das Geld vom Himmel fiel. Das waren die guten Jahre – die alle Europäer gemeinsam verprasst haben. Und Sie wissen es längst, und langsam spüren es auch die Einfältigsten: Jetzt kommen eben die schlechten.

Und bitte nicht ständig mit dem Finger auf andere zeigen. Die allermeisten Probleme Deutschlands und Europas sind hausgemacht. Nicht Putin, nicht Trump, nicht CO2, nein, hausgemacht!

Und was heißt das für unsere Rentendiskussion? Es bleibt dabei: Aus Sicht einer SPD-Politikerin macht Bas alles richtig. Denn warum in diesem Run off-Deutschland jetzt nicht mit vollen Händen das rauswerfen, was noch übrig ist, und dafür an der Wahlurne das wenige retten, was überhaupt zu retten ist? Erst recht, wenn die eigene Partei schon nach „Tod müffelt“ (s.o.)?

Was kommt dann als nächstes? Wenn Grimm und Sinn beizeiten den hier sehr geschätzten Begriff vom „Flaschenpfand“ übernehmen (und das ist nur eine Frage der Zeit), dann wissen Sie – es wird ernst!

Die Welt (20. November): „Finanznot der Kommunen: ‚Ich habe wirklich Angst‘ – Landkreis-Chef sieht Demokratie in Gefahr.“

Oben stand unverlinkt „Kommunen pleite“. Hier ein Beleg dazu – und erneut eines der endlosen Beispiele für das uralte, aber immer wieder aktuelle kassandrische Axiom: Dieser Staat setzt mit seinem Rekord-Beamtenapparat das Rekord-Steueraufkommen der Rekord-belasteten Bürger vor allen Dingen um in was? Richtig: in einen Rekord-Verfall des Landes auf allen Ebenen.

OFF TOPIC – TO WHOM IT MAY CONCERN

ZDF (18. November): „Weimer wehrt sich gegen Vorwürfe: ‚Kampagne rechter Medien‘.“

Und die Kohle fällt nach oben zum ersten: Erst vor wenigen Wochen hat Kassandra Kritik an Kulturstaatsminister Weimer geäußert, weil sie ihn gedanklich und intellektuell und Zeitalter der Neunzigerjahre verhaftet sieht.

Dann ging es los: Erst Aufregung darum, dass das Medium „The European“ der Weimer Media Group wohl in großer Zahl – vom Papst bis zu Alice Weidel – sich mit Autoren geschmückt haben soll, die davon gar nichts wussten. Ausgerechnet Weimer, der soeben Google & Co. „geistigen Vampirismus“ vorgeworfen hatte. Dies allein stieß schon äußerst unangenehm auf.

Und nun der ganze Komplex aus – wie zahlreiche Medien unter Berufung auf Apollo-News berichten – dem Verkauf von Treffen mit Politikern auf einem Event seiner Firma (bis zu 80.000 Euro pro Treffen) samt der Perspektive „Einfluss auf politische Entscheidungsträger“ zu bekommen, alles auch noch obendrauf mit vielen Hunderttausend Euro bayerischem Staats- und Steuerzahlergeld gefördert – und das bei einem Unternehmen, dessen Miteigentümer selber im Kabinettstisch sitzt. Lustig, dass der Freistaat Bayern sich nun ganz empört-überrascht gibt und die Förderung prüfen will.

Ermittelt hatte dies mit Apollo News ein Medium, das links rechts gesehen wird, die Massenmedien sind dann mit einiger Verspätung auf die Sache aufgesprungen.

Wer weiß was in der der Weimer Republic?

Viele Fragen sind noch offen, besonders ob so ein Gebaren auch nicht nur politische, sondern auch strafrechtliche Konsequenzen haben könnte (in vielen anderen Ländern sicher, in Deutschland wohl eher nicht). Aber schön wäre v.a. zu wissen, seit wann das so geht, wie hoch die Erträge und die Fördermittel insgesamt sind, welche Minister/Politiker genau für solche Treffen eingespannt worden sind und natürlich, ob diese von den schönen Geldern, die da geflossen sind, auch etwas erhalten haben (also etwas, dass man auf unserem Parkett gemeinhin als KickBacks bezeichnet). Schwer vorstellbar, dass die Politiker um die Zahlungen und deren Größenordnungen nicht gewußt oder nicht davon erfahren haben sollen. Und setzt man sich bspw. als Minister „für umme“ in ein Gespräch mit einem Lobbyisten, wenn man weiss oder hört, dass der Veranstalter dafür 80K nimmt? Laut Bundesregierung offenbar schon.

Wie dem auch sei, mit Antworten auf diese Fragen für die Öffentlichkeit ist landestypisch nicht zu rechnen. Dafür dürften dort zu viele drinhängen – und Weimer vielleicht über zuviele auch zuviel wissen?

Kassandra hat in Berlin ein Team zusammengestellt und bietet nun auch Meetings an. „Einflussnahme“ hier aber garantiert! Allerdings nur Barzahlung. Bei Interesse informell an die Redaktion wenden.

Und Weimer selbst? Den kann man nur bemitleiden. Von der politischen Linken wurde er seit jeher immer nur ausgelacht. Seit er sich mit Amtsantritt nun dort in Anbiederung übt, macht ihn das erstens bei den Linken nur noch lächerlicher, lässt aber nun auch die Konservativen über ihn die Nase rümpfen. Das war schon bisher so. Und nun kommt noch sein äußerst fragwürdiges Geschäftsgehabe mit unangenehm-aggressiver Verteidigungsstrategie. Galt er im konservativen Lager bis dato als halbwegs passabler Semi-Intellektueller, ist es mit diesem Ruf nun auch vorbei. Ihm sei geraten: Möge er zurücktreten, sich aus der deutschen Öffentlichkeit, in der ohnehin völlig erledigt ist, zurückziehen, sein zusammengeklaubtes Geld nehmen und versuchen, seine letzten guten Jahre damit irgendwie zu genießen.

Die Welt (19. November): „Bericht über Zwölf-Millionen-Deal für Louis Klamroth – das plant die ARD.“

Und die Kohle fällt nach oben zum zweiten: Die FAZ sprach einst vom „teuersten Staatsfunk der Welt“ (hat den Artikel mit dieser prägnanten Prägung aber mittlerweile offenbar offline genommen, sicher aus guten Gründen). Hinterfragen muss man die Qualität dieses Staatsfunks nicht, liefern diese Einrichtungen zwischen Morden, Monitor und Traumschiff doch beinahe täglich neue Belege hierfür. Und die Kosten? Offenbar sind es mehr als nur die fürstlichen Pensionen: Jüngste Schlagzeilen machten siebenstellige Summen für einen Moderator, der zuweilen offenbar einen ganz eigenen Blick auf die Realitäten in diesem Land hat.

Tagesschau (19. November): „Wie Merz mit einem Wort die Brasilianer verärgert.“
SRF (19. November): „Heftige Reaktion in Brasilien: Merz, lass‘ nach.“

Was soll man dazu sagen? Er ist wie Baerbock, nur mit trittsicherem Duktus.

Achtung: Um Missverständnisse zu vermeiden: Das ist NICHT Annalena Baerbock! Verhält sich nur so. Und bitte auch nicht mit Bernd Stromberg verwechseln: Friedrich Merz, CDU. Foto: Tobias Koch.

Die Welt (23. November): „‘Absolut missglückt’ – Wulff kritisiert den Kanzler für „Stadtbild“-Äußerungen.“

Ganz wichtig, dass er sich wieder einmischt. Haben Sie ihn auch so sehr vermisst? Schließlich ist er einer der größten, die wir je hatten. Was macht eigentlich seine Frau?

Zum Schluss zwei Meldungen für alle, die denken, in anderen Ländern sei irgendetwas besser:

Handelsblatt (10. November): Nicolas Sarkozy: Frankreichs Ex-Präsident kommt nach drei Wochen aus der Haft.“

Kassandra hatte noch die Verurteilung Sarkozys ausdrücklich gewürdigt – und nun: Außer französischen Spesen nichts gewesen.

Bild (14. November): „Sie überlebte nicht mal ein Jahr: Chinas neue Mega-Brücke stürzt ein.“

Das ist nicht Dresden. Sieht nur so aus.

Fazit: Wenn Sie an Deutschland in der Nacht denken und sich um den Schlaf gebracht fühlen, halten Sie sich immer vor Augen: – other Countries, same Shit. Und das zur heutigen Headline anregende Kulturstück findet sich hier.

Diskriminierungsfreie Sprache auf LEITERbAV

LEITERbAV bemüht sich um diskriminierungsfreie Sprache (bspw. durch den grundsätzlichen Verzicht auf Anreden wie „Herr“ und „Frau“ auch in Interviews). Dies muss jedoch im Einklang stehen mit der pragmatischen Anforderung der Lesbarkeit als auch der Tradition der althergerbachten Sprache. Gegenwärtig zu beobachtende, oft auf Satzzeichen („Mitarbeiter:innen“) oder Partizipkonstrukionen („Mitarbeitende“) basierende Hilfskonstruktionen, die sämtlich nicht ausgereift erscheinen und dann meist auch nur teilweise durchgehalten werden („Arbeitgeber“), finden entsprechend auf LEITERbAV nicht statt. Grundsätzlich gilt, dass sich durch LEITERbAV alle Geschlechter gleichermaßen angesprochen fühlen sollen und der generische Maskulin aus pragmatischen Gründen genutzt wird, aber als geschlechterübergreifend verstanden werden soll. Auch hier folgt LEITERbAV also seiner übergeordneten Maxime „Form follows Function“, unter der LEITERbAV sein Layout, aber bspw. auch seine Interpunktion oder seinen Schreibstil (insb. „Stakkato“) pflegt. Denn „Form follows Function“ heißt auf Deutsch: "hässlich, aber funktioniert".

Alle Bilder von Kassandra ab Februar 2025 sind KI-generiert.

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